Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2009 - IX ZB 134/08

bei uns veröffentlicht am19.03.2009
vorgehend
Amtsgericht Offenburg, 2 IK 88/07, 25.02.2008
Landgericht Offenburg, 4 T 65/08, 20.05.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 134/08
vom
19. März 2009
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und
Grupp
am 19. März 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 20. Mai 2008 wird auf Kosten der Gläubiger als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert wird auf 914,04 € festgesetzt.

Gründe:


1
1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 289 Abs. 2 Satz 1 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Das Rechtsbeschwerdevorbringen der Gläubiger lässt (ebenso wie schon das Beschwerdevorbringen) nicht erkennen, welcher konkrete Versagungsgrund (§ 290 Abs. 1 InsO) der Ankündigung der Restschuldbefreiung entgegenstehen soll. Bei dieser Sachlage kann nicht festgestellt werden, ob die angefochtene Entscheidung auf den gerügten Grundrechtsverstößen beruht.
2
2. Davon abgesehen hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zutreffend in Anwendung von § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO als unzulässig erachtet, weil die Gläubiger in dem Anhörungstermin keinen Versagungsantrag gestellt haben.

3
a) Ein Restschuldbefreiungsverfahren kann gemäß § 289 Abs. 3 Satz 1 InsO auch durchgeführt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 InsO verteilt und anschließend das Insolvenzverfahren wegen Masselosigkeit eingestellt wird. Die Einstellung des Verfahrens hat gemäß § 289 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 289 Abs. 2 InsO nach Rechtskraft des Beschlusses über die Restschuldbefreiung zu erfolgen (FKInsO /Ahrens, 5. Aufl. § 289 Rn. 22; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 289 Rn. 9). In dieser Konstellation wird das Restschuldbefreiungsverfahren mit der Einstellung des Insolvenzverfahrens bereits in den zweiten Verfahrensabschnitt übergeleitet (FK-InsO/Ahrens, aaO). Da bei einer Einstellung wegen Masseunzulänglichkeit kein Schlusstermin stattfindet, hat vor der Ankündigung der Restschuldbefreiung eine Anhörung der Insolvenzgläubiger sowie des Insolvenzverwalters bzw. Treuhänders in einer Gläubigerversammlung zu erfolgen (MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl. § 289 Rn. 25, 56; FK-InsO/Ahrens, aaO § 289 Rn. 5 m.w.N.).
4
b) Diesen Anforderungen ist genügt. Das Amtsgericht hat in dem den Gläubigern zugestellten Eröffnungsbeschluss anstelle eines Schlusstermins im Blick auf eine etwaige Einstellung des Verfahrens und den Restschuldbefreiungsantrag des Schuldners für den 25. Februar 2008 einen Anhörungstermin bestimmt. Die Gläubiger haben es versäumt, in diesem Anhörungstermin einen Versagungsantrag zu stellen. Dass der Treuhänder vor dem Anhörungstermin die Masseunzulänglichkeit noch nicht angezeigt hatte, ist unschädlich, weil das Amtsgericht die Beteiligten bei Bekanntmachung des Termins ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte.
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp

Vorinstanzen:
AG Offenburg, Entscheidung vom 25.02.2008 - 2 IK 88/07 -
LG Offenburg, Entscheidung vom 20.05.2008 - 4 T 65/08 -

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2009 - IX ZB 134/08 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 290 Versagung der Restschuldbefreiung


(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn 1. der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolv

Insolvenzordnung - InsO | § 209 Befriedigung der Massegläubiger


(1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge: 1. die Kosten des Insolvenzverfahrens;2. die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Ma

Insolvenzordnung - InsO | § 289 Einstellung des Insolvenzverfahrens


Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.

Referenzen

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.

(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,
2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
3.
(weggefallen)
4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,
6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.

(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.

Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.

(1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
die Kosten des Insolvenzverfahrens;
2.
die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören;
3.
die übrigen Masseverbindlichkeiten, unter diesen zuletzt der nach den §§ 100, 101 Abs. 1 Satz 3 bewilligte Unterhalt.

(2) Als Masseverbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gelten auch die Verbindlichkeiten

1.
aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat, nachdem er die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte;
2.
aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte;
3.
aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.