Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2017 - 5 StR 253/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Oktober 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Dölp, Prof. Dr. König
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Dagegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird.
I.
- 2
- 1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
- 3
- Am 29. November 2014 ergriff der Angeklagte in einem vietnamesischen Schnellrestaurant ein Hackmesser, um die Mitarbeiterin des Lokals zu veranlassen , ihm das in der Kasse befindliche Bargeld auszuhändigen. Dieser gelang es jedoch, sofort durch den Hinterausgang aus dem Lokal zu fliehen. Sodann hielt er dem Inhaber des Lokals, der sich ihm in den Weg stellte, das Messer an den Hals und drohte, ihn zu töten, wenn er ihm nicht das Geld aushändige. Der Wirt riss dem Angeklagten das Messer aus der Hand und flüchtete durch den Haupteingang. Der allein im Gastraum zurückgebliebene Angeklagte bereute nun seine Tat. Obwohl er davon ausging, ohne Schwierigkeiten selbst die Kasse öffnen, ihr ungehindert das Geld entnehmen und damit aus dem Lokal fliehen zu können, wartete er auf die Polizei und gab sich den alarmierten Beamten als derjenige zu erkennen, der den Wirt bedroht hatte.
- 4
- 2. Das Landgericht hat einen strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung des Wirts und seiner Mitarbeiterin angenommen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 StGB) und ihn (nur) der Bedrohung (§ 241 Abs. 1 StGB) schuldig gesprochen. Es ist nach dem Rücktrittshorizont des Angeklagten von einem nicht fehlgeschlagenen, unbeendeten Versuch ausgegangen, weil der Angeklagte sowohl nach der Flucht der Mitarbeiterin als auch nach derjenigen des Wirtes davon ausgegangen sei, sein tatbestandsmäßiges Ziel weiterhin erreichen zu können. Freiwillig habe er die Tat dann nicht vollendet.
II.
- 5
- Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Angeklagten aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung zutreffend allein wegen Bedrohung verurteilt.
- 6
- 1. Ohne wesentliche Umstände bei seiner Überzeugungsbildung außer Acht zu lassen, hat es angenommen, der Angeklagte sei vom unbeendeten, nicht fehlgeschlagenen Versuch der schweren räuberischen Erpressung straf- befreiend zurückgetreten. Die landgerichtlichen Erwägungen zum Rücktrittshorizont des Angeklagten beziehen sich zutreffend auf dessen Vorstellungsbild im Zeitpunkt der hierfür maßgeblichen letzten Ausführungshandlung und kommen ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte annahm, der Taterfolg könne von ihm noch immer erreicht werden (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2017 – 4 StR 592/16 Rn. 13).
- 7
- 2. Da nach dem Entkommen der bedrohten Erpressungsopfer für den Angeklagten noch die Möglichkeit bestand, das begehrte Geld selbst aus der Kasse zu nehmen, hätte das Landgericht angesichts des festgestellten Tatzie- les, „an das in der Kasse befindliche Bargeld zu gelangen“ (UA S. 4), zwar ei- nen versuchten schweren Raub in den Blick nehmen müssen. Von dem Versuch dieses nach ständiger Rechtsprechung als Sonderfall der Erpressung anzusehenden Deliktes (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. April 1995 – 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 126) ist der Angeklagte nach den Feststellungen aber ebenso freiwillig zurückgetreten.
- 8
- 3. Der Rücktritt erfasste neben den Raub- und Erpressungsdelikten in der vorliegenden Konstellation auch die darin tatbestandlich enthaltene versuchte Nötigung, da diese auf kein anderes Ziel gerichtet war, als sich – sei es durch Herausgabe, sei es durch Wegnahme – in den Besitz des Kassenbestandes zu bringen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 1987 – 2 StR 123/87, NStE Nr. 1 zu § 178 StGB; LK-StGB/Lilie/Albrecht, 12. Aufl., § 24 Rn. 482; NK-StGB/Zaczyk, 5. Aufl., § 24 Rn. 129).
Dölp König
Annotations
(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.
(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.
(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.
Verursacht der Täter durch den sexuellen Übergriff, die sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung (§ 177) wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.