Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2003 - V ZB 50/02

published on 27/03/2003 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2003 - V ZB 50/02
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 50/02
vom
27. März 2003
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. März 2003 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Prof.
Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden der Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 1. August 2002 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Dessau vom 15. Mai 2002 abgeändert.
Die Klägerin hat den Beklagten über die in dem Beschluß des Landgerichts Dessau festgesetzten Kosten hinaus weitere 877,02 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. März 2002 zu erstatten.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 877,02

Gründe:

I.


Die Klägerin erhob beim Landgericht Dessau eine Klage auf Feststellung eines Ankaufsrechts nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz hinsicht-
lich einer Teilfläche eines den Beklagten gehörenden Grundstücks in W. . Die Beklagten, die im Gebiet der alten Bundesländer einschließlich Berlin (West) wohnen, ließen sich von in Berlin (West) ansässigen Rechtsanwälten vertreten. Die Klage wurde im März 2002 abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
In dem anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren haben die Beklagten an Rechtsanwaltsgebühren eine 25/10 Prozeßgebühr nach §§ 6, 11, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO und eine 10/10 Verhandlungsgebühr nach §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO angemeldet. Das Landgericht hat diese Gebühren unter Hinweis auf die Regelung des Einigungsvertrages zur Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und § 1 der ErmäßigungsgesetzAnpassungsverordnung vom 15. April 1996 jeweils nur in Höhe von 90 % berücksichtigt. Das Oberlandesgericht hat die gegen diesen Abschlag in Höhe ! #"$ % & ' $() % * # ,+- "$ /.0 )1 '1 2+- 3 4 56 & 87 von 877,02 urückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beklagten den Antrag, soweit ihm nicht entsprochen worden ist, weiter.

II.


Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 575 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist in vollem Umfang begründet.
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Partei sei nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehalten, die Kosten des Rechtsstreits im Rahmen des zur konkreten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Umfangs
gering zu halten. Daher müsse sie bei einem Rechtsstreit vor einem Gericht im Beitrittsgebiet einen dort ansässigen Rechtsanwalt beauftragen, damit nach der in Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 26a Satz 1 des Einigungsvertrages bestimmten und durch § 1 der ErmäßigungsAnpassungsverordnung vom 15. April 1996 geänderten Maßgabe zur Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte nur um 10 % ermäßigte Anwaltsgebühren entstehen. Die durch die Beauftragung eines nicht im Beitrittsgebiet ansässigen Rechtsanwalts veranlaßten Mehrkosten seien vermeidbar gewesen und daher nicht erstattungsfähig.
2. Dies hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat mit einem nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung ergangenen Beschluß im einzelnen dargelegt, daß sich die Erstattungsfähigkeit der von den Beklagten angemeldeten Rechtsanwaltskosten nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO richtet, sondern nach § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO (BGH, Beschl. v. 4. Februar 2003, XI ZB 21/02, Umdruck S. 4 ff., zur Veröffentl. bestimmt). Dem schließt sich der erkennende Senat an. Danach kommt es auf die Frage, ob die entstandenen Kosten im konkreten Fall zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren, nicht an. Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts gelten unabhängig von den konkreten Umständen stets als zweckentsprechend verursachte Kosten. Dabei spielt es keine Rolle, daß die Rechtsanwälte, deren Gebühren die Beklagten geltend machen, nicht beim Prozeßgericht zugelassen und nicht in dessen Bezirk ansässig sind. Hierauf stellt § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO nicht ab. Maßgeblich ist, daß die beauftragten Anwälte die Beklagten vor dem Prozeßgericht vertreten konnten
(vgl. BGH aaO Umdruck S. 6). Dies war nach der Neuordnung der Postulati- onsfähigkeit durch das am 1. Januar 2000 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte vom 2. September 1994 (BGBl. I S. 2278) und dessen Änderungsgesetz vom 17. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2448) der Fall.
Eine weitere Einschränkung der Norm wäre mit dem Grundsatz der freien Anwaltswahl, wie er in § 3 Abs. 3 BRAO seinen Ausdruck findet (BVerfG, NJW 1975, 103; BGHZ 109, 153, 159) nicht zu vereinbaren (vgl. Nolting, NJW 2001, 660, 661). Diese Bestimmung gewährleistet jedermann im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften, hier nach § 78 ZPO, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gericht vertreten zu lassen. Dieses Recht, das eine tragende Grundlage der Rechtspflege darstellt (BGHZ 109, 153, 162 f.), würde beeinträchtigt, wenn die obsiegende Partei mit Wohnsitz in den alten Bundesländern eine vollständige Kostenerstattung nur bei Beauftragung eines Rechtsanwalts mit Kanzleisitz im Beitrittsgebiet erreichen könnte. Denn mit der Erweiterung der Postulationsfähigkeit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, daß die Rechtsuchenden sich auch vor auswärtigen Zivilgerichten von dem Anwalt ihres Vertrauens vertreten lassen können (vgl. Begründung des Entwurfs des am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte, BT-Drucks. 12/4993 S. 42 ff.; Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 12/4993 S. 53; vgl. BGH, Beschl. v. 16. Oktober 2002, VIII ZB 30/02, Rpfleger 2003, 98, 100. Vgl. demgegenüber zum früheren Rechtszustand Senat, Beschluß v. 12. Dezember 2002, V ZB 23/02, vorgesehen für BGHZ).

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein
Gaier Schmidt-Räntsch
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m
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Annotations

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten.

(2) Sein Recht, in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten, kann nur durch ein Bundesgesetz beschränkt werden.

(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.