Bundesgerichtshof Urteil, 07. Nov. 2002 - I ZR 276/99

bei uns veröffentlicht am07.11.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 276/99 Verkündet am:
7. November 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Klosterbrauerei
UWG § 3; LMBG § 17 Abs. 1 Nr. 5
Auch wenn davon auszugehen ist, daß der Verbraucher mit "Kloster Pilsner" und
"Klosterbrauerei" die für seine Kaufentscheidung nicht unbedeutsame Vorstellung
verbindet, das Bier stamme aus einer zu einem Kloster gehörigen Brauerei oder
es bestehe jedenfalls ein unmittelbarer Bezug zu einer klösterlichen Brautradition,
ist es mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren, die Verwendung
einer solchen unzutreffenden Bezeichnung als irreführend zu untersagen
, wenn die Bezeichnung seit über 150 Jahren unbeanstandet benutzt wird und
der Absatz des so bezeichneten Bieres auch heute im wesentlichen auf das lokale
und regionale Verbreitungsgebiet beschränkt ist, für das ein Besitzstand aufgrund
unbeanstandeter Verwendung entstanden ist.
BGH, Urt. v. 7. November 2002 – I ZR 276/99 – OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Pokrant

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Oktober 1999 wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Berechtigung der Beklagten, die Bier- und Unternehmensbezeichnungen „Kloster Pilsner“, „Sigel Kloster Pilsner“ und „Klosterbrauerei GmbH, Metzingen, Brauort Stuttgart“ zu verwenden.
Die Klägerin zu 1 ist die Benediktiner-Abtei St. Bonifaz in München, zu der das im 15. Jahrhundert gegründete Kloster Andechs gehört, das unter dieser Bezeichnung seit jeher Bier herstellt; es vertreibt sein Bier heute bundesweit. Die Klägerin zu 2 ist die Brauereigesellschaft der Benediktiner-Abtei Ettal, die ebenfalls auf eine Jahrhunderte alte Brautradition zurückblickt. Auch sie vertreibt ihr Bier unter der Bezeichnung „Klosterbrauerei Ettal“ nunmehr überregional.
Die Beklagte bringt ihr Bier unter den Bezeichnungen „Kloster Pilsner“ und „Sigel Kloster Pilsner“ überwiegend im Raum Reutlingen, Tübingen, Stuttgart, daneben im übrigen Baden-Württemberg und in geringem Umfang auch im weiteren Bundesgebiet mit Ausnahme Bayerns auf den Markt. Sie wurde 1840 als „Klosterbrauerei“ in Pfullingen gegründet, wobei der Bezug zu einem Kloster lediglich darin besteht, daß die (ursprüngliche) Pfullinger Braustätte auf dem neben einer Klosterkirche gelegenen Areal eines bereits in der Reformationszeit aufgegebenen Klarissenklosters lag. 1860 wurde die „Klosterbrauerei“ von einem Christian Sigel erworben, der schon 1868 eine „Kloster-Sigel“-Marke schuf. Seit den dreißiger Jahren verwendet die Beklagte in der Werbung und in der Ausstattung der Bierflaschen die Abbildung eines roten Wachssiegels, auf dem ein Mönch mit einem überschäumenden Bierglas zu sehen ist. 1976 wurden die von der Familie Sigel gehaltenen Anteile an der Beklagten von der Schwabenbräu Robert Leicht AG, Stuttgart, erworben. 1980 wurde der Braubetrieb in Pfullingen eingestellt und die Beklagte unter Fortführung der Firma Klosterbrauerei GmbH mit einer Metzinger Brauerei verschmolzen. 1985 wurde auch der Braubetrieb in Metzingen eingestellt. Heute ist die Beklagte eine Tochter der Dinkelacker-Schwabenbräu AG in Stuttgart-Vaihingen. Die Beklagte selbst stellt kein Bier mehr her, sondern läßt es bei ihrer Konzernmutter im Rahmen eines Sudvertrages herstellen. Sie vertreibt ihr Bier, dessen Absatz sie in den letzten zehn Jahren von ca. 10.000 hl auf ca. 70.000 hl steigern konnte, unter den beanstandeten Bezeichnungen, unter anderem mit einem Etikett, auf dem die Bezeichnung „Kloster Pilsner“ hervorgehoben ist und das die Abbildung eines Mönchs mit Bierglas zeigt. Ferner heißt es dort:
Klosterbrauerei GmbH, Metzingen, Brauort Stuttgart
Dieses Etikett ist nachfolgend in schwarzweiß wiedergegeben:

In der Vergangenheit sind die von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen unbeanstandet geblieben.
Die Klägerinnen machen geltend, die Beklagte verstoße mit der Verwendung des Etiketts und des Begriffs „Kloster“ in Produkt- und Unternehmenskennzeichen gegen das Irreführungsverbot. Beim Publikum werde der Eindruck erweckt, als ob das Bier in einem Kloster oder von Mönchen oder doch jedenfalls am Ort eines früheren Klosters in dessen Brautradition gebraut werde. Der winzige Hinweis auf den Brauort Stuttgart sei nicht geeignet, diese Fehlvorstellung zu korrigieren. Die Klägerinnen seien nicht früher gegen die Beklagte vorgegangen, weil sie erst infolge der Ausdehnung ihres Absatzgebietes das Auftreten der Beklagten am Markt wahrgenommen hätten. Im übrigen könne sich aus der vorsätzlichen Verletzung
wettbewerbsrechtlicher Regeln kein schützenswerter Besitzstand ergeben. Es gehe nicht allein um Individualinteressen der Klägerinnen als Wettbewerber, sondern auch um das Interesse der Allgemeinheit an einer Unterbindung irreführender Werbung.
Die Klägerinnen haben beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) Bier unter den Bezeichnungen „Kloster Pilsner“ und/oder „Sigel Kloster Pilsner“ anzubieten, zu bewerben oder zu vertreiben, insbesondere in (der oben wiedergegebenen) Aufmachung;
b) sich für ihren auf die Herstellung und den Vertrieb von Bier gerichteten Geschäftsbetrieb der Bezeichnung „Klosterbrauerei GmbH, Metzingen, Brauort Stuttgart“ zu bedienen; 2. in die Löschung des Bestandteils „Klosterbrauerei“ ihrer beim Handelsregister ... eingetragenen Firma einzuwilligen und diese Löschung herbeizuführen; 3. den Klägerinnen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Handlungen gemäß Ziffer I.1. unter Angabe von
a) Liefermengen und Lieferzeiten,
b) erzieltem Gewinn,
c) erzieltem Umsatz und zugehörigen Abnehmern,
d) Art, Zeitraum und Umfang der betriebenen Werbung, jeweils aufgeschlüsselt nach Werbeträgern und Verbreitungsgebieten; II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeder Klägerin allen Schaden zu ersetzen , der dieser durch Handlungen gemäß Ziffer I.1. entstanden ist und/oder noch entstehen wird, einschließlich eines etwaigen Marktverwirrungsschadens.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Ansicht vertreten, der geltend gemachte Anspruch sei verwirkt. Im übrigen sei es in der Branche üblich , daß ein als Brauerei bezeichnetes Unternehmen nicht mehr selbst braue, sondern sich nur noch auf den Vertrieb ihres mit eigener Geschmacksnote versehenen Bieres beschränke.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerinnen, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerinnen aus § 3 UWG verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Es könne unterstellt werden, daß ein beachtlicher Teil des Verkehrs auch heute noch von dem Begriff „Kloster“ und von der Abbildung eines Mönchs – wenn im Zusammenhang mit einem Bier verwendet – auf einen räumlichen Bezug zu einem Kloster sowie auf eine Verbindung zu Mönchen oder Nonnen schließe. Weil ein solcher Bezug im Streitfall nicht (mehr) bestehe, sei von einer Irreführung auszugehen. Es fehle jedoch an der wettbewerbsrechtlichen Relevanz, weil die (unterstellte ) Irreführung den Kaufentschluß der angesprochenen Verbraucher nicht in erheblicher Weise beeinflusse. Den Verbrauchern sei bekannt, daß deutsches Bier aufgrund des Reinheitsgebots hinsichtlich seiner Zusammensetzung strikten Regeln unterworfen sei. Das biertrinkende Publikum orientiere sich an Geschmacksrichtungen und Biergattungen, messe der Qualität des Bieres entscheidende Bedeutung bei und unterscheide nach der jeweiligen geschmacklichen Note. Die Klägerinnen hätten nicht deutlich gemacht, worin der Vorteil eines klösterlichen Bieres liegen solle. Auch Mönche unterlägen den für alle geltenden Brauregeln und brauten ihr Bier, wenn sie im Markt erfolgreich seien, in hochtechnisierten üblichen Großanlagen. Für den Verkehr seien die beanstandeten Begriffe
nur ein Vehikel für einen Bedeutungsgehalt wie Tradition und lange Erfahrung, also für Eigenschaften, die auch die Beklagte für sich in Anspruch nehmen könne. Ob ein Kloster in der Nähe sei oder ob sich die Braustätte sogar auf einem ehemaligen Klostergelände befinde, müsse für den verständigen Verbraucher unerheblich sein. Nur der Unverstand könne ihn lehren, daß ein solcher Bezug nennenswerten Einfluß auf das Produkt habe. Daher sei der Bezug zu einem Kloster bar jeder Aussagekraft. Soweit es noch auf die Braukunst ankomme, könnten über sie auch weltliche Brauer verfügen. Der Begriff des Klosters sei daher nichts anderes als eine historisierende Chiffre ohne beachtlichen Tatsachenkern. Die Klägerinnen hätten daher kein schützenswertes Interesse daran, daß dieser Begriff von der Beklagten nicht mehr verwendet werde.
Mit dem Landgericht sei zudem davon auszugehen, daß die Klägerinnen einen Anspruch, selbst wenn die Voraussetzungen im übrigen gegeben seien, nicht mehr geltend machen könnten. Zwar unterlägen Ansprüche wegen irreführender Werbung im Hinblick auf das Interesse der Allgemeinheit an ihrer Durchsetzung regelmäßig nicht der Verwirkung. Hiervon gelte jedoch eine Ausnahme in Fällen, in denen die Irreführungsgefahr gering sei, im wesentlichen nur die Individualinteressen des Mitbewerbers betroffen seien und auf seiten des Werbenden ein wertvoller , durch eine länger andauernde redliche und ungestörte Benutzung geschaffener Besitzstand auf dem Spiel stehe. So verhalte es sich im Streitfall.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage im Ergebnis mit Recht als unbegründet erachtet. Nicht zu beanstanden ist die – vom Berufungsgericht unterstellte – Annahme, daß die mit „Klosterbrauerei“ bezeichnete Braustätte sowie das mit „Kloster Pilsner“ bezeichnete Bier nach dem Verständnis der Verbraucher einen Bezug zu einem Kloster aufweisen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist diese Vorstellung für die Kaufentscheidung durchaus von
Bedeutung. Anders als es das Berufungsgericht in einer Hilfserwägung angenommen hat, ist auch eine Verwirkung nicht eingetreten. Dennoch muß die mit der beanstandeten Werbung verbundene Irreführung hingenommen werden, weil die Durchsetzung des Verbots im Streitfall mit Blick auf das eher geringe Gewicht der Irreführung auf der einen und die über lange Zeit unbeanstandet gebliebene Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen auf der anderen Seite unverhältnismäßig wäre.
1. Soweit sich die Klage dagegen richtet, daß die Beklagte unter den Bezeichnungen „Kloster Pilsner“ oder „Sigel Kloster Pilsner“ Bier anbietet und vertreibt , ist Grundlage der rechtlichen Beurteilung nicht allein das allgemeine Irreführungsverbot des § 3 UWG, sondern auch das spezielle Verbot des § 17 Abs. 1 Nr. 5 lit. b LMBG; eine Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot stellt stets auch einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG dar. Die beiden Anspruchsgrundlagen sind zwar nebeneinander anzuwenden (vgl. Piper in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 3 Rdn. 21; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 UWG Anh. III Übersicht Rdn. 2). Doch bestimmt sich im Anwendungsbereich des lebensmittelrechtlichen Verbots die Frage der Irreführung stets nach den Maßstäben dieser Vorschrift, weil sie auf eine abschließende europarechtliche Regelung, nämlich auf Art. 2 der Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG (inzwischen Art. 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG), zurückgeht. Das Verbot des § 3 UWG kann daher im gemeinsamen Anwendungsbereich dieser Bestimmungen nicht weitergehen als das lebensmittelrechtliche Verbot aus § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.2002 – I ZR 307/99, GRUR 2002, 1091, 1092 = WRP 2002, 1267 – BodenseeTafelwasser ; OLG Frankfurt GRUR-RR 2001, 67, 69; Köhler in Köhler/Piper aaO Einf. Rdn. 83; Piper in Köhler/Piper aaO § 3 Rdn. 40; Ullmann, JZ 1994, 928, 930 f.; Bornkamm in Festschrift BGH, 2000, S. 343, 354).
2. Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerinnen unterstellt, daß die Verwendung des Begriffs „Kloster“ bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine Fehlvorstellung auslöst. Eine solche Annahme wäre auch – entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung – aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Denn es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß der Verkehr die Bezeichnung „Kloster“ für Bier oder für eine Brauerei in der Weise versteht, daß das Bier entweder in einer wirklichen Klosterbrauerei – also in einer zu einem Kloster gehörenden Brauerei – gebraut worden ist oder daß zumindest ein Bezug zur klösterlichen Brautradition der früheren Jahrhunderte, insbesondere zu einer klösterlichen Braustätte, besteht (so auch OLG Hamburg WRP 1998, 76, 77 f.; OLG Nürnberg GRUR-RR 2001, 61, 63; OLG Frankfurt GRUR-RR 2001, 67, 68). Allein der Umstand , daß sich eine Vielzahl von Unternehmen auf eine solche Tradition berufen und sie in ihrer Werbung herausstellen, deutet auf eine entsprechende Wertschätzung der „Kloster“-Bezeichnungen für Biere beim Publikum hin. Derartige Bezeichnungen vermitteln unterschwellig den Eindruck einer alten, bodenständigen Brautradition. Auch verständige Verbraucher lassen sich von solchen versteckten Qualitätssignalen leiten, selbst wenn sie sich darüber im klaren sein mögen, daß das konkrete Bier nicht mehr von Mönchen gebraut wird und im übrigen von Mönchen gebrautes Bier nicht notwendig etwas Besonderes sein muß. Es verhält sich insofern ähnlich wie mit der auf eine besondere Unternehmenstradition hinweisenden Alterswerbung (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1960 – I ZR 16/59, GRUR 1960, 563, 565 = WRP 1960, 238 – Sektwerbung; Urt. v. 11.7.1980 – I ZR 105/78, GRUR 1981, 69, 70 = WRP 1981, 21 – Alterswerbung für Filialen; Urt. v. 28.2.1991 – I ZR 94/89, GRUR 1991, 680, 681 f. – Porzellanmanufaktur; Urt. v. 21.2.1991 – I ZR 106/89, GRUR 1992, 66, 67 f. = WRP 1991, 473 – Königl.Bayerische Weisse). Sie soll ebenfalls die Vorstellung von einem traditionsbewußten , seit langem mit Erfolg im Markt tätigen, auf bewährte Produkte setzenden
Unternehmen vermitteln, ohne damit nahezulegen, daß diese Produkte seit Jahrhunderten unverändert geblieben sind.
3. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß nicht jede Werbung, durch die eine Fehlvorstellung der Verbraucher ausgelöst wird, im Sinne der § 3 UWG und § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG irreführend ist. Wettbewerbsrechtlich relevant werden unrichtige Angaben vielmehr erst dadurch, daß sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite, in der Regel also den Kaufentschluß der Verbraucher , zu beeinflussen (vgl. BGH, Urt. v. 29.5.1991 – I ZR 204/89, GRUR 1991, 852, 855 = WRP 1993, 95 – Aquavit; Urt. v. 30.10.1997 – I ZR 127/95, GRUR 1998, 949, 951 = WRP 1998, 598 – D-Netz-Handtelefon; Urt. v. 17.6.1999 – I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 241 = WRP 2000, 92 – Last-Minute-Reise; Urt. v. 13.1.2000 – I ZR 253/97, GRUR 2000, 914, 915 = WRP 2000, 1129 – Tageszulassung II; Urt. v. 27.6.2002 – I ZR 19/00, GRUR 2002, 1095, 1096 = WRP 2002, 1430 – Telefonische Vorratsanfrage).
Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht die Relevanz der fraglichen Fehlvorstellung verneint. Es hat darauf abgestellt, die Verbraucher seien sich darüber im klaren, daß sich deutsches Bier zwar wegen des Reinheitsgebots von anderen Bieren unterscheide, daß aber bei Beachtung dieses Gebots für den einzelnen Bierbrauer nur ein relativ geringer Spielraum verbleibe mit der Folge, daß Verbraucher sich in erster Linie an Geschmacksrichtungen und Biergattungen orientierten. Damit hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet, daß auch die Kaufentscheidung verständiger Verbraucher maßgeblich durch Erwägungen beeinflußt werden kann, die sich einer rationalen Überprüfung entziehen. Die beworbene klösterliche Brautradition stellt ein solches Qualitätssignal dar, das – ähnlich wie die Alterswerbung – eine unternehmensbezogene positive Assoziation weckt. Derartige versteckte Qualitätssignale können für die Kaufentscheidung des Publikums maßgeblich sein. Dies wird nicht zuletzt auch durch das Verhalten
der Anbieter selbst belegt, die derartigen Merkmalen, durch die sie sich von ihren Wettbewerbern abzusetzen vermögen, in der Aufmachung ihrer Produkte und in der Werbung generell einen breiten Raum einräumen (vgl. BGH GRUR 1992, 66, 69 – Königl.-Bayerische Weisse).
4. Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage hilfsweise damit begründet , daß die Ansprüche der Klägerinnen verwirkt seien. Im Streitfall liegen indessen – worauf die Revision mit Recht hinweist – die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vor. Doch sind die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angeführten besonderen Umstände – die über lange Zeit unbeanstandet gebliebene Nutzung der angegriffenen Bezeichnungen, die für die Beklagte einen erheblichen Wert darstellen, auf der einen sowie das verhältnismäßig geringe Gewicht der in Rede stehenden Irreführung auf der anderen Seite – im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Diese führt dazu, daß die von den Klägerinnen beanstandete Irreführung im Streitfall hingenommen werden muß.

a) Mit Recht rügt die Revision, daß die Voraussetzungen einer Verwirkung im Streitfall nicht vorliegen. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, daß Ansprüche aus § 3 UWG im allgemeinen nicht der Verwirkung unterliegen, weil das Interesse der Allgemeinheit, vor Irreführung geschützt zu werden, grundsätzlich als vorrangig vor den Individualinteressen des Werbenden anzusehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.1985 – I ZR 66/83, GRUR 1985, 930, 931 – JUS-Steuerberatungsgesellschaft ; Urt. v. 26.6.1986 – I ZR 103/84, GRUR 1986, 903, 904 = WRP 1986, 674 – Küchen-Center). Ob vorliegend eine Ausnahme von diesem Grundsatz in Betracht kommt, weil es letztlich nur um Individualinteressen der Klägerinnen geht (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1976 – I ZR 23/75, GRUR 1977, 159, 161 – Ostfriesische Tee Gesellschaft; Urt. v. 29.9.1982 – I ZR 25/80, GRUR 1983, 32, 34 = WRP 1983, 203 – Stangenglas I), bedarf keiner Entscheidung; denn nach
den getroffenen Feststellungen haben die Klägerinnen der Beklagten keinen Anlaß zu der Annahme gegeben, sie würden ihnen zustehende Unterlassungs-, Auskunfts - und Schadensersatzansprüche nicht verfolgen. Insbesondere konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, daß die Klägerinnen den historischen Hintergrund der beanstandeten Bezeichnungen schon seit längerem kannten und insbesondere wußten, daß sich die Beklagte nicht auf eine klösterliche Brautradition berufen kann. Muß der Schuldner aber davon ausgehen, daß der Berechtigte keine Kenntnis von dem ihm zustehenden Anspruch hat, fehlt es im Hinblick auf den konkreten Gläubiger an dem für die Verwirkung erforderlichen Vertrauenstatbestand (vgl. BGH, Urt. v. 15.9.1999 – I ZR 57/97, GRUR 2000, 144, 145 f. – Comic -Übersetzungen II).

b) In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, daß auch unabhängig von einer Verwirkung eine Irreführungsgefahr in besonderen Ausnahmefällen hinzunehmen ist, wenn die Belange der Allgemeinheit nicht in erheblichem Maße und ernstlich in Mitleidenschaft gezogen werden, weil nur eine geringe Irreführungsgefahr vorliegt (vgl. BGH GRUR 1983, 32, 34 – Stangenglas I; GRUR 1986, 903, 904 – Küchen-Center; Baumbach/Hefermehl aaO § 3 UWG Rdn. 107; Piper in Köhler/Piper aaO § 3 Rdn. 216; Großkomm.UWG/Lindacher, § 3 Rdn. 259). Eine solche Ausnahme kommt insbesondere dann in Betracht, wenn durch das Verbot ein wertvoller Besitzstand an einer Individualkennzeichnung zerstört würde (BGH GRUR 1977, 159, 161 – Ostfriesische Tee Gesellschaft; vgl. ferner BGH, Urt. v. 28.1.1957 – I ZR 88/55, GRUR 1957, 285, 287 = WRP 1957, 173 – Erstes Kulmbacher ).
aa) Diese Ausnahme ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, unter dessen Vorbehalt das Irreführungsverbot steht. Auch wenn im allgemeinen das Interesse des Werbetreibenden an der Weiterverwendung einer irreführenden Angabe nicht schutzwürdig ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1972 – I ZR 38/71, GRUR
1973, 532, 533 f. – Millionen trinken …; BGH GRUR 1960, 563, 566 – Sektwer- bung), kann es doch im Einzelfall das Schutzbedürfnis der Allgemeinheit und das individuelle Interesse eines Mitbewerbers überwiegen. So ist in der Rechtsprechung seit jeher anerkannt, daß die Anwendung des Irreführungsverbots aufgrund einer Interessenabwägung ausgeschlossen sein kann, wenn eine Werbeangabe zwar objektiv zutreffend ist, vom Verkehr aber in einer vom objektiven Aussagegehalt abweichenden, irreführenden Weise verstanden wird (vgl. nur BGH, Urt. v. 15.2.1996 – I ZR 9/94, GRUR 1996, 910, 912 = WRP 1996, 729 – Der meistverkaufte Europas; Urt. v. 23.5.1996 – I ZR 76/94, GRUR 1996, 985, 986 = WRP 1996, 1156 – PVC-frei; Urt. v. 22.4.1999 – I ZR 108/97, GRUR 2000, 73, 75 = WRP 1999, 1145 – Tierheilpraktiker). Für das besondere, früher ebenfalls aus § 3 UWG hergeleitete Verbot der Verwendung irreführender geographischer Herkunftsangaben , das heute in § 127 Abs. 1 MarkenG geregelt ist, hat der Bundesgerichtshof den Einwand zugelassen, daß seine Anwendung im Einzelfall unverhältnismäßig ist (BGHZ 139, 138, 145 – Warsteiner II; BGH, Urt. v. 19.9.2001 – I ZR 54/96, GRUR 2002, 160, 162 = WRP 2001, 1450 – Warsteiner III; Urt. v. 18.4.2002 – I ZR 72/99, GRUR 2002, 1074, 1076 = WRP 2002, 1286 – Original Oettinger). Auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zieht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Korrektiv für das Irreführungsverbot heran, wenn das Verbot eine Beeinträchtigung des Handelsverkehrs nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. EuGH, Urt. v. 4.4.2000 – Rs. C-465/98, Slg. 2000, I-2297 Tz. 28 = GRUR Int. 2000, 756 = WRP 2000, 489 – Verein gegen Unwesen .../Darbo; vgl. auch BGH, Urt. v. 15.7.1999 – I ZR 44/97, GRUR 1999, 1122, 1124 = WRP 1999, 1151 – EG-Neuwagen I).
bb) Im Streitfall überwiegen die Interessen der Beklagten ausnahmsweise das Interesse der Allgemeinheit und das der Klägerinnen an einem Verbot der Bezeichnungen „Kloster Pilsner“ und „Klosterbrauerei“.
Auf der einen Seite sind die Fehlvorstellungen, die die angegriffenen Be- zeichnungen beim Verbraucher bewirken, für die Kaufentscheidung zwar von Bedeutung , aber doch nur von geringem Gewicht. Wodurch sich ein unter der Bezeichnung „Kloster“ vertriebenes Bier von anderen Bieren abhebt, ist – wie oben dargestellt – keineswegs eindeutig. Die Verwendung dieser Bezeichnung könnten die Klägerinnen auch einem Unternehmen nicht verwehren, das sich zwar zu Recht auf eine klösterliche Brautradition beruft, das aber selbst in keiner Weise mehr mit einem Kloster verbunden ist und dessen Bier auch längst nicht mehr mit dem früher an derselben Stelle von Mönchen gebrauten Bier übereinstimmt, auf das es mit der Bezeichnung „Kloster“ Bezug nimmt. Das berechtigte Interesse der Allgemeinheit sowie das gleichgerichtete Interesse der Klägerinnen daran, daß die Beklagte diese Bezeichnung nicht mehr verwendet, kann daher wettbewerbsrechtlich nur als verhältnismäßig gering eingestuft werden.
Das Interesse der Beklagten an einer Weiterverwendung der beanstandeten Bezeichnungen ergibt sich auf der anderen Seite vor allem aus der langjährigen Verwendung, die in der Vergangenheit niemals von einem Wettbewerber oder von dritter Seite beanstandet worden ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten bereits 1840 als „Klosterbrauerei“ in Pfullingen gegründet worden ist und die Beklagte die Firma nach der Verschmelzung mit einer Metzinger Brauerei im Jahre 1980 fortführt, ohne daß die Verwendung dieses Begriffs jemals beanstandet worden wäre. Seit 1868 verwendet die Rechtsvorgängerin bzw. die Beklagte den Begriff „Kloster“ als Bestandteil einer Marke. Auch dies ist niemals beanstandet worden. Damit ist der Rechtsvorgängerin der Beklagten über viele Jahrzehnte ein wertvoller Besitzstand zugewachsen, auf den sich auch die Beklagte berufen kann, in der der Geschäftsbetrieb der alten „Klosterbrauerei“ vollständig aufgegangen ist. Diese Abwägung wird zusätzlich dadurch entscheidend bestimmt, daß die Beklagte sich nach Ausstoß und Verbreitungsgebiet in der
Tradition des Unternehmens hält, das seit nunmehr über 160 Jahren in Pfullingen und Umgebung Bier unter der Bezeichnung „Kloster“ und „Klosterbrauerei“ vertreibt.
III. Danach ist die Revision der Klägerinnen mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 253/97 Verkündet am: 13. Januar 2000 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Okt. 2011 - I ZR 117/10

bei uns veröffentlicht am 06.10.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 117/10 Verkündet am: 6. Oktober 2011 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Aug. 2012 - I ZR 200/11

bei uns veröffentlicht am 16.08.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 200/11 vom 16. August 2012 in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. August 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Ki

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Okt. 2012 - I ZR 137/11

bei uns veröffentlicht am 18.10.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 137/11 Verkündet am: 18. Oktober 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 29. März 2007 - I ZR 122/04

bei uns veröffentlicht am 29.03.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 122/04 Verkündet am: 29. März 2007 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Referenzen

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 307/99 Verkündet am:
6. Juni 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Bodensee-Tafelwasser
Richtlinie des Rates vom 15. Juli 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern
(80/777/EWG) Art. 9 Abs. 1 lit. b;
Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März
2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung
und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür Art. 2 Abs. 1
lit. a;
UWG § 1; MTVO § 15 Abs. 1 Nr. 2
Die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, nach
der Tafelwasser nicht unter Bezeichnungen in den Verkehr gebracht werden darf,
die auf eine bestimmte geographische Herkunft hinweisen, ist im Hinblick auf das in
Art. 2 Abs. 1 lit. a der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG vom 20. März 2000 enthaltene
konkrete Irreführungsverbot im Wege teleologischer Reduktion einzuschränken.
Ein Verbot einer geographischen Herkunftsangabe für ein Tafelwasser
nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO setzt danach voraus, daß die konkrete Gefahr einer
Verwechslung eines derart bezeichneten Tafelwassers mit einem natürlichen Mineralwasser
besteht.
BGH, Urt. v. 6. Juni 2002 - I ZR 307/99 - OLG Karlsruhe
LG Mosbach
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 6. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. November 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte bewirbt und vertreibt unter der Bezeichnung "BodenseeTafelwasser" ein Tafelwasser, das sie aus dem Bodensee gewinnt. Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., hat die Werbung und den Vertrieb des Tafelwassers unter dieser Bezeichnung als wettbewerbswidrig beanstandet. Hierzu hat sie vorgetragen, der
Hinweis auf eine bestimmte geographische Herkunft sei ausschließlich natürlichen Mineralwässern vorbehalten. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Zeitungsanzeigen oder sonst werblich Tafelwasser als "Bodensee-Tafelwasser" zu bezeichnen und/oder unter dieser Bezeichnung in den Verkehr zu bringen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, das beanspruchte Verbot setze voraus, daß die angesprochenen Verkehrskreise das von ihr mit "Bodensee-Tafelwasser" bezeichnete Produkt für ein natürliches Mineralwasser hielten, was nicht der Fall sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG Karlsruhe ZLR 2000, 199). Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Beklagten verwendete Bezeichnung "Bodensee-Tafelwasser" falle zwar dem Wortlaut nach unter das in § 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 der Mineral- und Tafelwasser-Verordnung geregelte Verbot, auf eine bestimmte geographische Herkunft eines Tafelwassers hinzuweisen. "Bodensee-Tafelwasser" sei eine Angabe über eine be-
stimmte geographische Herkunft des Tafelwassers, deren Verwendung nach dem Wortlaut der Mineral- und Tafelwasser-Verordnung ausgeschlossen sei. Das Verbot sei jedoch im Hinblick auf den gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsschutz im Wege teleologischer Reduktion einschränkend auszulegen. Die Richtlinie des Rates vom 15. Juli 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern (80/777/EWG, ABl. EG Nr. L 229, S. 1 v. 3.8.1980) untersage nur diejenigen Angaben, die zu einer Verwechslung mit einem natürlichen Mineralwasser führen könnten. Entsprechendes habe für das Verbot der Mineralund Tafelwasser-Verordnung zur Verwendung von Hinweisen über eine bestimmte geographische Herkunft bei einem Tafelwasser zu gelten. Denn das nationale Recht könne keine höheren Anforderungen an das Wettbewerbsverhalten stellen, als sie nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften der Mineralwasser -Richtlinie und der Etikettierungsrichtline (Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür - ABl. EG Nr. L 33 v. 8.2.1979, S. 1) vorgesehen seien, weil anderenfalls die Warenverkehrsfreiheit behindert werde. Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften des Art. 9 Abs. 1 lit. b Mineralwasser-Richtlinie und des Art. 2 Abs. 1 der Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG vom 18. Dezember 1978 gingen von einer konkreten Irreführungsgefahr aus; eine lediglich abstrakte Verwechslungsgefahr genüge dagegen nicht. Die Gefahr einer konkreten Verwechslung mit einem natürlichen Mineralwasser sei bei der Bezeichnung "Bodensee-Tafelwasser" mit dem von der Beklagten beworbenen und vertriebenen Tafelwasser nicht gegeben. Ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher werde bei der Bezeichnung des Tafelwassers der Beklagten ohne weiteres erkennen,
daß es sich nicht um ein Mineralwasser, sondern um ein aus dem Bodensee entnommenes Wasser handele, was der Wahrheit entspreche. II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG i.V. mit § 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 der Verordnung über natürliches Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser (Mineralund Tafelwasser-Verordnung; BGBl. I 1984, 1036 in der Fassung vom 29.10.2001, BGBl. I 2785) nicht zu, läßt sich auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht halten. 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß der Verbotstatbestand des § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO seinem Wortlaut nach erfüllt ist. Nach dieser Bestimmung darf Tafelwasser nicht unter Bezeichnungen , Angaben, sonstigen Hinweisen oder Aufmachungen gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden, die auf eine bestimmte geographische Herkunft des Tafelwassers hinweisen. Es handelt sich um einen abstrakten Gefährdungstatbestand , d.h. es bedarf keiner Feststellung einer konkreten Irreführungsgefahr. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, Hinweise auf die geographische Herkunft bei Tafelwasser unabhängig von deren Eignung, Verwechslungen mit einem natürlichen Mineralwasser herbeizuführen, auszuschließen (vgl. BayObLGSt 1992, 105, 106; Zipfel/Rathke/Stelz, Lebensmittelrecht, Bd. V, C 435, Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, § 15 Rdn. 12).
Die Bezeichnung "Bodensee-Tafelwasser" weist - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - auf eine bestimmte geographische Herkunft des von der Beklagten vertriebenen Tafelwassers hin. 2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht weiter angenommen, der Verbotstatbestand des § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO sei aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben im Wege teleologischer Reduktion dahin einzuschränken , daß eine bestimmte Herkunftsangabe nur bei Vorliegen einer konkreten Irreführungsgefahr zu untersagen ist (ebenso: von Jagow, ZLR 2000, 204; a.A. BayObLGSt 1992, 105, 107; Quentin, Kommentar zur Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, S. 88; offengeblieben in: Zipfel/Rathke/Stelz aaO, C 435, Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, § 15 Rdn. 12).
a) Ob diese Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO bereits aus den Vorschriften der Mineralwasser-Richtlinie folgt, kann im Ergebnis offenbleiben. Zwar setzt § 15 Abs. 1 MTVO, der auf § 19 Nr. 4 lit. c LMBG beruht, Art. 9 Abs. 1 lit. b der Mineralwasser-Richtlinie um (vgl. Begründung zur Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, abgedruckt in: Zipfel/Rathke/Stelz aaO, C 435, Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, Vorbem. Rdn. 7), der unter anderem die Verwendung von Angaben und Bezeichnungen untersagt, die bei in Art. 9 Abs. 1 lit. b Mineralwasser-Richtlinie näher bezeichnetem Trinkwasser zu Verwechslungen mit einem natürlichen Mineralwasser führen können. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob der nationale Verordnungsgeber allein aufgrund des Art. 9 Abs. 1 lit. b MineralwasserRichtlinie gehindert ist, in nationalen Vorschriften einen abstrakten Schutz vor Verwechslungen eines Tafelwassers mit einem natürlichen Mineralwasser vorzusehen. Denn die in Art. 10 Abs. 1 der Mineralwasser-Richtlinie vorgesehene
Harmonisierungspflicht betrifft nur den Verkehr mit natürlichem Mineralwasser und nicht mit Tafelwasser. Anders als die Revision meint, sieht Art. 9 Abs. 1 lit. b der Mineralwasser -Richtlinie keinen abstrakten Irreführungsschutz vor. Aus der Vorschrift läßt sich daher nicht die Zulässigkeit des in § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO vorgesehenen abstrakten Gefährdungstatbestandes ableiten. Art. 9 Abs. 1 lit. b der Mineralwasser -Richtlinie untersagt nur die Verwendung von Angaben, die zur Verwechslung mit einem natürlichen Mineralwasser führen können. Dies setzt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, die Eignung zu einer konkreten Irreführung der Verbraucher voraus; eine nur abstrakte Irreführungsgefahr reicht hierzu nicht. Denn die Mineralwasser-Richtlinie ergänzte nach der sechsten Begründungserwägung die allgemeinen Regeln der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. EG Nr. L 33 v. 8.2.1979, S. 1). Diese Richtlinie ist ersetzt worden durch die Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. EG Nr. L 109 v. 6.5.2000, S. 29). Die Etikettierungsrichtlinien 79/112/EWG vom 18. Dezember 1978 und 2000/13/EG vom 20. März 2000 gehen ebenfalls von einem konkreten Irreführungsschutz aus (vgl. hierzu nachfolgend unter II 2 b). Für eine hiervon abweichende wesentlich strengere Ausgestaltung des Irreführungsschutzes in der Mineralwasser-Richtlinie bestehen keine Anhaltspunkte.
Entgegen der Meinung der Revision läßt sich für die Annahme, Art. 9 Abs. 1 lit. b Mineralwasser-Richtlinie enthalte ein abstraktes Irreführungsverbot , auch nichts aus einem Vergleich mit der Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 lit. a dieser Richtlinie gewinnen. Der unterschiedliche Wortlaut dieser Vorschriften gibt keinen Anhalt dafür, daß Art. 9 Abs. 1 lit. b anders als Art. 9 Abs. 1 lit. a Mineralwasser-Richtlinie einen abstrakten Schutz enthält. Da die teleologische Reduktion des § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO nicht aus der Mineralwasser-Richtlinie folgt, ist die von der Revision aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis des Irreführungsschutzes des Art. 9 Abs. 1 lit. b dieser Richtlinie zur Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (ABl. EG 1984 L 250, S. 17) in der Fassung der Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 (ABl. EG 1997 L 290, S. 18), die in Art. 7 ein höheres nationales Schutzniveau zuläßt, im Streitfall ohne Bedeutung. Erfolglos zieht die Revision diese Auslegung des Art. 9 Abs. 1 lit. b Mineralwasser -Richtlinie (konkreter Irreführungsschutz) unter Hinweis auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25.2.1981 - Rs 56/80 (Slg. 1981, 583 = GRUR 1981, 430 - Klosterdoktor) in Zweifel. Aus dieser Entscheidung ergibt sich für die dort maßgeblichen Art. 8, 18 und 43 der Verordnung Nr. 355/79 des Rates vom 5. Februar 1979 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und Traubenmoste (ABl. EG Nr. L 59, S. 99) kein abstraktes Irreführungsverbot (vgl. BGH, Urt. v. 30.10.1981 - I ZR 149/77, GRUR 1982, 423, 424 = WRP 1982, 405 - Schloßdoktor/Klosterdoktor).

b) Der nationale Verordnungsgeber war und ist jedoch aufgrund der Etikettierungsrichtlinien 79/112/EWG vom 18. Dezember 1978 und 2000/13/EG vom 20. März 2000 gehindert, in § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO einen über einen konkreten Irreführungsschutz hinausgehenden abstrakten Gefährdungstatbestand vorzusehen. Einem strengeren nationalen Schutz steht Art. 18 Abs. 1 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG vom 20. März 2000 entgegen, der mit der Regelung in Art. 15 Abs. 1 der Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG vom 18. Dezember 1978 übereinstimmt. Danach dürfen die Mitgliedstaaten den Verkehr mit Lebensmitteln, die den Bestimmungen dieser Richtlinie entsprechen , nicht durch die Anwendung nicht harmonisierter einzelstaatlicher Vorschriften verbieten, die die Etikettierung und Aufmachung einzelner Lebensmittel oder der Lebensmittel im allgemeinen regeln. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. a der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EWG vom 20. März 2000 (= Art. 2 Abs. 1 lit. a Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG vom 18. Dezember 1978) setzt ein Verbot voraus, daß die Art und Weise der Etikettierung geeignet ist, den Käufer irrezuführen. Dem genügt eine lediglich abstrakte Gefahr einer Irreführung nicht (vgl. hierzu: EuGH, Urt. v. 16.7.1998 - Rs. C-210/96, Slg. 1998, I-4657 = GRUR Int. 1998, 795, 796 f. Tz. 28 ff. = WRP 1998, 848 - Gut Springenheide; Urt. v. 9.2.1999 - Rs. C-383/97, Slg. 1999, I-731 = ZLR 1999, 237, 243 Tz. 33 und Tz. 41 - van der Laan; Urt. v. 4.4.2000 - Rs. C-465/98, Slg. 2000, I-2297 = GRUR Int. 2000, 756, 758 Tz. 33 = WRP 2000, 489 - naturrein; vgl. auch EuGH, Urt. v. 28.1.1999 - Rs. C-303/97, Slg. 1999, I-513 = GRUR Int. 1999, 345, 348 Tz. 38 = WRP 1999, 307 - Sektkellerei Kessler; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 3 Rdn. 66; a.A. LG Trier LRE 38, 269; Meier, EuZW 1994, 391, 393). Dieser Schutzstandard ist im Geltungsbereich der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG vom 20. März 2000 für den nationalen Gesetzgeber nach Art. 18 Abs. 1 grundsätzlich verbindlich (vgl. zu Art. 15 Abs. 1 der Etikettie-
rungsrichtlinie 79/112/EWG vom 18.12.1978: BVerwGE 89, 320, 325 f. - becel; Reese, WRP 1998, 1035, 1038; Sack, WRP 1999, 399, 402). Für das Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen nach Art. 18 Abs. 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG vom 20. März 2000 von dem Grundsatz des Art. 18 Abs. 1 abgewichen werden kann, ist nichts ersichtlich. Gegenteiliges macht die Revision auch nicht geltend. Folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO bereits, daß diese Bestimmung die Gefahr einer konkreten Irreführung voraussetzt, kommt es nicht darauf an, ob ein abstrakter Irreführungsschutz mit Art. 28 EG vereinbar ist. 3. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, daß das Berufungsgericht die konkrete Gefahr einer Verwechslung des mit "BodenseeTafelwasser" bezeichneten Tafelwassers der Beklagten mit einem natürlichen Mineralwasser verneint hat. Das Berufungsgericht hat angenommen, aufgrund der angegriffenen Bezeichnung handele es sich für einen durchschnittlichen und verständigen Verbraucher bei dem Produkt der Beklagten nicht um ein natürliches Mineralwasser. Dies ergebe sich eindeutig aus der Bezeichnung "Bodensee-Tafelwasser". Zwar ist die Feststellung der Verkehrsauffassung Aufgabe des Tatrichters. In der Revisionsinstanz ist sie daher nur darauf zu überprüfen, ob die Vorinstanz den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft und ihre Beurteilung frei von Widersprüchen mit Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vorgenommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe, m.w.N.).
Mit Recht macht die Revision allerdings geltend, das Berufungsgericht habe Umstände außer acht gelassen, aus denen sich ein abweichendes Verkehrsverständnis ergebe. Herkunftsbezeichnungen seien traditionell natürlichen Mineralwässern vorbehalten. Den meisten Verbrauchern sei auch nicht bekannt, ob sich an einem bestimmten geographischen Ort Quellen befänden. Davon ist auch das Landgericht in seiner Entscheidung ausgegangen (LGU S. 7). Mit diesem Sachvortrag der Klägerin und den seiner Entscheidung entgegenstehenden Feststellungen des Landgerichts hat sich das Berufungsgericht - verfahrensfehlerhaft - nicht auseinandergesetzt. Es hat keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, ob durch die von der Beklagten verwendete geographische Herkunftsbezeichnung im Bewußtsein der Verbraucher nicht eine Nähe zu natürlichem Mineralwasser hergestellt wird, die zu entsprechenden Verwechslungen führt und ob die Bezeichnung als Bodensee-Tafelwasser ausreicht, derartige Verwechslungen auszuschließen. Die Klägerin hatte in diesem Zusammenhang geltend gemacht, auch amtlich anerkannte natürliche Mineralwässer enthielten die Bezeichnung von Flüssen und Seen. Weiter hat das Berufungsgericht sich auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung "Bodensee-Tafelwasser" nicht dahin auffassen, es handele sich um Wasser aus der Region um den Bodensee , und ob es deshalb zu Verwechslungen mit einem natürlichen Mineralwasser kommen kann (vgl. von Jagow, ZLR 2000, 204, 207). Die entsprechenden Feststellungen wird das Berufungsgericht im erneut eröffneten Berufungsrechtszug nachzuholen haben. Dabei wird es zu prüfen haben, ob es aufgrund eigener Sachkunde beurteilen kann, wie die angegriffene Bezeichnung aufzufassen ist, oder ob, wie die Revision geltend macht, die Einholung eines demoskopischen Gutachtens erforderlich ist.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg ist infolge Starck Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann
Pokrant Büscher

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 253/97 Verkündet am:
13. Januar 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Tageszulassung II
Zur Frage der Irreführung mit der Angabe "Tageszulassung mit 0 km" in einer
Werbeanzeige für ein Neufahrzeug, das sechs Tage zugelassen war, im Straßenverkehr
aber nicht benutzt worden ist.
BGH, Urt. v. 13. Januar 2000 - I ZR 253/97 - OLG Nürnberg
LG Regensburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Bornkamm,
Pokrant und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 9. September 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu I c zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg - 2. Kammer für Handelssachen - vom 16. Oktober 1996 zurückgewiesen.
Von den Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger 4/7 und die Beklagte 3/7. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des gewerblichen Handels mit Kraftfahrzeugen.
Die Beklagte bewarb in der Ausgabe des S. Tageblattes vom 5. Januar 1996 (einem Freitag) u.a. einen Pkw "Corsa-Fun" zum Preis von 16.900,-- DM, der in der Anzeige wie folgt beschrieben wurde (Anlage K 3 zur Klageschrift):
"Corsa-Fun ... Tageszulassung mit 0 km ..."
Der beworbene Pkw war am 4. Januar 1996 erstmals angemeldet und am 9. Januar 1996 wieder abgemeldet worden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Werbung mit der Angabe "Tageszulassung" sei irreführend, weil der Verkehr bei einem mit dieser Angabe beworbenen Pkw erwarte, daß das Fahrzeug bis zur Abmeldung nur einen Tag zugelassen gewesen sei. Es sei für den Kunden nicht unerheblich, ob ein Fahrzeug nur einen oder mehrere Tage zugelassen gewesen sei. Deshalb müsse, was von Mitbewerbern auch getan werde, eine mehrtägige Zulassung als "Kurzzulassung" bezeichnet werden.
Der Kläger hat außer der Angabe "Tageszulassung", um die es im Revisionsverfahren allein noch geht, eine Reihe weiterer Werbeaussagen in Werbeanzeigen der Beklagten beanstandet.

Er hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Zeitungsanzeigen oder sonst werblich
... (Klageanträge zu Ia und Ib)
I c) für Kraftfahrzeuge mit Aussagen wie "Tageszulassung" zu werben, sofern das Fahrzeug bereits länger als einen Tag zugelassen war,
... (Klageanträge zu Id bis Ig).
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, es bestehe kein Erfahrungssatz des Inhalts, daß der Verkehr mit dem Begriff "Tageszulassung" die Erwartung verbinde, das Fahrzeug sei bis zur Abmeldung tatsächlich nur einen Tag zugelassen gewesen. Dieser Annahme stehe bereits entgegen, daß es bei der Abwicklung der Abmeldung bei den Zulassungsstellen zu zeitlichen Verzögerungen kommen könne. Der Verkehr verbinde mit dem Begriff "Tageszulassung" vielmehr die Vorstellung, daß das Fahrzeug lediglich wenige Tage zugelassen gewesen sei. Für den Käufer sei im übrigen allein maßgeblich, daß der beworbene Pkw nicht der verkehrsmäßigen Nutzung zugeführt worden sei.
Das Landgericht hat der Klage mit zwei Unterlassungsanträgen, die inzwischen nicht mehr im Streit sind, stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - die Beklagte u.a. auch nach dem Unterlassungsantrag zu Ic verurteilt.
Mit der (auf die Verurteilung gemäß dem Unterlassungsantrag zu Ic beschränkt zugelassenen) Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage auch insoweit, als sie nach dem Klageantrag zu Ic verurteilt worden ist. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in der Werbung mit dem Hinweis "Tageszulassung" einen Verstoß gegen § 3 UWG gesehen, weil das beworbene Fahrzeug für mehrere Tage zugelassen gewesen sei. Dazu hat es ausgeführt:
Der Begriff "Tageszulassung" umfasse schon von seinem Wortlaut her keine Zulassung für mehrere Tage. Zudem verbänden potentielle Autokäufer mit dem in Rede stehenden Begriff ganz bestimmte Vorstellungen. Sie gingen davon aus, daß eine derartige Zulassung rein formal erfolge, um es dem Händler zu ermöglichen, gegenüber dem Hersteller Mindestabnahmemengen nachzuweisen und sich auf diese Weise einen Bonus zu sichern. Es sei dem Publikum bewußt, daß sich durch eine Tageszulassung an der Beschaffenheit
des Fahrzeugs nichts ändere, es insbesondere nicht benutzt werde. Bei einem Weiterverkauf werde der Käufer des Pkws faktisch wie ein Erstbesitzer angesehen und könne einen Preis annähernd wie bei einem Verkauf aus erster Hand erzielen. Diese Möglichkeit werde bei einer Mehrtageszulassung eingeschränkt. Aus den Kraftfahrzeugpapieren sei nicht ersichtlich, daß das Fahrzeug von dem Erstbesitzer nicht genutzt worden sei. Es könne deshalb auch vermutet werden, daß der Wagen einige Tage gefahren und anschließend - egal aus welchen Gründen - an den Händler zurückgegeben worden sei. Mit dem unzutreffenden Gebrauch des Begriffs "Tageszulassung" erfolge daher eine Irreführung des Publikums, die geeignet sei, den Wettbewerb zwischen den Parteien wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG).
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt hinsichtlich des Unterlassungsantrages zu I c zur Wiederherstellung des die Klage insoweit abweisenden landgerichtlichen Urteils.
1. Das Berufungsgericht hat die Revision nur insoweit zugelassen, als es die Beklagte nach dem Unterlassungsantrag zu Ic verurteilt hat. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Für eine nach § 546 Abs. 1 ZPO wirksame Zulassungsbeschränkung genügt es, daß über den von der Revisionszulassung erfaßten Teil des prozessualen Anspruchs eine gesonderte Entscheidung unabhängig von dem übrigen Teil ergehen kann (vgl. BGHZ 130, 50, 59; BGH, Urt. v. 8.3.1995 - VIII ZR 156/94, BGHR-ZPO § 546 Abs. 1 Satz 1 - Beschränkte Revisionszulassung Nr. 17; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 546 Rdn. 46). Das ist in bezug auf das mit dem Klageantrag zu I c verfolgte Unterlassungsbegehren der Fall.
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verkehr erwarte bei der Werbung für Neufahrzeuge mit dem Begriff "Tageszulassung", daß das beworbene Fahrzeug tatsächlich nur einen Tag zugelassen gewesen sei. Ob die gegen diese Beurteilung vorgebrachten Angriffe der Revision durchgreifen, kann offenbleiben. Denn selbst wenn nicht unerhebliche Teile des Verkehrs annehmen sollten, das beworbene Fahrzeug sei nur für einen Tag zugelassen gewesen , wäre ein derartiger Irrtum im Streitfall jedenfalls nicht relevant. Das Berufungsgericht hat die Frage der Relevanz zwar nicht ausdrücklich geprüft. Der Senat kann sie jedoch aufgrund des unstreitigen Sachverhalts und der in anderem Zusammenhang getroffenen Feststellungen selbst beantworten, ohne daß es einer Aufhebung und Zurückverweisung bedarf.

a) Eine irreführende Angabe ist nur dann wettbewerbsrechtlich relevant, wenn sie in dem Punkt und in dem Umfang, in dem sie von der Wahrheit abweicht , bei ungezwungener Auffassung geeignet ist, die Kaufentscheidung des Publikums - im Sinne einer allgemeinen Wertschätzung - zu beeinflussen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 2.5.1991 - I ZR 258/89, GRUR 1992, 70, 72 = WRP 1991, 642 - 40 % weniger Fett; Urt. v. 10.11.1994 - I ZR 201/92, GRUR 1995, 125, 126 = WRP 1995, 183 - Editorial I). Eine Werbeaussage ist danach grundsätzlich nur dann wettbewerbswidrig, wenn es nach der Lebenserfahrung naheliegt, daß die erzeugte Fehlvorstellung für die Kaufentscheidung eines nicht unbeachtlichen Teil des Verkehrs von Bedeutung ist. Vorausgesetzt ist hierbei jedoch, daß es sich um eine Werbeaussage handelt, die für die Kaufentscheidung des Verbrauchers nicht unwesentlich ist. Denn Aufgabe des Wettbewerbsrechts ist es nicht, den Verbraucher vor jedweder Fehlvorstellung zu schützen. Das Verbot der irreführenden Werbung gemäß § 3 UWG dient vielmehr allein der Wahrung schützenswerter Interessen, sei es des Verbrauchers , sei es des Mitbewerbers (vgl. BGH GRUR 1995, 125, 126 - Editorial I;
Urt. v. 30.10.1997 - I ZR 127/95, GRUR 1998, 949, 951 = WRP 1998, 598 - DNetz -Handtelefon).

b) Unter den im Streitfall gegebenen Umständen kann nicht angenommen werden, daß durch die beanstandete Werbeanzeige wettbewerbsrechtlich maßgebliche Interessen der Verbraucher verletzt werden.
aa) Die - im Zusammenhang mit der Frage der Eignung zur wesentlichen Beeinträchtigung i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG angestellte - Erwägung des Berufungsgerichts, aufgrund der Bedeutung der Tageszulassung im Autohandel sowie des damit verbundenen Kaufanreizes für Verbraucher und der erheblichen Gefahr, daß Autohändler den Begriff der Tageszulassung immer weiter auslegten, könne die Auswirkung der beanstandeten Werbung der Beklagten , die mit einem Umsatz von 500 Neufahrzeugen jährlich eine nicht unbedeutende Marktstellung habe, auf das Wettbewerbsgeschehen erheblich sein, vermag die Relevanz der vom Berufungsgericht bejahten Irreführung des Verkehrs nicht zu begründen.
Tageszulassungen sind - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - eine besondere Form des Neuwagengeschäfts. Der Kunde erwirbt in diesen Fällen ein fabrikneues Fahrzeug. Die Zulassung dient, anders als bei sogenannten Vorführwagen, nicht der Nutzung des Fahrzeugs. Tageszulassungen erfolgen insbesondere im Absatzinteresse des Händlers, der durch die Steigerung der Abnahmemenge in den Genuß höherer Prämien kommt, die er - in den nach dem Rabattgesetz zulässigen Grenzen - an den Endkunden weitergeben kann (BGH, Urt. v. 5.6.1996 - VIII ZR 7/95, NJW 1996, 2302, 2304 f.). Das ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch dem mit der Werbung angesprochenen potentiellen Autokäufer bewußt, der weiß, daß eine
"Tageszulassung" aus den genannten Gründen nur rein formal erfolgt, ohne daß sich die Beschaffenheit des Fahrzeugs als Neufahrzeug dadurch ändert, es insbesondere nicht benutzt worden ist.
Dem Verkehr kommt es unter diesen Umständen nicht maßgeblich darauf an, ob das als Neuwagen beworbene Fahrzeug nur einen Tag oder für wenige Tage, also kurzfristig, zugelassen war. Für den potentiellen Autokäufer ist vielmehr entscheidend, daß es - dem Sinn und Zweck der sogenannten Tageszulassung entsprechend - noch nicht im Straßenverkehr genutzt wurde. Von letzterem ist auch im Streitfall aufgrund der Werbeangabe "Tageszulassung mit 0 km" und mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen.
bb) Die Relevanz der Irreführung läßt sich auch nicht mit der vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang angestellten weiteren Erwägung bejahen , daß der Käufer eines Pkws mit mehrtägiger Zulassung entgegen der Ansicht der Beklagten erhebliche Nachteile habe.
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Käufer eines wenige Tage zugelassenen Fahrzeugs erziele bei der Weiterveräußerung in der Regel einen geringeren Erlös als der Käufer eines nur einen Tag zugelassenen Pkws, weil vermutet werden könne, daß das Fahrzeug einige Tage gefahren und anschließend wegen eines Unfalls, eines Fabrikationsfehlers oder sonstigen in der Beschaffenheit des Fahrzeugs liegenden Fehlers wieder an den Händler zurückgegeben worden sei, findet in der allgemeinen Lebenserfahrung keine Stütze. Entscheidend ist für den durchschnittlich informierten und verständigen Autokäufer, daß er ein Neufahrzeug mit - wie beworben - "0 km" Laufleistung erwirbt. Dies kann er bei einem Weiterverkauf im allgemeinen durch Vorlage
des Kaufvertrags auch nachweisen, so daß die vom Berufungsgericht befürchtete Benachteiligung des Käufers, der ein Neufahrzeug mit einer nur wenige Tage umfassenden Zulassung erworben hat, als verhältnismäßig gering einzuschätzen ist.
Auch der vom Berufungsgericht angeführte Gesichtspunkt, daß sich aufgrund der Erstzulassung rechtliche Nachteile - beispielsweise in bezug auf die Garantiefrist - für den Käufer ergeben können, ist für die Relevanz der Irreführung ohne Bedeutung, da die Dauer der Herstellergarantie im allgemeinen nicht davon abhängt, wie lange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen war.
Schließlich vermag auch der Hinweis der Revisionserwiderung, daß sich der Fristbeginn für die nach § 29 StVZO vorgeschriebene Fahrzeuguntersuchung nach dem Tag der Erstzulassung bestimmt, im Streitfall die Relevanz einer Irreführung nicht zu begründen. Abgesehen davon, daß es schon zweifelhaft erscheint, daß ein potentieller Autokäufer diesen Umstand bei seinem Kaufentschluß überhaupt mitberücksichtigt, betrug die Zulassung im konkreten Fall nur sechs Tage. Dieser kurze Zeitraum kann bei der Beurteilung der Relevanz der (hier unterstellten) Irreführung vernachlässigt werden.
III. Danach war auf die Revision der Beklagten das den Unterlassungsantrag zu I c abweisende landgerichtliche Urteil in diesem Umfang wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 19/00 Verkündet am:
27. Juni 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Telefonische Vorratsanfrage
Wenn eine beworbene Ware am Tag des Erscheinens der Werbung im Geschäft
vorrätig ist, einem Kaufinteressenten aber auf dessen telefonische Anfrage
die falsche Auskunft gegeben wird, sie sei noch nicht eingetroffen, liegt
darin keine relevante Irreführung im Sinne des § 3 UWG.
BGH, Urt. v. 27. Juni 2002 - I ZR 19/00 - OLG München
LG Landshut
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Juni 2002 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Prof. Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. November 1999 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Landshut vom 28. April 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien waren im Jahre 1998 örtliche Wettbewerber beim Einzelhandel mit Artikeln der Unterhaltungselektronik.
Die Beklagte bewarb am 19. November 1998 in der "L. Zeitung" einen CD-Recorder Philips CDR 760 zum Preis von 799,-- DM.
Die Klägerin hat behauptet, das beworbene Gerät sei am Tag des Erscheinens der Anzeige nicht im Geschäft der Beklagten vorrätig gewesen. Dies hätten sowohl der Besuch eines Testkäufers im Geschäft der Beklagten als auch die telefonische Anfrage eines weiteren Kaufinteressenten ergeben. Die Beklagte habe daher gegen ihre Pflicht, eine ausreichende Anzahl von Geräten am Werbetag zum Kauf vorrätig zu halten, verstoßen. Es sei dabei letztlich nicht entscheidend, ob das Gerät tatsächlich vorrätig gewesen sei; eine irreführende Werbung liege bereits dann vor, wenn das Personal - irrtümlich - annehme , die beworbene Ware sei nicht vorhanden und Interessenten auf Nachfrage eine entsprechende Antwort gebe.
Die Klägerin hat (zuletzt) beantragt,
1. der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten , im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Artikel der Unterhaltungselektronik zu bewerben, soweit diese am Tag des Erscheinens der Werbung nicht zur sofortigen Mitnahme vorrätig sind; 2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter 1. geschilderte,
seit 19. November 1998 erfolgte Wettbewerbshandlung entstanden ist und noch entsteht; 3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Wettbewerbshandlungen gemäß Ziffer 1 seit dem 19. November 1998 begangen hat, wobei die Werbung nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger und Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln ist. Die Beklagte hat behauptet, sie habe am Werbetag vor Geschäftsbeginn zwei Geräte des beworbenen CD-Recorders im Laden aufgestellt bzw. auf Lager gehabt. Dies sei ausreichend gewesen, da die beiden Geräte erst nach einer Woche verkauft worden seien. Der Testkäufer der Klägerin habe nicht nach dem beworbenen CD-Recorder gefragt. Der Anrufer habe telefonisch nicht genügend nachgefragt. Da er den Namen seiner Auskunftsperson nicht angeben könne, bestehe die Möglichkeit, daß er nicht mit einem Verkäufer der zuständigen Abteilung gesprochen habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne die begehrte Unterlassung gemäß § 3 UWG verlangen. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte gebe mit ihrer Werbeanzeige gegenüber den Verbrauchern zu erkennen, daß sie die beworbenen Artikel auf jeden Fall am Tag der Werbung vorrätig habe und den Kunden nicht mangels Lieferbereitschaft abweisen werde.
Der Zeuge M. habe die Lieferbereitschaft der Beklagten getestet, den beworbenen Artikel aber nicht gesehen, obwohl er vorhanden gewesen sei. Dies reiche für eine Kundenabweisung nicht aus. Der Artikel müsse nicht augenfällig bereitgestellt werden. Der Verbraucher wisse und nehme an, daß er nach dem beworbenen Artikel fragen müsse, ehe er unverrichteter Dinge das Geschäft verlasse.
Eine Irreführung über das Vorrätigsein der beworbenen Ware sei jedoch im Fall der telefonischen Anfrage des Zeugen F. nach dem beworbenen CD-Recorder gegeben. Bei einer solchen - durchaus üblichen - Anfrage werde erwartet, daß die Ware vorhanden sei und die richtige Antwort gegeben werde. Der Zeuge habe von der zuständigen Abteilung der Beklagten die Auskunft erhalten , der CD-Recorder sei nicht auf Lager; die erwartete Lieferung werde erst noch eintreffen. Auch wenn die Ware vorrätig sei, müsse der Kaufmann sicherstellen , daß dem nachfragenden Kunden die richtige Antwort gegeben werde. Von der Erwartung des Kunden, eine zutreffende Auskunft zu erhalten, seien nur Fälle ausgenommen, in denen schuldlos eine fehlerhafte Auskunft erteilt werde. Eine derartige Sachverhaltsgestaltung sei im Streitfall nicht gegeben.
Wegen der wettbewerbswidrigen Werbung sei die Beklagte auch zum Schadensersatz verpflichtet, da sie die falsche Auskunft bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte vermeiden können und müssen. Soweit die Schadensersatzpflicht bestehe, könne die Klägerin zudem Auskunft über den Um-
fang der Irreführung seit dem Tag des Erscheinens der beanstandeten Werbung verlangen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.
1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das Berufungsgericht hätte den Unterlassungsantrag und die darauf bezogenen weiteren Anträge bereits als unzulässig abweisen müssen, weil der im Unterlassungsantrag benutzte Begriff "Artikel der Unterhaltungselektronik" nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genüge. Der Begriff "Artikel der Unterhaltungselektronik" umfaßt zwar neben CD-Recordern eine Vielzahl weiterer Produkte der Unterhaltungselektronik, ist aber inhaltlich genügend abgegrenzt, um sowohl für die Beklagte als auch gegebenenfalls für das Vollstreckungsgericht hinreichend deutlich zu machen, auf welche Produkte sich eine dem Klagebegehren entsprechende Verurteilung beziehen soll (vgl. BGH, Urt. v. 29.2.1996 - I ZR 6/94, GRUR 1996, 796, 797 = WRP 1996, 734 - Setpreis). Eine andere Frage ist es, ob die Klage unbegründet ist, weil die Fassung des Unterlassungsantrags von der konkreten Verletzungsform zu sehr abstrahiert und deshalb zu weit geht (vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2000 - I ZR 229/97, GRUR 2002, 187, 188 = WRP 2000, 1131 - Lieferstörung, m.w.N.).
Ob die Klage - wie die Revision weiterhin vorbringt - wegen Rechtsmißbrauchs gemäß § 13 Abs. 5 UWG unzulässig ist, kann offenbleiben, da das Klagebegehren sich jedenfalls als unbegründet erweist (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.1998 - I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421 - Vorrats-
lücken, m.w.N.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 13 Rdn. 52).
2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , das Unterlassungsbegehren sei gemäß § 3 UWG begründet.

a) Die Klägerin hat im Lauf des Rechtsstreits ihr eigenes Geschäft in E. auf einen Dritten übertragen. Die Frage, ob ihr schon deshalb kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte wegen einer in deren L. Geschäft begangenen irreführenden Werbung zustehen kann, muß nicht entschieden werden, weil die Klage von Anfang an unbegründet war.

b) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daß eine Werbung grundsätzlich als irreführend zu beurteilen ist, wenn die angebotene Ware, die - wie hier - zum persönlichen Gebrauch bestimmt ist, entgegen einer durch die konkrete Werbemaßnahme hervorgerufenen Erwartung des Verkehrs zum angekündigten Zeitpunkt nicht oder nicht in genügender Menge im Verkaufslokal vorrätig ist und zur sofortigen Mitnahme bereitsteht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 9.5.1996 - I ZR 107/94, GRUR 1996, 800, 801 = WRP 1996, 899 - EDV-Geräte; Urt. v. 30.10.1997 - I ZR 127/95, GRUR 1998, 949, 950 = WRP 1998, 598 - D-Netz-Handtelefon; BGH GRUR 1999, 509, 511 - Vorratslücken; BGH, Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 254/97, GRUR 2000, 911, 912 = WRP 2000, 1248 - Computerwerbung). Für die Beurteilung der beanstandeten Werbung als irreführend kommt es gemäß § 3 UWG darauf an, welchen Inhalt das Publikum der Werbung entnimmt und ob dieser Eindruck mit der Wirklichkeit übereinstimmt (BGH GRUR 1998, 949, 950 - D-Netz-Handtelefon; BGH GRUR 2000, 911, 913 - Computerwerbung).

Das Berufungsgericht hat - von der Revisionserwiderung unbeanstandet - festgestellt, daß der beworbene CD-Recorder am Tag des Erscheinens der Werbeanzeige für Kaufinteressenten zum Erwerb und zur sofortigen Mitnahme zur Verfügung stand. Es hat zu Recht angenommen, daß eine Irreführung durch die Anzeige, mit der für den CD-Recorder geworben worden war, nicht damit begründet werden kann, daß der Testkäufer M. die Ware im Geschäft nicht gefunden hat.

c) Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag gleichwohl für begründet erachtet, weil dem Zeugen F. auf dessen telefonische Nachfrage von der zuständigen Fachabteilung der Beklagten die unrichtige Auskunft erteilt worden sei, der beworbene CD-Recorder sei nicht auf Lager; die erwartete Lieferung werde erst noch eintreffen. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
aa) Mit seinem Urteil hat das Berufungsgericht nicht über einen Streitgegenstand entschieden, der nicht zur Entscheidung gestellt war. In erster Instanz war der Unterlassungsantrag allerdings im Tatsächlichen nur darauf gestützt, daß der Testkäufer den beworbenen CD-Recorder im Geschäft der Beklagten nicht gefunden habe. Das Vorbringen, dem Zeugen F. sei telefonisch eine falsche Auskunft erteilt worden, war lediglich als Beleg dafür vorgetragen worden, daß das Gerät im Geschäft nicht vorrätig gewesen sei.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage aber erweitert und nunmehr auch im Hinblick auf die unrichtige Auskunft, die dem Zeugen F. nach ihrer Behauptung erteilt worden sei, Unterlassung verlangt. Die Klägerin hat zwar den Wortlaut ihres Unterlassungsantrags diesem weiteren Begehren
nicht angepaßt, ihrem Klagevorbringen ist aber zweifelsfrei zu entnehmen, daß sie nunmehr gerade auch deshalb Unterlassung verlangen wollte, weil die Beklagte wegen der behaupteten falschen Auskunft gegenüber dem Zeugen F. irreführend für den CD-Recorder geworben habe.
bb) Für die Prüfung, ob der Unterlassungsantrag begründet ist, kann unterstellt werden, daß das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei festgestellt hat, daß dem Zeugen F. bei seinem Anruf eine falsche Auskunft erteilt worden ist. Denn das Unterlassungsbegehren wäre entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann nicht gemäß § 3 UWG gerechtfertigt.
Die Auskunft, eine Ware sei nicht lieferbar, obwohl sie tatsächlich im Geschäft bereitliegt, ist zwar eine irreführende Angabe über die Vorratsmenge und wird deshalb vom Wortlaut des § 3 UWG erfaßt. Einer derartigen Irreführung fehlt jedoch die wettbewerbsrechtliche Relevanz, die für die Anwendung des § 3 UWG nach dessen Schutzzweck erforderlich ist. Das Verbot irreführender Angaben über die Menge der Vorräte soll verhindern, daß der Verbraucher durch solche Angaben angelockt, im Geschäft des Werbenden dann enttäuscht und gegebenenfalls veranlaßt wird, andere Waren zu kaufen (vgl. Baumbach/Hefermehl , Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 UWG Rdn. 360). Eine falsche telefonische Auskunft, eine Ware sei im Geschäft nicht vorrätig, hält jedoch einen interessierten Kunden erfahrungsgemäß gerade davon ab, das Geschäft aufzusuchen. Eine Irreführung dieser Art verschafft dem Wettbewerber deshalb keinen wettbewerblichen Vorteil zu Lasten seiner Mitbewerber, sondern schädigt ihn eher.
3. Den auf den Unterlassungsantrag bezogenen Anträgen auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und auf Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht ist aus denselben Gründen nicht stattzugeben.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
v. Ungern-Sternberg Starck Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Geographische Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht.

(2) Haben die durch eine geographische Herkunftsangabe gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besondere Eigenschaften oder eine besondere Qualität, so darf die geographische Herkunftsangabe im geschäftlichen Verkehr für die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen dieser Herkunft nur benutzt werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen diese Eigenschaften oder diese Qualität aufweisen.

(3) Genießt eine geographische Herkunftsangabe einen besonderen Ruf, so darf sie im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft auch dann nicht benutzt werden, wenn eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft nicht besteht, sofern die Benutzung für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft geeignet ist, den Ruf der geographischen Herkunftsangabe oder ihre Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

(4) Die vorstehenden Absätze finden auch dann Anwendung, wenn Namen, Angaben oder Zeichen benutzt werden, die der geschützten geographischen Herkunftsangabe ähnlich sind oder wenn die geographische Herkunftsangabe mit Zusätzen benutzt wird, sofern

1.
in den Fällen des Absatzes 1 trotz der Abweichung oder der Zusätze eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht oder
2.
in den Fällen des Absatzes 3 trotz der Abweichung oder der Zusätze die Eignung zur unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs oder der Unterscheidungskraft der geographischen Herkunftsangabe besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 54/96 Verkündet am:
19. September 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Warsteiner III
Bestehen ausnahmsweise gewichtige Interessen des Beklagten gegenüber
dem auf eine unrichtige geographische Herkunftsangabe gestützten Kennzeichnungsverbot
, so greift dieses nicht durch, wenn aufgrund entlokalisierender
Zusätze einer Irreführung des Verkehrs (hier: über die Herkunft eines Bieres
aus einer bestimmten Produktionsstätte) in ausreichendem Maße entgegengewirkt
wird und verbleibende Fehlvorstellungen des Verkehrs daneben
nicht ins Gewicht fallen.
Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung kann eine Wechselwirkung
zwischen den Anforderungen an entlokalisierende Zusätze und der Relevanz
der Herkunft der Ware für die Kaufentscheidung der Verbraucher bestehen.
BGH, Urt. v. 19. September 2001 - I ZR 54/96 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 1996 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit dem satzungsmäßigen Zweck, unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen.
Die Beklagte betreibt in Warstein eine Brauerei. Diese befindet sich seit 1753 im Familienbesitz. Die Beklagte ist Inhaberin der aufgrund Verkehrsdurchsetzung am 24. Oktober 1990 eingetragenen Marke Nr. 1 166 399 "Warsteiner" für "Bier nach Pilsener Brauart".

Im Herbst 1990 erwarb die Beklagte die 40 km von Warstein entfernt gelegene Paderborner Brauerei, in der sie die Sorten "Light" und "Fresh" bis Ende 1991 braute.
Gegenstand des Rechtsstreits sind die von der Beklagten für diese Sorten auf den Vorder- und Rückseiten der Flaschen verwendeten, nachfolgend abgebildeten Etiketten:

Der Kläger hat die Gestaltung der Etiketten als irreführend beanstandet und geltend gemacht, für das in Paderborn gebraute Bier dürfe nicht die geographische Herkunftsangabe "Warsteiner" verwendet werden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat ausgeführt, der Verkehr sehe in "Warsteiner" keinen Hinweis auf eine geographische Herkunft. Der Ort Warstein sei dem Verkehr unbekannt. Selbst wenn Teile des Verkehrs die Bezeichnung "Warsteiner" mit einer geographischen Herkunft verbinden sollten, so hänge die Wertschätzung des Bieres nicht von den örtlichen Gegebenheiten ab. Auch andere Biere mit geographischer Herkunftsbezeichnung stammten nicht (ausschließlich) aus dem so bezeichneten Ort.
Das Landgericht hat nach Einholung eines demoskopischen Gutachtens dem - vom Kläger mit Rücksicht auf eine strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten gegenüber einem anderen Wettbewerbsverein und einer entsprechenden Verurteilung zum Antrag auf Feststellung der Erledigung der
Hauptsache nur hilfsweise gestellten - Unterlassungsantrag im wesentlichen stattgegeben und unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel der Beklagten verboten, die in Paderborner Braustätten hergestellten Biere "Warsteiner Premium Light" und "Warsteiner Premium Fresh" mit den oben wiedergegebenen Etiketten anzubieten, zu vertreiben und/oder in den Verkehr zu bringen.
Das Berufungsgericht hat nach Einholung eines ergänzenden demoskopischen Gutachtens die Klage abgewiesen.
Mit der Revision begehrt der Kläger, das Urteil des Landgerichts wiederherzustellen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Durch Beschluß vom 2. Juli 1998 hat der Senat die Entscheidung über die Revision ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung nach Art. 177 EG (jetzt: Art. 234 EG) folgende Frage vorgelegt (GRUR 1999, 251 = WRP 1998, 998 - Warsteiner I):
"Steht die Regelung der Verordnung Nr. 2081/92 vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel der Anwendung einer nationalen Regelung entgegen, welche die irreführende Verwendung einer einfachen geographischen Herkunftsbezeichnung verbietet, d.h. einer Angabe, bei welcher kein Zusammenhang zwischen den Eigenschaften des Produkts und seiner geographischen Herkunft besteht?"
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat hierüber durch Urteil vom 7. November 2000 - Rs. C-312/98 - wie folgt entschieden (GRUR 2001, 64 = WRP 2000, 1389):
"Die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel steht nicht der Anwendung einer nationalen Regelung entgegen, die die möglicherweise irreführende Verwendung einer geographischen Herkunftsangabe verbietet, bei der kein Zusammenhang zwischen den Eigenschaften des Produktes und seiner geographischen Herkunft besteht."

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Der klagende Verein sei als prozeßführungsbefugt im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG anzusehen. Ihm gehörten Verbände an, die ihrerseits prozeßführungsbefugt seien. Eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden, die wie die Beklagte Bier vertrieben, sei Mitglieder dieser Verbände. Aufgrund einer eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers des Klägers sei davon auszugehen, daß bereits zum Landesverband B. e.V. die erforderliche Anzahl von Brauereien gehöre.

Die Verwendung der Bezeichnung "Warsteiner" für ein in Paderborn gebrautes Bier der Beklagten stelle aber keine Irreführung im Sinne des § 3 UWG dar. Aus der Verkehrsbefragung folge, daû kein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise durch diese Bezeichnung in relevanter, d.h. in einer für das Konsumverhalten maûgeblichen Weise irregeführt werde. Letztendlich verblieben nur 8 % der befragten Verbraucher, die Bier tränken, sei es auch nur gelegentlich oder selten, welche wüûten, daû es einen Ort Warstein gebe, und die auf Nachfrage diesem Ort auch Bedeutung beimäûen. Aus §§ 127 ff. MarkenG ergebe sich keine andere rechtliche Beurteilung, da auch dort auf die Relevanz der Irreführung durch eine unzutreffende geographische Herkunftsangabe abzustellen sei.
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Mit Recht ist das Berufungsgericht von der Befugnis des Klägers ausgegangen , die beanstandete wettbewerbswidrige Verwendung der Bezeichnung "Warsteiner" als geographische Herkunftsangabe zu verfolgen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG i.V. mit § 128 Abs. 1 MarkenG). Die Revisionserwiderung zieht ohne Erfolg in Zweifel, daû dem Kläger eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden auf dem hier einschlägigen Markt angehört.
Die Revisionserwiderung macht geltend, der Kläger habe die Brauereien , die ihm unmittelbar angehörten, nicht namentlich benannt. Dies steht seiner Klagebefugnis jedoch nicht entgegen. Es reicht aus, daû der Kläger die Verbände , aus deren Mitgliedschaft er seine Klagebefugnis herleitet, namentlich benannt hat. Die Beklagte war damit in die Lage versetzt, zur Wahrung ihrer
berechtigten Interessen die Angaben zur Mitgliederstruktur dieser Verbände substantiiert zu bestreiten und überprüfen zu lassen, was sie nicht getan hat (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 55/96, GRUR 1999, 252, 254 = WRP 1998, 1002 - Warsteiner II, m.w.N., insoweit in BGHZ 139, 138, 141 nicht abgedruckt

).


Auf die vom Berufungsgericht herangezogene und entgegen dem Vorbringen in der Revisionserwiderung als Anlage K 25a im vorliegenden Verfahren mit der Berufungsentgegnung vom 27. Februar 1995 vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers des Klägers zur Mitgliederstruktur kommt es daher nicht an.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daû das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch verneint hat.
Die rechtliche Beurteilung des Streitfalles richtet sich nach dem Inkrafttreten des Markengesetzes zum 1. Januar 1995 nach § 128 Abs. 1 i.V. mit § 127 Abs. 1, § 126 Abs. 1 MarkenG (vgl. BGHZ 139, 138, 139 - Warsteiner II; Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 152 Rdn. 5). Die neue Regelung schlieût als lex specialis in ihrem Anwendungsbereich vorliegend die Bestimmungen der §§ 3, 1 UWG aus.

a) Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 MarkenG regelt den Schutz (einfacher ) geographischer Herkunftsangaben gegen irreführende Verwendung für Waren und Dienstleistungen anderer Herkunft.
Bei der Bezeichnung "Warsteiner", die in adjektivischer Form auf den Ort "Warstein" Bezug nimmt, handelt es sich um eine geographische Herkunftsangabe i.S. des § 126 Abs. 1 MarkenG.
Die (einfache) geographische Herkunftsangabe gemäû § 127 Abs. 1 MarkenG setzt nicht voraus, daû der Verbraucher mit ihr eine besondere, auf regionale oder örtliche Eigenheiten zurückzuführende Qualitätsvorstellung verbindet (vgl. BGHZ 139, 138, 140 - Warsteiner II, m.w.N.).
Die nationalen Bestimmungen zum Schutz (einfacher) geographischer Herkunftsangaben werden durch die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vom 14. Juli 1992 (ABl. EG Nr. L 208 v. 24.7.1992 S. 1 = GRUR Int. 1992, 750 ff.) nicht ausgeschlossen (vgl. EuGH, Urt. v. 7.11.2000 - Rs. C-312/98, GRUR 2001, 64, 66 - Warsteiner; BGH, Urt. v. 25.1.2001 - I ZR 120/98, GRUR 2001, 420, 421 = WRP 2001, 546 - SPA). Nach Art. 2 Abs. 2 lit. b der Verordnung Nr. 2081/92, die gemäû Art. 1 Abs. 1 i.V. mit dem Anhang I auch Bier umfaût, betrifft diese nur die geographischen Angaben, bei denen sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder einer anderen Eigenschaft des Erzeugnisses und seinem spezifischen geographischen Ursprung ergibt. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Unstreitig besteht keine durch örtliche Besonderheiten bedingte Eigenart des in Warstein gebrauten Bieres.
Im Streitfall steht auch der Schutz der Bezeichnung "Warsteiner" als einer kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke und deren Verwendung auf den Etiketten der Bierflaschen dem im Interesse der Allgemeinheit ge-
währten Schutz der geographischen Herkunftsangabe i.S. des § 127 Abs. 1 MarkenG nicht entgegen (vgl. hierzu näher BGHZ 139, 138, 142 - Warsteiner

II).



b) Das Berufungsgericht hat festgestellt, daû 50 % der angesprochenen Verkehrskreise - das sind diejenigen Befragten, die häufig, gelegentlich oder selten Bier kaufen oder trinken - die Bezeichnung "Warsteiner" so verstehen, daû dieses Bier im Ort Warstein gebraut wird und es deshalb "Warsteiner" heiût. Kommt ein derartig bezeichnetes Bier aber aus einer Braustätte in Paderborn , so werden bei einer Quote von 50 % maûgebliche Teile des Verkehrs über die geographische Herkunft des Produkts irregeführt.
Das Berufungsgericht hat eine Irreführung i.S. des § 127 Abs. 1 MarkenG mit der Begründung verneint, auch bei § 127 Abs. 1 MarkenG komme es wie bei § 3 UWG auf eine für die Kaufentscheidung relevante Irreführung an.
Der Senat hat demgegenüber die Frage, ob der Schutz der geographischen Herkunftsangabe nach § 127 Abs. 1 MarkenG voraussetzt, daû die Herkunft der Ware für die Kaufentscheidung des Verbrauchers relevant i.S. des § 3 UWG ist, bislang verneint (BGHZ 139, 138, 140 - Warsteiner II; BGH GRUR 2001, 420, 421 - SPA; so auch Helm, Festschrift für Vieregge, S. 335, 349; Fezer aaO § 127 Rdn. 3; Althammer/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 127 Rdn. 3; Ullmann, GRUR 1999, 666, 667; a.A.: Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 127 Rdn. 3). Ob daran - was die Revisionserwiderung bezweifelt - angesichts der Ausführungen des Generalanwalts Jacobs in dem Vorabentscheidungsverfahren des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften im vorliegen-
den Verfahren unter Hinweis auf Art. 28 EG (Tz. 63 der Schluûanträge, vgl. auch Tz. 38 und 39 der Vorabentscheidung des EuGH) weiterhin festgehalten werden kann, kann im Streitfall offenbleiben.

c) Ein Unterlassungsanspruch nach § 128 Abs. 1 i.V. mit § 127 Abs. 1 MarkenG scheidet jedenfalls deshalb aus, weil das Verbot unter dem Vorbehalt der Verhältnismäûigkeit steht (vgl. BGHZ 139, 138, 145 - Warsteiner II, m.w.N.; Fezer aaO § 127 Rdn. 6a; Althammer/Klaka aaO § 127 Rdn. 5; zur Interessenabwägung auch Helm aaO S. 335, 352). Daher ist eine Abwägung des Interesses der Verbraucher und der Mitbewerber daran, daû keine Irreführung über die Herkunft des Bieres erfolgt, mit dem Interesse der Beklagten an der Nutzung der Marke "Warsteiner" erforderlich.
Ausgangspunkt dieser Abwägung ist, daû im allgemeinen kein schutzwürdiges Interesse Dritter besteht, eine unrichtige geographische Herkunftsangabe zu verwenden (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.1980 - I ZR 97/78, GRUR 1981, 71, 72 = WRP 1981, 18 - Lübecker Marzipan; Gloy, Festschrift für Piper, S. 543, 559; Groûkomm./Lindacher, § 3 UWG Rdn. 573). Die Besonderheiten des Streitfalls führen jedoch dazu, daû dem Interesse der Beklagten an der uneingeschränkten Weiterverwendung der Bezeichnung "Warsteiner" der Vorrang einzuräumen ist.
Wie der Senat bereits in dem Parallelverfahren ausgeführt hat (BGHZ 139, 138, 145 - Warsteiner II), ist zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, daû diese sich mit der Marke "Warsteiner" ein wertvolles Kennzeichen, welches auch Unternehmenskennzeichen ist, aufgebaut hat. Für ein expandierendes Unternehmen erweist es sich gerade als wirtschaftlich vernünftig, die
Kennzeichnungskraft des bekannten Unternehmenskennzeichens auch bei der Fortentwicklung des eigenen Unternehmens einzusetzen. Dazu gehört es auch, weitere Produktionsstätten an anderen Orten aufzubauen oder zu erwerben , um zu expandieren. Zudem besteht ein berechtigtes Interesse daran, die Unternehmensstrategie unter Beibehaltung des wichtigsten immateriellen Gutes , der Marke "Warsteiner", fortzusetzen, zumal die Beklagte ihren Unternehmenssitz in Warstein beibehalten hat, von wo sie auch die unternehmerischen Entscheidungen hinsichtlich der Produktionsstätte in Paderborn trifft.
Der Senat hat allerdings auch betont, daû diese gewichtigen Interessen gegenüber dem Kennzeichnungsverbot des § 127 Abs. 1 i.V. mit § 128 Abs. 1 MarkenG nur dann durchgreifen, wenn die Beklagte bei der Verwendung ihrer Marke "Warsteiner" durch deutliche entlokalisierende Zusätze auf die Besonderheiten der Produktionsstätte in Paderborn hinweist und verbleibende Fehlvorstellungen des Verkehrs, soweit sie für seine Kaufentscheidung relevant sein können, daneben nicht ins Gewicht fallen (BGHZ 139, 138, 145 - Warsteiner II). Dabei sind an den Ausschluû der Irreführung des Verkehrs durch entlokalisierende Zusätze (vgl. § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG) strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.1982 - I ZR 111/80, GRUR 1982, 564, 565 = WRP 1982, 570 - Elsässer Nudeln; Fezer aaO § 127 Rdn. 18; Althammer/Klaka aaO § 127 Rdn. 17; Groûkomm./Lindacher, § 3 UWG Rdn. 594; v. Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kap. 37 Rdn. 242; Baumbach /Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 UWG Rdn. 224; Köhler /Piper, UWG, 2. Aufl., § 3 Rdn. 315; Gloy aaO S. 543, 546 f.; Helm aaO S. 333, 351). Dies findet seine Rechtfertigung darin, daû geographischen Herkunftsangaben ein möglichst wirksamer Schutz gegen unrichtige Verwendung gewährt werden soll und daû im allgemeinen kein schutzwürdiges Interesse
Dritter besteht, unrichtige Angaben über die Herkunft zu verwenden (BGH GRUR 1981, 71, 72 - Lübecker Marzipan).
Der vorliegende Sachverhalt weicht jedoch von dem in der angeführten Rechtsprechung zugrunde gelegten Regelfall ab. Im Streitfall kann sich die Beklagte - wie dargelegt - auf erhebliche Interessen berufen. Demgegenüber kann dem Schutzbedürfnis der Verbraucher unter den gegebenen besonderen Umständen kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden. Die Beklagte hat zwar anders als im Parallelverfahren I ZR 55/96 nicht auf den VorderEtiketten , wohl aber auf den Rück-Etiketten - worauf die Revisionserwiderung in der letzten mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich hingewiesen hat - hinreichend deutlich angegeben, daû das in Rede stehende Bier "in unserer neuen PADERBORNER BRAUEREI" gebraut wird. Zwar hat der Senat diesen Hinweis im Vorlagebeschluû vom 2. Juli 1998 - bei seiner insoweit zunächst nur vorläufigen Prüfung - nicht genügen lassen. In der Folgezeit erfolgte jedoch in der Rechtsprechung verstärkt die Hinwendung zu einem gegenüber früher veränderten Verbraucherleitbild. Dies kommt nicht nur in der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zum Ausdruck (vgl. EuGH, Urt. v. 16.7.1998 - Rs. C-210/96, GRUR Int. 1998, 795 = WRP 1998, 848 - Gut Springenheide; Urt. v. 22.6.1999 - Rs. C-342/97, GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 26 = WRP 1999, 806 - Lloyd; Urt. v. 13.1.2000 - Rs. C220 /98, GRUR Int. 2000, 354 = WRP 2000, 289, 292 - Lifting-Creme). Auch der Senat geht inzwischen sowohl im Wettbewerbs- als auch im Markenrecht von dem Leitbild des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers aus, der das fragliche Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt (vgl. zum Wettbewerbsrecht: BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-
Teppichmuster; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 239/97, GRUR 2000, 820, 821 = WRP 2000, 724 - Space Fidelity Peep-Show; Urt. v. 17.5.2001 - I ZR 216/99, Umdr. S. 11 - Mitwohnzentrale.de; zum Markenrecht: BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 223/97, GRUR 2000, 506 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ/TISSERAND; Beschl. v. 27.4.2000 - I ZR 236/97, GRUR 2000, 875, 877 = WRP 2000, 1142 - Davidoff). Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der an zusätzlichen Informationen über ein bestimmtes Bier interessiert ist, weiû, daû er nähere Angaben auch auf den Rück-Etiketten findet. Macht er von dieser Informationsmöglichkeit Gebrauch, kann ihm der Hinweis auf die Braustätte in Paderborn nicht verborgen bleiben. Wie der Senat in seiner Entscheidung im Parallelverfahren betont hat, können verbleibende Fehlvorstellungen des Verkehrs , soweit sie für seine Kaufentscheidung relevant sein können, bei ausreichenden Hinweisen auf die Herkunft vernachlässigt werden. Der Senat ist dabei davon ausgegangen, daû die Relevanz jedenfalls im Rahmen der Interessenabwägung durchaus Bedeutung erlangen kann (BGHZ 139, 138, 146 - Warsteiner II). Zwischen ihr und den Anforderungen an den entlokalisierenden Zusatz kann eine Wechselwirkung bestehen. Bei erheblicher Relevanz sind auch hohe Anforderungen an die Klarheit und Deutlichkeit aufklärender Hinweise zu stellen und umgekehrt. In der im Parallelverfahren ergangenen Entscheidung hat der Senat der Relevanz im Rahmen der Interessenabwägung bereits eine eher geringe Bedeutung beigemessen: Auch wenn man mit der Revision davon ausgehe, daû entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht nur 8 % der Befragten dem mit der Bezeichnung "Warsteiner" verbundenen Hinweis auf den Brauort "Warstein" eine Bedeutung für die Kaufentscheidung beimessen, sondern diese Quote - wie die Revision meine - bei nicht weniger als 12 % der Gesamtbevölkerung bzw. bei nicht weniger als 16 % der
"häufigen" Biertrinker liege, könne eine andere Beurteilung nicht Platz greifen (BGHZ 139, 138, 146 - Warsteiner II). Dies gilt auch hier.
III. Danach war die Revision mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 72/99 Verkündet am:
18. April 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Original Oettinger
Gegenüber dem auf § 127 Abs. 1 MarkenG gestützten Kennzeichnungsverbot
können bei einer Gesellschaft, die mit dem Stammunternehmen durch Beteiligungs
- und Geschäftsführungsverhältnisse eng verbunden ist, wichtige Interessen
bestehen, ein wertvolles Zeichen des Stammunternehmens zur Kennzeichnung
von Waren zu nutzen, die die Gesellschaft an einer von der geographischen
Herkunftsangabe abweichenden Stätte produziert. Davon ist auszugehen
, wenn der Einsatz des wertvollen Kennzeichens des Stammunternehmens
für die Fortentwicklung der eng verflochtenen Unternehmensgruppe wirtschaftlich
geboten ist, auf der Ware durch entlokalisierende Zusätze einer Irreführung
des Verkehrs in ausreichendem Maße entgegengewirkt wird und verbleibende
Fehlvorstellungen des Verkehrs nicht ins Gewicht fallen.
BGH, Urt. v. 18. April 2002 - I ZR 72/99 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 18. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Die Klägerin wird, soweit sie die Revision in bezug auf den Antrag zu I 2a zurückgenommen hat, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt.
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 11. Februar 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist eine Brauerei mit Sitz in Leipzig.
Die vormalige Beklagte zu 1 (nachfolgend Beklagte) war eine Brauerei in Gotha. Ihre Rechtsvorgängerin vertrieb in der DDR das von ihr gebraute Bier unter der Bezeichnung "Gothaer Bier". Die Beklagten zu 2 und zu 3 waren als Geschäftsführer für die Beklagte tätig.

Im Jahre 2000 wurde die frühere Beklagte, die Brauerei Gotha GmbH, auf die jetzige Beklagte zu 1, die Oettinger Brauerei GmbH, verschmolzen. Diese ist hervorgegangen aus dem früheren - in Oettingen/Bayern ansässigen - Fürstlichen Brauhaus Oettingen. Seit Anfang der 80er Jahre verwendet die jetzige Beklagte zu 1, die von 1982 bis 2000 die Unternehmensbezeichnung "Oettinger Bier Brauhaus Oettingen GmbH" führte, das Kennzeichen "Original Oettinger". Mit Priorität vom 19. Mai 1993 ist für dieses Unternehmen die Wortmarke Nr. 205 99 04 "Marke Original Oettinger" eingetragen.
In den Jahren 1991 und 1992 erwarb die Familie K. über die Treuhand die vormalige Beklagte und die "Brauerei Dessow GmbH" in Dessow/ Brandenburg. Die Geschäftsanteile der früheren Beklagten wurden von der jetzigen Beklagten zu 1 und ihren Gesellschaftern gehalten. Gesellschafter der Brauerei Dessow GmbH, die ebenfalls im Jahre 2000 auf die jetzige Beklagte zu 1 verschmolzen wurde, waren die frühere Beklagte, der Beklagte zu 2, Günther K. und die jetzige Beklagte zu 1. Die frühere Beklagte und die Brauerei in Dessow brauten Bier nach den Rezepten des Oettinger Unternehmens und brachten es mit dessen Erlaubnis und einer entsprechenden Aufmachung als "Original Oettinger" in den Verkehr.
Die Klägerin sieht die Bezeichnung "Oettinger" und den Vertrieb mit den nachstehend wiedergegebenen Aufmachungen für in Gotha und Dessow gebrautes Bier als irreführend an. Hierzu hat sie vorgetragen, Oettingen stehe als bayerischer Ort für eine besondere Bierqualität. Das in Gotha gebraute Bier sei als bayerisches Bier, das einen besonderen Ruf genieße, vermarktet worden. Der Zusatz "Original" verstärke die Irreführung.
Die Klägerin hat beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ein in Gotha und/oder in Dessow gebrautes und abgefülltes Bier anzubieten und/oder anzukündigen und/oder zu vertreiben
1. in Bierkästen, die auf den Seitenflächen mit folgenden Angaben versehen sind:

a) Auf den beiden großen Seitenflächen
"Original Oettinger"

b) auf den beiden Stirnflächen
"Original Oettinger"
mit der graphischen Darstellung einer münzartigen Plakette mit der Inschrift
"FELIX BAVARIA HAC CEREVISIA MDCCXXXI"
und der wappenartigen Darstellung der bayerischen (weißblauen ) Raute in einem Oval mit einer Königskrone oberhalb und zwei aufrechtstehenden Löwen links und rechts des Ovals;
2. a) in Flaschen, die mit folgender Bezeichnung versehen sind:
"Marke Original Oettinger Pils"
oder
"Marke Original Oettinger Export";

b) in Flaschen, die mit Vorderetiketten den vorstehend zu Ziffer 2a) genannten Bezeichnungen und einem Zusatz am unteren Rand des Vorderetiketts "Original Oettinger Bier, hergestellt durch die Brauerei Gotha GmbH, Gotha" versehen sind gemäß dem mit diesem Urteil als Anlage verbundenen Etikett:

3. in Flaschen, die mit folgenden Etiketten versehen sind:
a)
b)

II. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den erzielten Umsatz mit in Gotha und/oder in Dessow gebrauten und unter den Bezeichnungen gemäß Ziffer I vertriebenen Bieren zu erteilen, und zwar aufgeschlüsselt nach Biersorten, Kalendervierteljahren und Bundesländern;
III. festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den vorstehend zu Ziffer I beschriebenen Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht, Verbraucher brächten Oettingen keineswegs zwangsläufig mit Bayern in Verbindung. Bayerisches Bier erfreue sich auch nicht schlechthin eines hervorra-
genden Rufs. Unter den zehn meistverkauften Biermarken befinde sich aus Bayern nur "Oettinger".
Das Landgericht hat nach Einholung eines demoskopischen Gutachtens die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (OLG Hamburg GRUR 2000, 1071).
Nachdem die frühere Beklagte während des Revisionsverfahrens am 24. Oktober 2000 auf die jetzige Beklagte zu 1 verschmolzen worden ist, hat die Klägerin den Revisionsantrag hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu I 2a zurückgenommen und in bezug auf die Unterlassungsanträge zu I 1 und 2b sowie 3a und b für die Zeit nach dem 24. Oktober 2000 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Im übrigen verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagten haben der Erledigungserklärung nicht zugestimmt und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 MarkenG sei ihrem Wortlaut nach erfüllt. Der Verkehr verstehe die Bezeichnung "Marke Original Oettinger Pils" oder "Marke Original Oettinger Export" als geographische Herkunftsangabe. Wenn die Bezeichnung für ein in Gotha oder Dessow gebrautes Bier verwendet werde , bestehe die Gefahr der Irreführung des Verkehrs. Hierauf könne das Verbot jedoch nicht gestützt werden, wenn gewichtige Interessen des Benutzers ent-
gegenstünden und eine Abwägung aller Umstände zu seinen Gunsten ausfalle. Eine isolierte Verwendung der mit dem Klageantrag zu I 2 a) angegriffenen Bezeichnung durch die vormalige Beklagte habe die Klägerin nicht vorgetragen. Es fehle daher an einer einen Unterlassungsanspruch begründenden Begehungsgefahr.
Ein Verbot, in Gotha oder Dessow gebrautes Bier in Flaschen mit dem in dem Klageantrag zu I 2b) wiedergegebenen Etiketten zu vertreiben, komme nicht in Betracht, weil dagegen gewichtige Interessen der Beklagten sprächen. In Oettingen gebrautes Bier unterscheide sich nicht durch irgendwelche örtlich bedingten Eigenarten von anderen Bieren. Auf eine davon abweichende Verkehrsvorstellung komme es nicht an. Ein Verbot, die angegriffene Aufmachung für in Gotha oder Dessow gebrautes Bier zu verwenden, sei unverhältnismäßig. Die vormalige Beklagte habe ebenso wie das Unternehmen in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1) ein erhebliches Interesse, sich mit der angegriffenen Bezeichnung auf dem Markt als einheitliches Gebilde zu präsentieren. Die vormalige Beklagte weise durch entlokalisierende Zusätze auf die Produktionsstätte in Gotha hin. Verbleibende Fehlvorstellungen des Verkehrs fielen daneben nicht ins Gewicht. Auch die in den Klageanträgen zu I 3a) und b) wiedergegebenen Aufmachungen wiesen deutlich entlokalisierende Zusätze auf.
Schließlich sei den Beklagten die Benutzung der Bierkästen nicht zu verbieten. Diese seien neutrales Transport- und Lagerungsmittel, dem der Verkehr keine Eignung zuerkenne, erschöpfend Auskunft über das darin transportierte Bier zu geben.
II. Die Revision hat keinen Erfolg.
Die Klägerin hat in der Revisionsinstanz die Unterlassungsanträge zu I 1 und 2b sowie 3a und b für die Zeit nach dem 24. Oktober 2000 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Erklärung in der Revisionsinstanz, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, ist jedenfalls zu berücksichtigen, wenn das erledigende Ereignis - wie hier - außer Streit steht, ohne daß es darauf ankommt, ob der Beklagte sich der Erledigung angeschlossen hat (vgl. BGHZ 106, 359, 368; 141, 307, 316). Bei der im Streitfall gegebenen einseitigen (Teil-)Erledigungserklärung setzt die Feststellung der (teilweisen) Erledigung der Hauptsache eines Rechtsstreits neben dem Eintritt eines erledigenden Ereignisses voraus , daß die Klage in diesem Zeitpunkt zulässig und begründet war (vgl. BGH, Urt. v. 27.2.1992 - I ZR 35/90, GRUR 1992, 474, 475 = WRP 1992, 757 - BtxWerbung II). Diese Voraussetzungen für die Feststellung der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache liegen nicht vor. Die Klage war sowohl hinsichtlich des für erledigt erklärten als auch des von der Klägerin weiterverfolgten Teils von Anfang an unbegründet.
Es verbleibt daher, auch soweit die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, bei der Abweisung der Klage.
Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß der Klägerin gegen die Beklagten kein Unterlassungsanspruch nach § 127 Abs. 1, § 128 Abs. 1 MarkenG zusteht.
1. Unterlassungsanträge zu I 2b) und I 3a) und b)

a) Das Berufungsgericht hat die mit den Klageanträgen zu I 2b) und I 3 verfolgten Unterlassungsansprüche zutreffend verneint.
Gemäß § 128 Abs. 1 i.V. mit § 127 Abs. 1 MarkenG ist zur Unterlassung verpflichtet, wer geographische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr für Waren benutzt, die nicht aus dem Ort stammen, der durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunftsangabe besteht.
Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 MarkenG betrifft den Schutz (einfacher) geographischer Herkunftsangaben (vgl. BGH, Urt. v. 25.1.2001 - I ZR 120/98, GRUR 2001, 420, 421 = WRP 2001, 546 - SPA).
Bei der Bezeichnung "Oettinger" handelt es sich um eine geographische Herkunftsangabe i.S. des § 126 Abs. 1 MarkenG. Sie nimmt in adjektivischer Form auf den Ort "Oettingen" Bezug.
Die (einfache) geographische Herkunftsangabe gemäß § 127 Abs. 1 MarkenG setzt nicht voraus, daß der Verbraucher mit ihr eine besondere, auf regionale oder örtliche Eigenheiten zurückzuführende Qualitätsvorstellung verbindet (vgl. BGHZ 139, 138, 140 - Warsteiner II; BGH, Urt. v. 19.9.2001 - I ZR 54/96, GRUR 2002, 160, 161 = WRP 2001, 1450 - Warsteiner III). Die nationalen Bestimmungen zum Schutz (einfacher) geographischer Herkunftsangaben werden durch die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vom 14. Juli 1992 (ABl. EG Nr. L 208 v. 24.7.1992 S. 1 = GRUR Int. 1992, 750 ff.) nicht ausgeschlossen (vgl. EuGH, Urt. v. 7.11.2000 - Rs. C-312/98, GRUR 2001, 64, 66 - Warsteiner; BGH GRUR 2001, 420, 421 - SPA; GRUR 2002, 160, 161 - Warsteiner III). Nach Art. 2 Abs. 2 lit. b der Verordnung Nr. 2081/92, die gemäß Art. 1 Abs. 1 i.V. mit dem Anhang I auch Bier umfaßt, betrifft diese nur die geographischen Angaben, bei denen sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer bestimmten Qua-
lität, dem Ansehen oder einer anderen Eigenschaft des Erzeugnisses und seinem spezifischen geographischen Ursprung ergibt. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.
Ob der Verbraucher, wie die Klägerin geltend gemacht und das Berufungsgericht offengelassen hat, mit der Herkunft des Bieres aus Bayern bestimmte Qualitätserwartungen verbindet, kann dahinstehen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unterscheidet in Oettingen gebrautes Bier sich jedenfalls nicht durch örtlich bedingte Eigenarten von anderen Bieren.

b) Das Berufungsgericht ist unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landgerichts davon ausgegangen, daß die angesprochenen Verkehrskreise über die geographische Herkunft irregeführt werden, wenn ein in Gotha oder Dessow gebrautes Bier mit der Bezeichnung "Oettinger" versehen wird. Das Landgericht hat aufgrund des Ergebnisses des von ihm eingeholten demoskopischen Gutachtens festgestellt, 41,4 % der Verbraucher gingen davon aus, daß das Bier in dem Ort Oettingen gebraut wird, und diese Verbraucher würden daher irregeführt, wenn dies nicht der Fall sei. Diese Feststellungen, gegen die die Revision und die Revisionserwiderung keine Bedenken erheben, sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht ist nicht darauf eingegangen, ob es bei § 127 Abs. 1 MarkenG wie bei § 3 UWG auf eine für die Kaufentscheidung relevante Irreführung ankommt.
Der Senat hat die Frage verneint, ob der Schutz der (einfachen) geographischen Herkunftsangabe nach § 127 Abs. 1 MarkenG voraussetzt, daß die Herkunft der Ware für die Kaufentscheidung des Verbrauchers relevant i.S. des § 3 UWG ist (BGHZ 139, 138, 140 - Warsteiner II; BGH GRUR 2001, 420, 421
- SPA; so auch Helm, Festschrift für Vieregge, S. 335, 349; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 127 Rdn. 3 und 6 a; Althammer/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 127 Rdn. 3; Ullmann, GRUR 1999, 666, 667; a.A. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 127 Rdn. 3). Er hat diese Frage in einer weiteren Entscheidung nunmehr offengelassen (vgl. hierzu BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III). Sie kann auch im vorliegenden Fall dahinstehen.

c) Ein Unterlassungsanspruch nach § 128 Abs. 1 MarkenG besteht nicht, weil das Verbot des § 127 Abs. 1 MarkenG unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit steht (vgl. BGHZ 139, 138, 145 - Warsteiner II; BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III; Fezer aaO § 127 Rdn. 6 a; Althammer/Klaka aaO § 127 Rdn. 5; zur Interessenabwägung vgl. auch Helm aaO S. 335, 352). Dies erfordert eine Abwägung des Interesses der Verbraucher und der Mitbewerber, nicht über die Herkunft des Produkts irregeführt zu werden, mit dem Interesse der Beklagten an der Nutzung der Marke "Marke Original Oettinger".
Ausgangspunkt dieser Abwägung ist, daß im allgemeinen kein schutzwürdiges Interesse Dritter besteht, eine unrichtige geographische Herkunftsangabe zu verwenden (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.1980 - I ZR 97/78, GRUR 1981, 71, 72 = WRP 1981, 18 - Lübecker Marzipan; BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III; Gloy, Festschrift für Piper, S. 543, 559; Großkomm.UWG/Lindacher, § 3 Rdn. 573).
Zu Recht hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall gleichwohl das von der Klägerin beantragte Verbot unter Heranziehung der vom Senat in der Entscheidung Warsteiner II angeführten Grundsätze (vgl. BGHZ 139, 138, 144 f.) als unverhältnismäßig angesehen. Es ist davon ausgegangen, die Beklagte und das Unternehmen in Oettingen hätten ein überragendes Interesse daran, sich mit dem Kennzeichen des Oettinger Unternehmens als einheitliches
wirtschaftliches Gebilde auf dem Markt zu präsentieren, ohne daß es auf die rechtliche Form der Ausgestaltung ankomme. Die frühere Beklagte habe durch ausreichende entlokalisierende Zusätze auf den Brauort hingewiesen. Es verblieben keine Fehlvorstellungen des Verkehrs von Gewicht, weil nur bei 5 % der Verbraucher der Brauort für die Kaufentscheidung von Bedeutung sei.
Entgegen der Ansicht der Revision kommt es für die Interessenabwägung nicht entscheidend darauf an, daß das Zeichen "Marke Original Oettinger" nicht für die vormalige Beklagte, sondern für das Stammhaus in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1) geschützt ist und die vormalige Beklagte - anders als in dem der Entscheidung Warsteiner II zugrundeliegenden Sachverhalt (vgl. hierzu BGHZ 139, 138) - eine selbständige Kapitalgesellschaft war und nicht nur eine ausgelagerte Produktionsstätte vorlag.
Die vormalige Beklagte war aufgrund der Beteiligungs- und Geschäftsführungsverhältnisse derart eng mit der jetzigen Beklagten zu 1 verbunden, daß es für die Interessenabwägung nach § 127 Abs. 1 MarkenG keinen Unterschied macht, ob die Braustätte in Gotha durch eine juristisch selbständige, aufgrund der Beteiligungsverhältnisse aber eng verbundene Gesellschaft oder durch das Unternehmen in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1) betrieben wurde. Denn auch bei einer Unternehmensgruppe, zu der die vormalige Beklagte gehörte, erweist es sich als wirtschaftlich vernünftig, das wertvolle Kennzeichen "Oettinger", das auch Unternehmensbezeichnung des Stammhauses in Oettingen ist, für die Fortentwicklung der eng verflochtenen Unternehmen einzusetzen.
Mit Recht hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang nicht auf den von den Beklagten behaupteten und von der Klägerin bestrittenen Abschluß eines Lizenzvertrages zwischen der früheren Beklagten und der jetzigen Beklagten zu 1 abgestellt. Nicht der Abschluß eines Lizenzvertrages ist dafür
entscheidend, gewichtige Interessen der früheren Beklagten an der Nutzung des Kennzeichens "Marke Original Oettinger" anzunehmen, sondern die über die Beteiligungsverhältnisse bestehende enge Anbindung der vormaligen Beklagten an das Unternehmen in Oettingen (jetzige Beklagte zu 1).
Diese gewichtigen Interessen der früheren Beklagten gegenüber dem Kennzeichnungsverbot des § 127 Abs. 1 i.V. mit § 128 Abs. 1 MarkenG können jedoch nur dann durchgreifen, wenn die vormalige Beklagte bei der Verwendung der Marke durch deutlich entlokalisierende Zusätze auf die Besonderheiten der Produktionsstätte in Gotha hingewiesen hat und verbleibende Fehlvorstellungen des Verkehrs, soweit sie für seine Kaufentscheidung relevant sein konnten, daneben nicht ins Gewicht fielen (vgl. BGHZ 139, 138, 145 - Warsteiner II; BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III). Dabei sind an den Ausschluß der Irreführung des Verkehrs durch entlokalisierende Zusätze (vgl. § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG) strenge Anforderungen zu stellen, weil geographischen Herkunftsangaben ein möglichst wirksamer Schutz gegen unrichtige Verwendung gewährt werden soll und im allgemeinen kein schutzwürdiges Interesse Dritter besteht, unrichtige Angaben über die Herkunft zu verwenden (vgl. BGH GRUR 1981, 71, 72 - Lübecker Marzipan).
Im Streitfall bestehen jedoch Besonderheiten, die eine Abweichung von dem Regelfall rechtfertigen. Die vormalige Beklagte konnte sich auf erhebliche Interessen berufen, während dem Schutzbedürfnis der Verbraucher sowie den Interessen möglicher Mitbewerber nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kein besonderes Gewicht zukam.
Die frühere Beklagte hat bei den durch die Klageanträge zu I 2b) und I 3 beanstandeten Aufmachungen bereits mit dem auf den Vorderetiketten angebrachten Zusatz "Original Oettinger Bier, hergestellt durch die Brauerei Gotha
GmbH, Gotha" am unteren Rand hinreichend deutlich auf die Braustätte in Gotha hingewiesen. Zwar ist dieser Hinweis in kleiner Schrift gehalten. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, auf den es für die Beurteilung der Verkehrsauffassung ankommt (vgl. BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III, m.w.N.), weiß jedoch, daß er nähere Angaben zu einem bestimmten Bier auf den Flaschenetiketten findet. Der Senat hat daher einen Hinweis auf eine von der (einfachen) geographischen Herkunftsangabe abweichende Braustätte auf dem Rücketikett genügen lassen (vgl. BGH GRUR 2002, 160, 162 - Warsteiner III). Im Streitfall war für den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, wenn er an diesen Informationen interessiert war, der Hinweis auf die Braustätte in Gotha - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht zu übersehen.
Dies gilt um so mehr für die in den Unterlassungsanträgen zu I 3a) und
b) angeführten Etiketten, die zusätzlich an hervorgehobener Stelle den Hinweis auf die Braustätte in Gotha enthielten.
Die entlokalisierenden Zusätze wurden in ihrer Wirkung verstärkt durch die Bezeichnung von "Original Oettinger" als Marke (vgl. hierzu BGHZ 139, 138, 146 - Warsteiner II), was entgegen der Annahme der Revision durch die Anführung des Bestandteils "Original" nicht wieder aufgehoben wird.
Verbleibende Fehlvorstellungen der Verbraucher, soweit sie für die Kaufentscheidung von Bedeutung sein konnten, sind bei ausreichend deutlichen Hinweisen auf die Herkunft zu vernachlässigen. Der Senat hat dabei angenommen , daß die Fehlvorstellung des Verkehrs im Hinblick auf die Kaufentscheidung im Rahmen der Interessenabwägung Bedeutung haben kann (vgl. BGHZ 139, 138, 146 - Warsteiner II; BGH GRUR 2002, 160, 162 f. - Warsteiner III). Zwischen der Relevanz und den Anforderungen an den entlokalisieren-
den Zusatz kann eine Wechselwirkung bestehen. Bei erheblicher Relevanz sind auch hohe Anforderungen an die Klarheit und Deutlichkeit aufklärender Hinweise zu stellen und umgekehrt.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß im Rahmen der Interessenabwägung den relevanten Fehlvorstellungen des Verkehrs kein besonderes Gewicht zukommt, weil nach den auf der Grundlage der erstinstanzlich durchgeführten Meinungsumfrage vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nur etwa 5 % dem Brauort Bedeutung beimessen. Diese Beurteilung läßt ebensowenig einen Rechtsfehler erkennen wie der Umstand, daß das Berufungsgericht den nur für Thüringen im Jahre 1994 ermittelten höheren Prozentsatz (17,4 %) nicht als ausschlaggebend angesehen hat. Abweichendes ergäbe sich auch dann nicht, wenn im Streitfall bei der Interessenabwägung - wie die Revision geltend macht - von einem Anteil von 11 % der maßgeblichen Verkehrskreise auszugehen wäre, für die die Angabe des Brauorts für die Kaufentscheidung relevant ist.
2. Unterlassungsantrag zu I 1
Ein Unterlassungsanspruch nach § 127 Abs. 1 i.V. mit § 128 Abs. 1 MarkenG hinsichtlich der Verwendung der mit "Original Oettinger" gekennzeichneten Bierkästen für ein in Gotha oder Dessow gebrautes und abgefülltes Bier besteht ebenfalls nicht. Die Bierkästen dienen vornehmlich dem Transport und der Lagerung von Flaschenbier. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher wird sich daher unabhängig von der Biersorte nicht von dem Aufdruck auf den Bierkästen leiten lassen. Er wird nicht erwarten, auf dem Bierkasten Hinweise auf die Braustätte vorzufinden, sondern wird sich vielmehr anhand des Flaschenetiketts über den Brau- und Abfüllort informieren, soweit er an diesen Angaben interessiert ist. Deshalb steht es außer Verhältnis, zum
Schutz des Wettbewerbs oder der Verbraucher zu verlangen, daß Bierkästen nach der Braustätte und dem Abfüllort gekennzeichnet werden (vgl. BGHZ 139, 138, 146 f. - Warsteiner II).
3. Auskunfts- und Feststellungsantrag zu II und III
Die auf Verurteilung zur Auskunftserteilung und auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichteten Anträge zu II und III bestehen mangels Unterlassungsgebots ebenfalls nicht.
III. Danach war die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO a.F. (jetzt §§ 565, 516 Abs. 3 ZPO).
Erdmann Starck Bornkamm
Pokrant Büscher

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)