Bundesgerichtshof Urteil, 02. Apr. 2008 - 5 StR 29/08

bei uns veröffentlicht am02.04.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 29/08

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 2. April 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. April
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Bundesanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
alsVerteidiger,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom 12. Oktober 2007 wird mit der Maßgabe verworfen , dass die Verfallsanordnung entfällt.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Daneben hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 1.600 Euro angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten gegen das Urteil führt lediglich zum Wegfall der Verfallsanordnung.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte, der in der Tschechischen Republik ein Fuhrunternehmen betrieb, erklärte sich im Herbst 2006 bereit, für eine Gruppe vietnamesischer Staatsangehöriger in Tschechien hergestellte Markenzigaretten von dort in das deutsche Steuergebiet einzuführen, ohne die hierfür erforderlichen Steuererklärungen abzugeben und deutsche Tabaksteuer zu entrichten. Für seine Mitwirkung sollte er pro Transport 6.000 bis 7.000 CZK als Entlohnung erhalten. Die einzelnen Transporte führte der Angeklagte nicht eigenhändig, sondern durch den hierfür bereits rechtskräftig verurteilten H. durch. H. steuerte jeweils ein von dem Angeklagten geleastes und mit Zigaretten und Tarnware beladenes Transportfahrzeug nach den Weisungen des Angeklagten über den deutsch-tschechischen Grenzübergang Sebnitz zu Lieferadressen in Ostdeutschland. Zur Vorbereitung der Transporte nahm der Angeklagte die Zigaretten jeweils von der vietnamesischen Gruppe entgegen, lagerte sie in seiner Garage vorübergehend ein und lud sie anschließend zusammen mit von ihm selbst beschaffter Tarnware in das Transportfahrzeug. Während der nach näherer Anweisung des Angeklagten durchgeführten Transporte hielt der Angeklagte sowohl zu H. , dem er erforderlichenfalls Änderungen der Lieferadressen mitteilte, als auch zu den vietnamesischen Hintermännern telefonischen Kontakt. Insgesamt führte der Angeklagte im Zeitraum vom 6. Oktober 2006 bis 1. November 2006 16 derartige Transporte durch, die jeweils 80.000 bis 180.000 Zigaretten enthielten, welche nicht mit deutschen Steuerzeichen versehen waren. In keinem der Fälle gaben H. oder der Angeklagte für die nach Deutschland verbrachten Zigaretten Steuererklärungen ab. Hierdurch wurde Tabaksteuer von insgesamt mehr als 296.000 Euro hinterzogen. Der Angeklagte erhielt für die durchgeführten Transporte von den vietnamesischen Hintermännern eine Entlohnung von umgerechnet 1.600 Euro. Sieben der Fahrten wurden von der deutschen Zollfahndung observiert, nachdem sie von tschechischen Behörden einen Hinweis auf mögliche „Schmuggelfahrten“ erhalten hatten; bei der letzten Fahrt am 1. November 2006 wurden die Zigaretten bei einem Zugriff auf deutschem Steuergebiet sichergestellt.

II.


4
1. Die Nachprüfung des Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs und der Strafzumessung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes:
5
Die Strafzumessung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Sie ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist im Revisionsverfahren ausgeschlossen (BGHSt 34, 345, 349; 29, 319, 320; BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 – 5 StR 301/04; Urteil vom 9. Januar 2008 – 5 StR 508/07). Danach ist der Strafausspruch revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
6
Die – durchaus empfindlichen – Einzelstrafen erweisen sich nicht als unvertretbar hoch. Dies gilt auch für die freilich überaus hoch bemessene Gesamtstrafe. Das Landgericht durfte neben der Höhe der Hinterziehungsbeträge insbesondere dem Umstand, dass der Angeklagte mit einer professionell agierenden Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Steuerstraftaten verbunden hatte, zusammenarbeitete, strafschärfende Bedeutung beimessen. Die Tatsache, dass die von dem Angeklagten letztlich erzielten Einnahmen mit umgerechnet 1.600 Euro im Verhältnis zum Steuerschaden sehr gering waren, hat das Landgericht ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt. Dass die Zigaretten im Fall 16 der Urteilsgründe sichergestellt wurden, hat das Landgericht ebenfalls zugunsten des Angeklagten gewertet. Der Umstand , dass die Beamten der Zollfahndung bei der hier vorliegenden arbeitsteiligen Begehung im „organisierten grenzüberschreitenden Zigarettenschmuggel“ nicht bereits auf den allgemeinen Hinweis tschechischer Behörden auf mögliche Schmuggelfahrten das Fahrzeug des Angeklagten einer Kontrolle unterzogen, sondern zunächst Observationsmaßnahmen ergriffen, bedurfte keiner ausdrücklichen Erörterung im Rahmen der Strafzumessung (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Es handelt sich hierbei um eine zulässige kriminalistische Vorgehensweise der Ermittlungsbehörden, die den Angeklagten auch im Rahmen der Strafzumessung nicht entlasten kann (vgl. BGH NStZ 2007, 635). Der Zugriff erfolgte innerhalb von drei Wochen nach Beginn der Observation.
7
2. Die Verfallsanordnung hat jedenfalls wegen Missachtung des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB keinen Bestand. Bei gebührender Beachtung dieser Vor- schrift war unter Berücksichtigung der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse des inhaftierten, für die verkürzten hohen Tabaksteuerbeträge haftenden Angeklagten die Anordnung des Verfalls nicht mehr vertretbar.
Basdorf Gerhardt Raum Brause Jäger

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Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

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5 StR 301/04

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 12. Januar 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Januar
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten Ö ,
Rechtsanwalt B
als Verteidiger für den Angeklagten Y ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 27. Oktober 2003 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Steuerhint erziehung in jeweils 22 Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von je zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, wenden sich im wesentlichen gegen die Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer, bemängeln die Nichtanwendung des erhöhten Strafrahmens aus § 370 Abs. 3 AO und beanstanden die Höhe der Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Sie haben im Ergebnis keinen Erfolg.

I.


1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieben die Angeklagten ab 1993 einen Gastronomiebetrieb in der Rechtsform einer GmbH, deren Geschäftsführer die Angeklagten waren. Ab 1995 manipulierten die Ange-
klagten die EDV-gestützte Buchführung des Betriebes im wesentlichen dadurch , daß sie einzelne Verkäufe nachträglich aus der Buchhaltung stornierten. Zur weiteren Verschleierung kauften sie von ihren Warenlieferanten teilweise unter anderem Namen, teilweise im Ausland und teilweise unter Aufspaltung der Rechnung in einen buchmäßig erfaßten Teil und einen anonymen Barzahlungsteil.
Den für das jeweilige Steuerjahr gemeinsam abgegebenen Umsatzsteuer -, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen der GmbH legten die Angeklagten stets die niedrigeren, aus der manipulierten Buchhaltung herrührenden Umsätze zugrunde. Auf diese Weise bewirkten sie, daß die von der GmbH zu zahlenden Steuern in den Jahren 1995 bis 1999 zu niedrig festgesetzt wurden (Fälle 1 bis 5). Ferner gaben sie zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen für die Monate Januar bis Dezember 2000 namens der GmbH Umsatzsteuervoranmeldungen ab, welche ebenfalls auf dem manipulierten Zahlenwerk beruhten (Fälle 6 bis 17). In ihren persönlichen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1995 bis 1999 verschwiegen die Angeklagten jeweils die aus der GmbH entnommenen und ihnen persönlich zugeflossenen zusätzlichen Gewinne, die hälftig geteilt wurden (Fälle 18 bis 22 bzw. 23 bis 27).
Insgesamt bewirkten die Angeklagten nach den Feststellungen des Landgerichts für die GmbH, daß Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftsteuern in einer Gesamtgrößenordnung von rund 2,2 Mio. DM verkürzt wurden. Hinsichtlich ihrer persönlichen Einkommensteuer hinterzogen die Angeklagten rund 285.000 DM bzw. rund 370.000 DM.
2. Das Landgericht hat bei der Berechnung der hinter zogenen Einkommensteuer den Einkünften der Angeklagten gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. jeweils die Hälfte der verdeckten Gewinnausschüttung (nachfolgend : vGA) sowie die darauf entfallende Körperschaftsteuer hinzugerechnet (entsprechend § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG a.F. jeweils 3/7 von 1/2 der vGA) und
auf die sich daraus ergebende Einkommensteuer wiederum die Körperschaftsteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG a.F. angerechnet. Bei der Strafzumessung hat der Tatrichter in allen Fällen den Regelstrafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zugrunde gelegt.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind im Ergebnis unbegründet. Das Urteil weist keinen durchgreifenden, die Angeklagten begünstigenden oder beschwerenden (§ 301 StPO) Rechtsfehler auf.
1. Im Ansatz zutreffend wendet sich die Beschwerdeführe rin aber gegen die Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer. Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft insoweit, daß das Landgericht bei der Ermittlung des tatbestandlichen Steuerschadens die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Körperschaftsteuer nach dem zur Tatzeit geltenden Anrechnungsverfahren bejaht hat.

a) Tatsächlich hätte der Tatrichter bei der Bestimmung des tatbestandlichen Steuerschadens die Anrechnung der Körperschaftsteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) und b) EStG a.F. nicht vornehmen dürfen, weil weder die nach § 44 KStG a.F. notwendige Bescheinigung vorgelegt wurde noch die bei den als beherrschende Anteilseigner anzusehenden Angeklagten angerechnete Körperschaftsteuer durch die ihr entsprechende gezahlte Körperschaftsteuer gedeckt war (§ 36a Abs. 1 EStG a.F.). Bei zutreffender steuerrechtlicher Bewertung hätte das Landgericht daher die Nettodividende (= vGA) ohne Berücksichtigung der auf die Gewinnausschüttung entfallenden Körperschaftsteuer als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG a.F. bei der Berechnung der Einkommensteuer ansetzen müssen. Daneben hätte der Tatrichter – spiegelbildlich – keine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer vornehmen dürfen (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG 23. Aufl. § 20 Rdn. 127). Dieser steuerrechtliche Be-
wertungsfehler führt zu einer zu geringen Bemessung des tatbestandlichen Hinterziehungsschadens.

b) Dieser Rechtsfehler führt indes im Ergebnis nicht zu einem Erfolg der Revisionen.
Verurteilt der Tatrichter einen Angeklagten wegen einer als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH begangenen Körperschaftsteuerhinterziehung , so muß der Angeklagte bei der Ausurteilung der korrespondierenden Einkommensteuerhinterziehung – wegen der hier gebotenen Gesamtbetrachtung der begangenen Steuerhinterziehungen – strafzumessungsrechtlich so behandelt werden, als ob für die Gesellschaft steuerehrlich gehandelt wurde. Mithin ist bei der Bemessung des dem Angeklagten bei seiner Einkommensteuer strafrechtlich vorzuwerfenden Hinterziehungsbetrages einerseits zwar die Brutto-vGA (unter Einschluß der bei der Gesellschaft anfallenden Körperschaftsteuer) in Ansatz zu bringen, andererseits aber – fiktiv – der bei steuerehrlichem Verhalten der Gesellschaft beim Gesellschafter abzuziehende Körperschaftsteuerbetrag anzurechnen. Anderenfalls würde es zu einer steuerstrafrechtlich nicht hinnehmbaren Doppelbelastung des Angeklagten kommen (vgl. bereits BGH wistra 1990, 193, 194).
Das Landgericht hat diesen Gesichtspunkt bei der Findu ng der Einzelstrafen für die ausgeurteilten Einkommensteuerhinterziehungen im Ergebnis zu Recht berücksichtigt.
2. Das Landgericht hat bei der Bestimmung des steuerstr afrechtlich relevanten Hinterziehungsschadens bei der Umsatzsteuerhinterziehung zum Nachteil der Angeklagten (§ 301 StPO) nicht berücksichtigt, daß der GmbH aus den Schwarzeinkäufen – jedenfalls soweit ihnen keine umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen im Sinne des § 6a UStG zugrunde lagen – Vorsteuererstattungsansprüche zustanden, welche die Angeklagten – zur Verheimlichung der Schwarzeinkäufe – in den Umsatzsteuervor-
anmeldungen und -erklärungen nicht geltend gemacht hatten. Zwar berühren diese Vorsteuererstattungsansprüche wegen des in § 370 Abs. 4 Satz 3 AO normierten Kompensationsverbotes nicht den tatbestandlichen Hinterziehungsschaden (vgl. BGH wistra 1991, 107); bei der Gewichtung der Tat im Rahmen der Strafzumessung sind sie aber in der Regel – im Wege der Schätzung – zu beachten (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 6).
Dieser Rechtsfehler führt indes nicht zu einer auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft zugunsten der Angeklagten vorzunehmenden Teilaufhebung. Der Senat schließt angesichts des nur geringen Gewichts der Umsatzsteuer innerhalb der jeweils für die GmbH begangenen Steuerhinterziehungstaten (tateinheitlich jeweils Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer ) und der steuerrechtlichen Interdependenzen zwischen Umsatz- und Körperschaftsteuer aus, daß dieser Rechtsfehler Einfluß auf die Bestimmung der Einzelstrafen in den Fällen 1 bis 5 gehabt hat. Die steuerrechtlichen Besonderheiten des Körperschaftsteuerrechts bewirken nämlich, daß eine Ermäßigung der Umsatzsteuer zugleich zu einer Erhöhung des Körperschaftsteuerbetrages führt. Angesichts der sehr maßvollen Einzelstrafen von jeweils vier Monaten gilt dies auch für die Fälle 6 bis 17, welche allein Umsatzsteuerhinterziehungen durch falsche Voranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume Januar bis Dezember 2000 betreffen.
3. Der Rechtsfolgenausspruch begegnet – wie der Genera lbundesanwalt zutreffend hervorgehoben hat – auch im übrigen keinen durchgreifenden Bedenken.

a) Die Nichtanwendung des Strafrahmens aus § 370 Abs. 3 AO ist rechtsfehlerfrei begründet worden.
Soweit die Staatsanwaltschaft geltend macht, „aus einer Addition der Verkürzungsbeträge“ würde sich unschwer ergeben, daß die Steuerhinterziehungen ein großes Ausmaß im Sinne des § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO erreich-
ten, wird nicht hinreichend bedacht, daß der Blick nur auf den Gesamtschaden einer Serie von Steuerstraftaten nicht genügt. Vielmehr müßte dann für jeden Einzelfall das „große Ausmaß“ zu bejahen sein (BGH wistra 2004, 185); diese Voraussetzungen liegen indes nicht vor.
Ein Fall des § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO liegt ebenfalls ni cht vor. Die Erstellung falscher Belege durch Manipulationen des Kassensystems erfüllt die Voraussetzungen des besonders schweren Falls nicht. Dieser wäre erst dann erfüllt, wenn die gefälschten Belege gegenüber der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren vorgelegt worden wären (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 3 Nr. 4 Belege 1 m.w.N.); dies war hier nicht der Fall.

b) Die gegen die konkrete Strafzumessung vorgebrachten E inzelbeanstandungen führen nicht zum Erfolg.
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 34, 345, 349; 29, 319, 320; jeweils m.w.N.). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (BGH aaO). Gemessen hieran, ist die Strafzumessung des Landgerichts – trotz der sehr milden Einzel- und Gesamtstrafen – noch nicht zu beanstanden.
Soweit die Revisionen zur Begründung der aus ihrer Sicht fehlerhaften Strafzumessung auf urteilsfremde Erkenntnisse zurückgreifen, sind zulässige Verfahrensrügen nicht erhoben worden.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Schaal
5 StR 508/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Januar
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
alsbeisitzendeRichter,
Staatsanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
alsVerteidigerin,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. Juli 2007 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt (Einzelfreiheitsstrafen: fünf Jahre sechs Monate und sechs Jahre sechs Monate). Die dagegen gerichtete, in der Revisionshauptverhandlung auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
2
1. Der im Jahre 2002 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu zwei Jahren Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilte Angeklagte schloss sich spätestens Mitte 2005 der Rauschgifthändlerbande der drei Brüder F. , Landsleute und Namensvetter des Angeklagten, an, die mit unbekannt gebliebenen Mittätern einen gut organisierten und streng hierarchisch geführten Handel mit Heroin und Kokain auf verschiedenen Bahnhöfen der U-Bahnlinie 9 betrieben. Der Angeklagte war gegen Entlohnung in der mittleren Ebene des gut organisierten Bandengefü- ges mit der Hilfe bei der Rauschgiftportionierung befasst und gab weiteren Mittätern Anweisungen.
3
Am 28. Juli 2005 brachte das weitere Bandenmitglied M. auf seine Anweisung 90 Kügelchen Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 2,089 g Heroinhydrochlorid in einen Park und vergrub das Rauschgift, damit ein bestimmter Mittäter es später zum gewinnbringenden Weiterverkauf abholen könne. Am 19. September 2005 war der Angeklagte, der drei Tage zuvor in einer Bunkerwohnung mehrere Hundert Kügelchen mit Heroingemisch verpackt hatte, an der Erteilung eines Auftrags an M. beteiligt, dem unter seiner Mitwirkung zur weiteren Organisation des Verkaufs eine Tüte mit 1.138 Heroinkügelchen (362,1 g Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 49,47 g Heroinhydrochlorid) übergeben wurde. Am Ende der anschließenden Taxifahrt wurde M. festgenommen und das Rauschgift wurde sichergestellt.
4
2. Die Revision ist zur Annahme uneingeschränkter Schuldfähigkeit des Angeklagten und zur Ablehnung der Voraussetzungen des § 31 BtMG unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Auch die vom Landgericht vorgenommene Bestimmung des Strafrahmens und die Bemessung der Strafen halten rechtlicher Prüfung noch stand.
5
Die Strafzumessung, zu der auch die Frage gehört, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 3, 179; 24, 268; BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall Gesamtwürdigung 7). Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Ent- scheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGHSt 29, 319, 320; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 5 StR 530/07 Rdn. 8).
6
Das ist hier nicht der Fall, und zwar ungeachtet der herangezogenen nicht ganz unwesentlichen strafmildernden Gesichtspunkte, insbesondere auch des Umstands, dass das geschützte Rechtsgut nur im Fall 1 und dort lediglich am unteren Rande des Verbrechenstatbestandes des § 30a Abs. 1 BtMG beeinträchtigt worden ist. Die Nichtannahme minder schwerer Fälle ist gleichwohl das Ergebnis einer vom Revisionsgericht hinzunehmenden Gesamtabwägung des Tatrichters. Das Landgericht durfte dabei maßgeblich auf die einschlägige massive Vorbelastung des Angeklagten und auf die Abwicklung organisierten Drogenhandels im Bereich des vielfrequentierten öffentlichen Nahverkehrs, was mit einer gefährdenden Versuchung Unbeteiligter, namentlich Jugendlicher einhergeht, abstellen. Zumal im Hinblick auf den Eindruck, den die rechtstreue Bevölkerung durch das augenscheinliche Unvermögen des Staates, die Einhaltung der Rechtsordnung zu garantieren, gewinnen konnte, durften auch derartige Erwägungen in die Strafzumessung einfließen. Zudem ist das Landgericht – offensichtlich aufgrund der Telefonüberwachung – zu Unrecht zu Gunsten des Angeklagten bereits im Fall 1 von einer polizeilichen Überwachung der Tatausführung ausgegangen (vgl. BGH StV 2000, 555; BGH, Beschluss vom 31. März 2004 – 5 StR 78/04).
7
Bei dieser Sachlage erweist sich die Strafrahmenwahl in beiden Fällen als noch vertretbar und gibt dann auch die konkrete Straffindung innerhalb des Strafrahmens – zumal angesichts sachgerecht enger Gesamtstrafbil- dung – letztlich keinen Anlass zu revisionsgerichtlichem Eingreifen, wenngleich die – zumal im Fall 2 sehr deutliche – Überschreitung der erheblichen Mindeststrafe des § 30a Abs. 1 BtMG bereits an der Grenze des gerade noch Hinnehmbaren steht.
Basdorf Gerhardt Raum Brause Schaal

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.