Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2012 - V ZR 85/11

bei uns veröffentlicht am19.01.2012
vorgehend
Landgericht Cottbus, 4 O 58/08, 04.03.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 85/11
vom
19. Januar 2012
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Czub und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 31. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 6.636,96 €.

Gründe:


1
1. Die Beschwerde ist nach § 26 Nr. 8 EGZPO unzulässig. Die Klägerin hat nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass der Wert der geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt.
2
Hinsichtlich der Beseitigung der Bauten bemisst sich die Beschwer der Klägerin nach dem Wertverlust, den ihr Grundstück durch den Überbau der Beklagten erleidet; dieser ist nach dem Wert der überbauten Fläche und den dadurch bewirkten Beeinträchtigungen bei der Nutzung des nicht überbauten Grundstücksteils zu bestimmen (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom 19. Mai 2011 - V ZB 250/10, ZMR 2011, 782, 783). Hierzu trägt die Klägerin nichts vor. Sie beruft sich allein auf die - für die Bemessung ihrer Beschwer nicht maßgeblichen - Kosten der Entfernung der Bauten bzw. der Errichtung einer Doppelgarage.
3
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Stresemann Czub Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 04.03.2009 - 4 O 58/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 31.03.2011 - 5 U 45/09 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2012 - V ZR 85/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2012 - V ZR 85/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2012 - V ZR 85/11 zitiert 1 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2012 - V ZR 85/11 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2012 - V ZR 85/11 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2011 - V ZB 250/10

bei uns veröffentlicht am 19.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 250/10 vom 19. Mai 2011 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth und di

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 250/10
vom
19. Mai 2011
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 19. August 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 600 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Die Kläger verlangen die Beseitigung einer an dem Haus der Beklagten angebrachten, über die Grundstücksgrenze ragenden Wärmedämmung.
2
Das Landgericht hat die Klage unter Festsetzung des Streitwerts auf 24.000 € abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat angenommen, dass die Beschwer der Kläger 600 € nicht übersteigt und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wenden sich die Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.

3
Das Berufungsgericht meint, die Beschwer der Kläger entspreche der Wertminderung ihres Grundstücks durch den Überbau. Da dieser allenfalls zwei Quadratmeter erfasse und ein Bodenwert des Grundstücks der Kläger von über 300 €/qm nichtin Betracht komme, übersteige deren Beschwer 600 € nicht. Für eine darüber hinausgehende Wertminderung des Grundstücks fehlten jegliche Anhaltspunkte. Der Zugang zu dem rückwärtigen Grundstücksteil sei durch den Überbau nicht stärker als zuvor beeinträchtigt; die lichte Breite der Einfahrt sei unverändert geblieben. Dass die Instandhaltung und Auswechselung des Zaun- und Torpfostens durch den Überbau gegenüber dem alten Zustand signifikant erschwert sei, lasse sich weder dem Vortrag der Kläger noch den eingereichten Lichtbildern entnehmen. Zudem könne diesem Umstand deshalb kein zusätzlicher Wert beigemessen werden, weil das Vorbringen hierzu nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen sei und deshalb den Beschränkungen der §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO unterfalle.

III.

4
1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts im Hinblick darauf erfordert, dass dem Berufungsgericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Notwendigkeit, die Entscheidung über die Zulassung der Berufung in einem Fall wie dem vorliegenden nachzuholen, offenbar unbekannt ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Hat das erstinstanzliche Gericht, wie hier, keine Veranlassung gesehen, die Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO zuzulassen, weil es den Streitwert auf über 600 € festgesetzt hat, und hält das Berufungsgericht die- sen Wert für nicht erreicht, muss das Berufungsgericht die Entscheidung darüber nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung erfüllt sind. Denn die unterschiedliche Bewertung der Beschwer darf nicht zu Lasten der Partei gehen (BGH, Urteil vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218 Rn. 12; Beschluss vom 3. Juni 2008 - VIII ZB 101/07, WuM 2008, 614 Rn. 4 f.; Beschluss vom 16. Juni 2008 - VIII ZB 87/06, WuM 2008, 615 Rn. 13; Beschluss vom 27. April 2010 - VIII ZB 91/09, WuM 2010, 437 Rn. 3; Beschluss vom 26. Oktober 2010 - VI ZB 74/08, NJW 2011, 615).
5
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Da das Berufungsgericht nicht über die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO entschieden hat und sich anhand der tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Beschluss auch nicht feststellen lässt, dass eine solche Zulassung nicht in Betracht gekommen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2010 - XII ZB 128/09, FamRZ 2010, 964), kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben; er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
6
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
7
Die Beschwer der Kläger aus der Abweisung ihrer Klage bemisst sich - wovon das Berufungsgericht auch ausgeht - gemäß § 3 ZPO nach dem Wertverlust , den das Grundstück durch den Überbau erleidet; dieser ist nach dem Wert der überbauten Fläche und den dadurch bewirkten Beeinträchtigungen bei der Nutzung des nicht überbauten Grundstücksteils zu bestimmen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - V ZB 115/09, GE 2010, 265; Beschluss vom 16. November 2006 - V ZR 97/06, juris; Beschluss vom 23. Januar 1986 - V ZR 119/85, NJW-RR 1986, 737).
8
Den Vortrag der Kläger hierzu durfte das Berufungsgericht nicht unter Hinweis auf § 531 Abs. 2 ZPO für unbeachtlich erklären. Die Vorschrift gilt nicht für die Ermittlung und Festsetzung der Beschwer. Diese erfolgt vielmehr von Amts wegen nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei das Gericht nicht nur jeden bis zur Festsetzung bei ihm eingegangenen Vortrag der Parteien zu berücksichtigen hat, sondern auch von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen kann (§§ 2, 3 ZPO).
9
Das Berufungsgericht nimmt allerdings ohne Rechtsfehler an, dass sich aus dem bisherigen Vorbringen der Kläger konkrete, den Wert des Grundstücks mindernde Beeinträchtigungen bei der Nutzung des nicht überbauten Grundstücksteils nicht entnehmen lassen, insbesondere fehlt eine Darstellung, in welchem Maße die Zufahrt verengt worden ist und inwieweit sich daraus gegenüber dem alten Zustand eine Wertminderung des Grundstücks ergibt. Der Hinweis darauf, dass die Zufahrt selbst von erfahrenen Kraftfahrern schwer zu meistern ist, genügt hierzu nicht. Ohne nähere Erläuterung ist auch nicht nachvollziehbar, dass und ggf. in welcher Höhe bei einer Erneuerung des Torpfosten zusätzliche Kosten durch den Überbau entstehen. Die erstinstanzlich eingereichten Lichtbilder vermögen einen solchen Vortrag entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht zu ersetzen. Der Hinweis der Rechtsbeschwerde auf die Reduzierung des Bauwichs unter den gesetzlichen Mindestabstand von drei Metern ist hierschon deshalb unbehelflich, weil nicht dargelegt worden ist, dass die Zufahrt vor dem Überbau eine entsprechende Breite aufwies. Krüger Stresemann Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Neubrandenburg, Entscheidung vom 09.10.2009 - 3 O 23/09 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 19.08.2010 - 3 U 152/09 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)