Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Dez. 2003 - X ZB 2/03

bei uns veröffentlicht am09.12.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 2/03
vom
9. Dezember 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Patent 196 46 115
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin Mühlens und die Rich-
ter Dr. Meier-Beck und Asendorf
am 9. Dezember 2003

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 7. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 20. November 2002 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 50.000,-- festgesetzt.

Gründe:


1. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des deutschen Patents 196 46 115, dessen Erteilung am 25. Mai 2000 veröffentlicht worden ist. Das Patent betrifft die Verwendung von Temperiereinrichtungen zur Temperierung eines Temperierblocks.
Der einzige Patentanspruch hat folgenden Wortlaut:
"Verwendung von Temperiereinrichtungen zur Temperierung eines Temperierblockes für Laborthermostate mit Aufnahmen an einer Aufnahmeseite für die Aufnahme der mit Probeflüssigkeit gefüllten Bereiche von Behältern in großflächigem Kontakt, mit wenigstens zwei den Temperierblock wärmeleitend kontaktierenden Temperiereinrichtungen , wobei die Temperiereinrichtungen mit aneinandergrenzenden Feldern einer der Aufnahmeseite gegenüberliegenden Kontaktierseite des Temperierblockes mit Ausnahme von Zwischenräumen im Bereich der Feldgrenzen über die gesamte Fläche des Temperierblockes in großflächigem Kontakt stehen, und wobei wenigstens zwei Temperiereinrichtungen Aufnahme (lies Aufnahmen ) gegenüberliegen, zur Erzeugung eines Temperaturgradienten zwischen unterschiedlichen Stellen des Temperierblockes, wobei die Temperiereinrichtungen auf unterschiedliche Temperaturen eingestellt werden und wobei sich über die Temperiereinrichtungen hinweg der Temperaturgradient im Temperierblock einstellt."
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluß vom 19. Oktober 2001 das Patent nach Prüfung von Einsprüchen in vollem Umfang aufrechterhalten. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Rechtsbeschwerdegegne-
rinnen hat das Bundespatentgericht den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben und das Patent, auch soweit es mit Hilfsanträgen verteidigt wurde, widerrufen. Hiergegen richtet sich die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde.
2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig. Die Rechtsbeschwerdeführerin macht mit ihr einen Begründungsmangel im Sinne von § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG geltend und beruft sich weiter darauf, daß ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG, Art. 103 Abs. 1 GG).
3. a) Wie die Rechtsbeschwerde mit Recht geltend macht, kann nach der Rechtsprechung des Senats ein Begründungsmangel auch bei vorhandener Begründung dann vorliegen, wenn diese unverständlich, widersprüchlich oder verworren ist (st. Rspr., u.a. BGHZ 39, 333 - Warmpressen; Sen.Beschl. v. 31.12.1991 - X ZB 5/91, GRUR 1992, 159 - Crackkatalysator II; Sen.Beschl. v. 14.05.1996 - X ZB 4/95, GRUR 1996, 753 - Informationssignal). Ein solcher Mangel liegt jedoch nicht vor.

b) Das Bundespatentgericht hat das Patent widerrufen, weil die Verwendung von Temperiereinrichtungen zur Temperierung eines Temperierblocks für Laborthermostate gemäß dem einzigen Patentanspruch nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit sei. In der deutschen Offenlegungsschrift 31 22 008 werde ein Thermostat zum Temperieren von Probengut beschrieben und dargestellt, der Aufnahmen an einer Aufnahmenseite aufweise, welche in großflächigem Kontakt mit wenigstens zwei den Temperierblock wärmeleitend kontaktierenden Temperiereinrichtungen stünden. Die Temperiereinrichtungen
stünden mit aneinander grenzenden Feldern auf der Kontaktierseite des Temperierblockes über die gesamte Fläche des Temperierblockes mit diesem in großflächigem Kontakt. Bei dieser bekannten Vorrichtung würden die Felder so temperiert, daß eine im wesentlichen konstante Temperaturverteilung über den Temperierblock entstehe. Die US-Patentschrift 5 525 300 beschreibe einen Temperierblock zum Temperieren von Probengut, bei dem die Temperiereinrichtung in großflächigem Kontakt mit den Aufnahmen stehe. Um einen Temperaturgradienten über den Temperierblock zu erzeugen, sei an einer Seite des Temperierblocks eine Temperiereinrichtung zur Heizung, auf der anderen Seite eine Vorrichtung zur Kühlung angeordnet. Es sei zudem in dieser Schrift angegeben , daß für die Temperiereinrichtung Peltierelemente verwendet werden könnten. Der Fachmann, ein Ingenieur auf dem Gebiet der chemischphysikalischen Laborgeräte, insbesondere Temperiereinrichtungen für PCRProzesse , wisse aufgrund seiner Fachkenntnisse, daß Peltierelemente flächige Temperierelemente seien, die sinnvollerweise auf Flächen aufgebracht würden. Wolle er diese Peltierelemente zur Erzeugung eines Temperaturgradienten verwenden, so werde er sie in den Randbereichen unterhalb der Aufnahmen anordnen. Da bei der aus der deutschen Offenlegungsschrift bekannten Temperiereinrichtung auch Peltierelemente zum Temperieren verwendet würden , liege für den Fachmann der Gedanke nicht fern, zum Erzeugen eines Temperaturgradienten die Peltierelemente entsprechend mit unterschiedlicher Temperatur zu betreiben. Damit gelange der Fachmann aber zum Gegenstand des einzigen Patentanspruchs, ohne erfinderisch tätig zu werden.

c) Die Rechtsbeschwerde rügt, das Bundespatentgericht habe sich nicht mit dem wesentlichen technischen Inhalt der im Patentanspruch geschützten Verwendung befaßt. Nach dem Inhalt des Patentanspruchs solle sich der Tem-
peraturgradient im Temperierblock über die Temperiereinrichtung hinweg einstellen , und zwar nach den Hilfsanträgen 2 und 4 mit einem im wesentlichen linear ansteigenden Temperaturverlauf. Das linear ansteigende Temperaturgefälle solle mit der geschützten Verwendung über den ganzen Temperierblock erzeugt werden. Mit dieser besonderen technischen Funktion, die den erfinderischen Kern der geschützten Verwendung darstelle, befasse sich der angefochtene Beschluß überhaupt nicht. Das zeige sich auch an den Ausführungen des Bundespatentgerichts zu Hilfsantrag 2. Bei der geschützten Verwendung gehe es nicht um einen im wesentlichen linear ansteigenden Temperaturverlauf , sondern darum, daß man mit konstruktiven Mitteln des Temperierblocks aus der deutschen Offenlegungsschrift 31 22 008 ein Temperaturgefälle über den ganzen Temperierblock mit im wesentlichen linear ansteigendem Temperaturverlauf erreichen könne.

d) Mit diesen Beanstandungen legt die Rechtsbeschwerde keinen Begründungsmangel im dargestellten Sinne dar. Sie rügt der Sache nach lediglich , das Bundespatentgericht habe den erfinderischen Kern der geschützten Verwendung verkannt und sei deshalb zu einem falschen Ergebnis gelangt. Diese Beanstandungen betreffen aber die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, die im Verfahren der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde nicht zu überprüfen ist. Selbst wenn mit der Rechtsbeschwerde davon auszugehen wäre, daß der gerügte Fehler besonders gravierend ist, rechtfertigte dies die Annahme eines Begründungsmangels im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht. Denn diese Vorschrift stellt nicht auf die Intensität eines Fehlers in der angefochtenen Entscheidung ab (vgl. Sen.Beschl. v. 26.02.1985 - X ZB 12/84, Mitt. 1985, 152 - Tetrafluoräthylenpolymer). § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG dient vielmehr ausschließlich der Sicherung des Anspruchs
der betroffenen Beteiligten auf Mitteilungen der Gründe, aus denen ihr Rechtsbegehren keinen Erfolg hatte (Sen.Beschl. v. 29.07.2003 - X ZB 29/01, BGHRep. 2003, 1437 - Paroxetin).
4. Die Rechtsbeschwerde beruft sich ebenfalls ohne Erfolg darauf, daß der Anspruch der Rechtsbeschwerdeführerin auf rechtliches Gehör verletzt sei.

a) Die Rechtsbeschwerde macht dazu geltend, das Bundespatentgericht habe den Vortrag der Rechtsbeschwerdeführerin zum erfinderischen Kern der geschützten Verwendung übergangen. Aus dem angefochtenen Beschluß sei nicht zu entnehmen, daß das Bundespatentgericht diesen Vortrag überhaupt zur Kenntnis genommen habe. Er werde an keiner Stelle des Beschlusses auch nur andeutungsweise erwähnt. Jedenfalls ergebe sich aus der Begründung , daß das Bundespatentgericht diesen entscheidungserheblichen Vortrag nicht in seine Erwägungen einbezogen und auch nicht beschieden habe.

b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern und dem Gericht die eigene Auffassung zu den erheblichen Rechtsfragen darzulegen; das Gericht ist verpflichtet, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr.; BVerfG NJW 1995, 2095, 2096 m.w.N.; Sen.Beschl. v. 19.05.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919 - Zugriffsinformation m.w.N.). Hieraus kann nicht abgeleitet werden, daß sich das Gericht mit jedem Vorbringen einer Partei in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen oder gar sich hiermit in einer bestimmten Weise auseinanderzusetzen habe. Das Fehlen einer Auseinandersetzung in den Entscheidungsgründen erlaubt deshalb für sich genommen noch nicht den Schluß, das
Gericht habe das Parteivorbringen nicht hinreichend berücksichtigt. Grundsätzlich ist vielmehr davon auszugehen, daß ein Gericht das von ihm entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen hat. Es muß deshalb besondere Umstände geben, die deutlich machen, daß tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung des Gerichts überhaupt nicht erwogen worden ist (st. Rspr.; vgl. BVerfG NJW 1992, 1031 m.w.N.; Sen.Beschl. v. 19.05.1999, aaO).
Das Bundespatentgericht hat bei der Auseinandersetzung mit Hilfsantrag 2 ausgeführt, der Patentanspruch nach diesem Hilfsantrag unterscheide sich von dem nach dem Hauptantrag dadurch, daß ein im wesentlichen linear ansteigender Temperaturverlauf erreicht werden solle. Das Merkmal sei durch den Stand der Technik nahegelegt gewesen, denn auch bei der aus der US-Patentschrift 5 525 300 bekannten Einrichtung solle ein im wesentlichen konstanter Temperaturverlauf erreicht werden. Nach dem Verständnis des Bundespatentgerichts kam es danach auf den Vortrag der Rechtsbeschwerdeführerin , dessen Übergehung die Rechtsbeschwerdeführerin beanstandet, nicht an und erübrigten sich Ausführungen hierzu. Ob diese Überzeugung des Bundespatentgerichts der Sache nach zutreffend ist, ist in dem Verfahren über die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde nicht zu prüfen. Ein Recht, mit der eigenen Einschätzung durchzudringen, gibt der Anspruch auf rechtliches Gehör einem Prozeßbeteiligten nicht.

c) Auch soweit das Bundespatentgericht in dem angefochtenen Beschluß nicht auf das Argument der Rechtsbeschwerdeführerin eingegangen ist, erst nach Bekanntwerden der geschützten Verwendung hätten die Hersteller von Geräten der in der deutschen Offenlegungsschrift 31 22 008 beschriebe-
nen Bauart erkannt, daß man mit dieser auf gleiche Temperaturen im Temperaturblock ausgerichteten Konstruktion auch einen gleichmäßigen Temperaturgradienten über den ganzen Temperaturblock mit einem im wesentlichen linearen Temperaturverlauf erzeugen könne, indem man die großflächigen Temperiereinrichtungen auf der Unterseite auf unterschiedliche Temperaturen einstelle , ist das Recht der Rechtsbeschwerdeführerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Die Rechtsbeschwerdeführerin hat geltend gemacht, dies sei ein nahezu erdrückender Beleg dafür, daß der Fachmann nicht ohne erfinderische Leistung zu der geschützten Verwendung habe kommen können. Entscheidend für die Frage, ob eine erfinderische Tätigkeit vorliegt, ist jedoch die Frage, ob die Verwendung für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt nahegelegen hat. Dabei mag die Reaktion der Fachwelt auf das Bekanntwerden der geschützten Verwendung ein gewisses Beweisanzeichen darstellen können, entscheidend ist sie jedoch nicht. Deshalb war das Bundespatentgericht auch nicht gehalten, auf diese Argumentation gesondert einzugehen, insbesondere nachdem es anderweit ein Naheliegen der beanspruchten Lehre festgestellt hat. Daraus, daß es dies unterlassen hat, ist jedenfalls nicht der Schluß zu ziehen, daß es dieses Vorbringen der Rechtsbeschwerdeführerin nicht zur Kenntnis genommen hat.
5. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG.
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Asendorf

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bei uns veröffentlicht am 29.07.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 29/01 vom 29. Juli 2003 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend das Gebrauchsmuster 296 23 383 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Paroxetin PatG § 100 Abs. 3 Nr. 6; GebrMG § 18 Abs. 5 Auch ein ungewöhnlicher und beson

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(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Gegen die Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts, durch die über eine Beschwerde nach § 73 oder über die Aufrechterhaltung oder den Widerruf eines Patents nach § 61 Abs. 2 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat die Rechtsbeschwerde in dem Beschluß zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate des Patentgerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei dem Beschluß ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn der Beschluß auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn der Beschluß nicht mit Gründen versehen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 29/01
vom
29. Juli 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Gebrauchsmuster 296 23 383
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Paroxetin
Auch ein ungewöhnlicher und besonders gravierender Rechtsfehler stellt für sich keinen
Begründungsmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG dar. Diese Vorschrift
dient ausschließlich der Sicherung des Anspruchs der betroffenen Beteiligten auf
Mitteilung der Gründe, aus denen ihr Rechtsbegehren keinen Erfolg hatte.
BGH, Beschluß vom 29. Juli 2003 - X ZB 29/01 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt und Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck
am 29. Juli 2003

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 5. Senats (Gebrauchsmuster -Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 25. April 2001 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen. Der Beschwerdewert wird auf 50.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

1. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters 296 23 383, das am 6. Februar 1998 als Abzweigung aus der deutschen Patentanmeldung 196 03 797.2 vom 2. Februar 1996 angemeldet wurde. Nach Eintragung des Gebrauchsmusters hat die Rechtsbeschwerdeführerin am 26. Juni 1998 neue Schutzansprüche zu den Gebrauchsmusterakten gereicht. Das Gebrauchsmuster betrifft den pharmazeutischen Wirkstoff Paroxetin-Hydrochlorid-Anhydrat, der in vier verschiedenen Formen A, B, C und D in selbständigen Nebenansprüchen beschrieben ist. Der nachgereichte Schutzanspruch 1 lautet:
"Paroxetin-Hydrochlorid-Anhydrat in Form A, dadurch gekennzeichnet, daß es einen Schmelzpunkt von etwa 123-125°C aufweist, signifikante IR-Banden (Figur 1) bei etwa 513, 538, 571, 592, 613, 665, 722, 761, 783, 806, 818, 839, 888, 906, 924, 947, 966, 982, 1006, 1034, 1068, 1091, 1134, 1194, 1221, 1248, 1286, 1340, 1387, 1493, 1513, 1562, 1604, 3402, 3631 cm-1 aufweist, die bei 10° pro Minute gemessene DSCExotherme unter Verwendung einer offenen Schale ein Maximum bei etwa 126°C und unter Verwendung einer geschlossenen Schale ein Maximum bei etwa 121°C zeigt, es auch ein Röntgenbeugungsdiagramm wie das in Figur 4 gezeigte, umfassend charakteristische Signale bei 6,6, 8,0, Feldphasen-NMR-Spektrum wie das in Figur 7 gezeigte, umfassend charakteristische Signale bei 154,3, 149,3, 141,6, 138,5 ppm, aufweist." Das Deutsche Patent- und Markenamt hat das Gebrauchsmuster im Umfang der auf die Form A gerichteten Schutzansprüche 1 und 5 gelöscht. Im übrigen hat es den Löschungsantrag zurückgewiesen. Im Beschwerdeverfahren hat die Rechtsbeschwerdeführerin das Gebrauchsmuster in erster Linie mit den am 23. April 2001 eingereichten Schutzansprüchen 1 bis 6 verteidigt. Diese unterscheiden sich von der am 26. Juni 1998 eingereichten Anspruchsfassung dadurch, daß das Merkmal des dortigen Anspruchs 5 "und in Form von Nadeln vorliegt" in den Schutzanspruch 1 mit aufgenommen und das Wort "und" vor der Angabe "ein Festphasen-NMR-Spektrum" gestrichen worden ist. Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde. 2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig. Die Rechtsbeschwerdeführerin macht mit ihr einen Begründungsmangel im Sinne der §§ 18 Abs. 5 GebrMG, 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG in der Fassung des 2. PatGÄndG vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1827) geltend. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet, da der gerügte Mangel nicht vorliegt.
a. Allerdings entfällt der Mangel fehlender Begründung im Sinne des Gesetzes nicht schon deshalb, weil die angefochtene Entscheidung überhaupt mit Gründen versehen ist. Wie die Rechtsbeschwerde mit Recht geltend macht, kann nach der Rechtsprechung des Senats ein Begründungsmangel in diesem Sinne bei einer vorhandenen Begründung dann vorliegen, wenn diese unverständlich , widersprüchlich oder verworren ist (st. Rspr. u.a. BGHZ 39, 333 - Warmpressen; Sen.Beschl. v. 3.12.1991 - X ZB 5/91, GRUR 1992, 159 - Crackkatalysator II; Sen.Beschl. v. 14.5.1996 - X ZB 4/95, GRUR 1996, 753, 755 - Informationssignal). b. Das Beschwerdegericht hat ebenso wie das Deutsche Patent- und Markenamt der mit Haupt- und Hilfsantrag bezeichneten Lehre des Anspruchs 1 in der am 23. April 2001 eingereichten Fassung die Schutzfähigkeit abgesprochen , weil sie im Hinblick auf die britische Patentschrift 85 26 407 nicht neu sei. Der Fachmann, ein promovierter Diplomchemiker, der mit der Synthese von Wirkstoffen befaßt und vertraut sei, könne ohne weiteres aus dieser Druckschrift ein "Verfahren zur Herstellung von Paroxetin-Hydrochlorid-IsopropanolSolvat" entnehmen, das dadurch gekennzeichnet sei, "daß man unter wasserfreien Bedingungen gasförmigen Chlorwasserstoff zu einer Lösung der freien Base in Isopropanol-Solvat auskristallisiert" (1 a), und ein "Verfahren zur Herstellung von Paroxetin-Hydrochlorid-Anhydrat, dadurch gekennzeichnet, daß man Paroxetin-Hydrochlorid-Isopropanol-Solvat mit Wasser behandelt, anschließend abfiltriert und trocknet" (1 b). Es liege nicht außerhalb der durch die britische Druckschrift vermittelten Lehre, das bei dem Verfahren (1 a) bevorzugt hergestellte Solvat bei dem Verfahren (1 b) einzusetzen. Eine solche Arbeitsweise sei im Hinblick auf das in der britischen Druckschrift Offenbarte nicht mehr neu. Der Umstand, daß ein mit den im Schutzanspruch 1 angegebenen Parametern und in Form von Nadeln charakterisiertes Paroxetin-HydrochloridAnhydrat nicht in der entgegengehaltenen Druckschrift beschrieben sei, mache
diesen Stoff nicht schon deshalb gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung neu. Zu dem neuheitsschädlichen Offenbarungsgehalt der Beschreibung eines Verfahrens gehöre auch das, was dem Fachmann erst bei der Nacharbeitung des vorgeschriebenen Verfahrens über dessen Ergebnis unmittelbar und zwangsläufig offenbart werde, im vorliegenden Fall also die Modifikation A von Paroxetin-Hydrochlorid-Anhydrat in Form von Nadeln. Berücksichtige man das praktische Vorgehen des einschlägigen Fachmanns , der aufgrund der Angaben in der britischen Druckschrift ParoxetinHydrochlorid -Anhydrat herstellen wolle, so komme man zu keiner anderen Beurteilung. Da beide in der Druckschrift beschriebenen Wege zur Herstellung des Anhydrats von der Isopropanol-Solvat-Vorstufe ausgingen, werde der Fachmann zunächst dieses Ausgangsmaterial auf dem in der Druckschrift bevorzugt angegebenen Weg herstellen. Führe dies nicht zum Erfolg, werde er den vorgegebenen Weg der Behandlung der Solvatkristalle mit Wasser ausprobieren und damit zwangsläufig zur Modifikation A des Anhydrats in Nadelform gelangen , wie es in dem nachgereichten Schutzanspruch 1 charakterisiert werde. Auch dieses bisher nicht bekannte Ergebnis sei dem neuheitsschädlichen Offenbarungsinhalt der britischen Druckschrift zuzurechnen. Das Gebrauchsmuster sei im Umfang des Schutzanspruchs 1 auch in der Fassung des Hilfsantrages gegenüber der britischen Druckschrift nicht neu. c. Die Rechtsbeschwerde rügt, diese Neuheitsprüfung leide an dem grundsätzlichen Fehler, daß das Bundespatentgericht die unterschiedlichen, in sich geschlossenen und vollständigen Herstellungsverfahren (1 a) und (1 b) miteinander kombiniere und annehme, diese Kombination der Verfahrensschritte sei in der britischen Druckschrift 85 26 407 neuheitsschädlich offenbart. Patent- und gebrauchsmusterrechtlich sei es unzulässig, ein aus mehreren
Verfahrensschritten bestehendes Verfahren als neuheitsschädlich vorbekannt anzusehen, weil die einzelnen Verfahrensschritte für sich allein aus verschiedenen vorbekannten Verfahren bekannt seien. Dies gelte auch dann, wenn mehrere unterschiedliche, in sich geschlossene Verfahren in ein- und derselben Druckschrift beschrieben seien. Auch dann sei ein Verfahren nicht schon deshalb neuheitsschädlich vorbekannt, weil sich das Verfahren durch die Kombination einzelner Verfahrensschritte der verschiedenen vorbeschriebenen Verfahren bilden lasse. Es sei daher eine [patent]rechtlich völlig unverständliche und nicht nachvollziehbare Überlegung, daß das Beschwerdegericht die Kombination der aus unterschiedlichen Verfahren entnommenen Verfahrensschritte (1 a) und (1 b) als neuheitsschädlich vorbeschrieben ansehe und daraus folgere, auch das resultierende Produkt sei nicht mehr neu. Dies bilde einen gravierenden Begründungsmangel, welcher der völlig fehlenden Begründung im Sinne von § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG gleichstehe. Das gelte um so mehr, als das Beschwerdegericht für seine Würdigung nur eine völlig inhaltslose lapidare Begründung gebe ("nach Überzeugung des Senats") und nicht den geringsten Anhaltspunkt aus der britischen Patentschrift 85 26 407 feststelle, aus dem der Fachmann einen Hinweis entnehmen könne, die einzelnen Schritte 1 a) und 1 b) miteinander zu kombinieren. d. Hiermit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde macht mit ihren Beanstandungen keinen Begründungsmangel im oben dargestellten Sinne geltend. Vielmehr rügt die Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe unter Verstoß gegen anerkannte Regeln die Neuheitsprüfung fehlerhaft vorgenommen und sei deshalb zu einem falschen Ergebnis gelangt. Die Beanstandungen der Rechtsbeschwerde betreffen daher die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Diese ist im Verfahren der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde nicht zu prüfen.
Selbst wenn mit der Rechtsbeschwerde davon auszugehen wäre, daß der gerügte Fehler ungewöhnlich und besonders gravierend sei, würde dies die Annahme eines Begründungsmangels im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG nicht rechtfertigen. Denn diese Vorschrift stellt weder auf die Intensität eines Fehlers in der angefochtenen Entscheidung ab, noch kommt es darauf an, ob es unverständlich ist, daß dem Gericht der betreffende Fehler unterlaufen ist (vgl. Sen.Beschl. vom 26.2.1985 - X ZB 12/84, Mitt. 1985, 152 - Tetrafluoräthylenpolymer ). § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG dient vielmehr ausschließlich der Sicherung des Anspruchs der betroffenen Beteiligten auf Mitteilung der Gründe, aus denen ihr Rechtsbegehren keinen Erfolg hatte (§ 94 Abs. 2 PatG). 3. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Jestaedt Keukenschrijver Mühlens Meier-Beck

(1) Sind an dem Verfahren über die Rechtsbeschwerde mehrere Personen beteiligt, so kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, so sind die durch die Rechtsbeschwerde veranlaßten Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Hat ein Beteiligter durch grobes Verschulden Kosten veranlaßt, so sind ihm diese aufzuerlegen.

(2) Dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts können Kosten nur auferlegt werden, wenn er die Rechtsbeschwerde eingelegt oder in dem Verfahren Anträge gestellt hat.

(3) Im übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.