Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2008 - IX ZB 165/08
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.588,70 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger begehrt von der beklagten Rechtsanwältin die Zahlung von 7.000 € sowie die Freistellung von Anwaltskosten. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Urteil ist der Beklagten am 29. Oktober 2007 zugestellt worden. Ihr Prozessbevollmächtigter hat am 8. November 2007 Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung ist am Montag, dem 31. Dezember 2007 abgelaufen.
- 2
- 11. Januar Am 2008 erkundigte sich die Berichterstatterin des Berufungsgerichts fernmündlich in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Be- klagten, ob aus der dortigen Akte ein dem Berufungsgericht noch nicht vorliegender Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ersichtlich sei. Eine abschließende Antwort wurde nicht erteilt. Am 18. Januar 2008 wies der Vorsitzende des Berufungsgerichts darauf hin, eine Berufungsbegründung sei bei Gericht noch nicht eingegangen.
- 3
- Am 24. Januar 2008 beantragte die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung führte ihr Prozessbevollmächtigter aus:
- 4
- Er habe am 11. Januar 2008 von der Beklagten erfahren, beim Berufungsgericht sei bis zum 29. Dezember 2007 keine Berufungsbegründung und kein Verlängerungsantrag der Berufungsbegründungsfrist eingegangen. Er habe schon am 18. Dezember 2007 einen Antrag auf Fristverlängerung diktiert und seiner Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellten L. aufgegeben , den fertig gestellten, kuvertierten und frankierten Schriftsatz nicht mit der übrigen Post aus dem Postausgangsfach zu einem Postbriefkasten zu bringen , sondern direkt bei dem Kammergericht einzuwerfen. Er habe noch am 18. Dezember 2007 durch einen Anruf auf dem Mobiltelefon der Kanzleibediensteten nachgefragt und sich von ihr die Ausführung des Auftrags bestätigen lassen. Danach habe er sich als neuen Ablauf der Berufungsbegründungsfrist den 29. Januar 2008 vermerkt.
- 5
- Das Kammergericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
- 6
- Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Sätze 3 und 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
- 7
- Insbesondere ist entgegen der Auffassung der Beklagten eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt weder den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. BGH, Beschl. v. 10. Oktober 2006 - XI ZB 27/05, NJW 2007, 601, 602 Rn. 9; v. 15. November 2007 - IX ZB 219/06, NJW 2008, 526, 527 Rn. 7) noch weicht die Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab.
- 8
- 1. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag für unbegründet erachtet, weil weder ausreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht sei, dass die Beklagte ohne ihr zurechenbares Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten außerstande war, die Frist zur Begründung der Berufung zu wahren. Die Eintragung des endgültigen Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender hätte im Rahmen sorgfältiger Büroorganisation erst geschehen dürfen , nachdem die beantragte Fristverlängerung tatsächlich gewährt worden war.
- 9
- 2. Das Berufungsgericht hat damit entsprechend der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entschieden.
- 10
- Danach gelten für die Kontrolle von Fristen bei Fristverlängerungsanträgen grundsätzlich entsprechende Voraussetzungen wie für die unmittelbare Fristenkontrolle von Berufung und Berufungsbegründung. Es ist erforderlich, das mutmaßliche Ende einer Berufungsbegründungsfrist bei oder alsbald nach Einreichen einer Berufungsschrift im Fristenkalender einzutragen. Dieser Vermerk muss später anhand der gerichtlichen Eingangsbestätigung überprüft werden, damit sichergestellt ist, dass keine hypothetische, sondern die wirkliche Frist eingetragen wird (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99, NJW-RR 1999, 1663; v. 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06, NJW-RR 2008, 367, 368 Rn. 11). Eine beantragte Fristverlängerung darf nicht in der Weise vorgemerkt werden, dass schon mit der Antragstellung der Endpunkt der Frist im Kalender eingetragen wird, als ob sie bereits zu diesem Zeitpunkt bewilligt worden sei. Auch hierbei handelt es sich zunächst um eine hypothetische Frist, weil der Vorsitzende die Verlängerung auch versagen oder kürzer als beantragt bemessen kann. Der Eintrag des endgültigen Fristablaufs ist deshalb erst dann zulässig , wenn die Verlängerung tatsächlich gewährt worden ist (BGH, Beschl. v. 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99, aaO; v. 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00, BGHReport 2001, 483, 484; v. 13. Dezember 2001 - VII ZB 19/01, BGH-Report 2002, 246, 247; v. 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06, aaO). In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass vor dem beantragten Fristablauf das wirkliche Ende der Frist - gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht - festgestellt wird (BGH, Beschl. v. 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99, aaO; v. 10. Januar 2001 - XII ZB 127/00, aaO; v. 13. Dezember 2001 - VII ZB 19/01, aaO; v. 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06, aaO).
- 11
- Mit der vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten selbst eingeräumten Verfahrensweise, nach Rücksprache mit seiner Kanzleibediensteten am 18. Dezember 2007 als neuen Ablauf der Berufungsbegründungsfrist den 29. Januar 2008 vermerkt zu haben, ist er diesen Anforderungen schuldhaft nicht gerecht geworden. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht. Damit liegt ein der Beklagten zurechenbares Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten vor.
- 12
- Im Übrigen sind die Ausführungen des Berufungsgerichts zur fehlenden Glaubhaftmachung nicht zu beanstanden.
- 13
- 3. Da dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben war, hat das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu Recht als unzulässig verworfen.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 18.10.2007 - 33 O 343/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.02.2008 - 17 U 78/07 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2008 - IX ZB 165/08
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2008 - IX ZB 165/08
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2008 - IX ZB 165/08 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Das Urteil des Landgerichts vom 22. Februar 2000 wurde dem Beklagten zu Händen seiner Prozeßbevollmächtigten am 25. Februar 2000 zugestellt. Mit einem am 23. März 2000 per Telefax übermittelten Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten hat der Beklagte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 2. Mai 2000, eingegangen an diesem Tage, hat er die Berufung begründet und gleichzeitig wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat er in diesem Schriftsatz ausgeführt, sein Prozeßbevollmächtigter habe sofort bei Zustellung des Urteils am 25. Februar 2000 seine erfahrene Rechtsanwaltsgehilfin angewiesen, im Fristenkalender die Berufungsfrist und die Berufungsbe-gründungsfrist zu notieren. Sie habe zwar die Berufungsfrist eingetragen, versehentlich aber die Eintragung der Berufungsbegründungsfrist versäumt. Erst am 28. April 2000 sei "im Zuge der allgemeinen Bearbeitung der im Sekretariat liegenden Akten" das Versehen aufgefallen. Mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 15. Mai 2000 hat der Kläger darauf hingewiesen, bei Zustellung des Urteils am 25. Februar 2000 habe die Berufungsbegründungsfrist noch nicht zuverlässig ermittelt werden können, da diese nicht ab Zustellung des Urteils, sondern erst ab Einlegung der Berufung zu laufen beginne. Mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 24. Mai 2000, bei Gericht per Telefax eingegangen an diesem Tage, hat der Beklagte erwidert, sein Prozeßbevollmächtigter pflege die Berufungsfrist voll auszuschöpfen, so daß schon bei Zustellung des Urteils die Frist für die Berufungsbegründung berechnet werden könne. Dies habe die Rechtsanwaltsgehilfin auch getan und sie mit einer entsprechenden Vorfrist in den Fristenkalender eingetragen. Da in diesem Falle die Berufung jedoch zwei Tage vor Fristablauf am 23. Februar 2000 eingelegt worden sei, habe sein Prozeßbevollmächtigter die Rechtsanwaltsgehilfin ausdrücklich angewiesen, die Berufungsbegründungsfrist und die Vorfrist entsprechend zu korrigieren. Das habe die Rechtsanwaltsgehilfin jedoch versäumt. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten. Er macht nunmehr geltend, die Rechtsanwaltsgehilfin habe auf die Anweisung seines Prozeßbevollmächtigten hin, die eingetragenen Fristen zu korrigieren,
zwar die eingetragene Berufungsbegründungsfrist gestrichen, es aber versäumt , die neue Frist einzutragen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nach § 519 b Abs. 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu Recht als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung begründet worden ist (§§ 519 Abs. 2, 519 b Abs. 1 ZPO). Den Antrag des Beklagten , ihm wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, hat es zu Recht zurückgewiesen. Nach § 233 ZPO darf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nur gewährt werden, wenn die Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Ein Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten (nicht: ein Verschulden von dessen Büropersonal) ist der Partei zuzurechnen (§ 85 ZPO). Nach § 236 Abs. 2 ZPO muß der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung die Angaben enthalten, aus denen sich ergibt, daß die Versäumung der Frist unverschuldet war. Aus der Darstellung, die der Beklagte in seiner Antragsschrift vom 2. Mai 2000 gegeben hat, läßt sich das jedoch nicht herleiten. Aus ihr ergibt sich lediglich, daß der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten sein Büropersonal angewiesen habe, schon bei der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils nicht nur die Berufungsfrist, sondern auch die Berufungsbegrün-dungsfrist zu berechnen und einzutragen. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß eine zu diesem Zeitpunkt durchgeführte hypothetische Berechnung der Berufungsbegründungsfrist, die davon ausgegangen wäre, daß die Berufung am letzten Tag der Berufungsfrist eingelegt würde, die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht verhindert hätte, weil die Berufung zwei Tage vor Ablauf der Berufungsfrist eingelegt worden ist und die Berufungsbegründungsfrist von da an lief. Die Eintragung solcher hypothetischer Berufungsbegründungsfristen im Fristenkalender birgt eine besondere Gefahrenquelle und es ist erforderlich, durch besondere organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, daß die eingetragene Frist anhand der gerichtlichen Bestätigung über den Eingang der Berufung überprüft wird (st.Rspr. des Senats, vgl. Beschluß vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - BGHR-ZPO § 233 Fristverlängerung 19 m.N.). Die Begründung des Beklagten in dem Wiedereinsetzungsgesuch vom 2. Mai 2000 enthält (noch) keinen Hinweis darauf, daß in dem Büro seines Prozeßbevollmächtigten solche organisatorischen Maßnahmen vorgesehen waren. Hätte eine solche Überprüfung stattgefunden, wäre der damals behauptete Fehler aufgedeckt worden. Ob die spätere Sachdarstellung des Beklagten in dem Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 24. Mai 2000 und in der Begründung der sofortigen Beschwerde die Versäumung der Frist hinreichend entschuldigen könnte und ob der Beklagte diesen neuen Vortrag, der - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - im eindeutigen Widerspruch zu seinem früheren Vortrag steht, hinreichend glaubhaft gemacht hat, kann dahingestellt bleiben. Die darin enthaltene neue Sachdarstellung kann nämlich nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht rechtzeitig in das Verfahren eingeführt worden ist. Alle Tatsachen , die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, müssen innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vor-
getragen werden (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO). Ein Nachschieben von Gründen nach Fristablauf ist unzulässig. Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, dürfen nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden (Senatsbeschluß vom 20. Mai 1992 - XII ZB 43/92 - BGHR ZPO § 234 Abs. 1 Begründung 6; BGH, Beschluß vom 28. Februar 1991 - IX ZB 95/90 - BGHR aaO Begründung 4; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl. § 236 Rdn. 6 a, jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Die ursprüngliche Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs enthielt eine in sich geschlossene Darstellung und erschien in keinem Punkt ergänzungsbedürftig. Die neue Sachdarstellung des Beklagten ergänzt sie nicht, sondern erklärt sie in einem entscheidenden Punkt für unrichtig und fügt neue Vorgänge hinzu, die nicht an die ursprüngliche Sachdarstellung anknüpfen. Nach der ursprünglichen Schilderung hat die Anwaltsgehilfin nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils trotz einer ausdrücklichen Anweisung des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten es versäumt, die hypothetisch berechnete Berufungsbegründungsfrist einzutragen. Nach der neuen Sachdarstellung hat sie sie eingetragen und ist später - nach der Einlegung der Berufung - angewiesen worden, sie zu korrigieren, hat sie aber aus Versehen lediglich gestrichen. Für eine solche wesentliche Ä nderung des Vortrags nach Ablauf der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO läßt das Gesetz keinen Raum (BGH, Beschluß vom 28. Februar 1991 aaO). Der Beklagte trägt selbst vor, sein Prozeßbevollmächtigter habe am 28. April 2000 festgestellt, daß die Berufungsbegründungsfrist versäumt sei.
Jedenfalls von diesem Zeitpunkt an lief die Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 ZPO, innerhalb derer die Wiedereinsetzung beantragt werden muß. Diese Frist war abgelaufen, als der Beklagte mit Schriftsatz vom 24. Mai 2000 seine neue Sachdarstellung erstmals in den Prozeß eingeführt hat. Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Wagenitz
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Das Urteil des Landgerichts vom 22. Februar 2000 wurde dem Beklagten zu Händen seiner Prozeßbevollmächtigten am 25. Februar 2000 zugestellt. Mit einem am 23. März 2000 per Telefax übermittelten Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten hat der Beklagte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 2. Mai 2000, eingegangen an diesem Tage, hat er die Berufung begründet und gleichzeitig wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat er in diesem Schriftsatz ausgeführt, sein Prozeßbevollmächtigter habe sofort bei Zustellung des Urteils am 25. Februar 2000 seine erfahrene Rechtsanwaltsgehilfin angewiesen, im Fristenkalender die Berufungsfrist und die Berufungsbe-gründungsfrist zu notieren. Sie habe zwar die Berufungsfrist eingetragen, versehentlich aber die Eintragung der Berufungsbegründungsfrist versäumt. Erst am 28. April 2000 sei "im Zuge der allgemeinen Bearbeitung der im Sekretariat liegenden Akten" das Versehen aufgefallen. Mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 15. Mai 2000 hat der Kläger darauf hingewiesen, bei Zustellung des Urteils am 25. Februar 2000 habe die Berufungsbegründungsfrist noch nicht zuverlässig ermittelt werden können, da diese nicht ab Zustellung des Urteils, sondern erst ab Einlegung der Berufung zu laufen beginne. Mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 24. Mai 2000, bei Gericht per Telefax eingegangen an diesem Tage, hat der Beklagte erwidert, sein Prozeßbevollmächtigter pflege die Berufungsfrist voll auszuschöpfen, so daß schon bei Zustellung des Urteils die Frist für die Berufungsbegründung berechnet werden könne. Dies habe die Rechtsanwaltsgehilfin auch getan und sie mit einer entsprechenden Vorfrist in den Fristenkalender eingetragen. Da in diesem Falle die Berufung jedoch zwei Tage vor Fristablauf am 23. Februar 2000 eingelegt worden sei, habe sein Prozeßbevollmächtigter die Rechtsanwaltsgehilfin ausdrücklich angewiesen, die Berufungsbegründungsfrist und die Vorfrist entsprechend zu korrigieren. Das habe die Rechtsanwaltsgehilfin jedoch versäumt. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten. Er macht nunmehr geltend, die Rechtsanwaltsgehilfin habe auf die Anweisung seines Prozeßbevollmächtigten hin, die eingetragenen Fristen zu korrigieren,
zwar die eingetragene Berufungsbegründungsfrist gestrichen, es aber versäumt , die neue Frist einzutragen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nach § 519 b Abs. 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu Recht als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung begründet worden ist (§§ 519 Abs. 2, 519 b Abs. 1 ZPO). Den Antrag des Beklagten , ihm wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, hat es zu Recht zurückgewiesen. Nach § 233 ZPO darf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nur gewährt werden, wenn die Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Ein Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten (nicht: ein Verschulden von dessen Büropersonal) ist der Partei zuzurechnen (§ 85 ZPO). Nach § 236 Abs. 2 ZPO muß der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung die Angaben enthalten, aus denen sich ergibt, daß die Versäumung der Frist unverschuldet war. Aus der Darstellung, die der Beklagte in seiner Antragsschrift vom 2. Mai 2000 gegeben hat, läßt sich das jedoch nicht herleiten. Aus ihr ergibt sich lediglich, daß der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten sein Büropersonal angewiesen habe, schon bei der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils nicht nur die Berufungsfrist, sondern auch die Berufungsbegrün-dungsfrist zu berechnen und einzutragen. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß eine zu diesem Zeitpunkt durchgeführte hypothetische Berechnung der Berufungsbegründungsfrist, die davon ausgegangen wäre, daß die Berufung am letzten Tag der Berufungsfrist eingelegt würde, die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht verhindert hätte, weil die Berufung zwei Tage vor Ablauf der Berufungsfrist eingelegt worden ist und die Berufungsbegründungsfrist von da an lief. Die Eintragung solcher hypothetischer Berufungsbegründungsfristen im Fristenkalender birgt eine besondere Gefahrenquelle und es ist erforderlich, durch besondere organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, daß die eingetragene Frist anhand der gerichtlichen Bestätigung über den Eingang der Berufung überprüft wird (st.Rspr. des Senats, vgl. Beschluß vom 14. Juli 1999 - XII ZB 62/99 - BGHR-ZPO § 233 Fristverlängerung 19 m.N.). Die Begründung des Beklagten in dem Wiedereinsetzungsgesuch vom 2. Mai 2000 enthält (noch) keinen Hinweis darauf, daß in dem Büro seines Prozeßbevollmächtigten solche organisatorischen Maßnahmen vorgesehen waren. Hätte eine solche Überprüfung stattgefunden, wäre der damals behauptete Fehler aufgedeckt worden. Ob die spätere Sachdarstellung des Beklagten in dem Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 24. Mai 2000 und in der Begründung der sofortigen Beschwerde die Versäumung der Frist hinreichend entschuldigen könnte und ob der Beklagte diesen neuen Vortrag, der - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - im eindeutigen Widerspruch zu seinem früheren Vortrag steht, hinreichend glaubhaft gemacht hat, kann dahingestellt bleiben. Die darin enthaltene neue Sachdarstellung kann nämlich nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht rechtzeitig in das Verfahren eingeführt worden ist. Alle Tatsachen , die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, müssen innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vor-
getragen werden (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO). Ein Nachschieben von Gründen nach Fristablauf ist unzulässig. Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, dürfen nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden (Senatsbeschluß vom 20. Mai 1992 - XII ZB 43/92 - BGHR ZPO § 234 Abs. 1 Begründung 6; BGH, Beschluß vom 28. Februar 1991 - IX ZB 95/90 - BGHR aaO Begründung 4; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl. § 236 Rdn. 6 a, jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Die ursprüngliche Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs enthielt eine in sich geschlossene Darstellung und erschien in keinem Punkt ergänzungsbedürftig. Die neue Sachdarstellung des Beklagten ergänzt sie nicht, sondern erklärt sie in einem entscheidenden Punkt für unrichtig und fügt neue Vorgänge hinzu, die nicht an die ursprüngliche Sachdarstellung anknüpfen. Nach der ursprünglichen Schilderung hat die Anwaltsgehilfin nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils trotz einer ausdrücklichen Anweisung des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten es versäumt, die hypothetisch berechnete Berufungsbegründungsfrist einzutragen. Nach der neuen Sachdarstellung hat sie sie eingetragen und ist später - nach der Einlegung der Berufung - angewiesen worden, sie zu korrigieren, hat sie aber aus Versehen lediglich gestrichen. Für eine solche wesentliche Ä nderung des Vortrags nach Ablauf der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO läßt das Gesetz keinen Raum (BGH, Beschluß vom 28. Februar 1991 aaO). Der Beklagte trägt selbst vor, sein Prozeßbevollmächtigter habe am 28. April 2000 festgestellt, daß die Berufungsbegründungsfrist versäumt sei.
Jedenfalls von diesem Zeitpunkt an lief die Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 ZPO, innerhalb derer die Wiedereinsetzung beantragt werden muß. Diese Frist war abgelaufen, als der Beklagte mit Schriftsatz vom 24. Mai 2000 seine neue Sachdarstellung erstmals in den Prozeß eingeführt hat. Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Wagenitz