Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2002 - VII ZA 2/02

13.06.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZA 2/02
vom
13. Juni 2002
in dem Prozeßkostenhilfeverfahren
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Hausmann, Dr. Kuffer,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Der Antrag des Insolvenzverwalters auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zur Durchführung der Revision wird abgelehnt.

Gründe:

1. Die Gemeinschuldnerin hat zuletzt Werklohn in Höhe von 888.098,41 DM und 8% Zinsen seit dem 19. Juni 1997 geltend gemacht. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Während des Revisionsverfahrens ist über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter , der das Verfahren bislang nicht aufgenommen hat, begehrt zur Durchführung der Revision Prozeßkostenhilfe. 2. Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
a) Das Revisionsverfahren ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen (§ 240 ZPO). Der Senat kann jedoch trotz Fortdauer der Unterbrechung über den Antrag des Insolvenzverwalters auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe entscheiden. Das Prozeßkostenhilfeverfahren unterliegt nicht dem Anwaltszwang; Anträge in diesem Verfahren gehören auch nicht zu den Prozeßhandlungen, die, wenn sie während der Unterbrechung in Ansehung der
Hauptsache vorgenommen werden, gemäû § 249 Abs. 2 ZPO der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkungen sind. Durch die Entscheidung über das Prozeûkostenhilfegesuch in der Rechtsmittelinstanz ergeben sich für die andere Partei keine Nachteile (vgl. BGH, Beschluû vom 23. März 1966 - Ib ZR 103/64 - NJW 1966, 1126).
b) Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeûkostenhilfe liegen nicht vor, § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten ist es zuzumuten, die Kosten aufzubringen. Wirtschaftlich beteiligt sind diejenigen Insolvenzgläubiger, deren Befriedigungsaussichten sich verbessern, wenn der Insolvenzverwalter siegt (BGH, Beschluû vom 8. Oktober 1992 - VII ZB 3/92, BGHZ 119, 372, 377). Insbesondere Gläubigern, die mit einem vollen oder erheblichen Ausgleich ihrer Forderungen rechnen können, ist eine Kostenaufbringung zuzumuten. Im Falle des Obsiegens mit der Klageforderung von 888.098,41 DM zuzüglich rund 350.000 DM Zinsen können die nicht bevorrechtigten Gläubiger der durch den Insolvenzverwalter festgestellten Forderungen in Höhe von 754.816,11 DM und
unter Berücksichtigung der für den Ausfall festgestellten Forderungen der absonderungsberechtigten Gläubiger von 2.298.548,57 DM mit einer deutlich verbesserten Quote rechnen. Den in der Tabelle aufgeführten Gläubigern ist es daher zuzumuten, den Prozeûkostenvorschuû (Verfahrensgebühr 11.220 DM, Anwaltskosten 13.908 DM = 25.128 DM = 12.847,74 ?) zu zahlen. Ullmann Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 240 Unterbrechung durch Insolvenzverfahren


Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfa

Zivilprozessordnung - ZPO | § 116 Partei kraft Amtes; juristische Person; parteifähige Vereinigung


Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag 1. eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 249 Wirkung von Unterbrechung und Aussetzung


(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt. (2) Die während der Unterbrechung oder

Referenzen

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.

(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.

(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.

Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag

1.
eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen;
2.
eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
§ 114 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 ist anzuwenden. Können die Kosten nur zum Teil oder nur in Teilbeträgen aufgebracht werden, so sind die entsprechenden Beträge zu zahlen.