Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2000 - KZB 35/99
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Gegenstandes der Beschwerde wird auf 150.000,-- DM festgesetzt.
Gründe:
I. Mit Beschluß vom 11. Dezember 1996 hat der Kartellsenat des Kammergerichts die Beschwerde mehrerer Gesellschafter des Deutschen Lottound Totoblocks gegen eine Entscheidung des Bundeskartellamts zurückgewiesen , in der dem Deutschen Lotto- und Totoblock untersagt worden war, gewerbliche Veranstalter von Spielgemeinschaften von der Teilnahme an seinen
Ausspielungen auszuschließen. Zu diesem Verfahren war eine Reihe von gewerblichen Anbietern derartiger Spielgemeinschaften, unter anderem die Beigeladene zu 3, beigeladen worden. Diesen Beigeladenen hat das Kammergericht in seiner Entscheidung einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beschwerdeführer zuerkannt, soweit sie an der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde teilgenommen haben. Da diese Voraussetzung bei der Beigeladenen zu 3 nicht erfüllt war, hat es in ihrem Fall eine Kostenerstattungspflicht ausdrücklich abgelehnt. Gegen diese Entscheidung hat sich die Beigeladene zu 3 zunächst mit einer Gegenvorstellung gewandt. Nachdem diese ohne Erfolg geblieben war, hat sie gegen die Entscheidung des Kammergerichts außerordentliche Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses auszusprechen, daß die Beschwerdeführer in dem Verfahren Kart 1/96 des Kammergerichts im Beschwerdeverfahren auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3 zu erstatten haben. Das Kammergericht hat dieser Beschwerde nicht abgeholfen und sie antragsgemäß dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Die Gesellschafter des Deutschen Lottound Totoblocks sind der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die außerordentliche Beschwerde der Beigeladenen zu 3 ist unzulässig. Mit ihrem Rechtsbehelf wendet sie sich gegen die Auffassung des Kammergerichts , das sich zur Zuerkennung eines Kostenerstattungsanspruchs außerstande gesehen hat. Gegenstand des mit dem Rechtsbehelf geführten Angriffs ist damit die Entscheidung des Kammergerichts zum Kostenpunkt, gegen die nach § 74 Abs. 1 GWB (§ 73 GWB a.F.) eine Beschwerde zum Bundesgerichtshof nicht eröffnet ist (vgl. Sen.Beschl. v. 23.2.1988 - KVR 6/87, WuW/E 2478, 2479 - Coop-Wandmaker).
Die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung ausnahmsweise eine außerordentliche Beschwerde gegen mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht anzugreifende Entscheidungen zuläßt, sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Ein solches Rechtsmittel ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allenfalls dann als zulässig angesehen worden, wenn die angefochtene Entscheidung an einem Mangel leidet, der sie als greifbar gesetzwidrig erscheinen läßt (vgl. dazu BGH WuW/E 2478, 2479 - Coop-Wandmaker; siehe auch BGH, Beschl. v. 16.3.1998 - II ZB 19/97, MDR 1998, 733 = NJW 1998, 1715 und v. 22.7.1997 - XI ZB 15/97, MDR 1997, 1065 jew. m.w.N.). Voraussetzung für die Feststellung einer solchen Gesetzwidrigkeit ist, daß die Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist (BGH NJW 1998, 1715 u. MDR 1997, 1065). So liegt der Sachverhalt indessen nicht.
Einen Anspruch auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten hat das Kammergericht der Beigeladenen zu 3 versagt, weil diese nicht an der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde teilgenommen habe. Das entspricht in seinem Kern der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die eine Erstattung außergerichtlicher Kosten eines Beigeladenen regelmäßig davon abhängig machen, daß dieser durch die Stellung von Anträgen im Verfahren ein eigenes, die Erstattung von Kosten des Gegners einschließendes Risiko eingegangen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.6.1995 - 4 B 126.95, NJW 1995, 2867; Beschl. v. 7.11.1993 - 1 C 8.93; Urt. v. 15.5.1997 - 3 C 16.96, Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 245; Beschl. v. 7.11.1995 - 7 C 71.94, Buchholz 113 § 5 InVorG Nr. 3; Urt. v. 24.7.1996 - 7 KSt 7.96, Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 31). Hat - wie im vorliegenden Fall - eine mündliche Verhandlung stattgefunden, setzt die Erstattungspflicht damit regelmäßig eine Teilnahme an dieser voraus.
Bereits diese Rechtsprechung, deren Übernahme in das kartellverwaltungsrechtliche Verfahren keinen Rechtsfehler erkennen läßt, schließt es aus, die vom Kammergericht vorgenommene Kostenverteilung als gesetzesfremd anzusehen.
Soweit die Beschwerde darüber hinaus geltend macht, die vom Kammergericht verlangte Teilnahme an der mündlichen Verhandlung sei der Beigeladenen zu 3 wegen ihrer zwischenzeitlich eingetretenen, auch auf dem kartellrechtswidrigen Verhalten der Gesellschafter des Deutschen Lotto- und Totoblocks beruhenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten unmöglich gewesen, berührt das diese Beurteilung nicht. Dieser Einwand betrifft allein die konkrete Anwendung der genannten Grundsätze im Einzelfall; soweit dem Kammergericht dabei ein Rechtsirrtum unterlaufen sein sollte, führte dieser nicht zu einer greifbaren Gesetzwidrigkeit. Das von der Rechtsprechung entwickelte Instrument der außerordentlichen Beschwerde aus diesem Gesichtspunkt dient nicht dazu, eine nach dem Gesetz nicht bestehende allgemeine sachliche Überprüfung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte zu eröffnen. Sein Zweck ist allein, Korrekturen bei besonders gewichtigen Verstößen gegen die Rechtsordnung zu ermöglichen. Hierfür genügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung als solche allein nicht, so daß hier dahinstehen kann, ob dem Kammergericht mit der Vernachlässigung des Vorbringens der Beigeladenen zu 3 ein derartiger Fehler unterlaufen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB.
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(1) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat bei der Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird, schriftlich einzureichen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung der Kartellbehörde. Wird in den Fällen des § 36 Absatz 1 Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 42 gestellt, so beginnt die Frist für die Beschwerde gegen die Verfügung des Bundeskartellamts mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Es genügt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.
(2) Ergeht entsprechend § 73 Absatz 3 Satz 2 auf einen Antrag keine Verfügung, so ist die Beschwerde an keine Frist gebunden.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Verfügung zu begründen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 3 beginnt die Frist mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Wird diese Verfügung angefochten, beginnt die Frist zu dem Zeitpunkt, zu dem die Untersagung unanfechtbar wird. Im Fall des Absatzes 2 beträgt die Frist einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Beschwerde. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Beschwerdegerichts verlängert werden.
(4) Die Beschwerdebegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Verfügung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, - 2.
die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.
(5) Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Beschwerden der Kartellbehörden.
(1) Gegen Verfügungen der Kartellbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.
(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten im Sinne des § 54 Absatz 2 und 3 zu. Gegen eine Verfügung, durch die eine Erlaubnis nach § 42 erteilt wird, steht die Beschwerde einem Dritten nur zu, wenn er geltend macht, durch die Verfügung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Verfügung der Kartellbehörde zulässig, auf deren Vornahme der Antragsteller ein Recht zu haben behauptet. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Kartellbehörde den Antrag auf Vornahme der Verfügung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleichzuachten.
(4) Über die Beschwerde entscheidet das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen der §§ 35 bis 42 das für den Sitz des Bundeskartellamts zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 158 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, gilt § 202 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes.
(5) Der Bundesgerichtshof entscheidet als Beschwerdegericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen Verfügungen des Bundeskartellamts
jeweils einschließlich aller selbständig anfechtbaren Verfahrenshandlungen.(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Vor Erteilung des Investitionsvorrangbescheids hat die zuständige Stelle dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen und, soweit ein Unternehmen betroffen ist, dem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, in dessen Gebiet das Grundstück oder Gebäude belegen ist oder das Unternehmen seinen Sitz (Hauptniederlassung) hat, und demjenigen, dessen Antrag auf Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz dieser Stelle bekannt ist (Anmelder), mitzuteilen, daß der Vermögenswert für investive Zwecke nach § 3 verwendet werden soll. Der Mitteilung an den Anmelder ist der Vorhabenplan beizufügen. Anmelder, deren Antrag im Zeitpunkt der Anfrage nicht ordnungsgemäß präzisiert worden ist, erhalten keine Mitteilung.
(2) Der Anmelder hat Gelegenheit, sich innerhalb von zwei Wochen ab Zugang von Mitteilung und Vorhabenplan zu dem Vorhaben und dazu zu äußern, ob er selbst eine Zusage investiver Maßnahmen beabsichtigt. Die Entscheidung darf vor Ablauf dieser Frist nicht ergehen, sofern nicht eine Äußerung vorher eingegangen oder auf die Einhaltung der Frist oder auf die Anhörung verzichtet worden ist. Nach deren Ablauf ist ein Vorbringen des Anmelders gegen das beabsichtigte Vorhaben nicht zu berücksichtigen. Das gleiche gilt, wenn die Berechtigung nicht innerhalb der Frist glaubhaft gemacht wird.
(3) Hat der Anmelder ein eigenes Vorhaben angekündigt, so ist dieses nur zu berücksichtigen, wenn es innerhalb von sechs Wochen ab Zugang der Mitteilung und des Vorhabenplans durch Einreichung eines eigenen Vorhabenplans des Anmelders dargelegt wird. Ein eigenes Vorhaben kann der Anmelder nicht einführen, wenn ein Verfahren nach § 21b stattgefunden hat.
(4) Die Anhörung des Anmelders kann unterbleiben, wenn die voraussichtliche Dauer des Verfahrens bis zu ihrer Durchführung den Erfolg des geplanten Vorhabens gefährden würde.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.
(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.
(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.
(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.
(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.