Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2013 - VIII ZR 67/12

bei uns veröffentlicht am16.04.2013
vorgehend
Amtsgericht Böblingen, 21 C 582/11, 28.07.2011
Landgericht Stuttgart, 13 S 129/11, 08.02.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 67/12
vom
16. April 2013
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger
und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht mehr.
2
Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen , ob die Kosten für den Ausbau der mangelhaften Kaufsache und den Einbau einer mangelfreien Ersatzsache im Rahmen der Ersatzlieferung auch bei einem Kaufvertrag zwischen Gewerbetreibenden zu ersetzen sind. Diese Frage ist mittlerweile geklärt.
3
Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden, dass die aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 16. Juni 2011 (C65 /09, C-87/09 - Gebr. Weber GmbH/Jürgen Wittmer; Ingrid Putz/Medianess Electronics GmbH, NJW 2011, 2269) gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB auf den Verbrauchsgüterkaufvertrag beschränkt ist und nicht für Kaufverträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern gilt. Bei diesen Kaufverträgen wird daher der Ausbau der mangelhaften Kaufsache und der Einbau der Ersatzsache von der Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" nicht erfasst (Senatsurteil vom 17. Okto- ber 2012 - VIII ZR 226/11, NJW 2013, 220 Rn. 17 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Mit dieser Entscheidung sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJW-RR 2005, 650 unter II 1).
4
2. Die Revision hat auch - ungeachtet der Frage ihrer Zulässigkeit - keine Aussicht auf Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagten kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Warmwasser -Beistellspeichers und den Einbau des Ersatzspeichers zusteht, steht im Einklang mit dem Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 (VIII ZR 226/11, aaO Rn. 14).
5
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorinstanzen:
AG Böblingen, Entscheidung vom 28.07.2011 - 21 C 582/11 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 08.02.2012 - 13 S 129/11 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2012 - VIII ZR 226/11

bei uns veröffentlicht am 17.10.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 226/11 Verkündet am: 17. Oktober 2012 Vorusso Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: j

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2005 - I ZR 255/02

bei uns veröffentlicht am 20.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 255/02 vom 20. Januar 2005 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja SIM-Lock II ZPO § 552a Für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Re

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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

17
b) Nicht entschieden hat der Senat bislang über die Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs. Das Berufungsgericht hat für den hier vorliegenden Fall eines Kaufvertrags zwischen Unternehmern mit Recht angenommen, dass die Nachlieferung im Sinne des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB weder den Ausbau der mangelhaften Kaufsache noch den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache umfasst (ebenso Lorenz, NJW 2011, 2241, 2244; D. Schmidt in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 7. Aufl., § 439 Rn. 13; Pfeiffer, LMK 2011, 321439 unter 3b; Staudinger, DAR 2011, 502, 505; Förster, ZIP 2011, 1493, 1500; Ayad/Schnell, BB 2011, 1938, 1939; Greiner/Benedix, ZGS 2011, 489, 493 f.; Maultzsch, GPR 2011, 253, 257; aA Augenhofer /Appenzeller/Holm, JuS 2011, 680, 681, 684; Berg, RiW 2011, 717, 718; Büdenbender/Binder, DB 2011, 1736, 1742 f.; Eisenberg, BB 2011, 2634, 2637; Faust, JuS 2011, 744, 748; Höpfner, JZ 2012, 473 f., 474; Kroll-Schlüter, JR 2011, 463, 466; Müller, zfs 2011, 604, 608; Rodemann/Schwenker, ZfBR 2011, 634, 639; Stöber, ZGS 2011, 346, 352).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 255/02
vom
20. Januar 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
SIM-Lock II
Für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung
der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts
maßgeblich.
BGH, Beschl. v. 20. Januar 2005 - I ZR 255/02 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Pokrant, Dr. Büscher,
Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. August 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 150.000 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin, die Inhaberin der für "Geräte und Anlagen für den Mobilfunk" eingetragenen Marke "S. " ist, stellt Mobiltelefone her, die mit einem sog. SIM-Lock versehen sind. Dieser bewirkt, daß die Mobiltelefone nur im Netz eines bestimmten Netzbetreibers verwendet werden können.
Der Beklagte hat von der Klägerin hergestellte und mit ihrer Marke versehene Mobiltelefone, bei denen die Sperre entfernt worden war, vertrieben und selbst Entsperrungen vorgenommen.
Die Klägerin hat den Beklagten - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - wegen Verletzung ihrer Markenrechte auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Auskunftserteilung verurteilt und seine Verpflichtung festgestellt, Schadensersatz zu leisten. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (OLG Frankfurt GRUR-RR 2002, 327). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
II. Die Revision wird zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht mehr vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a Satz 1 ZPO).
1. Die Revision ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die klärungsbedürftige Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich dem Berufungsgericht im vorliegenden Fall stellte, hat der Senat inzwischen im Urteil vom 9. Juni 2004 - I ZR 13/02 (WRP 2005, 106 - SIM-Lock) entschieden. Eine die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschließende Produktveränderung i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG liegt danach vor, wenn Mobiltelefone, mit denen aufgrund einer Sperre (sog. SIM-Lock) nur in einem bestimmten Mobilfunknetz telefoniert werden kann, nach dem Inverkehrbringen durch den Markeninhaber ohne dessen Zustimmung von einem Dritten entsperrt werden.
Danach lagen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zwar im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts vor. Sie sind jedoch aufgrund der "SIM-Lock"-Entscheidung des Senats zwischenzeitlich entfallen. Die-
ser Fall wird vom Regelungsbereich des § 552a ZPO erfaßt. Denn maßgeblich für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. Begründung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/3482, S. 19; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 552a Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 552a Rdn. 2; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., Anh. § 552a).
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Sinne der Entscheidung "SIM-Lock" erkannt.

a) Der Beklagte ist zur Auskunft nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG, § 242 BGB und zum Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG verpflichtet.
Der Beklagte hat mit der Marke "S. " gekennzeichnete Mobiltelefone ohne Zustimmung der Klägerin vertrieben (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Der markenrechtliche Schutz war nicht aufgrund Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausgeschlossen, weil die Klägerin sich dem weiteren Vertrieb der Mobiltelefone aus berechtigten Gründen i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen konnte. Die Aufhebung der Sperre (SIM-Lock) der Mobiltelefone stellte eine Produktveränderung dar, die die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschloß (vgl. BGH WRP 2005, 106, 108 - SIM-Lock). Die Markenrechtsverletzung hat der Beklagte, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, jedenfalls fahrlässig begangen.

b) Entgegen der Ansicht der Revision erfassen der Auskunfts- und der Feststellungsantrag nicht auch Fälle, in denen die Klägerin der Aufhebung der Sperre zugestimmt hat. Aus den Gründen des Berufungsurteils, die zur Auslegung des Urteilstenors heranzuziehen sind, ergibt sich, daß eine Markenverlet-
zung nur dann vorliegt, wenn die Aufhebung der Sperre ohne Zustimmung der Klägerin erfolgt ist.

c) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine rechtsmißbräuchliche Geltendmachung des Markenrechts durch die Klägerin verneint. Diese braucht einen Weitervertrieb der mit ihrer Marke gekennzeichneten Waren nicht hinzunehmen , wenn der Originalzustand der von ihr produzierten und vertriebenen Mobiltelefone von dem Beklagten oder durch Dritte verändert worden ist.
Auch soweit sich die Revision auf eine irreführende Werbung eines Netzbetreibers gegenüber Endkunden, einen Verdrängungswettbewerb gegenüber dem Handel und einem Verkauf unter Einstandspreis beruft, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Klägerin hieran beteiligt ist. Durchgreifende Verfahrensrügen dagegen hat die Revision nicht erhoben.
Die Entfernung des "SIM-Lock" stellt sich entgegen der Meinung der Revision auch nicht als Fehlerberichtigung i.S. von § 69d UrhG dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann
17
b) Nicht entschieden hat der Senat bislang über die Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs. Das Berufungsgericht hat für den hier vorliegenden Fall eines Kaufvertrags zwischen Unternehmern mit Recht angenommen, dass die Nachlieferung im Sinne des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB weder den Ausbau der mangelhaften Kaufsache noch den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache umfasst (ebenso Lorenz, NJW 2011, 2241, 2244; D. Schmidt in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 7. Aufl., § 439 Rn. 13; Pfeiffer, LMK 2011, 321439 unter 3b; Staudinger, DAR 2011, 502, 505; Förster, ZIP 2011, 1493, 1500; Ayad/Schnell, BB 2011, 1938, 1939; Greiner/Benedix, ZGS 2011, 489, 493 f.; Maultzsch, GPR 2011, 253, 257; aA Augenhofer /Appenzeller/Holm, JuS 2011, 680, 681, 684; Berg, RiW 2011, 717, 718; Büdenbender/Binder, DB 2011, 1736, 1742 f.; Eisenberg, BB 2011, 2634, 2637; Faust, JuS 2011, 744, 748; Höpfner, JZ 2012, 473 f., 474; Kroll-Schlüter, JR 2011, 463, 466; Müller, zfs 2011, 604, 608; Rodemann/Schwenker, ZfBR 2011, 634, 639; Stöber, ZGS 2011, 346, 352).