Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Mai 2009 - VIII ZB 101/08
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Der Antrag der Klägerin, gemäß § 21 GKG von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen, hat keinen Erfolg.
- 2
- 1. Soweit es die vor dem Berufungsgericht angefallenen Kosten anbelangt , kommt eine Entscheidung des Senats schon deshalb nicht in Betracht, weil hierüber nur das Berufungsgericht entscheiden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2000 - RiZ (R) 4/99, NJW 2000, 3786, unter II 3, insoweit in BGHZ 144, 123 nicht abgedruckt; BVerwG, NJW 2009, 162, 164).
- 3
- 2. Hinsichtlich der im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Senat angefallenen Gerichtskosten kann von deren Erhebung nicht abgesehen werden. Hierzu bestimmt § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG, dass Kosten nicht erhoben werden, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Das setzt jedoch voraus, dass das Berufungsgericht gegen eine klare gesetzliche Regelung verstoßen hat, insbesondere dass ihm ein schwerer Verfahrensfehler unterlaufen ist, der offen zutage tritt (BGH, Beschluss vom 10. März 2003 - IV ZR 306/00, NJW-RR 2003, 1294; Beschluss vom 4. Mai 2005 - XII ZR 217/04, NJW-RR 2005, 1230, unter 2; BFH, Beschluss vom 31. Juli 2006 - II E 3/06, unter II 1 a - juris). Davon kann hier keine Rede sein. Das Berufungsgericht hat vielmehr in vertretbarer Weise angenommen, dass der Klägerin bereits nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils eine Berufungseinlegung zuzumuten war und dass sie das seinerzeit bestehende Zulässigkeitshindernis der Berufungszulassung über einen gleichzeitig gestellten Aussetzungsantrag nach § 148 ZPO hätte überwinden können und müssen. Denn diesem hätte - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - unter den gegebenen Umstän- den voraussichtlich stattgegeben werden müssen, so dass gemäß § 249 Abs. 1 ZPO der Lauf der Berufungsfrist aufgehört hätte. Ball Dr. Frellesen Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider
AG Berlin-Köpenick, Entscheidung vom 14.09.2006 - 14 C 113/06 -
LG Berlin, Entscheidung vom 24.11.2008 - 67 S 177/08 -
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(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I. Der Beklagte ist durch Urteil des Landgerichts vom 21. Mai 1999 - unter Klagabweisung im übrigen - verurteilt worden, an den Kläger 52.805,18 DM nebst Zinsen zu zahlen. Seine hiergegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht durch Urteil vom 23. Dezember 1999 als unzulässig verworfen. Der Senat hat dieses Urteil unter dem Datum vom 18. Juli 2001 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Mit Urteil vom 26. September 2002 hat das Berufungsgericht die landgerichtliche Entscheidung geän-
dert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Kosten des ersten Rechtszuges hat es dem Kläger, die des zweiten Rechtszuges einschließlich der Revision dem Beklagten auferlegt. Mit Schriftsätzen vom 9. und 24. Oktober 2002 hat der Beklagte durch seinen zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten beantragt, die Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erheben, da die Verwerfung der Berufung auf einer sachwidrigen Behandlung durch das Berufungsgericht beruht habe.
II. Für die Entscheidung über die Nichterhebung der Gerichtskosten für das Revisionsverfahren ist das Revisionsgericht zuständig (BGH, Beschluß vom 29. März 2000 - RiZ (R) 4/99 - NJW 2000, 3786 unter II 3 m.w.N.). Nach Zugang der Kostenrechnung vom 6. August 2001 ist der Antrag des Beklagten als Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 5 GKG anzusehen (BGH, Beschluß vom 23. September 2002 - VI ZR 65/00 - unter II; Beschluß vom 20. Mai 1999 - I ZB 38/98 - unter I a.E.; Beschluß vom 17. März 1997 - II ZR 314/95 - NJW-RR 1997, 831 unter II). Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
III. Der Rechtsbehelf hat keinen Erfolg.
Nach § 8 Abs. 1 GKG werden Gerichtskosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Das setzt voraus, daß das Berufungsgericht gegen eine klare gesetzliche Regelung verstoßen, insbesondere einen schweren Verfahrensfehler begangen hat, der offen zutage tritt (BGHZ 98, 318, 320; BGH, Beschluß vom 27. Januar 1994 - V ZR 7/92 -; Beschluß vom 13. Juli 1983 - 3 StR 420/82 - EzSt GKG § 8 Nr. 1; Markl/Meyer, Gerichtskostengesetz 4. Aufl. § 8 Rdn. 5; Hartmann, Kostengesetze 32. Aufl. § 8 GKG Rdn. 8 ff.).
Davon ist hier nicht auszugehen. Der Senat hat sich im vorliegen- den Fall mit den Angriffen, die der Beklagte in seiner Berufungsbegründung gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des in erster Instanz vorgebrachten Streitstoffes geführt hat, auseinandergesetzt. Er hat auf dieser Grundlage das Vorliegen der formellen Voraussetzungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. bejaht. Die davon abweichende Beurteilung des Berufungsgerichts war rechtsfehlerhaft, beinhaltete jedoch keinen schweren oder gar offensichtlichen Verfahrensverstoß, der die Anwendung des § 8 GKG rechtfertigen könnte.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Ambrosius Dr. Kessal-Wulf
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
1. Das Amtsgericht hat die Klage auf Schadensersatz wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen. Ziff. 4 des Tenors lautet: "Die Revision wird zugelassen". Gegen das ihnen am 30. August 2004 zugestellte Berufungsurteil haben die Klägerinnen Revision zum Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegt. Mit Beschluß vom 2. November 2004 hat das Landgericht Ziff. IV seines Tenors dahin geändert, "daß die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen wird". Nach Abgabe des Verfahrens an den Bundesgerichtshof haben die Klägerinnen die Revision zurückgenommen. Der Senat hat mit Beschluß vom 22. Dezember 2004 den Klägerinnen die Kosten der Revision auferlegt. Mit Kostenrechnung vom 23. Dezember 2004 hat der Kostenbeamte die Kosten der Klägerin zu 1 mit 73 € angesetzt. Dagegen wenden sich die Prozeßbevollmächtigten der zwischenzeitlich verstorbenen Klägerin zu 1, mit ihrerErinnerung, der der Kostenbeamte nicht abgeholfen hat. Sie beantragen von der Kostenerhebung gemäß § 21 GKG abzusehen. Sie machen geltend, das Berufungsgericht habe in seiner Entscheidung zwar die Revision zugelassen, es aber versäumt festzulegen, bei welchem Gericht die Revision einzulegen sei. Die Klägerinnen hätten von Anfang an keine Revision beim Bundesgerichtshof durchführen wollen, deshalb das Rechtsmittel zum Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegt und es wieder zurückgenommen, nachdem das Berufungsgericht nachträglich entschieden habe, daß die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen werde. 2. Die zulässige Erinnerung (vgl. Hartmann Kostengesetze 34. Aufl. § 21 GKG Rdn. 65) bleibt ohne Erfolg. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG (= § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.) werden Kosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Jedoch reicht ein leichter Verfahrensverstoß in der Regel nicht, um von der Erhebung der Kosten nach dieser Bestimmung abzusehen. Um zu verhindern , daß es zu einer Kette nicht endender Nichterhebungsverfahren kommt (Hartmann aaO Rdn. 11), verlangt die Rechtsprechung vielmehr einen schweren Verfahrensverstoß (BGH, Beschluß vom 10. März 2003 - IV ZR 306/00 - NJW-RR 2003, 1294; Hartmann aaO Rdn. 10 m.w.N.). Zwar hätte das Landgericht gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 EGZPO mit der Zulassung der Revision gleichzeitig - und nicht erst später mit Ergänzungsbeschluß - über die Zuständigkeit für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel entscheiden müssen. Hierin liegt aber kein schwerer Verfahrensverstoß. Die Klägerinnen hätten das Rechtsmittelverfahren und die damit entstandenen Kosten durch einen Antrag auf Urteilsergänzung vermeiden können. In solchen Fällen besteht kein ausreichender Grund, die angefallenen Gerichtskosten nicht zu erheben (Meyer GKG 6. Aufl. § 21 Rdn. 9).
Auch die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann bei Zurücknahme eines Antrages von der Erhebung der Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. Die Bestimmung gilt auch bei Rücknahme eines Rechtsmittels (Meyer aaO Rdn. 11). Weil das Landgericht es versäumt hatte, im Urteil über die Rechtsmittelzuständigkeit zu entscheiden, durften die Klägerinnen nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz die Revision sowohl beim Bundesgerichtshof als auch beim Bayerischen Obersten Landesgericht einlegen (BGH, Beschluß vom 26. November 1980 - IVb ZR 592/80 - NJW 1981, 576, 577). Sie konnten aber nicht darauf vertrauen , daß das Landgericht bei der von ihm nachzuholenden Zuständigkeitsbestimmung das Bayerische Oberste Landesgericht als Revisionsgericht bestimmen würde. Sie mußten vielmehr davon ausgehen, daß es den Bundesgerichtshof als Revisionsgericht bestimmen würde. Nach § 8 Abs. 2 EGGVG ist bei Anwendung von Bundesrecht eine Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts nämlich nur gegeben, wenn der landesrechtliche Rechtsstoff überwiegt (Zöller/Gummer ZPO 24. Aufl. § 8 EGGVG Rdn. 3). Das war hier nicht der Fall. Bei der Entscheidung des Berufungsgerichts ging es ausschließlich um mietrechtliche Fragen, somit um Bundesrecht und nicht um Landesrecht.
Die Klägerinnen müssen sich das Verschulden ihrer Prozeßbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen (Meyer aaO Rdn. 11).
Hahne Weber-Monecke Fuchs Ahlt Vézina
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.
(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.
(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.