Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2014 - 3 StR 210/14

bei uns veröffentlicht am10.07.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 2 1 0 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässiger Brandstiftung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 7. November 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbenannte Urteil wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer ebenfalls auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision in erster Linie, dass die Strafkammer hinsichtlich der Inbrandsetzung des Gebäudes nicht wenigstens bedingten Vorsatz des Angeklagten angenommen hat. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, die Revision des Angeklagten erweist sich hingegen als unbegründet.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts bezogen der Angeklagte, seine Ehefrau und sein Sohn im August 2011 ein im April des Jahres angemietetes und in den Folgemonaten mit Hilfe des Schwiegervaters des Angeklagten renoviertes Einfamilienhaus in O. . Der Angeklagte, der ein Haus mit großem Grundstück und gegebenenfalls Nebengebäuden zum Unterstellen von Firmenfahrzeugen bevorzugt hätte, stimmte der Anmietung seiner Ehefrau zuliebe zu. Als im Dezember 2011 die Heizung in dem Haus ausfiel, zog die Familie vorübergehend zu den Schwiegereltern des Angeklagten. Der Angeklagte erhielt keinen Schlüssel für die dortige Wohnung und hatte zudem zwischenzeitlich seinen Schlüssel für das Haus in O. verlegt, so dass er häufig darauf angewiesen war, dass seine Frau ihm Einlass gewährte.
3
Am Abend des 9. Februar 2012 begab sich der Angeklagte, der seinen Schlüssel wiedergefunden hatte, allein in das Haus in O. , weil er dort Verdünner gelagert hatte, mit dem er eine Teerverschmutzung an seinem Firmenfahrzeug entfernen wollte. Dort angekommen, musste er feststellen, dass seine Ehefrau sämtliche Innentüren des Hauses abgeschlossen und die Schlüssel mitgenommen hatte. Darüber geriet der Angeklagte in Wut, weil er sich kontrolliert fühlte. Dergestalt verärgert brach er die Innentüren auf. Als er sah, was er angerichtet hatte, kam ihm die Idee, einen Einbruch vorzutäuschen, weil er nicht wusste, wie er die zerstörten Türen seiner Ehefrau erklären sollte. Zu diesem Zweck nahm er zwei Flachbildschirmfernseher und andere Elektrogeräte , lud sie in sein Fahrzeug und entsorgte sie später auf einer Müllkippe.
4
In einem Nebenraum zum Heizungskeller fand er den von ihm gesuchten Verdünner; immer noch sehr aufgebracht ging er damit in das neben dem Heizungsraum gelegene Schlafzimmer, wo er noch etwas holen wollte. Er setzte sich indes zunächst auf das Bett und dachte an seine unglückliche Situation; in dieser Lage nahm er den Kanister mit Verdünner, verschüttete die Flüssigkeit neben dem Bett auf dem Fußboden und zündete sie mit einem Feuerzeug an. Es kam zu einer ca. einen Meter hohen Stichflamme, die den Angeklagten sehr erschreckte. Er erkannte, dass der Brand sich weiter ausbreiten konnte; er wollte jedoch nicht, dass das Haus abbrannte, in dem sich seine Firmenunterlagen und der gesamte Hausrat befanden. Er nahm deshalb eine Decke und versuchte damit, die Flamme zu ersticken. Als er meinte, dies erreicht zu haben, verließ er das Haus und fuhr zu seiner Familie in die Wohnung im Haus der Schwiegereltern , wo er gegen 22:30 Uhr eintraf.
5
Tatsächlich waren seine Löschungsbemühungen jedoch nicht erfolgreich ; zunächst geriet das Bett und später das gesamte Schlafzimmer in Brand. Das Fenster zerbarst, der Putz sprang ab, die Möbel und die Schlafzimmertür verbrannten. Eine Nachbarin bemerkte die aus dem Fenster schlagenden Flammen um 23:50 Uhr und verständigte die Feuerwehr, die fünf Minuten später eintraf. Zu diesem Zeitpunkt war das Schlafzimmer vollständig in Brand gesetzt , die Flammen schlugen aus dem geborstenen Fenster und die Terrassentür des Hauses war ebenfalls durch die Hitzeeinwirkung von innen gebrochen. Das gesamte Haus war innen vollständig verrußt und unbewohnbar; die Reno- vierungskosten beliefen sich auf circa 100.000 €.
6
II. Zur Revision der Staatsanwaltschaft:
7
Das Rechtsmittel hat Erfolg, weil sich die Sachdarstellung des Landgerichts als unzureichend erweist. Sie ist lücken- und damit rechtsfehlerhaft, denn sie ermöglicht dem Senat - auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe - nicht die Prüfung, ob das Landgericht ein vorsätzliches Inbrandsetzen des Hauses durch den Angeklagten ohne Rechtsfehler verneint hat (vgl. LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 337 Rn. 106 ff. mwN).
8
Die Urteilsgründe verhalten sich nicht zu dem Vorstellungsbild des Angeklagten von dem möglichen Brandverlauf, das er in dem Zeitpunkt hatte, in dem er den Verdünner auf den Boden des Schlafzimmers goss und mit einem Feuerzeug anzündete. Der Einlassung des Angeklagten folgend hat die Strafkammer lediglich für die Zeit unmittelbar danach festgestellt, dass der Angeklagte über die Stichflamme erschrocken war, ihm nunmehr klar wurde, dass der Brand sich ausbreiten könnte, er nicht wollte, dass das Haus abbrannte und er deshalb versuchte, die Flammen mit einer Decke zu ersticken.
9
Dies genügt nicht. In Brand gesetzt ist ein Gebäude, wenn es so vom Feuer erfasst ist, dass es selbständig ohne Fortwirken des Zündstoffs weiterbrennt , wobei es erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass sich der Brand auf Teile des Gebäudes ausbreiten kann, die für dessen bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung sind (st. Rspr.; s. zuletzt BGH, Urteil vom 14. November 2013 - 3 StR 336/13, NStZ 2014, 404 mwN). Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes können insbesondere auch die Fußböden zählen (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 25. September 1990 - 1 StR 483/90, BGHR StPO § 261 Zeuge 8 [Holzfußböden]; vom 14. Oktober 1993 - 1 StR 532/93, BGHR StGB § 306 Nr. 2 Inbrandsetzen 7 [fest verklebter Teppichboden]). Maßgeblich dafür, ob der Angeklagte durch das vorsätzliche (s. UA S. 18: "bewusst und gewollt") Anzünden des Verdünners gemäß § 22 StGB zu einer schweren (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB) oder - sollte die Bestimmung des Hauses zu Wohnzwecken durch den zeitweiligen Auszug des Angeklagten und seiner Familie aufgehoben gewesen sein (s. S/S-Heine/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 306a Rn. 5 mwN) - einfachen Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB) unmittelbar ansetzte, ist daher, ob er in diesem Moment zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass sich die Flammen auf wesentliche Gebäudeteile im dargestellten Sinne ausbreiten und diese ohne Fortwirken des Verdünners selbständig weiterbrennen könnten.
10
Hiermit hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen, denn angesichts der besonderen Gefährlichkeit des Anzündens einer hoch brennbaren Flüssigkeit im Inneren eines Gebäudes lagen entsprechende Vorstellungen des Angeklagten nicht so fern, dass sich nähere Erörterungen dazu erübrigt hätten. Zwar hat die Strafkammer in der rechtlichen Würdigung ausgeführt, dass der Angeklagte den Verdünner nicht mit dem Vorsatz entzündet habe, das Haus in Brand zu setzen, weshalb die Annahme eines nicht gelungenen Rücktritts vom Versuch der Brandstiftung ausscheide. Auch dadurch wird indes die aufgezeigte Lücke nicht geschlossen, weil das Landgericht zwar seine Wertung mitteilt, der Angeklagte habe nicht mit Brandstiftungsvorsatz gehandelt, aber gleichwohl keine Feststellungen dazu getroffen hat, welche Einstellung er denn tatsächlich zu seinem Handeln hatte. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe beim Anzünden des Verdünners "nicht mit dem Vorsatz der Brandlegung an dem Haus" gehandelt, wird zudem durch die Beweiswürdigung, die sich zur subjektiven Tatseite im Zeitpunkt des Anzündens des Verdünners nicht verhält, nicht belegt.
11
Die Sache muss deshalb insgesamt neu verhandelt und entschieden werden.
12
III. Zur Revision des Angeklagten:
13
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Die umfassende Nachprüfung des Urteils auf die von ihm in allgemeiner Form erhobene Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zu seinen Ungunsten erbracht.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol

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Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 306 Brandstiftung


(1) Wer fremde 1. Gebäude oder Hütten,2. Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,3. Warenlager oder -vorräte,4. Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,5. Wälder, Heiden oder Moore oder6. land-, ernährungs- o

Strafgesetzbuch - StGB | § 306a Schwere Brandstiftung


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,2. eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder3.

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2013 - 3 StR 336/13

bei uns veröffentlicht am 14.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 3 3 6 / 1 3 vom 14. November 2013 in der Strafsache gegen wegen Brandstiftung u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. November 2013, an der teilgenommen haben:

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 3 3 6 / 1 3
vom
14. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Brandstiftung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. November
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 22. Mai 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Brandstiftung und Betruges zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit der Sachrüge, dass der Angeklagte nicht der besonders schweren Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gesprochen worden ist. Der Angeklagte erhebt die nicht näher ausgeführte Rüge der Verletzung formellen Rechts sowie die allgemeine Sachrüge. Beide Rechtsmittel haben Erfolg, wobei die Revision der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung des angefochtenen Urteils auch zugunsten des Angeklagten führt (§ 301 StPO).
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts entschloss sich der Angeklagte am Morgen des 20. Mai 2011, in dem von ihm, seiner Lebensgefährtin und deren beiden minderjährigen Kindern bewohnten, angemieteten Bungalow einen Brand zu legen, um Zahlungen aus der Hausratsversicherung zu erhalten. Zu diesem Zweck zündete er in einem Schlafzimmer des vier Zimmer, Küche und Bad umfassenden, einstöckigen Gebäudes diverse Gegenstände an. Dabei nahm er in Kauf, dass auch funktionswesentliche Teile des Gebäudes in Brand geraten würden oder dieses zumindest teilweise unbewohnbar werden könnte. Die Lebensgefährtin und die Kinder hatten das Haus zu diesem Zeitpunkt verlassen. Um eine größere Ausbreitung des Schadens zu verhindern, schloss er die Schlafzimmertür. Dann verließ er das Haus. Als er nach etwa einer Dreiviertelstunde zurückkehrte, hatte das Feuer, das zwischenzeitlich von der Feuerwehr gelöscht worden war, bereits die Holzdecke des Schlafzimmers erfasst und dort zu Putzabplatzungen, erheblichen Rußschäden und der teilweisen Zerstörung des Inventars geführt. Die übrigen Räume waren durch Löschwasser "in Mitleidenschaft genommen" und Textilien durch Rauchgas "beeinträchtigt". Das Haus war "längere Zeit" nicht bewohnbar. Der Angeklagte lebte mit seiner Familie acht Wochen bei Freunden und bezog dann eine andere Wohnung. In der Folge machte er bei seiner Hausratsversicherung den Schaden geltend, die ihm rund 16.300 € erstattete.
3
II. Revision des Angeklagten
4
Die Feststellungen im angefochtenen Urteil tragen nicht die Verurteilung wegen vollendeter Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
5
1. Das Landgericht geht davon aus, dass der Angeklagte den Bungalow in Brand gesetzt hat. Dies wird durch die Urteilsgründe indes nicht hinreichend belegt.
6
In Brand gesetzt ist ein Gebäude, wenn es so vom Feuer erfasst ist, dass es selbständig ohne Fortwirken des Zündstoffs weiterbrennt, wobei es erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass sich der Brand auf Teile des Gebäudes ausbreiten kann, die für dessen bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung sind (st. Rspr.; etwa BGH, Urteile vom 20. Juni 1986 - 1 StR 270/86, BGHSt 34, 115, 117; vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 18; vom 11. August 1998 - 1 StR 326/98, NJW 1999, 299; Beschluss vom 10. Januar 2007 - 5 StR 401/06, NStZ 2007, 270; vgl. schon Urteil vom 22. Mai 1963 - 2 StR 133/63, BGHSt 18, 363, 365 f.; enger BGH, Urteil vom 26. Juli 1990 - 4 StR 249/90, BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 1 Konkurrenzen 1; Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 3 StR 422/01, BGHR StGB § 306 Abs. 1 Inbrandsetzen 1 Nr. 1; vom 14. Juli 1993 - 3 StR 335/93, BGHR StGB § 306 Nr. 2 Inbrandsetzen 6). Dass hier ein gebrauchswesentlicher Gebäudeteil selbständig brannte, lässt sich dem Urteil nicht eindeutig entnehmen. Nach den Feststellungen erfasste das vom Angeklagten entfachte Feuer die "Holzdecke". Eine Zimmerdecke ist zwar regelmäßig als Bestandteil eines Gebäudes und damit als wesentlicher Gebäudeteil anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 1990 - 4 StR 301/90, BGHR StGB § 306 Beweiswürdigung 3). In der rechtlichen Würdigung geht die Strafkammer jedoch von einem Brand der "Deckenverkleidung" aus. Eine Deckenverkleidung stellt aber nur dann einen wesentlichen Gebäudeteil dar, wenn sie so mit der Decke verbunden oder in sie eingearbeitet ist, dass sie als Bestandteil der Decke nicht entfernt werden kann, ohne dass hierdurch das Bauwerk selbst beeinträchtigt wird (BGH, Urteil vom 26. Juli 1990 - 4 StR 249/90, aaO; vgl. auch Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 3 StR 422/01, aaO; Beschluss 14. Juli 1993 - 3 StR 335/93, aaO). Nach den unklaren Feststellungen ist damit offen, ob ein wesentlicher Gebäudeteil selbständig brannte. Die Feststellungen belegen darüberhinaus auch nicht, dass der Brand der Deckenverkleidung, sollte es sich insoweit um einen nicht wesentlichen Gebäudeteil gehandelt haben, jedenfalls geeignet war, das Feuer anderen Gebäudeteilen, die als wesentlich anzusehen sind, mitzuteilen.
7
2. Ebensowenig tragen die Feststellungen eine Verurteilung wegen vollendeter Brandstiftung in der Tatbestandsalternative der teilweisen Zerstörung des Gebäudes.
8
Das Landgericht hat seine Auffassung, dass auch die zweite Tatbestandsalternative des § 306 Abs. 1 StGB erfüllt sei, lediglich damit begründet, dass das Haus durch das Feuer jedenfalls teilweise unbewohnbar geworden und damit teilweise zerstört worden sei. Auf welche Feststellungen es die rechtliche Würdigung als teilweises Zerstören im Einzelnen stützt, hat es offengelassen.
9
a) Die festgestellten erheblichen Rußschäden und Putzabplatzungen im Schlafzimmer lassen für sich allein genommen nicht hinreichend erkennen, dass der Bungalow durch die Brandlegung teilweise zerstört worden ist.
10
Allerdings kann die Zerstörung auch nur eines Zimmers eines Einfamilienhauses zu einer teilweisen Zerstörung des Gebäudes im Sinne von § 306 Abs. 1 und § 306a Abs. 1, Abs. 2 StGB führen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Begriff des teilweisen Zerstörens wie das gleichlautende Tatbestandsmerkmal der §§ 305, 305a StGB verstanden werden (BT-Drucks.
13/8587 S. 88; vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 19). Zur Konkretisierung dieser Tatvariante kann deshalb auf die Auslegung der genannten Vorschriften zurückgegriffen werden (LK/Wolff, StGB, 12. Aufl., § 306 Rn. 13). Ein teilweises Zerstören ist danach anzunehmen , wenn Bestandteile des Tatobjekts, die zu einem selbständigen Gebrauch bestimmt sind, gänzlich vernichtet werden, ein für die ganze Sache zwecknötiger Teil unbrauchbar oder das Tatobjekt wenigstens für einzelne seiner Zweckbestimmungen unbrauchbar gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 20 mwN). Damit kommt ein teilweises Zerstören nicht nur dann in Betracht, wenn ein wesentlicher funktionell selbstständiger Bestandteil des Tatobjekts zerstört wird, indem etwa eine Wohnung als "Untereinheit" eines Mehrfamilienhauses für beträchtliche Zeit für Wohnzwecke insgesamt ungeeignet wird (etwa BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 2008 - 4 StR 20/08, NStZ 2008, 519; vom 10. Januar 2007 - 5 StR 401/06, NStZ 2007, 270, 271; vom 14. Dezember 2000 - 3 StR 414/00, NStZ 2001, 252; vom 14. Juli 2009 - 3 StR 276/09, NStZ 2010, 151, 152). Vielmehr ist eine teilweise Zerstörung auch dann anzunehmen, wenn in Folge der brandbedingten Einwirkung das Tatobjekt einzelne von mehreren seiner Zweckbestimmungen nicht mehr erfüllen kann. Beim Brand eines Wohnhauses, das als Mittelpunkt des menschlichen Lebens (BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 20; Beschluss vom 10. Januar 2007 - 5 StR 401/06, NStZ 2007, 270, 271) jedenfalls dem Zweck des Aufenthaltes, der Nahrungsversorgung und des Schlafens dient, kann die brandbedingte Vereitelung nur eines dieser wesentlichen Zwecke das Tatbestandsmerkmal des teilweisen Zerstörens erfüllen.Die brandbedingte Unbenutzbarkeit eines Zimmers stellt demnach dann eine teilweise Zerstörung des gesamten Einfamilienhauses dar, wenn dadurch nicht allein dieses Zimmer unbewohnbar wird, sondern die Nutzung des Wohnhauses zu einem der genannten Zwecke in - gemessen an den Vorstellungen eines
verständigen Wohnungsinhabers (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2008 - 4 StR 20/08, NStZ 2008, 519) - unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.
11
Ob die brandbedingte Beschädigung des Schlafzimmers hier die teilweise Zerstörung des Bungalows in diesem Sinne zur Folge hatte, kann den Feststellungen nicht entnommen werden. Diese ergeben nicht, dass das Wohnhaus wegen der Brandschäden in einem Schlafzimmer für die Bewohner nicht mehr in zumutbarer Weise als Schlafstätte genutzt werden konnte.
12
b) Auch die Schäden in den übrigen Zimmern des Hauses begründen nach den bisherigen Feststellungen nicht die teilweise Zerstörung des Bungalows. Zwar kann eine brandbedingte teilweise Zerstörung eines Gebäudes auch durch den Einsatz von Löschmitteln bewirkt werden (Fischer, StGB, 61. Aufl., § 306 Rn. 15 mwN; vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 3 StR 140/01, StV 2001, 576, 577). Doch ergeben die Feststellungen hier lediglich, dass die Räume durch "Löschwasser in Mitleidenschaft genommen" wurden. Eine Aufhebung der Nutzbarkeit dieser Räume und dem folgend des Hauses zu Wohnzwecken lässt sich dem nicht entnehmen.
13
c) Schließlich ergeben die Feststellungen auch nicht deshalb eine (teilweise ) Zerstörung des Gebäudes, weil das Haus infolge der Gesamtheit der brandbedingten Schäden für eine nicht unbeträchtliche Zeit nicht bewohnbar war. Tatbestandsmäßig im Sinne von § 306 Abs. 1 und § 306a Abs. 1 StGB ist eine teilweise Zerstörung nur, wenn sie von einigem Gewicht ist. Dies ist erst dann anzunehmen, wenn das Gebäude infolge des Brandes für eine nicht unbeträchtliche Zeit unbewohnbar wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 21; Beschluss vom 6. Mai 2008 - 4 StR 20/08, NStZ 2008, 519). Dabei ist auf die Zeit abzustellen, die für die tatbedingt erfor- derlichen Renovierungsarbeiten tatsächlich benötigt wird (BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 21). Den Feststellungen kann vorliegend indes nur entnommen werden, dass der Angeklagte und seine Familie nach dem Brand acht Wochen bei Freunden lebte und danach nicht mehr in das Haus zurückkehrte. Dies muss allerdings nicht (allein) auf das Tatgeschehen zurückzuführen gewesen sein.
14
3. Die Aufhebung der Verurteilung wegen Brandstiftung nebst den zugehörigen Feststellungen entzieht auch dem Schuldspruch wegen Betruges die Grundlage; dieser ist daher ebenfalls aufzuheben.
15
III. Revision der Staatsanwaltschaft
16
Auch das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
17
1. Zu Recht beanstandet die Beschwerdeführerin, dass das Landgericht den Angeklagten mit rechtsfehlerhafter Begründung nicht wegen besonders schwerer Brandstiftung (§ 306b Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB) verurteilt hat.
18
a) Das Landgericht hat das Vorliegen einer schweren Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB mit der Begründung verneint, dass das in Brand gesetzte Gebäude zwar grundsätzlich zur Wohnung von Menschen gedient habe, der Angeklagte aber zum Tatzeitpunkt sicher gewusst habe, dass sich keine anderen Bewohner in dem überschaubaren Objekt aufgehalten hätten. Auch für die Bewohner der Nachbarhäuser habe keine Gefahr bestanden. Da eine "abstrakte Gefährdung von Personen sicher ausgeschlossen" gewesen sei, sei § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB bei einschränkender Auslegung nicht erfüllt. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
19
§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das ein Tun unter Strafe stellt, das typischerweise geeignet ist, das Leben von Bewohnern und anderen Personen zu gefährden, die das Gebäude aufsuchen oder sich in ihm befinden. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen zur Wohnung dienende Gebäude als Mittelpunkt des menschlichen Lebens absolut geschützt werden, ohne dass im Einzelfall der Frage Bedeutung zukommen soll, ob sich zur Tatzeit tatsächlich Menschen in dem Gebäude befinden und ob sich der Täter davon überzeugt hat, dass im konkreten Fall Menschenleben nicht gefährdet werden können (BGH, Urteile vom 22. April 1982 - 4 StR 561/81, NStZ 1982, 420, 421; vom 4. April 1985 - 4 StR 93/85, NStZ 1985, 408, 409; vom 15. September 1998 - 1 StR 290/98, NStZ 1999, 32, 33 f.). Allerdings hat der Bundesgerichtshof vereinzelt eine einschränkende Auslegung der Vorschrift für Fälle erwogen, in denen sich der Täter bei der Inbrandsetzung von kleinen, auf einen Blick überschaubaren Hütten oder Häuschen "durch absolut zuverlässige lückenlose Maßnahmen" vergewissert hatte, dass eine konkrete Gefährdung von Menschenleben durch das Feuer sicher auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 24. April 1975 - 4 StR 120/75, BGHSt 26, 121, 124 f.; vgl. S/S-Heine, 28. Aufl., § 306a Rn. 2 mwN zur Literatur), dies letztlich aber stets offengelassen (siehe die vorzitierten Entscheidungen sowie BGH, Urteil vom 20. Juni 1986 - 1 StR 270/86, BGHSt 34, 115, 118). Auch hier bedarf es keiner Entscheidung , ob dieser Überlegung im Ausgangspunkt gefolgt und ob der Bungalow überhaupt als Gebäude angesehen werden könnte, das "mit einem Blick überschaubar" ist; denn eine einschränkende Auslegung des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB im dargestellten Sinne scheidet vorliegend jedenfalls deswegen aus, weil sich der Angeklagte nach der Brandlegung von dem Bungalow entfernt hatte. Damit entzog es sich seiner Kontrolle, ob andere Bewohner während seiner Abwesenheit in diesen zurückkehrten oder er von Dritten aufgesucht wurde. Eine Gefährdung von Menschenleben durch den Brand war damit keinesfalls völlig ausgeschlossen (vgl. S/S-Heine, aaO, Vorbem. zu §§ 306 ff. Rn. 3a).
20
b) Die Annahme einer Strafbarkeit nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB hätte zudem die Prüfung verlangt, ob die Voraussetzungen der besonders schweren Brandstiftung nach § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB erfüllt sind. Denn der Betrug zum Nachteil der Versicherung, der durch die (schwere) Brandstiftung ermöglicht werden sollte, stellt eine andere Straftat im Sinne dieses Straftatbestandes dar (BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211, 216 f.; Beschluss vom 29. September 1999 - 3 StR 359/99, NStZ 2000, 197, 198), so dass der Täter wegen besonders schwerer Brandstiftung zu bestrafen ist, wenn es ihm bei der Brandlegung auf die Ermöglichung des Betruges ankommt.
21
Schuldstrafrechtliche Bedenken, die sich aus der hohen Mindeststrafe des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB von fünf Jahren ergeben könnten, rechtfertigen es nicht, durch eine einengende Auslegung des § 306a StGB zugleich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 306b Abs. 2 StGB entfallen zu lassen. Zwar sieht § 306b StGB eine Strafrahmenverschiebung in minder schweren Fällen nicht vor. Doch beruht dies auf einer von der Rechtsprechung hinzunehmenden Entscheidung des Gesetzgebers, der sich damit innerhalb des verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums bewegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. November 2010 - 2 BvL 12/09, BVerfGK 18, 222, 239 ff.).
22
2. Das Urteil war deshalb auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft aufzuheben, aus den unter II. dargelegten Gründen auch zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO).
Becker Pfister Hubert Gericke Spaniol

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wer fremde

1.
Gebäude oder Hütten,
2.
Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,
3.
Warenlager oder -vorräte,
4.
Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,
5.
Wälder, Heiden oder Moore oder
6.
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Wer fremde

1.
Gebäude oder Hütten,
2.
Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,
3.
Warenlager oder -vorräte,
4.
Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,
5.
Wälder, Heiden oder Moore oder
6.
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.