Bundesgerichtshof Urteil, 02. Apr. 2008 - 5 StR 29/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Daneben hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 1.600 Euro angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten gegen das Urteil führt lediglich zum Wegfall der Verfallsanordnung.
I.
- 2
- Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
- 3
- Der Angeklagte, der in der Tschechischen Republik ein Fuhrunternehmen betrieb, erklärte sich im Herbst 2006 bereit, für eine Gruppe vietnamesischer Staatsangehöriger in Tschechien hergestellte Markenzigaretten von dort in das deutsche Steuergebiet einzuführen, ohne die hierfür erforderlichen Steuererklärungen abzugeben und deutsche Tabaksteuer zu entrichten. Für seine Mitwirkung sollte er pro Transport 6.000 bis 7.000 CZK als Entlohnung erhalten. Die einzelnen Transporte führte der Angeklagte nicht eigenhändig, sondern durch den hierfür bereits rechtskräftig verurteilten H. durch. H. steuerte jeweils ein von dem Angeklagten geleastes und mit Zigaretten und Tarnware beladenes Transportfahrzeug nach den Weisungen des Angeklagten über den deutsch-tschechischen Grenzübergang Sebnitz zu Lieferadressen in Ostdeutschland. Zur Vorbereitung der Transporte nahm der Angeklagte die Zigaretten jeweils von der vietnamesischen Gruppe entgegen, lagerte sie in seiner Garage vorübergehend ein und lud sie anschließend zusammen mit von ihm selbst beschaffter Tarnware in das Transportfahrzeug. Während der nach näherer Anweisung des Angeklagten durchgeführten Transporte hielt der Angeklagte sowohl zu H. , dem er erforderlichenfalls Änderungen der Lieferadressen mitteilte, als auch zu den vietnamesischen Hintermännern telefonischen Kontakt. Insgesamt führte der Angeklagte im Zeitraum vom 6. Oktober 2006 bis 1. November 2006 16 derartige Transporte durch, die jeweils 80.000 bis 180.000 Zigaretten enthielten, welche nicht mit deutschen Steuerzeichen versehen waren. In keinem der Fälle gaben H. oder der Angeklagte für die nach Deutschland verbrachten Zigaretten Steuererklärungen ab. Hierdurch wurde Tabaksteuer von insgesamt mehr als 296.000 Euro hinterzogen. Der Angeklagte erhielt für die durchgeführten Transporte von den vietnamesischen Hintermännern eine Entlohnung von umgerechnet 1.600 Euro. Sieben der Fahrten wurden von der deutschen Zollfahndung observiert, nachdem sie von tschechischen Behörden einen Hinweis auf mögliche „Schmuggelfahrten“ erhalten hatten; bei der letzten Fahrt am 1. November 2006 wurden die Zigaretten bei einem Zugriff auf deutschem Steuergebiet sichergestellt.
II.
- 4
- 1. Die Nachprüfung des Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs und der Strafzumessung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Erörterung bedarf lediglich Folgendes:
- 5
- Die Strafzumessung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Sie ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist im Revisionsverfahren ausgeschlossen (BGHSt 34, 345, 349; 29, 319, 320; BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 – 5 StR 301/04; Urteil vom 9. Januar 2008 – 5 StR 508/07). Danach ist der Strafausspruch revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
- 6
- Die – durchaus empfindlichen – Einzelstrafen erweisen sich nicht als unvertretbar hoch. Dies gilt auch für die freilich überaus hoch bemessene Gesamtstrafe. Das Landgericht durfte neben der Höhe der Hinterziehungsbeträge insbesondere dem Umstand, dass der Angeklagte mit einer professionell agierenden Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Steuerstraftaten verbunden hatte, zusammenarbeitete, strafschärfende Bedeutung beimessen. Die Tatsache, dass die von dem Angeklagten letztlich erzielten Einnahmen mit umgerechnet 1.600 Euro im Verhältnis zum Steuerschaden sehr gering waren, hat das Landgericht ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt. Dass die Zigaretten im Fall 16 der Urteilsgründe sichergestellt wurden, hat das Landgericht ebenfalls zugunsten des Angeklagten gewertet. Der Umstand , dass die Beamten der Zollfahndung bei der hier vorliegenden arbeitsteiligen Begehung im „organisierten grenzüberschreitenden Zigarettenschmuggel“ nicht bereits auf den allgemeinen Hinweis tschechischer Behörden auf mögliche Schmuggelfahrten das Fahrzeug des Angeklagten einer Kontrolle unterzogen, sondern zunächst Observationsmaßnahmen ergriffen, bedurfte keiner ausdrücklichen Erörterung im Rahmen der Strafzumessung (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Es handelt sich hierbei um eine zulässige kriminalistische Vorgehensweise der Ermittlungsbehörden, die den Angeklagten auch im Rahmen der Strafzumessung nicht entlasten kann (vgl. BGH NStZ 2007, 635). Der Zugriff erfolgte innerhalb von drei Wochen nach Beginn der Observation.
- 7
- 2. Die Verfallsanordnung hat jedenfalls wegen Missachtung des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB keinen Bestand. Bei gebührender Beachtung dieser Vor- schrift war unter Berücksichtigung der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse des inhaftierten, für die verkürzten hohen Tabaksteuerbeträge haftenden Angeklagten die Anordnung des Verfalls nicht mehr vertretbar.
Annotations
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.