Bundesgerichtshof Urteil, 23. Aug. 2005 - 5 StR 195/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßi ger Hehlerei in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft , die ihre – vom Generalbundesanwalt nicht vertretene – Revision auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts kaufte der Ange klagte, ein seit 1990 jedenfalls teilweise auch in der Nähe von Leipzig lebender niederländischer Staatsangehöriger, gestohlene LKW von unbekannten Tätern auf. Die LKW hatten insgesamt einen Zeitwert von etwa 320.000 DM. Der Angeklagte , der in Grimma und Zschortau in zwei Hallen einen angemeldeten Ge-
brauchtfahrzeug- und Schrotthandel betrieb, zerlegte die zwischen Juli 2000 und Juni 2001 im weiteren Umfeld von Leipzig entwendeten sechs LKW der Marke Mercedes-Benz in Kenntnis ihrer deliktischen Herkunft, um sich durch deren Verkauf eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen.
II.
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltsch aft sind unbegründet.
1. Die vom Angeklagten mit der Sachrüge begründete Re vision bleibt ohne Erfolg. Die umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler ergeben. Die Überführung des Angeklagten, der in der Hauptverhandlung die Einlassung verweigert hat, beruht auf einer vollständigen , rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung. Dass das Landgericht ihn als Beteiligten der Vortat ausgeschlossen hat, steht hierzu nicht in einem den Angeklagten belastenden Widerspruch. Schließlich brauchte das Landgericht bei dem komplexen, in der Beweiswürdigung schwierigen Fall mit Auslandsbezug nicht näher darzulegen, dass keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK vorlag.
2. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision d er Staatsanwaltschaft zeigt keinen Rechtsfehler auf.
a) Die strafmildernde Berücksichtigung der Ausländerei genschaft des Angeklagten ist indes nicht frei von Bedenken. Der Ausländerstatus rechtfertigt nur bei Vorliegen besonderer Umstände eine Strafmilderung. Solche Umstände kommen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Angeklagte bei Vollzug einer Freiheitsstrafe innerhalb der Haftanstalt erhebliche sprachliche Verständigungsschwierigkeiten zu gewärtigen hat oder der Kontakt zu seiner Familie erheb-
lich erschwert ist (BGHSt 43, 233, 234; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Ausländer
2).
Beide Gesichtspunkte liegen hier nicht vor. Der Angeklagte hat zehn Jahre lang zumindest teilweise in Deutschland gelebt und ist nach den Urteilsfeststellungen der deutschen Sprache mächtig. Eine Erschwerung seiner Kontakte zu seiner Familie wirkt schon deshalb nicht strafmildernd, weil hier nahe liegt, dass der Angeklagte nach § 71 IRG die Freiheitsstrafe in den Niederlanden verbüßen wird. Im vorliegenden Fall mag allenfalls eine Härte für den Angeklagten darin zu sehen sein, dass bei einer Verbüßung der Freiheitsstrafe in den Niederlanden der Kontakt zu seiner zehnjährigen Tochter beeinträchtigt wäre, die in der Nähe von Leipzig lebt und die er bislang regelmäßig besucht hat. In diesem Sinne dürfte das Landgericht auch die von der Staatsanwaltschaft beanstandete Wendung gemeint haben. Im Übrigen schließt der Senat – in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt – aufgrund ihrer eher beiläufigen Erwähnung aus, dass die Ausländereigenschaft für das Landgericht ein bestimmender Gesichtspunkt im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO bei der Strafzumessung gewesen sein könnte.
b) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft hat d as Landgericht nicht die über den reinen Sachwert der entwendeten LKW hinausgehenden Schäden unberücksichtigt gelassen. Vielmehr hat es sämtliche Umstände gewürdigt, die als verschuldete Auswirkungen der Tat im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB strafschärfend herangezogen werden dürfen. So hat das Landgericht Feststellungen getroffen über die bei den Geschädigten durch die Entwendung der LKW verursachten Verdienstausfälle und die ihnen entgangenen Aufträge. Dass es diesen Gesichtspunkt im Rahmen der konkreten Strafzumessung nicht wiederholt hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
c) Die Bildung der Gesamtstrafe begegnet gleichfalls ke inen Bedenken. Das Landgericht durfte bei einem Gesamttatzeitraum von knapp einem
Jahr und sechs Einzeltaten von einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgehen. Im Übrigen lassen die Erwägungen zur Gesamtstrafe keinen Rechtsfehler erkennen.
Basdorf Häger Raum Brause Schaal
Annotations
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Die Vollstreckung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen eine ausländische Person verhängten Strafe oder sonstigen Sanktion kann auf einen ausländischen Staat übertragen werden, wenn
- 1.
die verurteilte Person in dem ausländischen Staat ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich dort aufhält und nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist, oder - 2.
die Vollstreckung in dem ausländischen Staat im Interesse der verurteilten Person oder im öffentlichen Interesse liegt.
(2) Die Vollstreckung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit verhängten nicht freiheitsentziehenden Strafe oder Sanktion kann auf einen ausländischen Staat übertragen werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. Ferner kann die Vollstreckung einer im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit verhängten freiheitsentziehenden Strafe oder sonstigen Sanktion auf einen ausländischen Staat übertragen werden, wenn
- 1.
die verurteilte Person in dem ausländischen Staat ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich dort aufhält, - 2.
die verurteilte Person nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist, und - 3.
der verurteilten Person durch die Vollstreckung in dem ausländischen Staat keine erheblichen, außerhalb des Strafzwecks liegenden Nachteile erwachsen.
(3) Die Vollstreckung darf nur übertragen werden, wenn gewährleistet ist, dass der ausländische Staat eine Rücknahme oder eine Beschränkung der Übertragung beachten wird.
(4) Die Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Sanktion darf nur übertragen werden, wenn das Gericht die Vollstreckung in dem ausländischen Staat für zulässig erklärt hat. Über die Zulässigkeit entscheidet das Oberlandesgericht durch Beschluss. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz des Gerichts, das die zu vollstreckende Strafe oder sonstige Sanktion verhängt hat, oder, wenn gegen die verurteilte Person im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird, nach § 462a Absatz 1 Satz 1 und 2 der Strafprozessordnung. § 13 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2, § 30 Absatz 2 Satz 2 und 4, Absatz 3, § 31 Absatz 1 und 4, die §§ 33, 52 Absatz 3, § 53 gelten entsprechend. Befindet sich die verurteilte Person im Geltungsbereich dieses Gesetzes, so gelten auch § 30 Absatz 2 Satz 1, § 31 Absatz 2 und 3 entsprechend.
(5) Die deutsche Vollstreckungsbehörde sieht von der Vollstreckung ab, soweit der ausländische Staat sie übernommen und durchgeführt hat. Sie kann die Vollstreckung fortsetzen, soweit der ausländische Staat sie nicht zu Ende geführt hat.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.