Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2004 - XII ZB 50/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Der Abänderungsklage, mit der der Kläger die Herabsetzung seiner Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt auf monatlich 80 € begehrte, gab das Familiengericht durch Schlußurteil vom 2. September 2003, der Beklagten zugestellt am 30. September 2003, für die Zeit ab Juli 2003 statt.Mit am 22. Oktober 2003 eingegangenem Schriftsatz beantragte die Beklagte Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung und fügte den nicht unterschriebenen Entwurf einer Berufungsschrift nebst Begründung bei. Am 5. Januar 2004 wurde der Beklagten der Beschluß des Oberlandesgerichts vom 17. Dezember 2003 zugestellt, mit dem ihr Prozeßkostenhilfe für einen eingeschränkten Berufungsantrag bewilligt wurde. Mit am 8. Januar 2004 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz legte die Beklagte Berufung ein, beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und begründete zugleich die (nach Maßgabe der Prozeßkostenhilfebewilligung beschränkte) Berufung, indem sie auf die Gründe des Prozeßkostenhilfe bewilligenden Beschlusses Bezug nahm und weitere Ausführungen machte. Mit Beschluß vom 14. Januar 2004 gewährte das Berufungsgericht die beantragte Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist und wies darauf hin, daß ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist bislang nicht gestellt worden sei. Mit Beschluß vom 26. Januar 2004 verwarf das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig, weil die Frist zur Begründung der Berufung nicht gewahrt sei; sie sei gemäß § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO am 1. Dezember 2003 - zwei Monate nach Zustellung des angefochtenen Urteils - abgelaufen. Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2004 beantragte die Beklagte Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist sowie die Berufungsbegründungsfrist und fügte eine erneute Berufungsbegründung bei. Mit Beschluß vom 26. Februar 2004 wies das Berufungsgericht diesen Wiedereinsetzungsantrag zurück.
Gegen die Beschlüsse vom 26. Januar und 26. Februar 2004 richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO (Verwerfung) bzw. § 238 Abs. 2 ZPO (Wiedereinsetzung ) statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse mit der Folge, daß das Berufungsverfahren fortzusetzen ist.a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wahrte die am 8. Januar 2004 eingereichte Berufungsbegründung die Frist. Insoweit kann dahinstehen , ob für die unbemittelte Partei eine erneute Berufungsbegründungsfrist von zwei Monaten mit Zustellung der Prozeßkostenhilfeentscheidung (hier: 5. Januar 2004) oder von einem Monat mit Zustellung der Entscheidung über die Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist (hier: vom 14. Januar 2004) zu laufen beginnt (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02 - FamRZ 2003, 1462 ff.), da die Berufungsbegründung nach beiden Auffassungen rechtzeitig bei Gericht einging. Das Berufungsgericht hätte die Berufung daher nicht als unzulässig verwerfen dürfen.
b) Aus den gleichen Gründen bedurfte es keiner Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist, da diese nicht versäumt war. Deshalb war auch der Beschluß des Berufungsgerichts vom 26. Februar 2004, dem kein gesonderter Streitwert zukommt, zur Klarstellung aufzuheben. Er erweist sich nicht etwa deshalb als im Ergebnis richtig, weil es der auf Hinweis des Gerichts beantragten Wiedereinsetzung nicht bedurfte; das Berufungsgericht hätte diesen Antrag als gegenstandslos behandeln müssen, statt ihn wegen Anwaltsverschuldens als unbegründet zurückzuweisen.
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In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.