Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Feb. 2012 - IX ZR 151/09

16.02.2012
vorgehend
Landgericht Münster, 15 O 167/06, 26.02.2007
Oberlandesgericht Hamm, 28 U 66/07, 04.06.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 151/09
vom
16. Februar 2012
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Raebel, die Richterin Lohmann, den Richter
Dr. Pape und die Richterin Möhring
am 16. Februar 2012

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Juni 2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 370.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht.
2
1. Welche Pflichten den Rechtsanwalt vor Abschluss eines Abfindungsvergleichs von erheblicher Tragweite treffen, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausreichend geklärt (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1994 - IX ZR 123/93, NJW 1994, 2085 ff mwN; vom 13. April 2000 - IX ZR 372/98, NJW 2000, 1944 unter II 1. a; Urteile vom 8. November 2001 - IX ZR 404/99, BGH-Report 2002, 373; IX ZR 64/01, NJW 2002, 292; Urteil vom 11. März 2010 - IX ZR 104/08, WM 2010, 815 Rn. 8; Beschluss vom 26. Januar 2006 - IX ZR 204/02, bei juris). Der Rechtssatz des Urteils vom 26. Januar 2006 (IX ZR 232/01, WM 2006, 927 = NJW-RR 2006, 923 Rn. 22), auf den sich die Be- schwerde beruft, bezieht sich nicht auf Tatsachen, die eine aktuelle, sachverständig gestützte Prognose voraussetzen, die mithin von dem unfallverletzten Mandanten aus eigener Kenntnis nicht verlässlich beurteilt werden können und die von dem Rechtsanwalt nach älteren Befunden als zweifelhaft gewertet werden müssen. Darauf weist die Beschwerdeerwiderung zutreffend hin. Die Frage des Mitverschuldens auf Seiten des Klägers ist nach diesem Ausgangspunkt nicht zulassungserheblich.
3
2. Die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises zur haftungsausfüllenden Kausalität hat das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in zweistufiger Prüfung festgestellt. Es gab zunächst keinen vernünftigen Grund, davon abzusehen, vor dem Abschluss des Abfindungsvergleichs ein aktuelles medizinisches Gutachten über die künftige Berufsfähigkeit des Klägers einzuholen. Es gab sodann keinen vernünftigen Grund dafür, trotz der tatrichterlich festgestellten negativen Prognose eines solchen hypothetischen Gutachtens den angebotenen Vergleich abzuschließen.
4
3. Das Berufungsgericht hat das rechtliche Gehör des Beklagten nicht verletzt. Das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. K. hat es zur Gänze berücksichtigt, indem auch auf die Möglichkeit einer Teilzeitstelle des Klägers als Hochbautechniker eingegangen worden ist. Der angeblich übergangene Beweisantritt hat nicht den von der Beschwerde bezeichneten Inhalt und war nach seiner aktenkundigen Fassung nicht entscheidungserheblich.
Kayser Raebel Lohmann
Pape Möhring

Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 26.02.2007 - 15 O 167/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 04.06.2009 - I-28 U 66/07 -

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 404/99 Verkündet am:
8. November 2001
Preuß,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die
Richter Stodolkowitz, Dr. Ganter, Raebel und Kayser

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. November 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der damals 28 Jahre alte Kläger wurde am 3. September 1993 gegen 23.45 Uhr mit seinem Fahrrad ohne eingeschaltete Frontleuchte von einem linksabbiegenden PKW erfaßt und schwer verletzt; u.a. verlor er sein Augenlicht. Der Kläger erteilte nach dem Unfall seinem Vetter M. S. Generalvollmacht , der seinerseits den beklagten Rechtsanwalt mit der Regelung der Unfallschadenssache betraute.
Der Beklagte schloß mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers Abfindungsvergleiche über den immateriellen und den materiellen Schadensersatz. Der Kläger, der nach einer Ausreiseaufforderung der zuständigen Behörde als lediglich geduldeter Ausländer im Winter 1995 in seine bosnische Heimat zurückkehrte, hat den Beklagten wegen der Nachteile jener Abfindungsvergleiche auf Schadensersatz in Anspruch genommen.
Hinsichtlich der Abfindung des immateriellen Schadens ist die Klage in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. Im übrigen hat das Landgericht die zunächst auf einen Teilbetrag gerichtete Klage nach erster Berufung des Klägers und Zurückverweisung gleichfalls abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die in der Berufungsverhandlung geänderte Klage festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 3. September 1993 zu 80 % zu ersetzen, soweit die Schadensersatzansprüche durch die erhaltene Abfindungszahlung der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners in Höhe von 250.000 DM nicht bereits ausgeglichen sind und nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.
Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er sein Ziel vollständiger Klagabweisung weiterverfolgt. Die Revision des Klägers hat der Senat nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht hat seinen Feststellungsausspruch damit begründet , daû der Beklagte vor dem Abschluû des Abfindungsvergleiches vom 1. August 1995 den Generalbevollmächtigten des Klägers über die tatsächlichen und rechtlichen Umstände des abgefundenen materiellen Schadensersatzanspruchs nicht ausreichend aufgeklärt habe, der Generalbevollmächtigte andernfalls der Abfindungssumme von 250.000 DM nicht zugestimmt hätte und die Abfindung wahrscheinlich nicht ausreiche, um den Gesamtschaden des Klägers abzüglich eines Eigenanteils von 20 v.H. zu decken.
Das hält rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

II.


Der Kläger begehrt den Ersatz eines allgemeinen Vermögensschadens aufgrund behaupteter Verletzung anwaltlicher Vertragspflichten (§ 675 BGB), wenngleich sich das Anwaltsmandat selbst auf die Regulierung eines Rechts-
güterschadens (schwere Körperverletzung) bezog. Die somit schon prozessual (vgl. BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 260; v. 14. Dezember 1995 - IX ZR 242/94, NJW 1996, 1062, 1063) notwendige Wahrscheinlichkeit eines Schadens als Folge des Abfindungsvergleiches vom 1. August 1995 kann nach dem Vortrag des Klägers mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden. Denn es kommt nicht darauf an, ob die gezahlte Abfindungssumme den Gesamtschaden des Klägers auch dann abdeckt, wenn sich durch eine Verschlechterung seiner Gesundheit, seiner gegenwärtigen Betreuungsverhältnisse oder durch Veränderungen im öffentlichen Gesundheitswesen oder den wirtschaftlichen Lebensbedingungen in seiner Heimat ein künftiger Mehrbedarf herausstellt.
Das Prognoserisiko eines künftigen Mehrbedarfs hat der Kläger bewuût übernommen, als er statt einer Erwerbsausfall- und Mehrbedarfsrente von dem Haftpflichtversicherer eine Kapitalabfindung nach § 843 Abs. 3 BGB verlangte (vgl. BGH, Urt. v. 8. Januar 1981 - VI ZR 128/79, NJW 1981, 818, 820; Geigel/Rixecker, Der Haftpflichtprozeû 23. Aufl. Kap. 4 Rn. 179); denn eine Abänderungsklage entsprechend § 323 ZPO ist hier jedenfalls für die vom Berufungsgericht erwogenen generell vorhersehbaren Möglichkeiten eines künftigen Mehrbedarfs ausgeschlossen.
Das Berufungsgericht nimmt an, daû der Generalbevollmächtigte eine Kapitalabfindung für den Kläger gefordert hatte, allerdings für den erlittenen materiellen Schaden in Höhe eines Betrages von 400.000 DM. Das Berufungsgericht hätte demnach prüfen müssen, ob gerade durch die Unterschreitung dieser Abfindungssumme für den Kläger im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses ein Regulierungsschaden wahrscheinlich geworden ist, weil ein andernfalls
möglicher Rechtsstreit begründete Aussicht auf einen weitergehenden Erfolg geboten hätte. Diese Frage kann der Senat nach dem festgestellten Streitverhältnis nicht abschlieûend beantworten.

III.


Nach Zurückverweisung des Rechtsstreits wird sich das Berufungsgericht erneut mit den Erwägungen auseinanderzusetzen haben, mit denen das Landgericht eine Schadenswahrscheinlichkeit aufgrund des Abfindungsvergleiches vom 1. August 1995 verneint hat. Daneben sind auch die nachfolgend genannten Gesichtspunkte einzubeziehen.
1. Für den Fall eines Rechtsstreits war die Höhe des klägerischen Mitverschuldens offen. Das Landgericht hat im einzelnen begründet, daû sich der Kläger nach § 254 Abs. 1 BGB ein Mitverschulden von 30 v.H. anrechnen zu lassen habe. Dieser Anteil wäre bei Annahme grober Fahrlässigkeit auf seiten des Klägers, die das Landgericht bejaht, aus Rechtsgründen nicht zu hoch bemessen (vgl. OLG Köln, VRS Bd. 73, 176, 177), mag auch der Kraftfahrer hier leicht fahrlässig gegen § 3 Abs. 1 Satz 4 und § 9 Abs. 3 StVO verstoûen haben. Das Berufungsgericht hat infolge seines unrichtigen Ausgangspunktes bisher bei seinen weiteren Erwägungen nur die in den Abfindungsvergleichen zugrundegelegte Mitverschuldenshöhe des Klägers von 20 v.H. übernommen. Es wird insoweit nunmehr eigene Feststellungen zu treffen haben.
Gerade unter den vom Berufungsgericht nach bisheriger Verhandlung festgestellten Sichtverhältnissen am Unfallort ist der Betrieb der Frontleuchte von erheblicher Bedeutung, damit entgegenkommende und linksabbiegende Kraftfahrer den im spitzen Winkel von vorn herannahenden Fahrradfahrer rechtzeitig erkennen können. Der erneute Berufungsdurchgang wird den Parteien zudem Gelegenheit geben, zur Frage des Mitverschuldens auch die polizeiliche Unfallakte mit den in den Prozeûakten nicht enthaltenen Lichtbildern des Sachverständigen K. zum Gegenstand der Verhandlung zu machen. In die tatrichterliche Bewertung des Sichtversuches, den der Sachverständige längere Zeit nach dem Unfall unternommen hat, werden dabei auch die Witterungsverhältnisse und etwaige Behinderungen, denen der Kraftfahrer bei Nieselregen (GA 236) und Scheibenwischerbetrieb ausgesetzt ist, einzuflieûen haben.
2. Bei der Kapitalisierung eines klägerischen Rentenanspruchs als Berechnungsbasis der verlangten Abfindung ist für die neuerliche Prüfung der Schadenswahrscheinlichkeit im Gegensatz zu dem aufgehobenen Urteil gleichfalls nicht von den für den Kläger teils zu ungünstigen, teils erheblich zu günstigen Berechnungsbeispielen des Beklagten auszugehen.

a) Für die Höhe des Erwerbsausfallersatzes (§§ 842, 843 Abs. 1, § 252 BGB) ist im Streitfall auch zu berücksichtigen, daû der Kläger als ungelernter Arbeiter ein beträchtliches Beschäftigungsrisiko trug. Er war bei seinem Vetter und späteren Generalbevollmächtigten als Bauhilfsarbeiter beschäftigt und hatte dort nur kurzzeitig den in der Berechnung des Beklagten zugrunde gelegten monatlichen Nettoverdienst von 2.100 DM erzielt. In seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vor dem Berufungsgericht vom 23. August 1999 (Protokoll S. 17, GA 580) hat der Generalbevollmächtigte des Klägers erklärt,
selbst seit vier Jahren arbeitslos zu sein. Er hätte also den Kläger, wäre jener bis dahin gesund und bei ihm in Arbeit geblieben, spätestens bei Aufgabe seines Geschäftes entlassen müssen. Der Kläger hätte unter diesen Umständen schon im Haftpflichtprozeû Anknüpfungstatsachen dafür darlegen müssen, wann, wo und zu welchen Arbeitsbedingungen er ab 1995 ohne den Unfall anderwärts wieder Arbeit und Verdienst gefunden hätte. Andererseits ist zu prüfen , in welchem Umfang bei Beschäftigungslücken gegebenenfalls Ansprüche auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung bestanden hätten. Im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsrisiko sind auch die ausländerrechtliche Stellung des Klägers und die vom Landgericht näher geprüften Verdienstmöglichkeiten eines ungelernten Arbeiters in seiner Heimat zu würdigen. Dabei dürfen im Hinblick auf die Erleichterungen der § 252 Satz 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO insgesamt an die Darlegung der Anknüpfungstatsachen für den Erwerbsschaden keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, vielmehr ist gerade bei jüngeren Geschädigten davon auszugehen, daû sie grundsätzlich die sich ihnen bietenden Möglichkeiten nutzen werden, ihre Existenz durch Arbeitseinkommen zu sichern. Den insoweit verbleibenden Risiken (Zeiten der Arbeitslosigkeit etc.) kann gegebenenfalls durch Abschläge von dem zu prognostizierenden Lebenseinkommen Rechnung getragen werden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94, VersR 1995, 422, 424; v. 17. Februar 1998 - VI ZR 342/96, VersR 1998, 770, 772; v. 3. März 1998 - VI ZR 385/96, VersR 1998, 772, 773; v. 20. April 1999 - VI ZR 65/98, VersR 2000, 233 und v. 6. Juni 2000 - VI ZR 172/99, VersR 2000, 1521, 1522).
Die Erwerbsausfallrente des Klägers kann hier andererseits nicht - wie vom Beklagten beispielhaft entwickelt - ohne Einschränkung auf 46 Jahre hochgerechnet werden. Maûgebend sind der unfallbedingte Lohnausfall vom
Ende der Krankengeldzahlungen bis zum Zeitpunkt eines altersbedingten Ausscheidens aus dem Erwerbsleben sowie eine in dieser Zeit erarbeitete Altersrente.

b) Zu verletzungsbedingt vermehrten Bedürfnissen des Klägers ist zunächst zu prüfen, was der Beklagte in einem etwaigen Rechtsstreit gegen den Haftpflichtversicherer unter Entfaltung aller zumutbaren Bemühungen um Information hätte vortragen können. In diesem Zusammenhang werden insbesondere die schriftlichen Rückfragen des Beklagten vom 16. Mai und 14. Juni 1995 an den Generalbevollmächtigten des Klägers (GA 47-49) zu würdigen sein. Erst nach seiner Rückfrage vom 16. Mai 1995 hat der Beklagte dem Haftpflichtversicherer mit Schreiben vom 19. Mai 1995 (GA 126) mitgeteilt, daû Pflegeleistungen und Pflegekosten bei dem Kläger nicht anfielen. Demgegenüber ist zu bedenken, daû der erheblich behinderte Kläger, soweit er in der Familie gepflegt und betreut wurde, so daû keine Kosten für eine Heimunterbringung oder für die Heranziehung dritter Pflegekräfte anfielen, dadurch nicht notwendig einen Ersatzanspruch hinsichtlich des Pflege- und Betreuungsaufwands verlor. Vielmehr kann der Geschädigte grundsätzlich, wenn seine Familienangehörigen die notwendigen Pflege- und Betreuungsleistungen erbringen, für die ansonsten dritte Pflegekräfte herangezogen werden müûten, als "normativen" Schaden entsprechend § 843 Abs. 4 BGB eine Abgeltung des Wertes der von den Familienangehörigen erbrachten Pflegedienste im Rahmen der vermehrten Bedürfnisse geltend machen (vgl. dazu z.B. BGHZ 106, 28, 30 f.; BGH, Urt. v. 8. Juni 1999 - VI ZR 244/98, VersR 1999, 1156, 1157 m.w.N.). Inwieweit derartige geldwerte (wenn auch unentgeltlich erbrachte) Leistungen von Familienangehörigen vorliegend geltend gemacht werden konnten, darf bei
der rechtlichen Bewertung des Abfindungsvergleiches im vorliegenden Zusammenhang nicht auûer Betracht bleiben.
Bisher ist nicht näher festgestellt, unter welchen Unfallfolgen der Kläger vor Abschluû des Abfindungsvergleiches auûer seiner Erblindung noch litt, insbesondere welches dauernde Ausmaû, welche nähere Art und welche medizinische Prognose der angegebene Hirnschaden hatte und welche Pflegebedürfnisse (auûer der Blindenhilfe) hieraus hervorgingen. Bisher ist auch nicht vorgetragen, welcher medizinischen Versorgung der Kläger infolge des Unfalles möglicherweise auf Dauer und ohne Krankenversicherungsschutz in seiner Heimat bedarf und welche Kosten ihm dadurch - im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses vorhersehbar - entstehen. Der Schriftsatz des Klägers vom 21. September 1998, Seite 6 (GA 414) enthält nur die Andeutung, daû ein Teil der Abfindungen von dem Kläger für Arztleistungen verbraucht worden ist. Jener Schriftsatz deutet ferner an, daû der Kläger das Haus der Mutter seines Generalbevollmächtigten mit eigenen Mitteln blindengerecht habe umbauen lassen müssen. Nach der Aussage des Zeugen M. S. vom 23. August 1999 (Protokoll S. 11, GA 574) handelte es sich aber möglicherweise nur um die Herrichtung eines fremden (vielleicht kriegsbeschädigten oder verlassenen) Hauses auf Kosten des Klägers ohne besonderen Zuschnitt auf seinen andauernden unfallbedingten Körperschaden. Ein Baukostenzuschuû des Klägers als Ersatz für mietfreies Wohnen wäre als solcher jedenfalls noch kein unfallbedingter Mehrbedarf. Welche Baumaûnahmen mit welchem Kostenaufwand im einzelnen durchgeführt werden muûten, ist auch gegenwärtig nicht dargelegt und konnte vom Beklagten in der Wahrnehmung seines Mandates nicht verwertet werden, sofern er nicht über weitergehende Informationen verfügte. Für
die anwaltliche Informationsbeschaffung ist auch hier die Entfaltung aller zumutbaren Bemühungen und ihr Ergebnis ausschlaggebend.
Bei Kapitalisierung der verletzungsbedingt vermehrten Bedürfnisse des Klägers hätte im Haftpflichtprozeû von der tatsächlich geschätzten Lebenserwartung (Rentenbezugsdauer nach § 843 Abs. 1 BGB) ausgegangen werden müssen, die hier nicht ohne weiteres mit den Daten der Allgemeinen Deutschen Sterbetafel gleichgesetzt werden kann (vgl. Wussow/Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 6. Aufl. Rn. 374).
3. Eine Schadenswahrscheinlichkeit ergibt sich nicht daraus, daû der Beklagte die Steuerpflicht eines Erwerbsausfallersatzes in Deutschland (§ 2 Abs. 1, § 24 Nr. 1 a EStG) auûer Betracht gelassen hat. Denn der Kläger befand sich zur Zeit dieser Leistung des Haftpflichtversicherers bereits wieder in seiner Heimat und hat dort die Ersatzleistung nicht zu versteuern brauchen.

IV.


Sollte das Berufungsgericht erneut eine Schadenswahrscheinlichkeit infolge des Abfindungsvergleiches vom 1. August 1995 bejahen, wird nach dem neuen Erkenntnisstand abermals zu prüfen sein, ob die bisher unterstellte Zustimmung des klägerischen Generalbevollmächtigten nach dem Schreiben des Haftpflichtversicherers vom 19. Juli 1995 (GA vor 588) und der dazu erfolgten Erklärung des Beklagten weiterhin als unbeachtlich anzusehen ist.
Letztlich würde die erst nach Schluû der bisherigen Berufungsverhandlung mit Rücksicht auf die Klagänderung erhobene Verjährungseinrede des Beklagten nunmehr einer Prüfung bedürfen.
Kreft Stodolkowitz Ganter Raebel Kayser

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 64/01
Verkündet am:
8. November 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zu den Pflichten eines Anwalts, der den Mandanten beim Abschluß eines
Abfindungsvergleichs berät.

b) Leistungen des Sozialhilfeträgers wegen unfallbedingt vermehrter Bedürfnisse
sind dem Anspruch des Empfängers auf Ersatz seines Erwerbsschadens
nicht kongruent (im Anschluß an BGH NJW 1997,
256).
BGH, Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 64/01 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Stodolkowitz, Dr. Ganter, Raebel und Kayser auf die
mündliche Verhandlung vom 8. November 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagten - in einer Sozietät verbundene Rechtsanwälte - wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.
Am 26. September 1992 erlitt die damals 25jährige, verheiratete Klägerin aus dem alleinigen Verschulden des bei der Versicherung AG (i.f. nur noch: Versicherung) haftpflichtversicherten Unfallgegners einen Verkehrsunfall. Seit
dem 1. September 1992 lebte sie von ihrem Ehemann getrennt; ihr am 6. Dezember 1990 geborener, schwerbehinderter Sohn, der nicht von dem Ehemann abstammt, wurde in einer Pflegestelle betreut. Die Klägerin ging keiner Erwerbstätigkeit nach und bezog - allerdings erst seit kurzem - Sozialhilfe. Ob die Klägerin vor dem Unfall jemals einen selbständigen Haushalt geführt hatte, ist streitig.
Bei dem Unfall wurde die Klägerin schwer verletzt. Sie sitzt seither im Rollstuhl. Im Schwerbehindertenausweis ist der Grad ihrer Behinderung seit dem 29. Oktober 1997 mit 100 % angegeben [GA II 105]. Sie bezieht weiterhin Sozialhilfe (mit einem 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz) und auûerdem Pflegegeld gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG. Nach dem Unfall nahmen die Klägerin und ihr Ehemann die eheliche Gemeinschaft wieder auf. Den - nach dem Vortrag der Klägerin seit 20. August 1993 (wieder) bestehenden - gemeinsamen Haushalt führt der nicht mehr berufstätige Ehemann, der zudem die Klägerin und deren Sohn versorgt.
Anfang 1995 beauftragte die Klägerin die Beklagten mit der Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld gegenüber der Versicherung. Diese zahlte aufgrund von Verhandlungen mit dem sachbearbeitenden Beklagten zu 2 als Vorschuû auf das Schmerzensgeld bis Dezember 1995 insgesamt 50.000 DM. Anschlieûend bemühte sich der Beklagte zu 2 um eine abschlieûende Regulierung. Mit Schreiben vom 26. November 1996 bat er die Klägerin, sie möge, nachdem ihr inzwischen eine restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 46.000 DM zugegangen sei, die anliegende Abfindungserklärung unterzeichnen. Mit ihrer am 4. Dezember 1996 geleisteten Unterschrift erklärte sich die Klägerin wegen aller Ersatzansprüche aus dem Scha-
densereignis vom 26. September 1992 gegen Zahlung eines Abfindungsbetrages von 96.000 DM abzüglich bereits bezahlter 50.000 DM endgültig und vorbehaltlos (ausgenommen weitere immaterielle Ansprüche für den Fall, daû der Klägerin unfallbedingt das linke Bein abgenommen werden müûte) für abgefunden.
Die Klägerin wirft den Beklagten vor, sie hätten sie nicht darüber aufgeklärt , daû sie, wenn sie die Abfindungserklärung abgebe, auf Ansprüche wegen des materiellen Schadens verzichte. Eines solchen Hinweises hätte es um so mehr bedurft, als die Positionen Haushaltsführungs- und Kinderbetreuungskosten für sie überragende Bedeutung hätten. Die Beklagten hätten ihr den Abschluû des Abfindungsvergleichs überhaupt nicht vorschlagen dürfen, weil er für sie handgreiflich ungünstig gewesen sei.
Die auf Zahlung eines Betrages von 112.451,95 DM sowie einer monatlichen Rente gerichtete Klage haben die Vorinstanzen abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Es spreche zwar einiges dafür, daû die Beklagten die Klägerin nicht hinreichend über die Tragweite der Abfindungsvereinbarung belehrt hätten. Letztlich könne dies aber dahinstehen. Denn der geltend gemachte Regreûanspruch scheitere jedenfalls an dem fehlenden Nachweis, daû die Klägerin bei richtiger und vollständiger Aufklärung die Abfindungserklärung nicht unterschrieben hätte. Es sei auch nicht dargetan, daû die Versicherung den Schmerzensgeldanspruch im November 1996 reguliert hätte, wenn Ansprüche wegen des materiellen Schadens offengeblieben wären.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Die Beklagten haben ihre anwaltlichen Pflichten schuldhaft verletzt.

a) Die Klägerin ist pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt worden, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs keine Ansprüche wegen eines materiellen Schadens mehr geltend machen kann.
aa) Da der Mandant eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er seine Interessen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zur Geltung bringt, ist
es auch seine Sache, darüber zu befinden, ob und mit welchem Inhalt er einen Rechtsstreit durch Vergleich beendet. Will der Prozeûbevollmächtigte einen solchen abschlieûen, hat er sich deshalb grundsätzlich der vorherigen Zustimmung der Partei zu versichern. Zuvor muû er diese darüber informieren, mit welchem Inhalt er den Vergleich abzuschlieûen gedenkt, und sie über die Vorund Nachteile ins Bild setzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt Anhaltspunkte dafür hat, daû der Mandant sich mehr davon verspricht. Selbst wenn der Rechtsanwalt der Meinung ist, das von ihm ausgehandelte Ergebnis sei schon das Äuûerste, was bei der Gegenseite zu erreichen sei, entbindet ihn das nicht von seiner Aufklärungspflicht (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 76/92, WM 1993, 1197, 1199; vgl. auch Urt. v. 7. Dezember 1995 - IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567). Für einen Abfindungsvergleich gilt das in besonderem Maûe (BGH, Urt. v. 21. April 1994 - IX ZR 23/93, NJW 1994, 2085, 2086; v. 13. April 2000 - IX ZR 372/98, NJW 2000, 1944).
bb) Das Berufungsgericht hat es letztlich zwar offengelassen, ob die Beklagten dieser Aufklärungspflicht gerecht geworden sind. Nach seinen - durchaus erschöpfenden - tatsächlichen Feststellungen ist die Frage jedoch zu verneinen.
Danach haben die Beklagten zunächst die Erwartungshaltung der Klägerin durch ein Schreiben vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 1] geprägt. Darin teilten sie mit, daû die Versicherung dem Grunde nach Haushaltsführungs- sowie Kinderbetreuungskosten anerkenne, daû also eines "hoffentlich nicht mehr allzufernen Tages ein Gesamtkapitalbetrag für die Gesamtkosten ausgeschüttet ... (wird), die bis zum 16. Lebensjahr Ihres Sohnes auflaufen werden". Daû die Klägerin angenommen hat, auf die Positionen Haushaltsführung und Kin-
derbetreuung werde ein gröûerer Betrag gezahlt, geht aus ihrem Schreiben vom 2. April 1996 [Anlage B 20] hervor. Darin bat sie den Beklagten zu 2, eben dies mit der Versicherung zu klären. Mit Schreiben vom 6. November 1996 [Anlage K 3 = GA II 63] teilten die Beklagten der Klägerin u.a. mit: "Aufgrund Ihrer persönlichen Situation ist es zunächst einmal (Unterstreichung nicht im Original) sinnvoll, jetzt im Zusammenhang mit den Unfallfolgen nur die Schmerzensgeldfrage zu regeln." Dies lieû es möglich erscheinen, daû der materielle Schaden später geregelt werden sollte. Zwar fuhren die Beklagten in dem Schreiben fort: "Ansprüche auf Verdienstausfall oder andere stehen offensichtlich nicht im Raum. Sie waren bereits bei Eintritt des Unfalls Sozialhilfeempfängerin , Sie sind dies bis zum heutigen Tage." Schon das Berufungsgericht hat es aber als "zumindest fraglich" bezeichnet, ob die einfach strukturierte Klägerin die Bedeutung dieses Satzes verstanden hat. Davon kann in der Tat nicht ausgegangen werden, weil ein rechtlicher Laie Haushaltsführungsund Kinderbetreuungskosten nicht als Verdienstausfall qualifiziert. Die erforderliche Aufklärung hat auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 26. November 1996 gebracht, in dem nur das Schmerzensgeld angesprochen wurde: "... nachdem Ihnen die restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von DM 46.000,-- zugegangen ist ..." [Anlage K 2 = GA II 61]. Das Aufklärungsdefizit wird schlieûlich auch dadurch belegt, daû die Beklagten selbst keine zutreffenden Vorstellungen über die Rechtslage hatten (dazu Näheres unter b ee).
cc) Daû sie an der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft, haben die darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 18. September 1986 - IX ZR 204/85, WM 1986, 1500, 1501; v. 20. Juni 1996 - IX ZR 106/95, WM 1996, 1832, 1835) nicht dargetan.


b) Nach dem Vortrag der Klägerin [GA I 6, 61], mit dem sich das Berufungsgericht nicht befaût hat, kommt als weitere schuldhafte Pflichtverletzung in Betracht, daû die Beklagten der Klägerin überhaupt den Abschluû des Abfindungsvergleichs vorgeschlagen haben. Dieser war für die Klägerin insofern nachteilig, als sie sich darin - zumindest dem Wortlaut nach - wegen ihrer Ansprüche auf Ersatz materiellen Schadens für abgefunden erklärte, ohne daû ihr eine entsprechende Leistung zufloû.
aa) Auf der Grundlage des für die Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalts hatte die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz für den Wegfall ihrer Arbeitskraft als Hausfrau und Mutter, durch deren Einsatz sie gemäû § 1360 Satz 2 BGB ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind und - nach Beendigung des Getrenntlebens - dem Ehegatten hätte erfüllen können (vgl. BGHZ 38, 55, 58; 50, 304, 306; 77, 157, 160 ff.; Palandt/Thomas, BGB 60. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 42 und § 845 Rn. 2). Insoweit stellte sich die Einschränkung der Fähigkeit, Hausarbeiten zu verrichten, als Erwerbsschaden im Sinne von § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB dar (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256 f.). Allerdings begründet der bloûe Ausfall der Arbeitskraft noch keinen Vermögensschaden (BGHZ 54, 45, 50 ff.; BGH, Urt. v. 31. März 1992 - VI ZR 143/91, NJW-RR 1992, 852), ebensowenig die abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit (BGHZ 38, 55, 58 f.; BGH, Urt. v. 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94, NJW 1995, 1023, 1024). Erforderlich ist vielmehr ein konkreter Ausfall an Arbeitsleistung oder Verdienst. Daran fehlt es aber nicht schon deshalb, weil die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls keinen eigenen Haushalt unterhielt und das Kind in einer Pflegestelle betreut wurde [vgl. GA I 38, 64, 79]. Etwas anderes hätte zwar zu gelten, wenn die Klägerin auch schon
vor dem Unfall nie in der Lage gewesen wäre, einen eigenen Haushalt zu führen und ein Kind zu versorgen, und dies demgemäû auch nie getan hätte. Das haben die Beklagten - unter Berufung auf "chronischen Alkoholabusus" der Klägerin - in der Tat behauptet [GA I 77-79]. Indes hat die Klägerin das Gegenteil vorgetragen und dafür Beweis angetreten [GA I 40, 65, 91, II 31]. Dieser Beweis ist - wie die Revision mit Recht rügt - nicht erhoben worden. Es ist deshalb zu unterstellen, daû die Klägerin vor dem Unfall - wenn auch nicht im Unfallzeitpunkt - einen eigenen Haushalt hatte und ohne den Unfall mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen gewesen wäre (§ 252 Satz 2 BGB), daû sie irgendwann wieder einen solchen haben würde. Das genügt für die Annahme eines konkreten Erwerbsschadens.
bb) Der Schaden entfiel nicht dadurch, daû der unterhaltsberechtigte Ehemann nach Beendigung des Getrenntlebens den Ausfall der "Hausfrau" ausglich, indem er deren Rolle selbst mit übernahm. Dies folgt aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, wonach ein Schadensersatzanspruch nicht dadurch geschmälert oder ausgeschlossen wird, daû der Vermögensnachteil durch freiwillige Leistung eines Dritten ausgeglichen wird (BGHZ 21, 112, 117; 54, 269, 274; 91, 357, 364; Palandt/Heinrichs, Vorbem. vor § 249 BGB Rn. 131).
cc) Der Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens war nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen und konnte auch nie auf diesen übergehen.
Wegen des Erwerbsschadens hatte der Sozialhilfeträger keine Leistungen erbracht, und etwas Derartiges war auch in Zukunft nicht zu erwarten. Der Beklagte bezieht sich in diesem Zusammenhang vergeblich auf den 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz der Hilfe zum Lebensunterhalt (monatlich 86,40 DM)
und das in wechselnder Höhe gewährte Pflegegeld gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG [vgl. Bescheide v. 21. September 1995, Anlage B 7, v. 5. Juli 1996, Anlage B 5, v. 18. Februar 1998, GA II 67, ferner Mitteilungen der Sozialämter GA I 28, II 101, Anlage K 13 alter Zählung]. Diese Leistungen des Sozialhilfeträgers waren dem Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres Erwerbsschadens nicht kongruent (vgl. BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, aaO S. 257). Der 20 %ige Aufschlag soll vermehrte Bedürfnisse zum Lebensunterhalt der Klägerin selbst abdecken und hat mit ihrem Beitrag zum Familienunterhalt nichts zu tun. Ähnlich verhält es sich mit dem Pflegegeld. Nach § 69 a Abs. 1 BSHG erhalten Pflegebedürftige, die bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens einmal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen, ein Pflegegeld; dieses wird gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG auf das Doppelte angehoben, wenn die Notwendigkeit der Hilfe bei den Verrichtungen zur Körperpflege, Ernährung und Mobilität mindestens dreimal täglich besteht. Dabei geht es immer um Hilfen für den Pflegebedürftigen selbst, nicht um einen Ersatz für Leistungen, die er ohne seine Behinderung Dritten erbracht hätte.
dd) Der Anspruch auf den Erwerbsschaden ist durch den - nach seinem Wortlaut umfassend angelegten - Abfindungsvergleich ausgeschlossen. Da die Klägerin die Versicherung insoweit aus eigenem Recht und nicht nur aufgrund einer Einziehungsbefugnis (vgl. dazu unten ee) in Anspruch nehmen konnte, stellt sich die Frage nicht, ob sich die Versicherung gegenüber dem Sozialhilfeträger auf den Abfindungsvergleich hätte berufen können (vgl. BGHZ 131, 274, 284 ff.).
ee) Die im Vorstehenden beschriebene Rechtslage haben die Beklagten , als sie der Klägerin den Abschluû des Abfindungsvergleichs empfahlen, verkannt. Sie haben damals gemeint, es gebe - abgesehen vom Schmerzensgeld - keine Ansprüche der Klägerin, die nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen seien; mit den übergegangenen Ansprüchen habe die Klägerin nichts zu tun. Diese Vorstellungen der Beklagten kommen in ihrem oben (1 a bb) bereits wiedergegebenen Schreiben an die Klägerin vom 6. November 1996 zum Ausdruck. An diesem Irrtum haben die Beklagten auch später festgehalten. Dies ergibt sich zum einen aus ihrem Schreiben an die Klägerin vom 16. März 1998 [Anlage K 8], in dem sie ausführen: "Die Vereinbarung, die wir seinerzeit mit der ... (Versicherung) getroffen haben, betrifft eindeutig nur solche Ansprüche, über die Sie selbst zum damaligen Zeitpunkt überhaupt noch verfügen konnten. Nicht beinhaltet sind damit alle Ansprüche, die zum damaligen Zeitpunkt bereits auf eine der vorgenannten Stellen im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs übergegangen waren. Ich verweise hierzu auf die Bestimmung des § 116 SGB X. Es ist grundsätzlich nicht Ihre und auch nicht unsere Sache, sich in den Regressstreit zwischen den vorgenannten Stellen und der ... Versicherung einzumengen. Die Ansprüche stehen Ihnen insoweit nicht mehr zu. Es handelt sich dabei vor allem um die Dinge, deren Fehlen Sie heute aufs Schärfste monieren", sowie - nach Geltendmachung des Regreûanspruchs - aus dem Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zählung]: "Es wurde nicht übersehen, dass die Abfindungserklärung nur Schmerzensgeldansprüche betrifft. Zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung war klar, dass auûer dem immateriellen Schmerzensgeldanspruch sonstige materielle Schadensersatzansprüche der Frau ... (Klägerin) wegen der Bestimmung des § 116 SGB X mit der... (Versicherung) nicht zu regulieren sind, da diese Ansprüche aufgrund der vorgenannten Rechtsvor-
schrift zumindest zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung samt und sonders auf die beteiligten Sozialhilfe- und Versorgungsträger übergegangen waren. Über diese Ansprüche hat Frau ... (Klägerin) auch nicht verfügt, was zwischen ihr und der ... (Versicherung) klar war." In dieselbe Richtung zielt der Prozeûvortrag der Beklagten [GA I 21]: "Damit wäre ein eventueller Erwerbs- und Fortkommensschadensersatzanspruch des den Haushalt führenden Ehepartners und Lebensgefährten gemäû § 116 SGB X bereits mit dem Unfallereignis auf die jeweils beteiligten Träger der Sozialhilfe übergegangen."
Selbst wenn die Beklagten im Ausgangspunkt Recht gehabt hätten - Ansprüche wegen Haushaltsführung und Kinderbetreuung also auf den Sozialhilfeträger übergegangen gewesen wären oder noch hätten übergehen können -, wäre die Ansicht verfehlt gewesen, die Klägerin könne solche Ansprüche nicht geltend machen. Im Hinblick auf den Nachrang der Sozialhilfe und das Zusammenspiel des § 116 SGB X mit § 2 BSHG ist der Geschädigte sogar nach dem Rechtsübergang auf den Sozialhilfeträger - der nicht stets bereits mit dem Unfallereignis stattfindet (BGHZ 131, 274, 278 ff.) - ermächtigt, zur Vermeidung der Hilfsbedürftigkeit die Ersatzleistung im eigenen Namen vom Schädiger einzufordern (BGHZ 131, 274, 282 ff.; 133, 129, 135 f.,140).
Tatsächlich stand hier - wie bereits ausgeführt - in bezug auf den Erwerbsschaden der Klägerin ein Übergang auf den Sozialhilfeträger nicht in Rede.
ff) Der Rechtsirrtum der Beklagten war schon deshalb schuldhaft, weil sie die anstehenden (insbesondere im Lichte der am 12. Dezember 1995 ergangenen Entscheidung BGHZ 131, 274 ff. zu sehenden) Rechtsfragen weder
eigenverantwortlich noch gar mit der gebührenden Sorgfalt geprüft haben. Sie haben sich vielmehr insoweit auf die gegnerische Haftpflichtversicherung verlassen. Das ergibt sich aus dem von dem Beklagten zu 2 gefertigten Aktenvermerk vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 4]: "Herr ... (Sachbearbeiter der Versicherung ) versprach in der Zwischenzeit abzuklären, wieweit die Haushaltsführung und Kinderbetreuung überhaupt noch Anspruchsgegenstand bei unserer Mandantin sein kann", sowie aus seinem inhaltsgleichen Schreiben vom selben Tage an die Versicherung [Anlage K 2 neuer Zählung].
2. Hatte die Klägerin - was vom Berufungsgericht nicht aufgeklärt worden ist - Ansprüche wegen eines Erwerbsschadens, besteht der regreûfähige Schaden darin, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs solche Ansprüche nicht mehr geltend machen kann, obwohl sie darauf nichts erhalten hat.

a) Allerdings muû sich die Versicherung möglicherweise wegen eines "doppelten Motivirrtums" auf eine Anpassung des Vergleichs nach den Grundsätzen über das Fehlen der Geschäftsgrundlage einlassen (vgl. BGHZ 25, 390, 392 f.; 58, 355, 361 f.; 62, 20, 24 f.; BGH, Urt. v. 13. November 1975 - III ZR 106/72, NJW 1976, 565 f.; Palandt/Heinrichs, § 119 BGB Rn. 30 und § 242 BGB Rn. 149). Das kommt dann in Betracht, wenn nicht nur die Klägerin, sondern auch die Versicherung bei Abschluû des Vergleichs davon ausgegangen ist, materieller Schaden werde davon nicht erfaût. Das Vorbringen der Beklagten [GA II 85] könnte in diese Richtung deuten (vgl. auch deren - oben teilweise wiedergegebenes - Schreiben vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zählung ]).
Falls danach noch ein Anspruch der Klägerin gegen die Versicherung bestehen sollte, entfällt deswegen aber nicht ihr Schaden. Denn es ist durchaus fraglich, ob die Versicherung sich nicht doch auf die Abfindungsklausel berufen wird. Gegebenenfalls droht der Klägerin ein langwieriger Prozeû mit ungewissem Ausgang. Diese von den Beklagten zu verantwortende Unsicherheit darf nicht zu Lasten der Klägerin gehen (vgl. Senatsurt. v. 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, WM 2001, 1605, 1607). Die Beklagten können nur analog § 255 BGB Abtretung etwa noch bestehender Ansprüche gegen die Versicherung verlangen.

b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht gemeint, die Klägerin habe "wohl schon damals" (als sie durch die Beklagten ihre Ansprüche gegen die Versicherung geltend machte), "wie auch jetzt im Prozess", keinen ausreichenden Vortrag "für einen konkreten Schaden ... erbracht".
Nach dem - hier anzuwendenden - § 287 ZPO reicht eine deutlich überwiegende , auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, daû ein Schaden entstanden ist, für die richterlicher Überzeugungsbildung aus (BGH, Urt. v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, NJW 1992, 2694, 2695; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, NJW 1993, 734). § 287 ZPO erleichtert dem Geschädigten darüber hinaus die Darlegungslast. Die Klage darf nicht wegen eines lückenhaften Vortrags zum Schaden abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schätzung vorhanden sind (BGH, Urt. v. 23. Oktober 1991 - XII ZR 144/90, NJW-RR 1992, 202, 203; v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, aaO S. 2695 f.; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, aaO). § 252 Satz 2 BGB bringt für den Geschädigten eine zusätzliche Erleichterung, soweit er entgangenen Gewinn darzulegen und nachzuweisen hat. Nach dieser Vorschrift gilt als ent-
gangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen , mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Entscheidend ist somit eine Prognose über die künftige Entwicklung (BGH, Urt. v. 14. Januar 1997 - VI ZR 366/95, NJW 1997, 937, 938). Fällt die Arbeitskraft einer Hausfrau aus, kann der Schaden anhand der in der Praxis entwickelten Berechnungsmodelle hinreichend genau erfaût werden (vgl. etwa BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256, 257 m.w.N.). Daû die Klägerin nach ihrem Vortrag gewisse hausfrauliche Tätigkeiten im Sitzen verrichten kann, sie also insoweit nicht zu 100 % ausfällt, steht einer Schätzung des konkreten Schadens nicht entgegen.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert die Haftung der Beklagten auch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden.

a) Liegt die Pflichtverletzung in der Empfehlung eines der Klägerin nachteiligen Vergleichs (vgl. oben 1 b), ist die Frage des Ursachenzusammenhangs möglicherweise noch weniger problematisch als bei einer bloûen Aufklärungspflichtverletzung. Die zuerst genannte Alternative hat das Berufungsgericht nicht geprüft.

b) Aber auch dann, wenn man - wie das Berufungsgericht - nur die Aufklärungspflichtverletzung im Auge hat, kann die Kausalität für den Schaden nicht verneint werden.
aa) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daû grundsätzlich ein Anscheinsbeweis dafür spricht, der Mandant hätte sich bei pflichtgemäûer Beratung durch seinen Rechtsanwalt "beratungsgerecht" verhalten (grundlegend BGHZ 123, 311, 315; st. Rspr.). Es hat indes gemeint, hier hätten die Beklagten den Anscheinsbeweis erschüttert. Sie hätten dargetan, daû es der Klägerin darauf angekommen sei, möglichst schnell eine möglichst hohe Summe von der Versicherung zu erhalten. Sie habe noch "im November/Dezember 1996" einen Abfindungsbetrag erhalten wollen. Daraus ergebe sich zumindest die ernsthafte Möglichkeit, daû sie den Abfindungsvergleich auch bei pflichtgemäûer Aufklärung über dessen weittragende Folgen abgeschlossen hätte.
bb) Dem kann nicht gefolgt werden. Soweit das Berufungsgericht zur Bekräftigung seines Standpunkts den Gedanken herangezogen hat, die Klägerin habe zunächst selbst nicht behauptet, daû sie im Falle ordnungsgemäûer Aufklärung den Abfindungsvergleich nicht unterschrieben hätte, hat es gegenteiligen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 17. Dezember 1999 [GA I 97] übersehen.
Ferner ist zwar zutreffend, daû die Klägerin im November/Dezember 1996 Geldbedarf anmeldete, weil sie eine behindertengerechte Kücheneinrichtung bestellt hatte, die am 5. Dezember 1996 geliefert und deren Preis von ca. 17.000 DM bar bezahlt werden sollte. Auch darf davon ausgegangen werden , daû die Klägerin zur Bezahlung mit vorhandenen Mitteln nicht in der Lage war. Es erscheint jedoch wenig lebensnah, daû die Klägerin - wenn die Beklagten ihr gesagt hätten, daû sie bei Annahme des vorgeschlagenen Abfindungsvergleichs auf andere Ansprüche als Schmerzensgeld verzichte - sich auf diesen Vergleich eingelassen hätte, nur um die bestellte Küche zu erhalten,
die ohne Bezahlung wohl nicht ausgeliefert worden wäre. Es ist nicht vorgetragen , daû die neue Küche zur Behebung einer dringenden Notlage unabweisbar gebraucht wurde. Die Lieferung hätte ohne weiteres zurückgestellt werden können. Zwar hatte die Klägerin eine neue Wohnung bezogen. Der Umzug hatte aber [ausweislich der Anlage B 6] spätestens im Juli 1996 stattgefunden. In der Zwischenzeit hatte sich die Klägerin offenbar mit der alten Küche beholfen. Das hätte auch künftig geschehen können. Selbst wenn die neue Küche dringend benötigt wurde, ist die Ansicht des Berufungsgerichts nicht nachvollziehbar , daû die Klägerin die Mittel zu ihrer Bezahlung von der Versicherung nur erhalten konnte, wenn sie den Abfindungsvergleich akzeptierte. Nach den Vorstellungen der Versicherung hatte die Klägerin allein als Schmerzensgeld noch 46.000 DM (allerdings darüber hinaus nichts) zu erwarten. Daû die Versicherung nicht bereit gewesen wäre, eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 17.000 DM zu leisten, haben die Beklagten nicht dargetan. Dazu sind sie wohl auch nicht in der Lage, weil sie in der bezeichneten Richtung keine Bemühungen entfaltet haben. Die Bereitschaft der Versicherung, den Betrag von 17.000 DM (oder auch mehr) als weiteren Abschlag zu zahlen, wäre überdies gefördert worden, wenn die Beklagten ihr pflichtgemäû deutlich gemacht hätten , daû wegen eines Haushaltsführungsschadens kein Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger stattgefunden hat. Wieso die Klägerin bei pflichtgemäûem Verhalten der Beklagten mit einem "langwierigen Prozeû mit ... ungewissem Ausgang" hätte rechnen müssen, ist deshalb nicht ohne weiteres ersichtlich.

III.


Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1
ZPO), weil sie noch nicht entscheidungsreif ist. Das Berufungsgericht wird zunächst feststellen müssen, ob die Klägerin ohne den Unfall wahrscheinlich irgendwann (wieder) einen Haushalt geführt und ihr Kind betreut hätte, also dem Grunde nach einen Erwerbsschaden hatte (vgl. oben II 1 b aa). Gegebenenfalls wird es die Höhe des Schadens schätzen müssen.
Kreft Stodolkowitz Ganter Raebel Kayser
8
a) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die Interessen des Mandanten umfassend und nach allen Richtungen wahrzunehmen und ihn vor vermeidbaren Nachteilen zu bewahren. Erwägt der Mandant den Abschluss eines Vergleichs, muss er ihm dessen Vor- und Nachteile darlegen. Dies gilt in besonderem Maße , wenn es sich - wie im Streitfall - um einen Abfindungsvergleich handelt (BGH, Urt. v. 13. April 2000 - IX ZR 372/98, WM 2000, 1353 f). Auch ein ausdrücklicher gerichtlicher Vergleichsvorschlag vermag den Rechtsanwalt nicht von seiner Verantwortung bei der Beratung der Partei zu entbinden (OLG Saarbrücken VersR 2002, 1378, 1380; OLG Frankfurt NJW 1988, 3269 f). Der Anwalt hat von einem Vergleich abzuraten, wenn er für die von ihm vertretene Partei eine unangemessene Benachteiligung darstellt (Sieg in: Zugehör /Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 718) und insbesondere begründete Aussicht besteht, im Falle einer streitigen Entscheidung ein wesentlich günstigeres Ergebnis zu erzielen (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 76/92, NJW 1993, 1325, 1328; v. 7. Dezember 1995 - IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567, 568; Terbille in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts 7. Aufl. Rn. 1724). In diesem Fall greift die Vermutung ein, dass der Mandant dem Vorschlag des Anwalts, von einem Vergleichsschluss abzusehen, gefolgt wäre (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, aaO S. 1329).