Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2009 - IX ZR 164/07
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. August 2007 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 260.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- 1. Ein Notanwalt ist dem Kläger nicht zu bestellen. Gemäß § 78b Abs. 1 ZPO kann ein Rechtsanwalt einer Partei zur Wahrnehmung ihrer Rechte nur dann beigeordnet werden, wenn die Rechtsverfolgung nicht aussichtslos erscheint. Die für den Beschwerdeführer erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist indes aussichtslos. Ein dem Kläger beigeordneter Rechtsanwalt wäre nicht in der Lage, sie schlüssig zu begründen. Denn die Rechtssache hat weder grund- sätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 544 Abs. 2 Satz 3, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 2
- a) Der Senat hat die Eingaben des Klägers und die darin enthaltenen Angriffe gegen das Berufungsurteil umfassend geprüft. Ganz überwiegend beanstandet der Kläger, dass das Berufungsgericht gegen die Grundsätze der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO verstoßen habe und deshalb zu einer unrichtigen Bewertung sowohl der Vorgänge, die für die Kündigung durch seinen früheren Arbeitgeber ausschlaggebend waren, als auch der Leistung des Beklagten vor und in den Inzidenzverfahren gelangt sei. Diese Rügen sind nicht zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde geeignet. Das Berufungsgericht hat kaum Feststellungen über umstrittene Tatsachen getroffen, sondern seinen Erwägungen nahezu durchweg unstrittigen Vortrag und Vortrag des Klägers zugrunde gelegt und diesen sodann einer rechtlichen Würdigung unterzogen. Dabei handelt es sich nicht um Beweiswürdigung im Sinne des § 286 ZPO, sondern um die Anwendung des materiellen Rechts. Soweit die Ausführungen des Berufungsgerichts hinsichtlich einzelner Aspekte auch Elemente einer Tatsachenfeststellung enthalten, kann dahinstehen, ob diese Feststellungen mit den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung vereinbar sind. Ebenso wie etwaige Fehler bei der Anwendung des materiellen Rechts (hierzu BGHZ 152, 182, 188; 154, 288, 293 f; vgl. auch BVerfG NJW 2005, 3345) einschließlich des in den Inzidenzverfahren einschlägig gewesenen Arbeits- bzw. Verwaltungsrechts sind etwaige Verfahrensfehler alleine grundsätzlich nicht einmal dann geeignet, einen Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu begründen, wenn sie schwerwiegend oder offensichtlich sind (BGHZ 151, 42, 46; BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZR 75/02, NJW 2002, 2957; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl. § 543 Rn. 18 m.w.N.; Musielak/Ball, http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=ZPO&p=543 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BVerfGE&b=85&s=109 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BVerfGE&b=85&s=109&i=113 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BVerfGE&b=98&s=218 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BVerfGE&b=98&s=218&i=242 - 4 - ZPO, 6. Aufl. § 543 Rn. 9 m.w.N.). Aus dem Umstand, dass der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO dem Schutz des Vertrauens in die Rechtsprechung als Ganzes dient (vgl. Amtl. Begr. des ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 104), ist vielmehr zu schließen, dass ein Rechtsanwendungsfehler grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt. Eine Ausnahme kommt im Streitfall nicht in Betracht. Die Angriffe des Klägers richten sich ausnahmslos gegen Erwägungen und Bewertungen des Berufungsgerichts, die sich ausschließlich mit den Besonderheiten des sehr vielschichtigen und ungewöhnlichen Streitfalls befassen.
- 3
- b) Alleine diejenigen Angriffe, mit denen der Kläger beanstandet, dass das Berufungsgericht Teile seines Vortrags übergangen habe, sind im Ansatz geeignet, einen Zulassungsgrund zu begründen. Der Verstoß gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) kann Anlass sein, die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Dies setzt allerdings in der Regel voraus, dass nach den Darlegungen des Beschwerdeführers der Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist (BGH aaO sowie Beschl. v. 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181). Dann geht das Individualinteresse des Beschwerdeführers an der Durchsetzung seines Grundrechts , dem eine sonst eröffnete Verfassungsbeschwerde vornehmlich zu dienen hätte (BVerfGE 85, 109, 113; 98, 218, 242 f), mit dem öffentlichen Interesse an der Wahrung der Grundrechtsordnung, auf das das Revisionsrecht auch abstellt, einher.
- 4
- Weder anhand der vom Kläger vorgetragenen Angriffe noch im Übrigen ist indes ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör feststellbar oder gar offenkundig. Das Gebot des rechtli- chen Gehörs verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Urteilsfindung in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 25, 137, 140; 54, 86, 91 f; 96, 205, 216 f). Das Prozessgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG gibt keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich mit dem Vortrag einer Partei in derjenigen Weise auseinandersetzt, die sie selbst für richtig hält (BVerfGE 80, 269, 286), und erst recht keinen Anspruch darauf, dass das Gericht ihrer eigenen rechtlichen Würdigung folgt (BVerfGE 64, 1, 12; 87, 1, 33). Die Angriffe des Klägers sind im Kern auf Letzteres gerichtet. Das Berufungsgericht hat insbesondere seine Ausführungen über die Hintergründe und die Ernsthaftigkeit seiner Selbstmorddrohung erkennbar zur Kenntnis genommen, jedoch rechtlich anders gewürdigt. Die Nichtberücksichtigung des nach Schluss der Berufungsverhandlung gehaltenen Tatsachenvortrags gemäß § 296a ZPO begegnet keinen verfahrensrechtlichen Bedenken. Die Frage, ob das Berufungsgericht bzgl. der Aufklärung des Klägers durch den Beklagten über den Verlust des Rechtsschutzbedürfnisses für die verwaltungsgerichtliche Anfechtungsklage Vortrag übergangen hat, kann dahinstehen, weil es dieser Aufklärung nicht bedurfte; die diesbezüglichen Ausführungen im Urteil des Landgerichts sind zutreffend.
- 5
- 2. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der bis zum 24. Dezember 2007 verlängerten Begründungsfrist begründet worden ist. Eine Wiedereinsetzung in die Begründungsfrist wäre nur im Falle der Beiordnung eines Notanwalts in Betracht gekommen.
Gehrlein Grupp
Vorinstanzen:
LG Tübingen, Entscheidung vom 01.08.2006 - 4 O 373/05 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 21.08.2007 - 12 U 162/06 -
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(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 204.516,75 ?.
Gründe:
I.
Mit notariellem Vertrag vom 10. Juni 1998 veräußerte der Kläger seinen Grundbesitz in R. , hinsichtlich dessen eine Gläubigerbank das Zwangsversteigerungsverfahren betrieb, für 250.000 DM an die Beklagten. Der Kläger hält den Vertrag für sittenwidrig nach § 138 Abs. 1 BGB, weil der Verkehrswert der Grundstücke den vereinbarten Kaufpreis deutlich überstiegen habe und die Beklagten seine schlechten finanziellen Verhältnisse und den Druck des Zwangsversteigerungsverfahrens in verwerflicher Weise ausgenutzt hätten.Das Landgericht hat die auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages und Rückübereignung der Grundstücke gerichtete Klage abgewiesen. Die
Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II.
Die Beschwerde ist nach § 544 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht gegeben.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Norm kommt einer Rechtssache dann zu, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die klärungsbedürftig , klärungsfähig und entscheidungserheblich ist und das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BAG, NJW 1980, 1812, 1813; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5 und 6). Hier fehlt es schon an der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen ein Grundstückskaufvertrag unter dem Gesichtspunkt eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein kann. Der Senat hat dies auf der Grundlage jahrzehntelanger Rechtsprechung zuletzt noch einmal grundlegend dargelegt (BGHZ 146, 298). Er hat dabei auch deutlich gemacht, daß es Aufgabe des Tatrichters im Einzelfall ist, die Umstände zu würdigen, die die aus dem besonders großen Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung folgende Vermutung des subjektiven Sittenverstoßes erschüttern können. Daß der konkrete Fall Anlaß geben könnte, diese Rechtsprechung in einer über den Einzelfall hinausge-
henden Weise zu ergänzen, zu ändern oder zu überprüfen, zeigt die Beschwerde nicht auf und ist auch sonst nicht ersichtlich.
2. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
a) Dieser Zulassungsgrund ist insbesondere dann gegeben, wenn das Berufungsgericht von einer höherrangigen Entscheidung, namentlich des Bundesgerichtshofes , abweicht (Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5, zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen). Daran fehlt es. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nämlich nur vor, wenn das Berufungsgericht ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, also einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit dem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten Rechtssatz nicht deckt (vgl. BGHZ 89, 149 zu § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG). Solches zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie meint zwar, die Entscheidung des Berufungsgerichts lasse die ungewöhnlichen Umstände des Vertragszustandekommens auûer Betracht und entspreche daher nicht der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Klärung der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB erforderlichen Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Sie übersieht dabei aber, daû das Berufungsgericht eine solche Gesamtwürdigung nicht etwa - im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes - für entbehrlich gehalten hat. Es hat also keinen Rechtssatz aufgestellt , der den Rechtssätzen widerspräche, auf denen die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Behandlung wucherähnlicher Rechtsgeschäfte beruht.
b) Daû der Kläger die Entscheidung des Berufungsgerichts, gemessen an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, für falsch hält, erfüllt die
Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO selbst dann nicht, wenn seine Auffassung zuträfe. Zwar kann auch ein solcher Rechtsanwendungsfehler im Einzelfall die Zulassung der Revision begründen. Dazu reicht es aber nicht aus, daû - was hier nicht einmal ersichtlich ist - das Berufungsgericht eine offensichtliche oder schwerwiegende Fehlentscheidung erlassen hat (vgl. Musielak/Ball, aaO Rdn. 8). Aus dem Umstand, daû der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO dem Schutz des Vertrauens in die Rechtsprechung als Ganzes dient (vgl. Amtl. Begründung des ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 104), ist vielmehr zu schlieûen, daû ein Rechtsanwendungsfehler nur dann zur Zulassung der Revision führt, wenn hierdurch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung insgesamt gefährdet ist, sei es, daû aufgrund konkreter Anhaltspunkte die Gefahr einer Wiederholung desselben Fehlers durch das Gericht zu besorgen ist (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 23; Musielak/Ball, aaO Rdn. 8), sei es, daû aufgrund der Publizitätswirkung das Vertrauen in die Rechtsprechung als Ganzes erschüttert ist oder daû ein Nachahmungseffekt gegeben ist (s. Senat aaO; vgl. auch Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 543 Rdn. 13), so daû eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Alles dies kommt hier nicht in Betracht.
c) Soweit der Kläger geltend macht, das Berufungsgericht habe das Recht auf ein objektiv willkürfreies Verfahren verletzt, stützt er die Beschwerde zwar auf einen Umstand, der, läge er vor, unter den Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO fiele (vgl. BVerfG, NJW 2001, 1125, 1126; Amtl. Begründung des ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; Musielak/Ball, aaO, Rdn. 6). Zwar sieht die Norm - anders als etwa § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO - eine
Zulassung der Revision wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels nicht vor, so daû der Zugang zur Revisionsinstanz, nicht anders als bei materiellen Rechtsfehlern, nur unter den allgemeinen in der Norm genannten Voraussetzungen eröffnet ist (Amtl. Begründung zum ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 105; Musielak/Ball, aaO Rdn. 9). Bei der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts können jedoch - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Interessen berührt sein; denn die Miûachtung solcher Grundsätze, wie insbesondere des Gebots des willkürfreien Verfahrens, gefährdet das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt (s. dazu näher Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, Umdruck S. 7 ff, zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen).
Im konkreten Fall beruht das Urteil des Berufungsgerichts aber nicht auf einem Verstoû gegen das Recht auf ein willkürfreies Verfahren. Soweit der Kläger eine Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vermiût, läût dies nicht den Schluû zu, das Berufungsgericht habe diese Rechtsprechung nicht beachtet und sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Dafür gibt es keinen Anhaltspunkt. Das Urteil legt - auch ohne daû konkrete Entscheidungen zitiert sind - ersichtlich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Behandlung der wucherähnlichen Rechtsgeschäfte zugrunde. Soweit der Kläger ferner rügt, das Berufungsgericht habe seinen Vortrag zu einer weitergehenden Bebaubarkeit des Grundstücks nicht ernstlich zur Kenntnis genommen, verkennt er, daû es hierauf nicht ankam. Entscheidend waren die Wertverhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Spätere Entwicklungen wären nur dann von Bedeutung gewesen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt in einer Weise absehbar gewesen wären, daû ihnen der Verkehr einen Geldwert zuerkannt hätte. Dies ist dem Klägervortrag nicht zu entnehmen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung auf §§ 3, 5 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger
Klein Lemke
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 50.788 ?.
Gründe:
I.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung, Zug um Zug gegen Zahlung von 1.000 DM die Zustimmung zur Löschung einer Auflassungsvormerkung zu erteilen, zurückgewiesen. Es hat, sachverständig beraten, festgestellt, das von dem Beklagten für 1.000 DM gekaufte Grundstück sei 298.000 DM wert gewesen. Die daraus folgende "Vermutung für seine verwerfliche Gesinnung" habe der Beklagte "nicht widerlegt".
Der Kauf sei deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, der die Kläger entgegentreten.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes, nämlich der Revisionsanträge, die die Nichtzulassungsbeschwerde ermöglichen soll (Senat, Beschl. v. 27. Juni 2002, V ZR 148/02, zur Veröffentl. best.), übersteigt 20.000 ?. Dies ergibt sich, ohne daû es weiterer Darlegungen bedarf, daraus, daû die Verpflichtung , die Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung zu erklären , gegenständlich nicht teilbar ist und den Beklagten mit 99.333 DM, nunmehr 50.788 ?, beschwert. Bei der Bemessung der Beschwer 2, (§§ 3, erster Halbsatz ZPO) geht der Senat von 1/3 des Wertes des Grundstücks aus, das Gegenstand des durch die Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruchs ist (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rdn. 16, Stichwort Löschung m.w.N.). Den Verkehrswert des Grundstücks bemiût der Senat für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde im Anschluû an die mit gutachterlicher Hilfe getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mit 298.000 DM. Der Umstand, daû der Beklagte selbst zufolge der erforderlichen Gebäudesanierung einen Restwert des Grundstücks in Höhe des Kaufpreises, mithin 1.000 DM, behauptet , ist nicht maûgeblich. Denn die Beschwer, die er mit der beabsichtigten Revision bekämpft, unterscheidet sich notwendigerweise vom Ziel der Rechtsverteidigung , der Abweisung des Grundbuchberichtigungsanspruchs auf der Grundlage eines (niedrigen) Verkehrswertes, der ein Unwerturteil nach § 138 Abs. 1 BGB nicht erlaubt. Allerdings ist die Wertfeststellung des Berufungsgerichts voraussichtlich Gegenstand der Rügen in der Revision, deren Zulassung
die Beschwerde dient; die Nichtzulassungsbeschwerde selbst sucht einen Zulassungsgrund daraus herzuleiten, daû das Gutachten unvollständig und ein Antrag auf weiteren Sachverständigenbeweis übergangen worden ist. Dies hindert es aber nicht, die Feststellungen des Berufungsgerichts als Schätzgrundlage heranzuziehen. Wie bei der Festsetzung der Beschwer durch das Revisionsgericht nach § 546 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. gilt auch für die Ermittlung des Beschwerdegegenstandes nach § 26 Nr. 8 EGZPO ein gegenüber § 3 zweiter Halbsatz ZPO vereinfachtes Verfahren, das sich mit der Glaubhaftmachung des Wertes begnügt. Dies hatte das Revisionsrecht in der Fassung des Gesetzes über die Wiederherstellung der Rechtseinheit vom 12. September 1950 (BGBl. I 455) ausdrücklich vorgesehen (§ 546 Abs. 3 ZPO damaliger Fassung). Die Revisionsnovelle vom 15. September 1975 (BGBl. I 1863) hatte im Hinblick auf den Umstand, daû das Berufungsgericht die Beschwer von Amts wegen festzusetzen hatte (§ 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F.), von einer entsprechenden Regelung abgesehen; gleichwohl ging die Rechtsprechung weiterhin davon aus, daû Glaubhaftmachung genüge (BGH, Beschl. v. 9. März 1988, IVa ZR 250/87, BGHR ZPO § 546 Abs. 2, Neue Tatsachen 1). Der als Überleitungsvorschrift zur neuerlichen Novelle vom 27.07.2001 (BGBl. I 1887, geänd. 3138) geschaffene § 26 Nr. 8 EGZPO enthält sich einer Bestimmung, auf welche Weise (bei unbezifferten Anträgen) "der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer" zu ermitteln ist. Da das reformierte Revisionsrecht indessen insoweit zu den Grundsätzen des Jahres 1950 zurückkehrt, als sich die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes richtet, besteht kein innerer Grund, von der seinerzeit durch § 543 Abs. 3 ZPO geschaffenen Erleichterung der Wertermittlung abzusehen. Aus dem Umstand, daû der Gesetzgeber des Jahres 2001 im Gegensatz zu jenem des Jahres 1950 die Frage nicht anspricht, ist kein Argument dafür herzuleiten,
er wolle das Revisionsgericht nunmehr mit den unter Umständen langwierigen Ermittlungen nach § 3, zweiter Halbsatz ZPO belasten, die im Streitfalle zur Erhebung eines Verkehrswertgutachtens allein zur Klärung der Frage führen würden, ob die Nichtzulassungsbeschwerde statthaft ist. Im Streitfalle sind die zur Darlegung eines Zulassungsgrundes geführten Angriffe auf das Beweisergebnis des Berufungsgerichts nicht geeignet, diesem die Tauglichkeit zur Glaubhaftmachung der Beschwer zu entziehen (im einzelnen unten zu III 2). Die Kläger haben sich zu der Frage nicht geäuûert, mithin der Glaubhaftigkeit der Beschwer nichts entgegengesetzt.
III.
In der Sache hat die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg. Einen Zulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) hat der Beklagte nicht dargetan (§ 554 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
1. Die in Aussicht genommene Sachrüge (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a ZPO) macht eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. ZPO) oder aus sonstigen Gründen nicht erforderlich.
a) Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist nicht dargetan. Das Berufungsurteil stellt nicht den, von der Senatsrechtsprechung (BGHZ 146, 298; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, WM 2002, 600) abweichenden, Rechtssatz auf, bei einem besonders groben Äquivalenzverstoû im Austauschverhältnis bestehe eine Vermutung für eine verwerfliche Ge-
sinnung des Begünstigten in dem Sinne, daû diesen, wie in den Fällen des § 292 ZPO, die Beweislast für seine Redlichkeit träfe. In den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ist zwar davon die Rede, daû der Beklagte die aus dem Miûverhältnis zwischen Kaufpreis und Grundstückswert folgende Vermutung nicht widerlegt habe. Die des näheren in Bezug genommene Entscheidung des Landgerichts macht aber deutlich, daû sich das Berufungsgericht nicht von einem die Beweislast umkehrenden Begriff der Vermutung leiten lieû. Das Landgericht kommt als Ergebnis seiner Beweiserwägungen dazu, daû die Vermutung für die verwerfliche Gesinnung des Beklagten nicht entkräftet sei. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats, der von einer beweiserleichternden tatsächlichen Vermutung ausgeht, die vom Tatrichter bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist.
b) Die gerügten Rechtsanwendungsfehler, insbesondere eine etwa unzureichende Würdigung der Bewertungsschwierigkeiten (vgl. Senatsurt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, WM 1997, 1155 f) bei der Beurteilung der verwerflichen Gesinnung, begründen ein öffentliches Interesse an einer Revisionsentscheidung unter keinem der gesetzlichen Zulassungsgründe. Sie lassen einen über den Einzelfall hinauswirkenden Rechtsverstoû nicht erkennen (vgl. Senatsbeschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, für BGHZ bestimmt).
2. Auch die in Aussicht genommene Verfahrensrüge (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 b ZPO) begründet die Beschwerde nicht.
a) Die Rüge, ein entscheidungserheblicher Beweisantrag sei übergangen worden, auf die sich die Beschwerde stützt, kann zwar, wenn mit ihr zugleich ein Verstoû gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1
GG) dargelegt ist (zur verfassungsrechtlichen Pflicht der Gerichte, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen, und deren Grenzen vgl. BVerfGE 60, 247, 249; 60, 250, 252; 69, 145, 158; BVerfG-K, NVwZ 95, 1097), Anlaû sein, die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen; dies setzt in der Regel voraus, daû nach den Darlegungen des Beschwerdeführers der Verstoû gegen das Verfahrensgrundrecht im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist (Senat Beschl. v. 4. Juli 2002 aaO; vgl. auch Beschl. v. gleichen Tage, V ZR 75/02, zur Veröffentl. best.). In diesem Falle geht das Individualinteresse des Beschwerdeführers an der Durchsetzung seines Grundrechts, dem eine sonst eröffnete Verfassungsbeschwerde vornehmlich zu dienen hätte (BVerfGE 85, 109, 113; 98, 218, 242, 243), mit dem öffentlichen Interesse an der Wahrung der Grundrechtsordnung, auf das das Revisionsrecht auch abstellt , einher (zur Aufgabe der Zulassungsrevision, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen, vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Novelle v. 27.07.2001, BR-Drucks. 536/00, S. 265 f).
Im Falle des Beklagten bedarf es der Zulassung der Revision nicht, denn ein offensichtlicher Grundrechtsverstoû liegt nicht vor. Das Berufungsurteil befaût sich zwar mit dem Antrag des Beklagten, zum Gesamtausmaû des Schwammbefalls, der für die Aufzehrung des Grundstückswertes maûgeblich sei, ergänzenden Sachverständigenbeweis zu erheben, nicht. Auch trifft es zu, daû der im selbständigen Beweisverfahren herangezogene Sachverständige sein Gutachten unter dem Vorbehalt erstattet hat, daû die Verkehrswertermittlung nicht mit einem Bausubstanzgutachten identisch ist. Anlaû hierzu hatte die Bekundung eines anderen Sachverständigen über seiner Ansicht nach erforderliche Freilegungen bestimmter Bauteile gegeben. Andererseits hat der Gutachter , jedenfalls hinsichtlich beachtlicher Teile der Baumasse, aus eigener
Erkenntnis Befundtatsachen ermittelt ("Hausschwamm in einem kaum vorstellbaren Maûe"), die Schlüsse auf den Verkehrswert erlauben konnten. In dem Schweigen der Entscheidungsgründe tritt unter diesen Umständen nicht klar und offenkundig ein Grundrechtsverstoû zutage, denn Art. 103 Abs. 1 GG gebietet es nicht, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 217).
b) Ein etwaiger Verstoû gegen das einfache Verfahrensrecht (§ 286 ZPO) rechtfertigt die Zulassung aus den zu III 1 b genannten Gründen nicht.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Lemke Gaier
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.