Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juni 2002 - I ZR 307/99

bei uns veröffentlicht am06.06.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 307/99 Verkündet am:
6. Juni 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Bodensee-Tafelwasser
Richtlinie des Rates vom 15. Juli 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern
(80/777/EWG) Art. 9 Abs. 1 lit. b;
Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März
2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung
und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür Art. 2 Abs. 1
lit. a;
UWG § 1; MTVO § 15 Abs. 1 Nr. 2
Die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, nach
der Tafelwasser nicht unter Bezeichnungen in den Verkehr gebracht werden darf,
die auf eine bestimmte geographische Herkunft hinweisen, ist im Hinblick auf das in
Art. 2 Abs. 1 lit. a der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG vom 20. März 2000 enthaltene
konkrete Irreführungsverbot im Wege teleologischer Reduktion einzuschränken.
Ein Verbot einer geographischen Herkunftsangabe für ein Tafelwasser
nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO setzt danach voraus, daß die konkrete Gefahr einer
Verwechslung eines derart bezeichneten Tafelwassers mit einem natürlichen Mineralwasser
besteht.
BGH, Urt. v. 6. Juni 2002 - I ZR 307/99 - OLG Karlsruhe
LG Mosbach
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 6. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. November 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte bewirbt und vertreibt unter der Bezeichnung "BodenseeTafelwasser" ein Tafelwasser, das sie aus dem Bodensee gewinnt. Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., hat die Werbung und den Vertrieb des Tafelwassers unter dieser Bezeichnung als wettbewerbswidrig beanstandet. Hierzu hat sie vorgetragen, der
Hinweis auf eine bestimmte geographische Herkunft sei ausschließlich natürlichen Mineralwässern vorbehalten. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Zeitungsanzeigen oder sonst werblich Tafelwasser als "Bodensee-Tafelwasser" zu bezeichnen und/oder unter dieser Bezeichnung in den Verkehr zu bringen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, das beanspruchte Verbot setze voraus, daß die angesprochenen Verkehrskreise das von ihr mit "Bodensee-Tafelwasser" bezeichnete Produkt für ein natürliches Mineralwasser hielten, was nicht der Fall sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (OLG Karlsruhe ZLR 2000, 199). Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Beklagten verwendete Bezeichnung "Bodensee-Tafelwasser" falle zwar dem Wortlaut nach unter das in § 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 der Mineral- und Tafelwasser-Verordnung geregelte Verbot, auf eine bestimmte geographische Herkunft eines Tafelwassers hinzuweisen. "Bodensee-Tafelwasser" sei eine Angabe über eine be-
stimmte geographische Herkunft des Tafelwassers, deren Verwendung nach dem Wortlaut der Mineral- und Tafelwasser-Verordnung ausgeschlossen sei. Das Verbot sei jedoch im Hinblick auf den gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsschutz im Wege teleologischer Reduktion einschränkend auszulegen. Die Richtlinie des Rates vom 15. Juli 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern (80/777/EWG, ABl. EG Nr. L 229, S. 1 v. 3.8.1980) untersage nur diejenigen Angaben, die zu einer Verwechslung mit einem natürlichen Mineralwasser führen könnten. Entsprechendes habe für das Verbot der Mineralund Tafelwasser-Verordnung zur Verwendung von Hinweisen über eine bestimmte geographische Herkunft bei einem Tafelwasser zu gelten. Denn das nationale Recht könne keine höheren Anforderungen an das Wettbewerbsverhalten stellen, als sie nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften der Mineralwasser -Richtlinie und der Etikettierungsrichtline (Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür - ABl. EG Nr. L 33 v. 8.2.1979, S. 1) vorgesehen seien, weil anderenfalls die Warenverkehrsfreiheit behindert werde. Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften des Art. 9 Abs. 1 lit. b Mineralwasser-Richtlinie und des Art. 2 Abs. 1 der Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG vom 18. Dezember 1978 gingen von einer konkreten Irreführungsgefahr aus; eine lediglich abstrakte Verwechslungsgefahr genüge dagegen nicht. Die Gefahr einer konkreten Verwechslung mit einem natürlichen Mineralwasser sei bei der Bezeichnung "Bodensee-Tafelwasser" mit dem von der Beklagten beworbenen und vertriebenen Tafelwasser nicht gegeben. Ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher werde bei der Bezeichnung des Tafelwassers der Beklagten ohne weiteres erkennen,
daß es sich nicht um ein Mineralwasser, sondern um ein aus dem Bodensee entnommenes Wasser handele, was der Wahrheit entspreche. II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG i.V. mit § 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 der Verordnung über natürliches Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser (Mineralund Tafelwasser-Verordnung; BGBl. I 1984, 1036 in der Fassung vom 29.10.2001, BGBl. I 2785) nicht zu, läßt sich auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht halten. 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß der Verbotstatbestand des § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO seinem Wortlaut nach erfüllt ist. Nach dieser Bestimmung darf Tafelwasser nicht unter Bezeichnungen , Angaben, sonstigen Hinweisen oder Aufmachungen gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden, die auf eine bestimmte geographische Herkunft des Tafelwassers hinweisen. Es handelt sich um einen abstrakten Gefährdungstatbestand , d.h. es bedarf keiner Feststellung einer konkreten Irreführungsgefahr. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, Hinweise auf die geographische Herkunft bei Tafelwasser unabhängig von deren Eignung, Verwechslungen mit einem natürlichen Mineralwasser herbeizuführen, auszuschließen (vgl. BayObLGSt 1992, 105, 106; Zipfel/Rathke/Stelz, Lebensmittelrecht, Bd. V, C 435, Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, § 15 Rdn. 12).
Die Bezeichnung "Bodensee-Tafelwasser" weist - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - auf eine bestimmte geographische Herkunft des von der Beklagten vertriebenen Tafelwassers hin. 2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht weiter angenommen, der Verbotstatbestand des § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO sei aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben im Wege teleologischer Reduktion dahin einzuschränken , daß eine bestimmte Herkunftsangabe nur bei Vorliegen einer konkreten Irreführungsgefahr zu untersagen ist (ebenso: von Jagow, ZLR 2000, 204; a.A. BayObLGSt 1992, 105, 107; Quentin, Kommentar zur Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, S. 88; offengeblieben in: Zipfel/Rathke/Stelz aaO, C 435, Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, § 15 Rdn. 12).
a) Ob diese Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO bereits aus den Vorschriften der Mineralwasser-Richtlinie folgt, kann im Ergebnis offenbleiben. Zwar setzt § 15 Abs. 1 MTVO, der auf § 19 Nr. 4 lit. c LMBG beruht, Art. 9 Abs. 1 lit. b der Mineralwasser-Richtlinie um (vgl. Begründung zur Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, abgedruckt in: Zipfel/Rathke/Stelz aaO, C 435, Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, Vorbem. Rdn. 7), der unter anderem die Verwendung von Angaben und Bezeichnungen untersagt, die bei in Art. 9 Abs. 1 lit. b Mineralwasser-Richtlinie näher bezeichnetem Trinkwasser zu Verwechslungen mit einem natürlichen Mineralwasser führen können. Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob der nationale Verordnungsgeber allein aufgrund des Art. 9 Abs. 1 lit. b MineralwasserRichtlinie gehindert ist, in nationalen Vorschriften einen abstrakten Schutz vor Verwechslungen eines Tafelwassers mit einem natürlichen Mineralwasser vorzusehen. Denn die in Art. 10 Abs. 1 der Mineralwasser-Richtlinie vorgesehene
Harmonisierungspflicht betrifft nur den Verkehr mit natürlichem Mineralwasser und nicht mit Tafelwasser. Anders als die Revision meint, sieht Art. 9 Abs. 1 lit. b der Mineralwasser -Richtlinie keinen abstrakten Irreführungsschutz vor. Aus der Vorschrift läßt sich daher nicht die Zulässigkeit des in § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO vorgesehenen abstrakten Gefährdungstatbestandes ableiten. Art. 9 Abs. 1 lit. b der Mineralwasser -Richtlinie untersagt nur die Verwendung von Angaben, die zur Verwechslung mit einem natürlichen Mineralwasser führen können. Dies setzt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, die Eignung zu einer konkreten Irreführung der Verbraucher voraus; eine nur abstrakte Irreführungsgefahr reicht hierzu nicht. Denn die Mineralwasser-Richtlinie ergänzte nach der sechsten Begründungserwägung die allgemeinen Regeln der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. EG Nr. L 33 v. 8.2.1979, S. 1). Diese Richtlinie ist ersetzt worden durch die Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. EG Nr. L 109 v. 6.5.2000, S. 29). Die Etikettierungsrichtlinien 79/112/EWG vom 18. Dezember 1978 und 2000/13/EG vom 20. März 2000 gehen ebenfalls von einem konkreten Irreführungsschutz aus (vgl. hierzu nachfolgend unter II 2 b). Für eine hiervon abweichende wesentlich strengere Ausgestaltung des Irreführungsschutzes in der Mineralwasser-Richtlinie bestehen keine Anhaltspunkte.
Entgegen der Meinung der Revision läßt sich für die Annahme, Art. 9 Abs. 1 lit. b Mineralwasser-Richtlinie enthalte ein abstraktes Irreführungsverbot , auch nichts aus einem Vergleich mit der Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 lit. a dieser Richtlinie gewinnen. Der unterschiedliche Wortlaut dieser Vorschriften gibt keinen Anhalt dafür, daß Art. 9 Abs. 1 lit. b anders als Art. 9 Abs. 1 lit. a Mineralwasser-Richtlinie einen abstrakten Schutz enthält. Da die teleologische Reduktion des § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO nicht aus der Mineralwasser-Richtlinie folgt, ist die von der Revision aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis des Irreführungsschutzes des Art. 9 Abs. 1 lit. b dieser Richtlinie zur Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung (ABl. EG 1984 L 250, S. 17) in der Fassung der Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 (ABl. EG 1997 L 290, S. 18), die in Art. 7 ein höheres nationales Schutzniveau zuläßt, im Streitfall ohne Bedeutung. Erfolglos zieht die Revision diese Auslegung des Art. 9 Abs. 1 lit. b Mineralwasser -Richtlinie (konkreter Irreführungsschutz) unter Hinweis auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25.2.1981 - Rs 56/80 (Slg. 1981, 583 = GRUR 1981, 430 - Klosterdoktor) in Zweifel. Aus dieser Entscheidung ergibt sich für die dort maßgeblichen Art. 8, 18 und 43 der Verordnung Nr. 355/79 des Rates vom 5. Februar 1979 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und Traubenmoste (ABl. EG Nr. L 59, S. 99) kein abstraktes Irreführungsverbot (vgl. BGH, Urt. v. 30.10.1981 - I ZR 149/77, GRUR 1982, 423, 424 = WRP 1982, 405 - Schloßdoktor/Klosterdoktor).

b) Der nationale Verordnungsgeber war und ist jedoch aufgrund der Etikettierungsrichtlinien 79/112/EWG vom 18. Dezember 1978 und 2000/13/EG vom 20. März 2000 gehindert, in § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO einen über einen konkreten Irreführungsschutz hinausgehenden abstrakten Gefährdungstatbestand vorzusehen. Einem strengeren nationalen Schutz steht Art. 18 Abs. 1 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG vom 20. März 2000 entgegen, der mit der Regelung in Art. 15 Abs. 1 der Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG vom 18. Dezember 1978 übereinstimmt. Danach dürfen die Mitgliedstaaten den Verkehr mit Lebensmitteln, die den Bestimmungen dieser Richtlinie entsprechen , nicht durch die Anwendung nicht harmonisierter einzelstaatlicher Vorschriften verbieten, die die Etikettierung und Aufmachung einzelner Lebensmittel oder der Lebensmittel im allgemeinen regeln. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. a der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EWG vom 20. März 2000 (= Art. 2 Abs. 1 lit. a Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG vom 18. Dezember 1978) setzt ein Verbot voraus, daß die Art und Weise der Etikettierung geeignet ist, den Käufer irrezuführen. Dem genügt eine lediglich abstrakte Gefahr einer Irreführung nicht (vgl. hierzu: EuGH, Urt. v. 16.7.1998 - Rs. C-210/96, Slg. 1998, I-4657 = GRUR Int. 1998, 795, 796 f. Tz. 28 ff. = WRP 1998, 848 - Gut Springenheide; Urt. v. 9.2.1999 - Rs. C-383/97, Slg. 1999, I-731 = ZLR 1999, 237, 243 Tz. 33 und Tz. 41 - van der Laan; Urt. v. 4.4.2000 - Rs. C-465/98, Slg. 2000, I-2297 = GRUR Int. 2000, 756, 758 Tz. 33 = WRP 2000, 489 - naturrein; vgl. auch EuGH, Urt. v. 28.1.1999 - Rs. C-303/97, Slg. 1999, I-513 = GRUR Int. 1999, 345, 348 Tz. 38 = WRP 1999, 307 - Sektkellerei Kessler; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 3 Rdn. 66; a.A. LG Trier LRE 38, 269; Meier, EuZW 1994, 391, 393). Dieser Schutzstandard ist im Geltungsbereich der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG vom 20. März 2000 für den nationalen Gesetzgeber nach Art. 18 Abs. 1 grundsätzlich verbindlich (vgl. zu Art. 15 Abs. 1 der Etikettie-
rungsrichtlinie 79/112/EWG vom 18.12.1978: BVerwGE 89, 320, 325 f. - becel; Reese, WRP 1998, 1035, 1038; Sack, WRP 1999, 399, 402). Für das Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen nach Art. 18 Abs. 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG vom 20. März 2000 von dem Grundsatz des Art. 18 Abs. 1 abgewichen werden kann, ist nichts ersichtlich. Gegenteiliges macht die Revision auch nicht geltend. Folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 MTVO bereits, daß diese Bestimmung die Gefahr einer konkreten Irreführung voraussetzt, kommt es nicht darauf an, ob ein abstrakter Irreführungsschutz mit Art. 28 EG vereinbar ist. 3. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, daß das Berufungsgericht die konkrete Gefahr einer Verwechslung des mit "BodenseeTafelwasser" bezeichneten Tafelwassers der Beklagten mit einem natürlichen Mineralwasser verneint hat. Das Berufungsgericht hat angenommen, aufgrund der angegriffenen Bezeichnung handele es sich für einen durchschnittlichen und verständigen Verbraucher bei dem Produkt der Beklagten nicht um ein natürliches Mineralwasser. Dies ergebe sich eindeutig aus der Bezeichnung "Bodensee-Tafelwasser". Zwar ist die Feststellung der Verkehrsauffassung Aufgabe des Tatrichters. In der Revisionsinstanz ist sie daher nur darauf zu überprüfen, ob die Vorinstanz den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft und ihre Beurteilung frei von Widersprüchen mit Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vorgenommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe, m.w.N.).
Mit Recht macht die Revision allerdings geltend, das Berufungsgericht habe Umstände außer acht gelassen, aus denen sich ein abweichendes Verkehrsverständnis ergebe. Herkunftsbezeichnungen seien traditionell natürlichen Mineralwässern vorbehalten. Den meisten Verbrauchern sei auch nicht bekannt, ob sich an einem bestimmten geographischen Ort Quellen befänden. Davon ist auch das Landgericht in seiner Entscheidung ausgegangen (LGU S. 7). Mit diesem Sachvortrag der Klägerin und den seiner Entscheidung entgegenstehenden Feststellungen des Landgerichts hat sich das Berufungsgericht - verfahrensfehlerhaft - nicht auseinandergesetzt. Es hat keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, ob durch die von der Beklagten verwendete geographische Herkunftsbezeichnung im Bewußtsein der Verbraucher nicht eine Nähe zu natürlichem Mineralwasser hergestellt wird, die zu entsprechenden Verwechslungen führt und ob die Bezeichnung als Bodensee-Tafelwasser ausreicht, derartige Verwechslungen auszuschließen. Die Klägerin hatte in diesem Zusammenhang geltend gemacht, auch amtlich anerkannte natürliche Mineralwässer enthielten die Bezeichnung von Flüssen und Seen. Weiter hat das Berufungsgericht sich auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung "Bodensee-Tafelwasser" nicht dahin auffassen, es handele sich um Wasser aus der Region um den Bodensee , und ob es deshalb zu Verwechslungen mit einem natürlichen Mineralwasser kommen kann (vgl. von Jagow, ZLR 2000, 204, 207). Die entsprechenden Feststellungen wird das Berufungsgericht im erneut eröffneten Berufungsrechtszug nachzuholen haben. Dabei wird es zu prüfen haben, ob es aufgrund eigener Sachkunde beurteilen kann, wie die angegriffene Bezeichnung aufzufassen ist, oder ob, wie die Revision geltend macht, die Einholung eines demoskopischen Gutachtens erforderlich ist.
III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg ist infolge Starck Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann
Pokrant Büscher

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juni 2002 - I ZR 307/99 zitiert 4 §§.

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 1 Zweck des Gesetzes; Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. (2) Vorschri

Mineral- und Tafelwasser-Verordnung - Min/TafelWV | § 15 Irreführende Angaben


(1) Quellwasser und Tafelwasser dürfen nicht unter Bezeichnungen, Angaben, sonstigen Hinweisen oder Aufmachungen gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden, die 1. geeignet sind, zu einer Verwechslung mit natürlichen Mineralwässern zu führen, insbes

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Okt. 2001 - I ZR 193/99

bei uns veröffentlicht am 18.10.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 193/99 Verkündet am: 18. Oktober 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
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Bundesgerichtshof Urteil, 07. Nov. 2002 - I ZR 276/99

bei uns veröffentlicht am 07.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 276/99 Verkündet am: 7. November 2002 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Quellwasser und Tafelwasser dürfen nicht unter Bezeichnungen, Angaben, sonstigen Hinweisen oder Aufmachungen gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden, die

1.
geeignet sind, zu einer Verwechslung mit natürlichen Mineralwässern zu führen, insbesondere die Bezeichnungen Mineralwasser, Sprudel, Säuerling, bei Tafelwasser auch die Bezeichnungen Quelle, Bronn, Brunnen; dies gilt auch für Wortverbindungen, Phantasienamen oder Abbildungen, sei es auch nur als Bestandteil der Firma des Herstellers oder Verkäufers oder im Zusammenhang mit dieser;
2.
auf eine bestimmte geographische Herkunft eines Tafelwassers oder eines seiner Bestandteile, ausgenommen Sole, hinweisen oder die geeignet sind, eine solche geographische Herkunft vorzutäuschen.
3.
(weggefallen)

(2) Es dürfen Tafelwasser, das den Anforderungen des § 11 Abs. 3 entspricht, sowie Quellwasser mit einem Hinweis auf eine Eignung für die Säuglingsernährung gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn der Gehalt an Sulfat 240 Milligramm, an Natrium 20 Milligramm, an Nitrat 10 Milligramm, an Fluorid 0,7 Milligramm, an Mangan 0,05 Milligramm, an Nitrit 0,02 Milligramm, an Arsen 0,005 Milligramm, an Uran 0,002 Milligramm in einem Liter nicht überschreitet und die in § 4 Abs. 1 Satz 3 genannten Grenzwerte auch bei der Abgabe an den Verbraucher eingehalten werden. Darüber hinaus darf die Aktivitätskonzentration von Radium-226 den Wert 125 Millibecquerel in einem Liter und von Radium-228 den Wert 20 Millibecquerel in einem Liter nicht überschreiten. Sind beide Radionuklide enthalten, darf die Summe der Aktivitätskonzentrationen, ausgedrückt in Vonhundertteilen der zulässigen Höchstkonzentration, 100 nicht überschreiten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Verwendung der dort genannten Bezeichnungen, Angaben, sonstigen Hinweise oder Aufmachungen in der Werbung für Quellwasser und Tafelwasser.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 193/99 Verkündet am:
18. Oktober 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Elternbriefe

a) Bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses macht es grundsätzlich keinen
Unterschied, ob der Tatrichter seine Sachkunde und Lebenserfahrung
zur Bejahung oder zur Verneinung einer Irreführungsgefahr einsetzen
möchte.

b) In der Verwendung amtlich erlangter Informationen zu dem Zweck, unter
Ausnutzung amtlicher Autorität eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern
, kann eine nach § 1 UWG unlautere Randnutzung einer öffentlichen
Einrichtung liegen (hier: gemeinsame Versendung sog. Elternbriefe einer
staatlichen Stelle und Werbematerial einer Landesbausparkasse gegen
Übernahme der Portokosten).
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2001 - I ZR 193/99 - OLG Bremen
LG Bremen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Prof. Dr. Bornkamm und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 24. Juni 1999 aufgehoben.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bremen vom 8. Oktober 1998 abgeändert: 1. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, es zu unterlassen, Werbematerial ihres Unternehmensbereiches Landesbausparkasse Bremen, insbesondere solches, welches schlagwortartig mit der Bezeichnung "Elterninfo" überschrieben ist, zusammen mit "Elternbriefen" der Beklagten zu 2 durch diese und/oder durch von dieser eingeschaltete Dritte in Briefumschlägen versenden zu lassen, welche mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste der Freien Hansestadt Bremen versehen sind.
2. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, es zu unterlassen, das unter vorstehender Ziffer 1 bezeichnete Werbematerial zusammen mit ihren "Elternbriefen" in Briefumschlägen zu versenden und/oder versenden zu lassen, welche eine Absenderangabe nach vorstehender Ziffer 1 aufweisen.
3. Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM angedroht.
4. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über den Umfang von Handlungen gemäß vorstehenden Ziffern 1 und 2 Auskunft zu erteilen.
5. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die ihr aus den Handlungen gemäß vorstehenden Ziffern 1 und 2 entstanden sind und künftig entstehen werden.
III.Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte zu 2, die Freie Hansestadt Bremen, versendet seit Juni 1971 durch ihr Amt für Soziale Dienste sogenannte Elternbriefe an die Eltern in Bremen lebender Kinder. Diese während der ersten acht Lebensjahre der Kin-
der in regelmäûigen Zeitabständen übersandten Schriften behandeln pädagogische Probleme, die in dem jeweiligen Lebensalter des Kindes auftreten können. Seit Mai 1982 legt die Beklagte zu 2 den Elternbriefen sogenannte Elterninfos der Beklagten zu 1, der Sparkasse in Bremen, bei, mit denen diese für die Leistungen ihres Unternehmensbereichs Landesbausparkasse Bremen wirbt. Als Gegenleistung erstattet die Beklagte zu 1 der Beklagten zu 2 die Portokosten der Sendungen. Als deren Absender geht aus dem Freistempleraufdruck auf den Briefumschlägen das Amt für Soziale Dienste hervor.
Die Klägerin, eine Bausparkasse, die mit der Beklagten zu 1 in Wettbewerb steht, hält diese Form der Werbung für wettbewerbswidrig und irreführend. Sie ist der Auffassung, die Beklagte zu 1 nutze die besondere staatliche Funktion der Beklagten zu 2 in unzulässiger Weise aus. Aufgrund der Absenderangabe auf den Briefumschlägen würden die Sendungen als Behördenpost durchweg geöffnet und ihr Inhalt zur Kenntnis genommen. Dadurch erfahre auch die Werbebeilage der Beklagten zu 1 im Unterschied zu gewöhnlichen Werbebriefen, die groûenteils ungelesen weggeworfen würden, eine besondere Aufmerksamkeit, weil der Behördenpostempfänger zunächst einmal erkennen müsse, was staatliche oder private Information sei. Durch die Verwendung der Überschrift "Elterninfo" und die Erwähnung der "Landesbausparkasse" stelle die Beklagte zu 1 eine Verbindung zum "Elternbrief" der Beklagten zu 2 und zum Staat her, zumal Sparkassen grundsätzlich öffentlich-rechtlich organisiert seien. Die gemeinsame Versendung der Elterninfos mit den Elternbriefen und die Anlehnung an die staatliche Autorität täusche den Verkehr zugleich über Inhalt und Herkunft der Sendung.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu 1 unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, Werbematerial ihres Unternehmensbereiches Landesbausparkasse Bremen, insbesondere solches, welches schlagwortartig mit der Bezeichnung "Elterninfo" überschrieben ist, durch die Beklagte zu 2 und/oder durch von der Beklagten zu 2 eingeschaltete Dritte in Briefumschlägen versenden zu lassen, welche mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste der Freien Hansestadt Bremen versehen sind; 2. die Beklagte zu 2 unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, das unter vorstehender Ziffer 1. bezeichnete Werbematerial in Briefumschlägen zu versenden und/ oder versenden zu lassen, welche eine Absenderangabe nach vorstehender Ziffer 1. aufweisen; 3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang von Handlungen gemäû vorstehenden Ziffern 1. und 2.; 4. festzustellen, daû die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die ihr aus den Handlungen gemäû vorstehenden Ziffern 1. und 2. entstanden sind und künftig entstehen werden. Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben die Auffassung vertreten, es liege keine Ausnutzung staatlicher Autorität und auch keine unsachliche Einfluûnahme auf die Empfänger der Briefsendungen vor. Diese seien daran gewöhnt, daû staatliche Stellen sich zur Einsparung von Haushaltsmitteln der Unterstützung privater Unternehmen bedienten und dafür deren Werbung als Randnutzung öffentlicher Einrichtungen zulieûen. Sie unterschieden deshalb ohne weiteres zwischen der staatlichen Information und der gestatteten Werbung Dritter und hielten diese nicht für eine staatliche Empfehlung. Die Beklagte zu 2 hat darüber hinaus geltend gemacht, sie handele nicht in der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern wolle ausschlieûlich
die weitere Versendung der Elternbriefe sicherstellen, die ohne die finanzielle Unterstützung der Beklagten zu 1 wegen fehlender Haushaltsmittel eingestellt werden müûte.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Bremen WRP 1999, 945).
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat gemeint, das Verhalten der Beklagten verstoûe weder gegen § 1 UWG noch gegen § 3 UWG. Dazu hat es ausgeführt:
Ein Miûbrauch des der öffentlichen Verwaltung im allgemeinen entgegengebrachten Vertrauens durch das Empfehlen der Leistungen der Beklagten zu 1 seitens der Beklagten zu 2 liege nicht vor. Daû den Elternbriefen über Jahre hinweg kommentarlos die Werbebeilage beigefügt werde, erwecke nicht den Eindruck einer Empfehlung, weil für den Empfänger offenkundig sei, daû es in den Elternbriefen der Beklagten zu 2 um die Erörterung und Lösung pädagogischer Probleme gehe, während die Werbebeilage der Beklagten zu 1 das rein kommerzielle Interesse erkennen lasse, Kunden für die Landesbausparkasse anzuwerben. Erst recht liege unter diesen Umständen kein Miûbrauch staatlicher Autorität dahingehend vor, daû die Wahrnehmung des Angebots
eines privaten Leistungsanbieters im Interesse amtlich vertretener Belange erwünscht sei.
Die Randnutzung öffentlicher Einrichtungen für eigene erwerbswirtschaftliche Zwecke durch die Gestattung von Werbung privater Unternehmen zur Erzielung von Einnahmen und Entlastung der öffentlichen Haushalte sei wettbewerbsrechtlich zulässig, wenn dabei - wie im Streitfall - der Bereich öffentlicher und privater Tätigkeit deutlich getrennt und der Eindruck vermieden werde, daû eine erwerbswirtschaftliche Betätigung zugleich der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben diene. Die mittelbare Nutzung des bei der Beklagten zu 2 vorhandenen Datenmaterials und der erhöhten Aufmerksamkeit, die behördlichen Briefsendungen von ihren Empfängern allgemein entgegengebracht werde , sei danach als unbedenklich anzusehen.
Der Umstand, daû die Werbebeilage der Beklagten zu 1 sich in einem Umschlag befinde, der als Absender die Beklagte zu 2 angebe, führe einen verständigen, durchschnittlich aufmerksamen und informierten Empfänger der Sendung nicht zu der Annahme, daû auch die Werbebeilage selbst von der Beklagten zu 2 stamme; denn nach Inhalt und Aufmachung der Beilage sei klar erkennbar, daû es sich um eine Werbung der Beklagten zu 1 handele.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Zwar hat das Berufungsgericht mit Recht eine amtliche Empfehlung verneint (1.). Auch einen Autoritätsmiûbrauch hat es zutreffend abgelehnt (2.). Das Verhalten der Beklagten ist jedoch deswegen als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig anzusehen, weil in der mittelbaren Nutzung des amtlichen Datenmaterials für kommerzielle Zwecke eine unzulässige Randnutzung einer öffent-
lichen Einrichtung zu sehen ist (3.). Die Revision führt daher zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Verurteilung der beiden Beklagten gemäû den Klageanträgen.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû kein Miûbrauch des der öffentlichen Verwaltung im allgemeinen entgegengebrachten Vertrauens durch Empfehlung der Leistungen der Beklagten zu 1 seitens der Beklagten zu 2 vorliegt.
Das Empfehlen der Leistungen eines privaten Unternehmens durch eine staatliche Stelle verstöût gegen § 1 UWG, wenn dadurch das der öffentlichen Verwaltung entgegengebrachte Vertrauen in die Objektivität und Neutralität ihrer Amtsführung miûbraucht wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Empfehlung nicht das Ergebnis einer sachlichen und unparteiischen Wertung ist, sondern von geschäftlichen Interessen bestimmt wird und die Gleichbehandlung von Mitbewerbern beeinträchtigt (vgl. BGHZ 19, 299, 304 ff. - Bad Ems; BGH, Urt. v. 30.10.1963 - Ib ZR 72/62, GRUR 1964, 210, 213 = WRP 1964, 85 - Landwirtschaftsausstellung; Urt. v. 4.4.1984 - I ZR 9/82, GRUR 1984, 665, 667 = WRP 1984, 399 - Werbung in Schulen; Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 53/84, GRUR 1987, 119, 121 f. = WRP 1987, 25 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb II; Urt. v. 24.2.1994 - I ZR 59/92, GRUR 1994, 516, 517 = WRP 1994, 506 - Auskunft über Notdienste).
Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt jedoch schon deshalb nicht als wettbewerbswidrig anzusehen, weil es nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht den Eindruck einer Empfehlung erweckt. Die Revision rügt ohne Erfolg, es sei
verfahrensfehlerhaft, daû das Berufungsgericht den empfehlenden Charakter der jahrelangen gemeinsamen Versendung von Elternbrief und Elterninfo verneint habe, ohne das von der Klägerin zum Beweis einer abweichenden Verkehrsauffassung beantragte demoskopische Gutachten einzuholen.

a) Anders als die Revision meint, ist das Berufungsgericht nicht davon ausgegangen, daû die von ihm festgestellte Verkehrsauffassung wegen Offenkundigkeit im Sinne von § 291 ZPO nicht beweisbedürftig sei. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei für den Empfänger offenkundig, daû es bei den Elternbriefen der Beklagten zu 2 um die Erörterung und Lösung von pädagogischen Problemen gehe, während die Werbebeilage der Beklagten zu 1 lediglich das rein kommerzielle Interesse erkennen lasse, Kunden für die Landesbausparkasse anzuwerben. Demnach hat das Berufungsgericht lediglich angenommen , es sei für den Empfänger der Briefsendung offenkundig im sprachlichen Sinne, inwiefern Elternbriefe und Werbebeilagen sich voneinander unterschieden ; dagegen hat es nicht gemeint, es sei im Sinne des § 291 ZPO offenkundig , wie der Empfänger der Briefsendung diese verstehe.

b) Da andere Feststellungsgrundlagen nicht ersichtlich sind, ist davon auszugehen, daû das Berufungsgericht seine Feststellungen - unausgesprochen - aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung getroffen hat. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht sei nicht in der Lage gewesen, die Anschauungen der angesprochenen Personenkreise aufgrund eigener Sachkunde wiederzugeben, weil es nur einen Teil der angesprochenen Verkehrskreise repräsentiere.
Die Briefsendungen sind an die Eltern in Bremen lebender Kinder bis zum achten Lebensjahr gerichtet. Daû sie von diesen Eltern anders als von anderen Personen verstanden werden könnten, macht die Revision nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Die Briefe sind daher nicht anders zu beurteilen als Schreiben, die sich an die Allgemeinheit wenden. Zur Feststellung der Verkehrsauffassung der Allgemeinheit ist der Tatrichter als Teil dieser Allgemeinheit regelmäûig ohne weiteres in der Lage. Dies bedurfte - anders als die Revision meint - keiner näheren Darlegungen im Berufungsurteil.

c) Entgegen der Ansicht der Revision sind an die Feststellung der Verkehrsauffassung kraft eigener Sachkunde und Lebenserfahrung nicht deshalb höhere Anforderungen zu stellen, weil das Berufungsgericht den empfehlenden Charakter des Verhaltens der Beklagten verneint hat. Es gelten grundsätzlich keine unterschiedlichen Anforderungen einerseits für die Bejahung und andererseits für die Verneinung einer bestimmten Verkehrsauffassung.
Der Senat hat allerdings in früheren Entscheidungen, in denen zu prüfen war, ob nach der Verkehrsauffassung eine Irreführungsgefahr bestand, ausgesprochen , daû eine Feststellung aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu dem angesprochenen Verkehrskreis eher in Betracht komme, wenn es um die Bejahung einer Irreführungsgefahr gehe, als dann, wenn diese verneint werden solle (BGH, Urt. v. 20.2.1992 - I ZR 32/90, GRUR 1992, 406, 407 = WRP 1992, 469 - Beschädigte Verpakkung I, m.w.N.). Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, daû hinsichtlich der Vorstellungen einer Minderheit, auf die es für die Bejahung einer Irreführungsgefahr ankommt, weil dafür die Feststellung ausreicht, daû ein nicht ganz unerheblicher Teil des Verkehrs irregeführt werden kann, verläûli-
che Feststellungen aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung eher getroffen werden können als hinsichtlich der Anschauungen einer Mehrheit, auf die bei der Verneinung der Irreführungsgefahr abzustellen ist; denn diese Verneinung erfordert die Feststellung, daû ein weit überwiegender Teil des Verkehrs nicht irregeführt werden kann.
Diese Erwägung beruhte ihrerseits auf der Annahme, daû die Verkehrsauffassung - insbesondere wenn der angesprochene Verkehr aus einem weitgespannten und vielschichtigen Personenkreis besteht (vgl. BGH, Urt. v. 13.7.1962 - I ZR 43/61, GRUR 1963, 270, 273 = WRP 1962, 404 - Bärenfang; Urt. v. 7.7.1978 - I ZR 38/77, GRUR 1978, 652, 653 = WRP 1978, 656 - miniPreis ) - uneinheitlich ist, weil sie davon abhängt, wie aufmerksam, informiert und verständig die einzelnen Verbraucher sind. Unter dieser Voraussetzung besagte die Verneinung der Irreführungsgefahr durch den Richter nicht stets, daû auch für eine nicht ganz unerhebliche Minderheit von Verbrauchern keine Irreführungsgefahr bestand.
Der Senat geht in seiner neueren Rechtsprechung jedoch davon aus, daû bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses auf einen situationsadäquat durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Verbraucher abzustellen ist (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 239/97, GRUR 2000, 820, 821 = WRP 2000, 724 - Space Fidelity PeepShow ; Urt. v. 5.7.2001 - I ZR 104/99, Umdruck S. 10 - Fernflugpreise). Ist aber die Vorstellung eines situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers maûgeblich und kommt es demnach nicht auf die möglicherweise hiervon abweichenden Anschauungen einer Minderheit von Verbrauchern an, so macht
es grundsätzlich keinen Unterschied, ob der Tatrichter seine Sachkunde und Lebenserfahrung zur Bejahung oder zur Verneinung einer Irreführungsgefahr einsetzen möchte (vgl. Bornkamm, WRP 2000, 830, 832 f., 834).

d) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe die Verkehrsauffassung auch deshalb nicht aufgrund eigener Sachkunde ohne Einholung des beantragten demoskopischen Gutachtens feststellen dürfen, weil - was das Berufungsgericht auûer acht gelassen habe - verschiedene gewichtige Indizien dafür sprächen, daû die beteiligten Verkehrskreise in der Beifügung der Werbebeilage der Beklagten zu 1 eine Empfehlung durch die Beklagte zu 2 sähen.
Die Beurteilung, ob die Feststellung der Verkehrsauffassung kraft eigener richterlicher Sachkunde möglich ist oder eine Beweisaufnahme erfordert, ist tatrichterlicher Natur. Sie ist daher in der Revisionsinstanz nur darauf zu überprüfen, ob die Vorinstanz den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft und ihre Beurteilung frei von Widersprüchen mit Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vorgenommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1990 - I ZR 164/88, GRUR 1990, 1053, 1054 = WRP 1991, 100 - Versäumte Meinungsumfrage). Eine Beweiserhebung kann danach insbesondere dann geboten sein, wenn Umstände vorliegen, die eine bestimmte Auffassung als bedenklich erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 10.2.1982 - I ZR 65/80, GRUR 1982, 491, 492 = WRP 1982, 409 - Möbel-Haus, m.w.N.). Ein entsprechender Rechtsfehler ist im Berufungsurteil jedoch nicht zu erkennen.
Das Berufungsgericht hat die nach der Ansicht der Revision auûer acht gelassenen Gesichtspunkte durchaus berücksichtigt. Es hat in seine Erwägungen einbezogen, daû die Beklagte zu 2 über viele Jahre hinweg regelmäûig ausschlieûlich Werbematerial der Beklagten zu 1 ohne Hinweis auf die ihr dafür geleistete finanzielle Unterstützung beigefügt hat, und hat sich ferner hinreichend damit auseinandergesetzt, daû zwischen den Elterninfos der Beklagten zu 1 und den Elternbriefen der Beklagten zu 2 in Titel, Stil, Aufmachung, Gestaltung und Inhalt gewisse Übereinstimmungen oder jedenfalls Ähnlichkeiten bestanden.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die beteiligten Verkehrskreise sähen unter Berücksichtigung dieser Umstände in der Beifügung der Werbebeilage der Beklagten zu 1 gleichwohl keine Empfehlung durch die Beklagte zu 2, widerspricht auch nicht der Lebenserfahrung. Soweit das Berufungsgericht gemeint hat, die über Jahre hinweg erfolgende kommentarlose Beifügung der Werbebeilage erwecke nicht den Eindruck einer Empfehlung, weil für den Empfänger offenkundig sei, daû es bei den Elternbriefen der Beklagten zu 2 um die Erörterung und Lösung von pädagogischen Problemen gehe, während die Werbebeilage der Beklagten zu 1 allein das rein kommerzielle Interesse der Kundenwerbung erkennen lasse, ist dies ebensowenig erfahrungswidrig wie seine Annahme, die Beklagte zu 1 habe durch die Bezeichnung "Elterninfo" und die Anrede "Liebe Eltern" keine inhaltliche Beziehung zu den durch die Elternbriefe vermittelten pädagogischen Anliegen hergestellt, sondern lediglich eine persönlich gehaltene Ansprache gewählt, die den Blick auf den kommerziellen Charakter der Werbebeilage nicht verstellt habe (vgl. OLG Köln GRUR 1995, 433, 434 zu einer Fallgestaltung, bei der eine Werbebeilage nicht nur beigefügt, sondern auf sie ausdrücklich Bezug genommen wurde). Angesichts
der rechtsfehlerfrei festgestellten deutlichen Unterschiede zwischen den Elternbriefen und der Werbebeilage brauchte das Berufungsgericht demnach auch mit Blick auf die von der Revision hervorgehobenen Umstände keine Zweifel daran zu hegen, daû die Empfänger der Briefsendung nicht annahmen, die Beklagte zu 2 empfehle die in der Werbebeilage genannten Leistungen der Beklagten zu 1.
2. Das Berufungsgericht hat auch ohne Rechtsverstoû einen Autoritätsmiûbrauch im Sinne der bisher ergangenen Rechtsprechung verneint.
Allerdings ist nach den vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen davon auszugehen, daû behördlichen Briefsendungen von ihren Empfängern im allgemeinen eine erhöhte Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Da sich die Werbebeilage der Beklagten zu 1 in einem Briefumschlag befindet, dessen Freistempleraufdruck das Amt für Soziale Dienste der Beklagten zu 2 als Absender ausweist, wird ihr demnach besondere Aufmerksamkeit zuteil.
Entgegen der Ansicht der Revision ist jedoch allein in dem bloûen Erwecken von Aufmerksamkeit kein Miûbrauch amtlicher Autorität zu sehen. Ein solcher Miûbrauch kann zwar anzunehmen sein, wenn eine psychische Zwangslage herbeigeführt oder sonst ein sachwidriger Druck ausgeübt wird, um auf eine bestimmte Entscheidung hinzuwirken (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.1972 - I ZR 73/71, GRUR 1973, 530, 531 - Crailsheimer Stadtblatt; Urt. v. 3.11.1978 - I ZR 90/77, GRUR 1979, 157, 158 = WRP 1979, 117 - Kindergarten-Malwettbewerb ; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 467). Davon kann aber - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - unter den im Streitfall gegebe-
nen Umständen, nach denen das gemeinsame Versenden von Elternbrief und Elterninfo von den Empfängern der Briefsendungen noch nicht einmal als Empfehlung aufgefaût wird, nicht ausgegangen werden.
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch in der mittelbaren Nutzung des bei der Beklagten zu 2 vorhandenen Datenmaterials und in der erhöhten Aufmerksamkeit, die behördlichen Briefsendungen von ihren Empfängern allgemein entgegengebracht wird, eine unbedenkliche Randnutzung einer öffentlichen Einrichtung gesehen. Die Ausnutzung der amtlich erlangten Informationen über Namen und Adressen aller Eltern von Kindern unter acht Jahren in Bremen unter gleichzeitiger Ausnutzung staatlicher Autorität durch die gemeinsame Versendung von Elternbrief und Elterninfo in Briefumschlägen, die mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste versehen sind, ist wettbewerbswidrig.
Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû die Randnutzung öffentlicher Einrichtungen für eigene erwerbswirtschaftliche Zwecke wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig ist, wenn die öffentliche Tätigkeit deutlich von der privaten getrennt und der Eindruck vermieden wird, die erwerbswirtschaftliche Betätigung sei noch Teil der hoheitlichen Aufgabenerfüllung (vgl. GroûKomm.UWG/Köhler, § 1 Rdn. E 43; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 472 m.w.N.). Unter diesen Voraussetzungen ist es als zulässig angesehen worden, daû die öffentliche Hand Werbung privater Unternehmen zuläût (H. Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, 2. Aufl. 1987, S. 187 f. und 224, m.w.N.) und beispielsweise amtliche Veröffentlichungen durch die entgeltliche Aufnahme privater Werbeanzeigen wirtschaftlich ausnutzt, um die so erzielten Mittel für die Erfüllung öffentli-
cher Aufgaben zu verwenden (BGH, Urt. v. 4.12.1970 - I ZR 96/69, GRUR 1971, 168, 170 = WRP 1971, 219 - Ärztekammer; BGH GRUR 1973, 530, 531 - Crailsheimer Stadtblatt). In gleicher Weise ist auch die Randnutzung amtlich erlangter Informationen oder Beziehungen im Wettbewerb regelmäûig nicht bereits deshalb unlauter, weil die Verwaltung damit von Möglichkeiten Gebrauch macht, über die sie nur aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Sonderstellung verfügt.
Die Unlauterkeit einer Nutzung solcher Mittel kann sich jedoch aus dem Verwendungszweck ergeben. So ist es als unlauter anzusehen, wenn die öffentliche Hand amtlich erlangte Informationen oder Beziehungen dazu ausnutzt , sich oder Dritten einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung vor Mitbewerbern zu verschaffen, denen diese Informationen und Beziehungen nicht ohne weiteres in gleicher Weise zugänglich sind (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 735 = WRP 1974, 397 - Schilderverkauf; Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 11.5.1989 - I ZR 91/87, GRUR 1989, 603, 604 = WRP 1989, 587 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb III; OLG Hamm NJW-RR 1992, 1071 f.; OLG Köln WRP 1991, 259, 262 f.; H. Schricker aaO S. 204 f., m.w.N.; GroûKomm.UWG/Köhler § 1 Rdn. E 40; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 470). Das Verhalten der Beklagten ist unter diesem Gesichtspunkt allerdings nicht zu beanstanden. Weder hat die Klägerin geltend gemacht noch ist sonst ersichtlich, daû sich die Beklagte zu 2 geweigert hätte, interessierten Mitbewerbern in gleicher Weise wie der Beklagten zu 1 die Nutzung der Daten zu ermöglichen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte zu 2 der Klägerin vielmehr angeboten, sich mit ihr
"zwecks Vereinbarung einer eventuellen wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Form eines Werbeengagements in Verbindung zu setzen", weil ihr "nicht an der einseitigen Bevorzugung eines Kreditinstitutes bzw. einer Bausparkasse gelegen sei".
Als unlauter ist es aber auch zu erachten, wenn amtlich erlangte Informationen dazu verwendet werden, um unter Ausnutzung amtlicher Autorität eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern. So liegt es im Streitfall. Dadurch , daû das Elterninfo der Beklagten zu 1 zusammen mit dem Elternbrief der Beklagten zu 2 in einem das Amt für Soziale Dienste als Absender ausweisenden Briefumschlag versandt wird, wird der Werbebeilage nach der allgemeinen Lebenserfahrung die durch die amtliche Briefsendung geweckte Erwartung besonderer Seriosität zuteil. Die Empfänger der Briefsendung werden erfahrungsgemäû annehmen, daû eine staatliche Behörde ihren amtlichen Briefen jedenfalls keine Werbung für unseriöse Produkte beifügt. Diese durch die gemeinsame Versendung beider Schreiben bewirkte Anlehnung an die staatliche Autorität mag für sich genommen nicht ohne weiteres zu beanstanden sein. Sie gewinnt im Streitfall aber deshalb den Charakter einer wettbewerbswidrigen Ausnutzung amtlicher Autorität, weil die von den Beklagten mit den Schreiben jeweils verfolgten Interessen - mögen diese auch, wie das Berufungsgericht angenommen hat, klar voneinander unterscheidbar bleiben - dieselbe Zielrichtung haben. Dadurch, daû die Elterninfos der Beklagten zu 1 sich jedenfalls insofern inhaltlich an die Elternbriefe der Beklagten zu 2 anhängen , als sie ebenso wie diese an die Verantwortung der angeschriebenen Eltern für die Zukunft ihrer Kinder appellieren, nutzen sie unter Verwendung amtlichen Datenmaterials die Autorität der Beklagten zu 2 in unzulässiger Weise für die Absatzwerbung der Beklagten zu 1 aus. In dieser Verknüpfung staatli-
cher Autorität mit einer mittelbaren Nutzung der amtlich erlangten Informationen für kommerzielle Zwecke ist hier eine unlautere Randnutzung einer öffentlichen Einrichtung zu sehen.
4. Für diesen Wettbewerbsverstoû sind beide Beklagte in gleicher Weise verantwortlich. Die Beklagte zu 2 bedient sich der amtlich erlangten Anschriften , um das Elterninfo zusammen mit dem Elternbrief in einem mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste versehenen Briefumschlag an alle Eltern von Kindern unter acht Jahren in Bremen zu versenden. Die Beklagte zu 1 wirkt hierauf durch den Abschluû der Vereinbarung hin, nach der sie für das Beifügen der Werbebeilage die Portokosten der Beklagen zu 2 übernimmt. Sie macht sich das zu beanstandende Verhalten darüber hinaus für eigene Wettbewerbszwecke zunutze. Für den schuldhaft begangenen Wettbewerbsverstoû haften beide Beklagte der Klägerin daher als Mittäter auf Unterlassung , Auskunftserteilung und Schadensersatz.
5. Die Beklagte zu 2 wendet ohne Erfolg ein, sie handele nicht in der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern wolle ausschlieûlich die weitere Versendung der Elternbriefe sicherstellen, die ohne die finanzielle Unterstützung der Beklagten zu 1 wegen fehlender Haushaltsmittel eingestellt werden müûte.
Allerdings besteht bei Kommunalgemeinden, soweit sie - wie im Streitfall - auûerhalb des erwerbswirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs handeln, anders als bei Gewerbetreibenden und Wirtschaftsverbänden, keine auf entsprechender Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung, daû eine objektiv den Wettbewerb eines anderen fördernde Handlung auch in Wettbewerbsabsicht
erfolgt sei. Handlungen von Gemeindeverwaltungen auûerhalb des erwerbswirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs verfolgen im allgemeinen nicht das Ziel, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern dienen regelmäûig der Wahrnehmung der diesen im öffentlichen Interesse übertragenen Aufgaben. Das schlieût jedoch das Bestehen einer Wettbewerbsabsicht im Einzelfall nicht aus. Diese kann insbesondere dann gegeben sein, wenn eine Gemeinde an dem wirtschaftlichen Erfolg eines Gewerbetreibenden, dessen Wettbewerb zu fördern ihr Handeln geeignet ist, ein Interesse hat, weil sie davon aufgrund vertraglicher oder sonstiger Beziehungen profitiert (BGH, Urt. v. 21.9.1989 - I ZR 27/88, GRUR 1990, 463, 464 = WRP 1990, 254 - Firmenrufnummer, m.w.N.). So liegt es im Streitfall.
Die Beklagte zu 1 übernimmt für das Beifügen der Werbebeilage die Portokosten der Beklagten zu 2. Die Förderung des Wettbewerbs der Beklagten zu 1 liegt damit zugleich im eigenen wirtschaftlichen Interesse der Beklagten zu 2. Der Annahme eines Handelns mit Wettbewerbsförderungsabsicht steht nicht entgegen, daû die Beklagte zu 2 die damit erzielten finanziellen Mittel für die Versendung der Elternbriefe und damit zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe verwendet. Es genügt, wenn die Verfolgung des Wettbewerbszweckes nur das Mittel für die Erreichung des darüber hinaus verfolgten Endzweckes ist, sofern - wie im Streitfall - die Wettbewerbsabsicht nicht völlig hinter dem anderen Beweggrund zurücktritt (vgl. BGH, Urt. v. 22.2.1990 - I ZR 78/88, GRUR 1990, 611, 613 = WRP 1990, 626 - Werbung im Programm, insoweit nicht in BGHZ 110, 278 abgedruckt; GRUR 1964, 210, 212 - Landwirtschaftsausstellung ; Urt. v. 7.3.1969 - I ZR 116/67, GRUR 1969, 418, 419 f. - Standesbeamte).
6. Die Revisionserwiderung der Beklagten zu 2 macht ohne Erfolg geltend , einer Verfolgung der behaupteten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche stehe jedenfalls der Einwand der Verwirkung entgegen; denn die Klägerin sei, nachdem die Beklagte zu 1 ihre Ansprüche bereits mit Schreiben vom 18. Januar 1995 zurückgewiesen habe, erst mit Schreiben vom 9. Dezember 1997 an die Beklagten mit der Aufforderung herangetreten, entsprechende Unterlassungs - und Verpflichtungserklärungen abzugeben, und habe so durch ihr fast drei Jahre währendes Zuwarten in zurechenbarer Weise einen Duldungsanschein erweckt. Ansprüche, deren Durchsetzung auch im Allgemeininteresse liegt, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich unverwirkbar (BGH, Urt. v. 14.3.1985 - I ZR 66/83, GRUR 1985, 930, 931 - JUSSteuerberatungsgesellschaft , m.w.N.). Im Streitfall kommt eine Verwirkung demnach schon deshalb nicht in Betracht, weil die Durchsetzung der Ansprüche dem Schutz der Allgemeinheit vor einer Ausnutzung amtlich erlangter Informationen und amtlicher Autorität dient.
III. Der Klage war danach den Klageanträgen entsprechend stattzugeben. Die Klageanträge zu den Ziffern 1 und 2 gehen entgegen dem Vorbringen der Beklagten zu 2 in der mündlichen Revisionsverhandlung nicht zu weit. Aus der Klagebegründung, die zur Auslegung der Klageanträge und des Urteilsausspruchs heranzuziehen ist, ergibt sich zweifelsfrei, daû den Beklagten lediglich untersagt sein soll, zusammen mit den "Elternbriefen" der Beklagten zu 2 Werbematerial, insbesondere "Elterninfos" der Beklagten zu 1 in Briefumschlägen zu versenden, die mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste versehen sind. Zur Klarstellung war der Urteilsausspruch entsprechend zu fassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert