Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2014 - 5 StR 18/14

published on 12/03/2014 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2014 - 5 StR 18/14
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR18/14
vom
12. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Computerbetruges
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
12. März 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. August 2013 wird verworfen. Der Angeklagte hat die durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Wegen Computerbetruges in 167 Fällen hat das Landgericht den im Tatzeitraum heranwachsenden Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten sowie einen erwachsenen, nicht revidierenden Mittäter zu einer solchen von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützte, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten richtet sich primär gegen die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht. In dieser Hinsicht wird sie vom Generalbundesanwalt als begründet erachtet, bleibt jedoch insgesamt ohne Erfolg.
2
1. Nach den landgerichtlichen Feststellungen erwarb der umfassend geständige – im Tatzeitraum 20 Jahre und drei bis acht Monate alte – Angeklagte vom 8. Juli bis 20. November 2012 über das Online-Buchungsportal derD. B. AG hochwertige Fahrkarten im Gesamtwert von fast 64.000 €, die er unter Verwendung von Kreditkartendaten „bezahlte“, die den jeweiligen Berechtigten „abhanden gekommen waren“. Die auf diese Weise erlangten Online- Tickets verkaufte er in Internetportalen unter einer von ihm erstellten Legende zu erheblich geringeren Preisen an interessierte Dritte. Der Angeklagte und sein mit ihm arbeitsteilig agierender Mittäter erzielten so als von ihnen angestrebte fortlaufende Einnahmequelle Erlöse von mehr als 16.000 €, die sie hälftig teil- ten. Das Landgericht hat mehr als 2.000 weitere Fälle, die der Angeklagte ebenfalls pauschal eingeräumt hat, mit dem Ziel der Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO abgetrennt.
3
2. Die Rechtsfolgenentscheidungen halten rechtlicher Prüfung stand.
4
a) Das Landgericht hat seiner Prüfung, ob Jugendstrafrecht anzuwenden ist, zutreffende Maßstäbe zugrunde gelegt.
5
aa) Aufgrund der durch § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG gebotenen Gesamtwürdigung ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass der Angeklagte zurzeit der Taten nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung einem Jugendlichen nicht mehr gleichstand. Dabei hat das Landgericht ausschließlich zulässige Kriterien herangezogen und keine relevanten Umstände übersehen. Es hat zutreffend auf den Tatzeitraum abgestellt, in dem der bislang unbestrafte Angeklagte „altersgemäß entwickelt gewesen ist“, „Entwicklungskräfte, jedenfalls in größerem Umfang, nicht mehr wirksam waren“ (UA S. 43; hierzu BGH, Beschluss vom 15. März 2011 – 5 StR 35/11, NStZ-RR 2011, 218) und der Angeklagte eine Ausbildung zum Bürokaufmann begonnen und „gewissenhaft verfolgt“ hat (UA S. 44). Diese rechtsfehlerfrei gewonnene Einschätzung hat das Landgericht in der Hauptverhandlung lediglich bestätigt gesehen, in der der sprachgewandte Angeklagte den „Eindruck eines intelligenten jungen Mannes hinterlassen“ hat (UA S. 44). Im Einzelnen durfte es zudem die mit einem guten mittleren Abschluss beendete Schullaufbahn, die ebenfalls im Sommer 2012 begonnene feste Beziehung sowie den Umstand berücksichtigen, dass der Angeklagte im Dezember 2011 eine Lehre zum Kfz-Mechatroniker abgebrochen hat, „weil er sich dort stark unterfordert fühlte“ (UA S. 4). Den Grund dafür, dass der bei Begehung der Tatserie „kurz vor Vollendung des 21. Lebensjahres stehende“ An- geklagte noch bei seinen Eltern wohnte, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei in wirtschaftlichen Erwägungen gesehen (UA S. 44) und darin folglich kein maßgebliches Kriterium für das Vorliegen von Reifeverzögerungen gefunden.
6
bb) Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die vom Angeklagten begangenen Taten nicht als Jugendverfehlungen (§ 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG) bewertet , also als Taten, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild oder nach den Beweggründen des Täters Merkmale jugendlicher Unreife aufweisen. In diesem Sinne für Jugendliche typisches Verhalten offenbart sich insbesondere in einem Mangel an Ausgeglichenheit, Besonnenheit und Hemmungsvermögen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2007 – 5 StR 375/07, NStZ 2008, 696 mwN). Im Kontrast hierzu hat der Angeklagte jedoch über einen mehrmonatigen Zeitraum hinweg – wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat – mit einem hohen Maß an Organisationsvermögen und ausgesprochen planvoll im Zusammenwirken mit seinem 32-jährigen Mittäter gehandelt.
7
b) Die daher nach Erwachsenenstrafrecht verhängten Einzelstrafen und die hieraus gebildete Gesamtstrafe sind rechtlich nicht zu beanstanden. Angesichts der Vielzahl gleichartiger Einzelfälle sowie des verursachten Gesamtschadens begegnet dabei die nicht unerhebliche Erhöhung der Einsatzstrafe keinen durchgreifenden Bedenken.
8
3. Die von der Revision erhobene Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) ist jedenfalls unbegründet. Es ist nicht erkennbar, welche beim Angeklagten bestehenden Auffälligkeiten oder welche sonstigen Besonderheiten des Falls die erfahrene Jugendkammer hätten drängen müssen, „hinsichtlich der Reifebeurteilung“ ein „medizinisch psychiatrisches und/oder psychologisches Sach- verständigengutachten“ einzuholen. Eine Besonderheit liegt insbesondere nicht in der abweichenden Beurteilung der Anwendung von Jugendstrafrecht durch die Jugendgerichtshilfe, denn diese beruhte auf keiner anderen Tatsachengrundlage.
9
Es war auch nicht unerlässlich (§§ 261, 267 Abs. 3 StPO), die bloße gegenteilige , im Ergebnis eher abseitig erscheinende Bewertung dieser Tatsachen durch die Jugendgerichtshilfe, an die das Landgericht nicht gebunden war, im Urteil näher abzuhandeln. Das Urteil weist ausdrücklich aus, dass ihr Bericht berücksichtigt worden ist (UA S. 38).
Basdorf Sander Schneider
König Bellay
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

5 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 15/03/2011 00:00

5 StR 35/11 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 15. März 2011 in der Strafsache gegen wegen Totschlags u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2011 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
published on 25/09/2007 00:00

5 StR 375/07 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 25. September 2007 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2007 beschlossen : Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landger
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.