Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juni 2009 - 5 StR 149/09

23.06.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Ist der Angeklagte rechtskräftig bestraft und im psychiatrischen
Krankenhaus untergebracht worden, so ist bei einer Verurteilung
wegen einer zuvor begangenen Tat, die zur nachträglichen
Gesamtstrafbildung nach § 55 StGB führt, allein die Aufrechterhaltung
der Maßregel geboten, hingegen die erneute
Anordung der Unterbringung nach § 63 StGB nicht zulässig (im
Anschluss an BGHSt 30, 305).
BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – 5 StR 149/09
LG Braunschweig –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 23. Juni 2009
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässiger Brandstiftung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Juni
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König
alsbeisitzendeRichter,
Bundesanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
alsVerteidiger,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 9. Dezember 2008 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen fahrlässiger Brandstiftung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten festgesetzt und ihn unter Einbeziehung einer anderweit rechtskräftig gegen ihn verhängten Strafe (ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die gegen den Angeklagten in dem genannten rechtskräftigen Urteil wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes zugleich angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hat das Landgericht aufrechterhalten.
2
Die vom Generalbundesanwalt teilweise vertretene Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich gegen die Annahme nur fahrlässiger Brandstiftung und die Ablehnung einer wiederholten Anordnung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus. Das Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.
3
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Am Abend des 30. Mai 2007 hielt sich der Angeklagte gemeinsam mit dem rechtskräftig wegen Schuldunfähigkeit freigesprochenen Heranwachsenden W. in seiner Wohnung in einer betreuten Wohnanlage für Behinderte auf, wo sie zunächst mit Mitbewohnern Bier tranken. Gegen 22.00 Uhr begannen sie, Gegenstände aus den Fenstern des vierten Stocks zu werfen. Etwa zwei bis drei Stunden später fassten sie den Plan, „etwas anzuzünden“. Dazu gingen sie in den Keller, wobei der Angeklagte Feuerzeuggas mitnahm. Damit entzündeten sie auf einem alten Sofa liegende Zeitungen. Das Sofa stand in einem Kellerraum, welcher von den Fluren des Kellers mit einer Holztür und mit einer Brandschutztür abgetrennt war. Nachdem sie die Flammen beobachtet hatten, gingen sie zurück in die Wohnung des Angeklagten. Dort fragte W. den Angeklagten, ob das Feuer auch zu ihnen hochkommen könne, was jener verneinte, so dass sich beide schlafen legten. Sie gingen möglicherweise davon aus, dass das Feuer ersticken werde, nachdem der Sperrmüll abgebrannt sei.
5
Die Holzkellertür geriet in Brand und die Versorgungsleitungen „brannten“ bis in den ersten Stock. Flure und Wohnungen waren bis in den vierten Stock hinauf verqualmt und verrußt. Alle Bewohner einschließlich der Täter konnten rechtzeitig das Haus verlassen, zehn Personen erlitten leichte Rauchvergiftungen, es entstand ein Schaden von 200.000 Euro. Das Haus, dessen Reparatur mehrere Monate in Anspruch genommen hätte, wurde aus wirtschaftlichen Gründen abgerissen, die Bewohner wurden umgesiedelt.
6
Der u. a. wegen Mordes vorbestrafte Angeklagte leidet an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung und an einer Borderline-Störung in „extremer Form“. Die Symptome dieser Störungsbilder belasteten den Angeklagten vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen wie dies bei einer unter das Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung fallenden Erkrankung der Fall wäre. Aufgrund dieser schweren anderen seelischen Abartigkeit war der Angeklagte bei der Tat in seiner Steuerungsfähigkeit sicher erheblich vermindert.
7
2. Der Schuldspruch begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit das Landgericht sich nicht davon überzeugen konnte, dass der Angeklagte bei dem Entzünden des Sperrmülls im Keller des Mehrfamilienhauses vorsätzlich hinsichtlich der Brandstiftung handelte, hält sich dies noch im Rahmen tatrichterlicher Würdigung und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem Umstand, dass sich der Angeklagte in dem von der Brandstiftung betroffenen Haus schlafen legte, durfte das Landgericht maßgebliche – freilich negative – Bedeutung für die Vorsatzbildung bezüglich der Inbrandsetzung wesentlicher Gebäudeteile des Wohnhauses zuerkennen. Denn hätte der Angeklagte erkannt, dass die von ihm im Kellerraum in Brand gesetzten Gegenstände geeignet waren, das Feuer auf andere, wesentliche Gebäudeteile übergreifen zu lassen, wäre ein solches Verhalten wegen der damit verbundenen bewussten Gefährdung der eigenen körperlichen Unversehrtheit schwerlich zu erklären. Das Landgericht hat ausreichend erörtert, ob die Indizwirkung des unbesorgt erscheinenden Verhaltens des Angeklagten nach der Tat nicht dadurch entkräftet wird, dass er sich im vierten Stock des Hauses aufgehalten hat und sich nur wegen der Entfernung zum Brandherd sicher gefühlt habe, dies aber letztlich ausgeschlossen. Nachvollziehbar hat es diese Würdigung damit begründet, dass der – im Gegensatz zu seinem Mittäter – mit einer „hinreichenden Intelligenz“ ausgestattete Angeklagte nicht davon ausgegangen sein könne, dass sich ein auf wesentliche Gebäudeteile übergegriffenes Feuer sicher auf die unter seiner Wohnung gelegenen Stockwerke beschränken ließe. Weitergehende ausdrückliche Überlegungen zu Möglichkeiten bedingt vorsätzlicher Inbrandsetzung ohne gleichzeitige bewusste Selbstgefährdung waren in diesem Zusammenhang nicht unerlässlich (vgl. zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB durch Feuerlegen in Kellerräumen BGH NStZ 2007, 270). Gleiches gilt letztlich ebenso für die Tatbestandsalternative des Zerstörens, weswegen das Landgericht auch einen darauf gerichteten Vorsatz rechtsfeh- lerfrei abgelehnt hat. Die Überlegung des Landgerichts rechtfertigt konsequent ohne weiteres das Fehlen ausdrücklicher Erörterungen zum Tötungsvorsatz zum Nachteil der Bewohner des Hauses, der sich bei Annahme bedingten Brandstiftungsvorsatzes aufgedrängt hätte. Gleichwohl hatte die Revisionsführerin die Sache nicht etwa bei der Jugendkammer in Schwurgerichtsbesetzung (§ 33b Abs. 2 Satz 1 JGG) angeklagt.
8
3. Auch der Rechtsfolgenausspruch kann bestehen bleiben. Der Strafausspruch ist rechtsfehlerfrei. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass das Landgericht rechtsfehlerhafte Erwägungen zur Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus angestellt hat. Dies kann indes von vornherein nicht zur Aufhebung des Urteils insoweit führen, da eine erneute Anordnung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus im Hinblick auf § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB ausgeschlossen ist.
9
a) Das sachverständig beratene Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt , dass die bei dem Angeklagten diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen und ihr Einfluss auf seine soziale Anpassungsfähigkeit so stark ausgeprägt sind, dass sie – was für die angegebenen Störungsbilder nur in besonderen Fällen anzunehmen ist (vgl. hierzu BGHSt 42, 385, 388; 49, 45, 52; BGH NStZ-RR 2003, 165, 166; 2008, 70, 71) – den sicheren Schluss auf eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit bei der Tat aufgrund eines dauerhaften Zustands tragen. Auf der Grundlage dieser Feststellungen durfte jedoch die Anordnung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus nicht mit dem Hinweis auf einen nicht feststellbaren „unwiderstehlichen Zwang“ zur Begehung der Tat abgelehnt werden. Hierbei hat das Landgericht verkannt, dass die – zudem für den Bereich der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nicht ganz eindeutig – formulierte Anforderung, es müsse für die Anordnung der Maßregel feststehen, dass der Täter aus einem mehr oder weniger unwiderstehlichen Zwang heraus gehandelt habe (BGHSt 42, 385, 388; BGH NStZ-RR 2008, 70, 71), auf die Feststellung eines dauerhaften Zustands im Sinne einer schweren anderen seelischen Abartigkeit ge- richtet ist. Hiermit sollen solche psychischen Auffälligkeiten aus dem Anwendungsbereich des § 63 StGB ausgeschieden werden, die nur Eigenschaften und Verhaltensweisen darstellen, die übliche Ursachen für strafbares Handeln darstellen (BGH NStZ-RR 2008, 70, 71). Steht aber – wie hier – fest, dass die dauerhafte, nicht pathologisch bestimmte Störung den für die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit erforderlichen Schweregrad erreicht hat, so kann eine solche Störung entgegen der Ansicht des Landgerichts uneingeschränkt Grund für die Anordnung der Maßregel des § 63 StGB sein.
10
b) Angesichts der erheblichen Gefährlichkeit der ungeachtet fehlenden Brandstiftungsvorsatzes mit dem vorsätzlichen Legen von Feuer verbundenen Anlasstat wären die Voraussetzungen des § 63 StGB im vorliegenden Fall auch im Übrigen ohne weiteres belegt. Dies führt dennoch nicht zur revisionsgerichtlichen Beanstandung des Unterbleibens eines erneuten Maßregelausspruchs , da für die Anordnung einer weiteren neuen Maßregel nach § 63 StGB neben der Aufrechterhaltung dieser Maßregel aus dem anderweitigen Erkenntnis, dessen Strafe einzubeziehen ist, kein Raum ist. Neben der gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB zutreffend erfolgten Aufrechterhaltung der Anordnung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus ist die erneute – doppelte – Anordnung einer Maßregel mit gleichem Inhalt nicht zulässig (vgl. BGHSt 30, 305, 307; 42, 306, 309; BGHR StGB § 55 Abs. 2 Aufrechterhalten 4; BGH NZV 1997, 183; NStZ 1998, 79; BGH, Beschlüsse vom 8. November 1991 – 2 StR 409/91 und vom 22. Juli 2005 – 2 StR 258/05). Denn der Täter soll auch insoweit entsprechend dem Grundgedanken des § 55 StGB so gestellt werden, wie er bei gleichzeitiger Aburteilung aller Taten gestanden hätte (Rissing-van Saan in LK StGB 12. Aufl. § 55 Rdn. 58; vgl. auch Fischer, StGB 56. Aufl. Rdn. 31; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke /Schröder, StGB 27. Aufl. Rdn. 58a). Bei gleichzeitiger Aburteilung wäre die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus nur einmal angeordnet worden. Auf die Frage der Berechtigung einer wiederholten Anordnung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten (vgl. hierzu BGHSt 50, 199, 205; BGH NStZ-RR 2007, 8, 9) kommt es hier nicht an, da eine solche im Anwendungsbereich des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB gänzlich ausscheidet. Durch das Hinzutreten einer weiteren, die Unterbringung bereits für sich rechtfertigenden Anlasstat verändert sich die Maßregel nicht. Vielmehr entspricht sie in jeder Hinsicht der bereits angeordneten Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus.
11
Der freilich durch das Hinzutreten der hier ausgeurteilten weiteren Anlasstat entgegen der abweichenden Wertung der Strafkammer fraglos beträchtlich gesteigerten Gefährlichkeit des Angeklagten wird die zuständige Strafvollstreckungskammer im Rahmen der gemäß § 67 Abs. 5, § 67d Abs. 2 StGB zu treffenden Entscheidungen Rechnung zu tragen haben.
Basdorf Brause Schaal Schneider König

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Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafgesetzbuch - StGB | § 67 Reihenfolge der Vollstreckung


(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen. (2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vol

Strafgesetzbuch - StGB | § 67d Dauer der Unterbringung


(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich

Strafgesetzbuch - StGB | § 306a Schwere Brandstiftung


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,2. eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder3.

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 33b Besetzung der Jugendkammer


(1) Die Jugendkammer ist mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen (große Jugendkammer), in Verfahren über Berufungen gegen Urteile des Jugendrichters mit dem Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen (kleine Jugendkammer)

Referenzen

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Die Jugendkammer ist mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen (große Jugendkammer), in Verfahren über Berufungen gegen Urteile des Jugendrichters mit dem Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen (kleine Jugendkammer) besetzt.

(2) Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt die große Jugendkammer über ihre Besetzung in der Hauptverhandlung. Ist das Hauptverfahren bereits eröffnet, beschließt sie hierüber bei der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung. Sie beschließt eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen, wenn

1.
die Sache nach den allgemeinen Vorschriften einschließlich der Regelung des § 74e des Gerichtsverfassungsgesetzes zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehört,
2.
ihre Zuständigkeit nach § 41 Absatz 1 Nummer 5 begründet ist oder
3.
nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint.
Im Übrigen beschließt die große Jugendkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen.

(3) Die Mitwirkung eines dritten Richters ist nach Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 in der Regel notwendig, wenn

1.
die Jugendkammer die Sache nach § 41 Absatz 1 Nummer 2 übernommen hat,
2.
die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder
3.
die Sache eine der in § 74c Absatz 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten zum Gegenstand hat.

(4) In Verfahren über die Berufung gegen ein Urteil des Jugendschöffengerichts gilt Absatz 2 entsprechend. Die große Jugendkammer beschließt ihre Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen auch dann, wenn mit dem angefochtenen Urteil auf eine Jugendstrafe von mehr als vier Jahren erkannt wurde.

(5) Hat die große Jugendkammer eine Besetzung mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen beschlossen und ergeben sich vor Beginn der Hauptverhandlung neue Umstände, die nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Jugendschöffen erforderlich machen, beschließt sie eine solche Besetzung.

(6) Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen oder die Hauptverhandlung ausgesetzt worden, kann die jeweils zuständige Jugendkammer erneut nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 über ihre Besetzung beschließen.

(7) § 33a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.