Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juni 2005 - XII ZB 177/03

bei uns veröffentlicht am08.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 177/03
vom
8. Juni 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine als betriebliche Altersversorgung begründete Anwartschaft, die auf eine
Kapitalleistung gerichtet ist, unterliegt nicht dem Versorgungsausgleich. Dies
gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber sich das Recht vorbehalten hat, das Anrecht
zu verrenten, diese Befugnis aber bis zum Ende der Ehezeit nicht ausgeübt
hat (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt Senatsbeschluß
vom 5. Februar 2003 - XII ZB 53/98 - FamRZ 2003, 664).
Der Umstand, daß die Ehegatten den Zugewinnausgleich ausgeschlossen haben
, führt zu keinem anderen Ergebnis.
BGH, Beschluß vom 8. Juni 2005 - XII ZB 177/03 - OLG Stuttgart
AG Ludwigsburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2003 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 5.328 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Einbeziehung einer betrieblichen Altersversorgung in den Versorgungsausgleich. Die am 15. Mai 1987 geschlossene Ehe der Parteien, die durch notarielle Vereinbarung vom 22. August 2000 u.a. Gütertrennung vereinbart und auf etwa entstandene Zugewinnausgleichsansprüche verzichtet hatten, wurde auf den der Ehefrau (Antragsgegnerin) am 7. Oktober 2000 zugestellten Antrag des Ehemannes (Antragsteller) durch Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 20. Juli 2001 geschieden (insoweit rechtskräftig seit 26. Oktober 2001) und der Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1. Mai 1987 bis 30. September 2000; § 1587 Abs. 2 BGB) erwarben die Ehegatten Rentenanwartschaften der gesetzlichen
Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Verfahrensbeteiligte zu 1, BfA), und zwar die am 14. Mai 1956 geborene Ehefrau in Höhe von 257,44 DM und der am 21. März 1960 geborene Ehemann in Höhe von 1.145,44 DM, jeweils monatlich und bezogen auf den 30. September 2000. Der Ehemann hat in der Ehezeit außerdem bei seinem Arbeitgeber, der R. B. GmbH (im folgenden: GmbH), eine unverfallbare Anwartschaft auf ein Versorgungskapital in Höhe von 161.978,00 DM = 82.818,00 € erworben (Basiskonto). Nach den maßgebenden betrieblichen Regelungen stellt die GmbH für Mitarbeiter, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen, jährliche Beiträge zum Basiskonto bereit. Aus diesem Beitrag ergibt sich durch Multiplikation mit einem Altersfaktor ein Versorgungsbaustein. Die Auszahlung der Versorgung erfolgt bei einem Versorgungsguthaben von bis zu 90.000 DM als "Einmalkapital", d.h. als einmalige Zahlung, bei einem höheren Versorgungsguthaben in Raten. Die GmbH behält sich vor, das Versorgungsguthaben ganz oder teilweise zu verrenten, wenn dieses 240.000 DM übersteigt. Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von (1.145,44 - 257,44 = 888,00 : 2 =) 444 DM, monatlich und bezogen auf den 30. September 2000, übertragen hat. Eine Einbeziehung der Anwartschaft bei der GmbH in den Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Ehefrau ihr Begehren weiter, auch die bei der GmbH begründete Anwartschaft in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts handelt es sich bei der Anwartschaft des Ehemannes bei der GmbH um eine betriebliche Altersversorgung , die, weil sie auf eine Kapitalleistung gerichtet sei, nicht im Versorgungsausgleich berücksichtigt werden könne. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Familiengerichts stehe nicht fest, in welcher Form das Versorgungskapital - ob als Kapital oder als Rente - ausgezahlt werde. Insoweit sei kein wesentlicher Unterschied zu den Fällen zu erkennen, in denen für den Arbeitnehmer eine Kapitallebensversicherung oder eine Direktversicherung auf Kapitalbasis mit Rentenwahlrecht abgeschlossen werde; derartige Anwartschaften seien auch dann in den Zugewinnausgleich einzubeziehen, wenn sie auf einer Zusage der betrieblichen Altersversorgung beruhten und das Wahlrecht noch nicht ausgeübt sei. Da das Versorgungsguthaben des Ehemannes unterhalb der Grenze von 240.000 DM liege, erfolge seine Auszahlung als Kapital in Raten; es werde also nicht verrentet. Die Anwartschaft auf dieses Guthaben sei mithin einer Kapitallebensversicherung vergleichbar und unterliege nicht dem Versorgungsausgleich. 2. Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden.
a) Das Oberlandesgericht hat die Anwartschaft des Ehemannes bei der GmbH zu Recht nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen (vgl. für die bei der GmbH begründeten Anrechte auf Versorgungskapital bereits OLG Bamberg FamRZ 2001, 997 und OLG Stuttgart FamRZ 2001, 998). Die Anwartschaft ist auf eine - in Raten zahlbare - Kapitalleistung gerichtet. Ein Anrecht auf Kapitalleistungen fällt aber grundsätzlich nicht in den Versorgungsausgleich, da dessen System auf den Ausgleich wiederkehrender Leistungen zugeschnitten ist
und für den Ausgleich von Kapitalleistungen nicht paßt (BGHZ 88, 386, 395 f.). Dies gilt auch dann, wenn das Anrecht als betriebliche Altersversorgung begründet worden ist (vgl. Senatsbeschluß vom 9. November 1983 - IVb ZB 887/80 - FamRZ 1984, 156, 158 und Senatsurteil vom 17. Juli 2002 - XII ZR 218/00 - FamRZ 2003, 153). Der Umstand, daß der Arbeitgeber möglicherweise später von seiner Befugnis, das Anrecht zu verrenten, Gebrauch macht, falls das bis dahin angesammelte Versorgungskapital 240.000 DM übersteigt, steht nicht entgegen. Bis zum Ende der Ehezeit hat der Arbeitgeber dieses Recht nicht ausgeübt. Eine spätere Ausübung des Verrentungsrechts ändert an dem Charakter des Anrechts zum maßgebenden Ehezeitende nichts; sie führt insbesondere nicht dazu, das Anrecht nachträglich doch noch dem System des Versorgungsausgleichs zu unterwerfen (vgl. Senatsbeschluß vom 5. Februar 2003 - XII ZB 53/98 - FamRZ 2003, 664). Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, beitragsorientierte Versorgungen unterfielen, auch soweit sie als Kapitalleistungen ausgezahlt würden , dem Versorgungsausgleich, teilt der Senat diese Meinung nicht. Sie übersieht , daß die §§ 1587, 1587 a BGB - auch nach der teilweisen Neuregelung durch das Altersvermögensgesetz (vom 26. Juni 2001 BGBl. I S. 3610) - unverändert nur Rentenleistungen als versorgungsausgleichspflichtig ansehen und das Gesetz derzeit für Kapitalleistungen keine Ausgleichsform zur Verfügung stellt (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 Rdn. 26; zum Wortlaut des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB vgl. Senatsbeschluß vom 9. November 1983 aaO).
b) Etwas anderes ergibt sich für den vorliegenden Fall auch nicht daraus, daß die Parteien Gütertrennung mit der Folge vereinbart haben, daß ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet und damit auch ein Ausgleich des Anrechts auf das Versorgungskapital nicht möglich ist. Zwar mag es nicht voll befriedigend
erscheinen, die Frage, ob und in welcher Weise ein Ausgleich der Anwartschaft auf das Versorgungskapital stattfindet, unter formaler Anknüpfung an die primär vereinbarte Form der Leistung zu beantworten. Die Rechtsstellung des Ehegatten des Inhabers einer Versorgungsanwartschaft weist, wie der Senat dargelegt hat, je nachdem, ob ein Ausgleich nach Maßgabe des Güterrechts oder aber ein Versorgungsausgleich stattfindet, erhebliche Unterschiede auf. Diese Unterschiede sind jedoch in der unterschiedlichen Ausgestaltung des güterrechtlichen Vermögensausgleichs einerseits und des Versorgungsausgleichs andererseits begründet und müssen hingenommen werden (Senatsbeschluß vom 9. November 1983 aaO). Dies gilt auch und gerade in Fällen der vorliegenden Art, in denen ein Zugewinnausgleich und damit auch eine Ausgleichung von Anrechten auf Kapitalleistungen nicht in Betracht kommt, weil die Parteien den Zugewinnausgleich vertraglich ausgeschlossen haben. Hier beruht der Nachteil, der mit der Zuordnung des Anrechts zum Zugewinnausgleich einhergeht und dieses ausgleichsfrei stellt, auf der Willensentschließung der Parteien, die vor dem Abschluß ihrer güterrechtlichen Vereinbarung vom beurkundenden Notar über die Rechtsfolgen belehrt und - im vorliegenden Fall - bei der Vorbereitung dieser Vereinbarung sogar anwaltlich beraten worden sind. Ob der vereinbarte Ausschluß des Zugewinnausgleichs einer richterlichen Inhaltskontrolle nicht standhält oder mit Willensmängeln behaftet ist, kann dahinstehen. Etwaige
Mängel könnten nämlich allenfalls auf den güterrechtlichen Ausgleich der Parteien von Einfluß sein, nicht aber dazu führen, daß der hier allein zur Entscheidung stehende Versorgungsausgleich (auch) auf das Anrecht des Ehemannes auf das Altersvorsorgekapital erstreckt wird.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

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Nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes findet zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten statt, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 218/00 Verkündet am:
17. Juli 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 8. Juni 2000 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zugewinnausgleich. Die am 4. August 1984 (nicht: 1994) geschlossene Ehe der Parteien ist auf den am 19. September 1996 zugestellten Scheidungsantrag durch Scheidungsverbundurteil vom 25. Mai 1998, rechtskräftig seit dem 13. Oktober 1998, geschieden. Das Amtsgericht hat dem Kläger einen Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 5.792,01 DM zuerkannt. Es hat das Endvermögen des Klägers mit 251.692,26 DM bemessen. Dabei hat es ein dem Kläger von seinem Arbeitgeber zugesagtes unverfallbares Anrecht auf ein "Alterskapital" in Höhe von
189.552 DM , das zum 3. September 2020 zahlbar ist, mit einem stichtagsbezogenen Wert von 37.800 DM in Ansatz gebracht. Von dem so ermittelten End- vermögen hat es das zuvor um den Kaufkraftschwund bereinigte Anfangsvermögen von 108.480 DM in Abzug gebracht. Dem sich danach ergebenden Zugewinn des Klägers in Höhe von (251.692,26 - 108.480 =) 143.212,26 DM hat es einen Zugewinn der Beklagten von 154.796,28 DM gegenübergestellt. Die Hälfte des sich zugunsten der Beklagten ergebenden Zugewinn-Überschusses von (154.796,28 - 143.212,26 =) 11.584,02 DM ergibt den zugunsten des Klägers ausgeurteilten Betrag von 5.792,01 DM. Die von der Beklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision, mit der sie ihr Klagabweisungsbegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg. 1. Das Oberlandesgericht geht zu Recht davon aus, daß das in der Ehe erworbene unverfallbare Anrecht des Klägers auf den ihm von seinem Arbeitgeber als "Alterskapital" zugesagten Einmalbetrag dem Zugewinnausgleich unterliegt. Ein solches Anrecht auf Kapitalleistungen unterfällt grundsätzlich nicht dem Versorgungsausgleich, da dessen System auf den Ausgleich wiederkehrender Versorgungsleistungen zugeschnitten ist und auf den Ausgleich von Kapitalleistungen nicht paßt (BGHZ 88, 387, 395 f.; 117, 70, 76). 2. Für die Bemessung des Wertes dieses Anrechts zum Stichtag (§ 1384 BGB, hier: 19. September 1996) will das Oberlandesgericht der erst späteren
Fälligkeit durch eine Abzinsung Rechnung tragen, für die es einen Zinsfuß von 4 % veranschlagt und aufgrund derer es einen (abgezinsten) Stichtagswert von 73.948 DM errechnet. Wegen der Ungewißheit, ob der Kläger den Leistungsfall erleben oder ein sonstiger (Witwen- oder Waisen-) Versorgungsfall eintreten werde, sei ein weiterer Abschlag vorzunehmen, der jedenfalls unter der Hälfte des so ermittelten (Stichtags-) Wertes des Anrechts liege. Der höchste in Betracht kommende Wert des Anrechts betrage danach - bei einem Abschlag von 45 % - 40.671 DM und liege damit deutlich über dem vom Amtsgericht angesetzten Wert von 37.800 DM, so daß der Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers jedenfalls in der vom Amtsgericht zuerkannten Höhe von 5.792,01 DM bestehe; ob der Anspruch noch höher sei, bedürfe keiner Entscheidung, da nur die Beklagte das amtsgerichtliche Urteil mit der Berufung angegriffen habe. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie verkennen den Saldierungsmechanismus des Zugewinnausgleichs: Je höher der Wert eines vom ausgleichsberechtigten Ehegatten (hier: vom klagenden Ehemann) in der Ehe erworbenen Vermögensgegenstandes bemessen wird, desto höher ist naturgemäß der Zugewinn dieses Ehegatten. In dem Maße, in dem der Zugewinn des ausgleichsberechtigten Ehegatten steigt, sinkt aber der von dem ausgleichspflichtigen Ehegatten (hier: von der beklagten Ehefrau) erzielte Zugewinnüberschuß und damit der auf hälftige Teilhabe an diesem Überschuß gerichtete Ausgleichsanspruch des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Würde daher der stichtagsbezogene Wert des dem Kläger von seinem Arbeitgeber zugesagten Anrechts auf Alterskapital nicht - wie vom Amtsgericht veranschlagt - 37.800 DM, sondern - wie vom Oberlandesgericht als möglicher Maximalwert unterstellt - 40.671 DM betragen, so würde sich der Zugewinn des Klägers auf (Endvermögen 254.563,26 DM - bereinigtes Anfangsvermögen 108.480,00 DM =) 146.083,26 DM belaufen; der sich bei der Beklagten ergebende Zugewinnüberschuß betrüge (154.796,28 - 146.083,26 =) 8.713,02 DM
und der Zugewinnausgleichsanpruch des Klägers folglich nicht, wie zuerkannt, 5.792,01 DM, sondern nur 4.356,51 DM. 3. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden. Die Bewertung der im Zugewinnausgleich zu berücksichtigenden Vermögensgegenstände obliegt dem Tatrichter. Das Oberlandesgericht hat das dem Kläger von dessen Arbeitgeber zugesagte Anrecht auf ein Alterskapital jedoch nicht wertmäßig beziffert, sondern sich darauf beschränkt, insoweit einen "höchsten ... in Betracht kommenden Wert" zu benennen. Außerdem hat sich das Oberlandesgericht bei der materiell-rechtlichen Prüfung des erstinstanzlichen Urteils ausschließlich mit der Behandlung dieses Anrechts befaßt. Das ist auch dann nicht richtig, wenn man mit dem Oberlandesgericht davon ausgeht, daß die Berufungsbegründung der Beklagten - entgegen § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. - nicht hinreichend klar erkennen läßt, in welchen Punkten und mit welchen Argumenten die Berufungsklägerin die Ausführungen des Erstrichters zu anderen Vermögenspositionen des Klägers bekämpft. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich beruht auf einer Saldierung verschiedener, von den Ehegatten in der Ehe erworbener Vermögenspositionen. Er bildet als einheitlicher Anspruch einen jedenfalls im Grundsatz (vgl. BGHZ 107, 236, 243) unteilbaren Streitgegenstand, der dem Berufungsgericht deshalb nur insgesamt anfallen kann und das Berufungsgericht zwingt, die Berechnung des Zugewinnausgleichs durch das Familiengericht in Ansehung aller Vermögensgegenstände, die bei der Saldierung berücksichtigt worden sind oder zu berücksichtigen waren, zu überprüfen. Die Sache war deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es die gebotene Wertfeststellung hinsichtlich des Anrechts auf "Alterskapital" nachholt und das erstinstanzliche Urteil auch in Ansehung der übrigen Vermögenswerte, insbesondere auch der bei der Allianz Lebensversicherungs-AG begründeten Anrechte, überprüft.
4. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin: Wird - wie im Fall des hier in Frage stehenden Anrechts auf Alterskapital - die Art und Weise der Bewertung eines Vermögensgegenstandes vom Gesetz nicht geregelt, ist es Aufgabe des Tatrichters, im Einzelfall eine geeignete Bewertungsart sachverhaltsspezifisch auszuwählen und anzuwenden. In der Sache handelt es sich um eine Schätzung im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO (BGHZ 130, 298, 303). Diese tatrichterliche Wertschätzung kann nach allgemeinen Grundsätzen nur daraufhin überprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht. Voraussetzung einer solchen revisionsrechtlichen Überprüfung ist allerdings, daß der Tatrichter die für seine Schätzung maßgebenden Bewertungsgrundlagen offenlegt. Diesem Erfordernis wird das angefochtene Urteil nicht uneingeschränkt gerecht:
a) Das Oberlandesgericht bringt das Anrecht des Klägers auf Alterskapital mit seinem durch Abzinsung ermittelten Wert zu dem für die Ermittlung des Endvermögens maßgebenden Bewertungsstichtag in Ansatz. Es geht dabei von der allgemeinen Überlegung aus, daß eine erst in der Zukunft fällig werdende Forderung einen geringeren wirtschaftlichen Wert hat als eine bereits fällige. Das müsse auch im Recht des Zugewinnausgleichs gelten. Dieser Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; er entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 117 a.a.O., 80). Der - rechnerisch korrekten - Abzinsung legt das Oberlandesgericht einen Zinsfuß in Höhe von 4 % zugrunde. In den Gründen der angefochtenen Entscheidung wird allerdings nicht näher erläutert, anhand welcher Kriterien und aufgrund welcher Erkenntnisse ein Zinsfuß gerade in dieser Höhe reali-
stisch erscheint. Das Oberlandesgericht beschränkt sich insoweit auf den Hinweis , daß ein Zinsfuß in Höhe von 4% auch von der Beklagten für angemessen gehalten werde. Hiergegen ist jedoch schon deshalb nichts einzuwenden, weil jeder höhere Zinsfuß zu einer stärkeren Abzinsung, zu einem niederen Anrechtswert und damit zu einem höheren Ausgleichsanspruch des Klägers führt, der - wegen des Verbots der reformatio in peius - zu Lasten der Beklagten und Rechtsmittelführerin nicht zugrunde gelegt werden kann.
b) Das Oberlandesgericht hält wegen der Ungewißheit, ob und in welcher Form ein Versorgungsfall eintritt, einen weiteren Abschlag für angezeigt. Dieser Abschlag soll jedenfalls unter der Hälfte des abgezinsten Wertes des Anrechts (73.948 DM) liegen und dazu führen, daß sich der Wert des Anrechts bei einem Abschlag von 45 % auf höchstens 40.671 DM beläuft. Der Abschlag müßte, folgt man dem Oberlandesgericht, danach einerseits mindestens 45 % betragen , dürfte andererseits aber 50 % nicht erreichen. Dagegen bestehen Bedenken. Richtig ist, daß die Ungewißheit, ob der im Anrecht des Klägers verkörperte Vermögenswert diesem oder seinen Rechtsnachfolgern einmal zufallen wird, bei der Bewertung des Anrechts berücksichtigt werden muß (BGHZ 117 a.a.O., 81; 118, 242, 250). Die Gründe der angefochtenen Entscheidung lassen allerdings nicht erkennen, auf welcher methodischen Grundlage die tatrichterliche Bewertung des Erlebensrisikos beruht. Der Senat hat mehrfach Faktoren benannt, die in eine Bewertung des Überlebensrisikos Eingang finden können und diese - auch für das Revisionsgericht - nachvollziehbar werden lassen. So ist vorstellbar, die Erlebenswahrscheinlichkeit des Anrechtsinhabers etwa durch das Verhältnis der Erlebensquoten zu erfassen, die für den Anrechtsinhaber bei Eintritt des (Alters-) Versorgungsfalles einerseits und zum Bewertungsstichtag andererseits gelten (dazu Heubeck, Richttafeln 1998, vgl. dort S. 45 "Ausschei-
deordnung Männer"). Als Anhalt für den Betrag, mit dem die Ungewißheit bei der Bewertung zu berücksichtigen ist, kommen auch die Kosten einer Risikolebensversicherung in Betracht, die der Anrechtsinhaber für die Zeit bis zum Eintritt des Erlebensfalles abschließen kann, um das Risiko des vorzeitigen Todesfalles zu decken und sicherzustellen, daß die Verminderung des Zugewinnausgleichsbetrages infolge der Einbeziehung des aufschiebend bedingten Anrechts durch die Versicherungsleistung aus der Risikoversicherung gedeckt ist, wenn die Bedingung nicht eintritt (BGHZ 118 a.a.O. 251). Es ist nicht ersichtlich , ob das Oberlandesgericht bei seiner Bewertung einen dieser Wege beschritten hat; es ist auch nicht erkennbar, wie sich bei Heranziehung dieser Bewertungshilfen die - mit einem Abschlag zwischen 45 % und 50 % einschneidende - Berücksichtigung des Erlebensrisikos durch das Oberlandesgericht erklären läßt.
c) Der Senat verkennt nicht die Schwierigkeiten, die sich dem Tatrichter bei der stichtagsbezogenen Bewertung von Anrechten entgegenstellen, die - wie hier das Recht auf Alterskapital - auf künftige Leistungen gerichtet sind und deren Verwirklichung ganz oder teilweise an den Erlebensfall gebunden ist. Er hat deshalb bereits auf die - naheliegende - Möglichkeit verwiesen, sich bei der Bewertung solcher Anrechte sachverständigen Rates zu versichern (vgl. etwa BGHZ 130 a.a.O., 303). Vielfach wird erst eine solche Beratung den Tatrichter in die Lage versetzen, den für die jeweilige Wertbemessung "richtigen"
Abzinsungsfaktor zu ermitteln und nach versicherungsmathematischen Grund- sätzen etwaige weitere Abschläge vorzunehmen. Die Zurückverweisung gibt Gelegenheit, diese Möglichkeit zu nutzen.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Bundesrichter Fuchs ist urlaubsbedingt verhindert, zu unterschreiben. Hahne Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 53/98
vom
5. Februar 2003
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Zum Ausgleich von Anrechten aus einem Renten-Lebensversicherungsvertrag mit
Kapitalwahlrecht, wenn der Berechtigte sein Wahlrecht erst nach der Rechtshängigkeit
des Scheidungsantrags ausübt.
BGH, Beschluß vom 5. Februar 2003 - XII ZB 53/98 - OLG Hamm
AG Unna
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Februar 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

beschlossen:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 10. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. März 1998 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 511,29

Gründe:


I.

Die am 20. August 1965 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den dem Ehemann (Antragsgegner) am 18. Dezember 1991 zugestellten Antrag durch Verbundurteil vom 22. Januar 1993 geschieden (insoweit rechtskräftig seit 3. Juli 1993) und der Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1. August 1965 bis 30. November 1991; § 1587 Abs. 2 BGB) erwarben die Ehegatten jeweils Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar die am 12. Dezember 1942 geborene Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Westfalen (weitere Beteiligte zu 2., LVA) in Höhe von 148, 21 DM und der am 17. Februar 1938 geborene Antragsgegner bei der Bundesknappschaft (weitere Beteiligte zu 1.) in Höhe von
716,77 DM, jeweils monatlich und bezogen auf den 30. November 1991. Daneben ist für den Ehemann eine Rentenanwartschaft mit Kapitalwahlrecht aus einem Lebensversicherungsvertrag bei der V. LebensversicherungsAG (weitere Beteiligte zu 3.) festgestellt. Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es Rentenanwartschaften des Ehemannes bei der Bundesknappschaft in Höhe von 284,28 DM, monatlich und bezogen auf den 30. November 1991, auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA übertragen hat. Außerdem hat es zu Lasten der Rentenanwartschaft des Ehemannes bei der V. Lebensversicherungs -AG auf einem bei dieser einzurichtenden Konto eine Rentenanwartschaft in Höhe von 85,52 DM, monatlich und bezogen auf den 30. November 1991, begründet. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Ehemannes, mit der er u. a. den Ausgleich seiner Anwartschaft bei der V. Lebensversicherungs-AG beanstandet hat, zurückgewiesen. Auf die dagegen gerichtete weitere Beschwerde hat der Senat mit Beschluß vom 2. Oktober 1996 den angefochtenen Beschluß aufgehoben und die Sache zu neuer Behandlung und Entscheidung zurückverwiesen, weil das Beschwerdegericht die Realteilung durchgeführt habe, ohne der Frage nachzugehen, ob und in welcher Weise die V. Lebensversicherungs-AG für die Realteilung der bei ihr bestehenden Anrechte ein bestimmtes Teilungsverfahren vorgeschrieben habe. Mit einem an die V. Lebensversicherungs-AG gerichteten Schreiben vom 21. Januar (richtig:) 1998 hat der Ehemann sein Wahlrecht ausgeübt und die Auszahlung des Kapitals bei Fälligkeit beansprucht. Das Oberlandesgericht hat daraufhin die vom Amtsgericht getroffene Regelung des Versorgungsausgleichs teilweise dahin abgeändert, daß die Realteilung der Rentenanwart-
schaft des Ehemannes bei der V. Lebensversicherungs-AG ersatzlos entfällt. Hiergegen richtet sich die zugelassene weitere Beschwerde der Ehefrau.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts unterliegt die Anwartschaft des Ehemannes aus dem Lebensversicherungsvertrag mit der V. Lebensversicherungs -AG nicht mehr dem Versorgungsausgleich, nachdem der Ehemann sein Kapitalwahlrecht ausgeübt habe. Der Umstand, daß die Option erst nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags wahrgenommen worden sei, ändere daran nichts. Diese Ansicht ist frei von Rechtsirrtum. Für den Ausgleich von Lebensversicherungen, die dem Berechtigten für den Versicherungsfall die Wahl zwischen einer Kapital- und einer Rentenleistung eröffnen, ist nach der Rechtsprechung des Senats zu unterscheiden: Ein Anrecht aus einer Kapitallebensversicherung mit Rentenwahlrecht unterliegt dem Versorgungsausgleich, wenn das Wahlrecht bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ausgeübt und das Anrecht aus dem Versicherungsvertrag damit vor diesem Stichtag zu einen Rentenanrecht wird (BGHZ 88, 386, 393; Senatsurteil vom 15. Januar 1992 - XII ZR 247/90 - FamRZ 1992, 411, 412; Senatsbeschluß vom 13. Januar 1993 - XII ZB 75/89 - FamRZ 1993, 684, 685; zur Maßgeblichkeit des Rechtshängigkeitszeitpunkts auch für den Versorgungsausgleich: BGHZ aaO). Umgekehrt bleibt ein solches Anrecht dem Zugewinnausgleich unterworfen, wenn der Berechtigte erst nach dem genann-
ten Stichtag von seinem Wahlrecht Gebrauch macht (Senatsurteil vom 15. Januar 1992 aaO): Die Fortgeltung des Zugewinnausgleichs bereitet keine Probleme; das Anrecht kann ohne weiteres mit seinem sich aus der vereinbarten Kapitalleistung ergebenden und auf den Stichtag bezogenen Wert in das Endvermögen des Anrechtsinhabers eingestellt werden. Ein Anrecht aus einer Rentenlebensversicherung mit Kapitalwahlrecht, wie es hier vorliegt, unterfällt dem Zugewinn- und nicht dem Versorgungsausgleich, wenn das Wahlrecht bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ausgeübt und das Anrecht aus dem Versicherungsvertrag damit vor diesem Stichtag zu einem Kapitalanrecht wird (Senatsbeschluß vom 10. Februar 1993 - XII ZB 80/88 - FamRZ 1993, 793, 794). Fraglich ist indes, ob sich auch dieser Satz umkehren läßt, ein Anrecht aus einer Rentenlebensversicherung mit Kapitalwahlrecht also nicht dem Zugewinn-, sondern weiterhin dem Versorgungsausgleich unterliegt, wenn das Kapitalwahlrecht erst nach der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ausgeübt und die Versicherung somit erst nach diesem Stichtag in eine Kapitallebensversicherung umgewandelt wird. Diese Frage ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles erheblich. Der Ehemann hat das ihm versicherungsvertraglich eingeräumte Wahlrecht zwar erst nach der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ausgeübt. Gründe , die der Wirksamkeit der Wahlrechtsausübung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. § 10 d VAHRG hindert die Ausübung des Wahlrechts schon seinem Wortlaut nach nicht. Auch begründet die Vorschrift kein - über ihren Wortlaut hinausgehendes - relatives Verfügungsverbot (Senatsbeschluß vom 19. Oktober 1994 - XII ZB 158/93 - FamRZ 1995, 31, 32), das der Wahlrechtsausübung entgegenstehen könnte, wenn man diese als eine Verfügung über das Versicherungsanrecht ansehen wollte. Dahinstehen kann dabei, ob der Ehemann gegenüber seiner Ehefrau gegen Treu und Glauben verstoßen hat, weil er sein Versicherungsanrecht mit seiner Wahlrechtsausübung mögli-
cherweise dem Versorgungsausgleich und damit hier zugleich dem Zugriff der Ehefrau entzogen hat. Denn ein solcher Verstoß beträfe nur das Innenverhältnis zwischen den Parteien, ließe aber die Wirksamkeit der Wahlrechtsausübung im Verhältnis des Ehemannes zur V. Lebensversicherungs-AG unberührt. Aufgrund des wirksam ausgeübten Kapitalwahlrechts hat sich die Rentenlebensversicherung somit nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags in eine auf Kapitalleistung gerichtete Versorgung umgewandelt. Die danach maßgebende Frage, ob das ursprünglich auf Rentenleistung gerichtete Versicherungsanrecht trotz der erst nach dem Stichtag erfolgten Umwandlung weiterhin dem Versorgungsausgleich unterliegt, hat der Senat bislang nicht entschieden (vgl. aber - nicht tragend - Senatsbeschluß vom 10. Februar 1993 aaO). Sie wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet (gegen die fortdauernde Einbeziehung in den Versorgungsausgleich OLG Hamburg FamRZ 1987, 721; Schwab/Hahne, Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. VI 25; Rolland/Wagenitz, Familienrechtskommentar § 1587 Rdn. 20, 54; MünchKomm/Dörr, BGB 4. Aufl. § 1587 Rdn. 13 mit Fn. 31; Soergel /Lipp, BGB 13. Aufl. § 1587 Rdn. 29; Familiengerichtsbarkeit/Wick § 10 a VAHRG Rdn. 37; für die fortdauernde Einbeziehung in den Versorgungsausgleich OLG Celle FamRZ 1999, 1200 [noch nicht rechtskräftig]; MünchKomm /Glockner BGB 4. Aufl. § 1587 a Rdn. 437; Glockner/Übelhack Die betriebliche Altersversorgung im Versorgungsausgleich, S. 169; beschränkt auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auch OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 674; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1208). Der Senat folgt der ersten Auffassung. Wie der Senat bereits wiederholt dargelegt hat, können nur im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich noch vorhandene Anrechte in den Versorgungsausgleich einbezogen werden. Der Versorgungsausgleich
kann deshalb solche Rentenanrechte nicht erfassen, die bereits vor der Ent- scheidung über den Versorgungsausgleich erloschen sind, mag das Erlöschen - etwa durch Beitragserstattung - auch erst nach dem Ende der Ehezeit eingetreten sein (Senatsbeschlüsse vom 18. September 1991 - XII ZB 92/89 - FamRZ 1992, 45, 46 und vom 19. Oktober 1994 aaO). Für den hier vorliegenden Fall kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Zwar ist die Rechtsposition des Ehemannes aus dem mit der V. Lebensversicherungs-AG geschlossenen Versicherungsvertrag durch das vom Ehemann ausgeübte Kapitalwahlrecht nicht ersatzlos untergegangen. Es hat sich vielmehr in ein Anrecht auf Zahlung des vereinbarten Kapitals verwandelt. Dieses Anrecht unterliegt, weil auf Kapitalleistung gerichtet, jedoch nicht dem Versorgungsausgleich (etwa BGHZ 88 aaO). Der Ausschluß eines solchen umgewandelten und nunmehr auf Kapitalleistung gerichteten Anrechts aus dem Versorgungsausgleich erklärt sich dabei nicht schon aus der notwendigen Abgrenzung zum Zugewinnausgleich; eine solche Abgrenzung könnte, wie der Senat es auch für den umgekehrten Fall des Ausgleichs von Kapitalversicherungen mit Rentenwahlrecht als richtig befunden hat (BGHZ aaO; Senatsurteil vom 15. Januar 1992 aaO; Senatsbeschluß vom 13. Januar 1993 aaO), nämlich auch nach der Erscheinungsform des Anrechts im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags erfolgen mit der Konsequenz, daß ein zum Stichtag dem Versorgungsausgleich unterliegendes Anrecht unabhängig von einer künftigen Wahlrechtsausübung weiterhin nach Maßgabe der §§ 1587 ff. BGB auszugleichen wäre. Entscheidend ist vielmehr, daß der Versorgungsausgleich - jedenfalls in seiner Ausformung durch das geltende Recht - auf den Ausgleich von Rentenanrechten zugeschnitten ist und für den Ausgleich von Kapitalforderungen keine geeigneten Ausgleichsmechanismen zur Verfügung stellt (BGHZ aaO 397). Das belegt auch der vorliegende Fall. Anrechte, die - wie die bei der V. Lebensversicherungs -AG begründete Anwartschaft - nicht nach § 1587 b Abs. 1, 2 BGB
ausgeglichen werden können, sind vorrangig im Wege der Realteilung auszugleichen , falls die für das Anrecht maßgebende Regelung dies vorsieht (§ 1 Abs. 2 VAHRG). Die V. Lebensversicherungs-AG eröffnet ausweislich des bei den Akten befindlichen Geschäftsplans die Realteilung aber nur für Rentenversicherungen. Das bei der V. Lebensversicherungs-AG bestehende Anrecht könnte, soweit nicht ein erweiterter öffentlich-rechtlicher Ausgleich nach § 3 b VAHRG in Betracht käme, deshalb nur schuldrechtlich ausgeglichen werden. Die Vorschriften über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich setzen jedoch ebenso wie auch § 3 b VAHRG voraus, daß das auszugleichende Anrecht auf Rentenleistung gerichtet ist: § 1587 g BGB verlangt einen Vergleich der vom ausgleichsberechtigten und vom ausgleichsverpflichteten Ehegatten bezogenen Monatsrente und gewährt dem ausgleichsberechtigten Ehegatten einen Anspruch auf eine Geldrente in Höhe der Hälfte des übersteigenden Betrags; für den Mechanismus des § 3 b VAHRG gilt im Grundsatz nichts anderes. Der Vorschlag, dem ausgleichsberechtigten Ehegatten statt dessen einen der hälftigen Wertdifferenz der beiderseitigen Anrechte entsprechenden Anteil an der Kapitalleistung zuzuerkennen (Glockner/Übelhack aaO), mag de lege ferenda diskussionswürdig sein; im geltenden Recht findet er keine Grundlage. Der Senat verkennt nicht, daß seine Auffassung den einen Ehegatten benachteiligen kann, wenn der andere Ehegatte nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags von seinem Kapitalwahlrecht Gebrauch macht und damit das bis dahin dem Versorgungsausgleich unterliegende Anrecht dem Versorgungsausgleich entzieht. Einer solchen Benachteiligung kann dadurch vorgebeugt werden, daß rechtzeitig vor Ausübung des Wahlrechts die Realteilung durchgeführt und das Wahlrecht des ursprünglichen Anrechtsinhabers damit auf den ihm verbleibenden Anteil beschränkt oder das Versicherungsanrecht, falls nicht real teilbar, nach § 1587 l BGB durch eine Abfindung ausgeglichen wird. Beide Möglichkeiten helfen freilich nicht weiter, wenn der Anrechtsinhaber von
seinem Kapitalwahlrecht zwar erst nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags , aber noch vor der Durchführung der Realteilung oder Zuerkennung einer Abfindung Gebrauch macht. In einem solchen Fall wird allerdings zu erwägen sein, das nicht länger dem Versorgungsausgleich unterliegende Anrecht im Wege des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen. Die in der Rechtsprechung des Senats gefundene Abgrenzung beider Institute steht einer solchen Berücksichtigung nicht entgegen. Denn sie will nur eine praktikable Zuordnung zur einen oder anderen Ausgleichsform sicherstellen, es aber nicht ermöglichen, daß in der Ehe erworbene Anrechte aufgrund besonderer vertraglicher Gestaltung materiell von jedem Ausgleich ausgenommen bleiben. Auch das Stichtagsprinzip des § 1384 BGB hindert eine Einbeziehung eines solchen Anrechts in den Zugewinnausgleich nicht: Das Anrecht ist als wirtschaftlicher Wert bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags im Endvermögen des Anrechtsinhabers vorhanden; der bloße Wechsel der Anrechtsform schließt es nicht aus, das Anrecht mit eben diesem Wert in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen. Auch dieser Ausweg ist freilich versperrt, wenn vor der Ausübung des Wahlrechts über den Zugewinnausgleich bereits rechtskräftig entschieden oder - wie offenbar im vorliegenden Fall - von den Ehegatten eine bestandskräftige Vereinbarung geschlossen worden ist. Soweit ein Ehegatte in der Ehe ein Rentenanrecht mit Kapitalwahlrecht erworben hat, werden deshalb anwaltliche Beratung und - im Rahmen ihrer verfahrensrechtlichen Möglichkeiten - auch die Instanzgerichte auf einen Gleichlauf von Zugewinn- und Versorgungsausgleich Bedacht zu nehmen haben, um einem manipulativen Wechsel zwischen beiden Instituten zu begegnen. Verbleibende Risiken dürfen angesichts der begrenzten Häufigkeit von Rentenanrechten mit Kapitalwahlrecht (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 3. Aufl. § 1587 a BGB Rdn. 224) quantitativ nicht überschätzt werden und können - jedenfalls durch Richterrecht - nicht völlig ausgeschlossen werden.
2. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegt in der Ausübung des Kapitalwahlrechts kein treuwidriges Verhalten des Ehemannes gegenüber der Ehefrau, das es rechtfertigen könnte, den Versorgungsausgleich in Ansehung seines Anrechts bei der V. Lebensversicherungs-AG dennoch durchzuführen. Es sei davon auszugehen, daß der Ehemann von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht habe, um den Nachteil auszugleichen, der ihm dadurch entstanden sei, daß eine für die Ehefrau bei der B. Lebensversicherung a.G. bestehende Kapitallebensversicherung bei der von den Parteien getroffenen Vereinbarung über die Ausgleichung des Zugewinns unberücksichtigt geblieben sei, weil die Ehefrau dieses Anrecht unzutreffend als Rentenanrecht deklariert habe. Es kann dahinstehen, ob die Würdigung des Oberlandesgerichts, daß eine solche Nachteilsausgleichung keinen Verstoß gegen § 242 BGB begründe, zutrifft. Auch wenn nämlich in der Ausübung des Kapitalwahlrechts ein treuwidriges Verhalten des Ehemannes gegenüber der Ehefrau läge, wäre es dennoch
nicht möglich, den Versorgungsausgleich in Ansehung seines Anrechts bei der V. Lebensversicherungs-AG durchzuführen. Denn insoweit fehlt es - wie ausgeführt - an geeigneten Ausgleichsformen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt