Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2001 - III ZR 43/01

bei uns veröffentlicht am25.10.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 43/01
vom
25. Oktober 2001
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 331 a, 411 Abs. 3
Das Gericht ist befugt, bei Säumnis einer Partei im Termin zur mündlichen
Verhandlung den geladenen Sachverständigen mündlich anzuhören und das
Ergebnis dieser Beweisaufnahme bei einer Entscheidung nach Lage der
Akten zu verwerten.
BGH, Beschluß vom 25. Oktober 2001 - III ZR 43/01 - OLG Zweibrücken
LG Frankenthal
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und
Galke

beschlossen:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 11. Januar 2001 - 6 U 33/98 - wird nicht angenommen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Streitwert: 97.585,20 DM

Gründe


Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg. Es war nicht verfahrensfehlerhaft, daß das Berufungsgericht zunächst den geladenen Sachverständigen mündlich angehört und sodann auch unter Berücksichtigung dieser Erläuterungen eine Entscheidung nach Lage der Akten getroffen hat, obwohl der Prozeßbevollmächtigte des Klägers im Verhandlungstermin nicht aufgetreten war.
1. Mit Beweisbeschluß vom 12. August 1999 hatte das Oberlandesgericht die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet.
Nach dem Eingang dieses Gutachtens hat der Kläger Antrag auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens gestellt. Daraufhin hat der Vorsitzende des Berufungssenats neuen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 23. November 2000 bestimmt und die Ladung des Sachverständigen von der Einzahlung eines Vorschusses durch den Kläger abhängig gemacht. Diesen Vorschuû hat die Rechtsschutzversicherung des Klägers auch alsbald bezahlt. Dessen Prozeûbevollmächtigter hat jedoch mit Rücksicht auf einen inzwischen erteilten Auftrag zur Erstattung eines Privatgutachtens erfolglos Terminsverlegung beantragt und angekündigt, am 23. November 2000 nicht aufzutreten. Bei Aufruf der Sache im Termin ist der Prozeûbevollmächtigte des Klägers zwar erschienen, hat aber zugleich erklärt, er werde nicht auftreten und auch keinen Antrag stellen. Sodann hat das Berufungsgericht durch Beschluû die mündliche Erläuterung des schriftlichen Gutachtens durch den Sachverständigen angeordnet. Nach dessen Vernehmung hat das beklagte Land Antrag auf Zurückweisung der Berufung und Entscheidung nach Lage der Akten gestellt. Diesem Antrag hat das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil entsprochen.
2. Die Verfahrensweise des Berufungsgerichts ist nicht zu beanstanden. Bei einer Entscheidung nach Lage der Akten gemäû § 331 a ZPO darf zwar nur der bisherige Akteninhalt - freilich einschlieûlich aller früheren Beweisaufnahmen - verwertet werden (vgl. MünchKomm/Prütting, ZPO, 2. Aufl., § 251 a Rn. 11, § 331 a Rn. 2). Dazu gehört hier indes auch die mündliche Anhörung des Sachverständigen gemäû § 411 Abs. 3 ZPO vor erneutem Eintritt in die mündliche Verhandlung. Entsprechend § 360 Satz 2 ZPO war das Berufungsgericht ohne weitere mündliche Verhandlung befugt, seinen Beweisbeschluû in dieser Richtung zu ergänzen. Diese Beweisaufnahme hatte dann gleichfalls vor
der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung zu erfolgen (§§ 367 Abs. 1, 370 Abs. 1 ZPO). Zu dem Zeitpunkt, als nach Schluû der Beweisaufnahme nunmehr die beiderseitigen Sachanträge gestellt werden sollten und damit die mündliche Verhandlung begann (§ 137 Abs. 1 ZPO), war somit auch die vorangegangene Anhörung des Sachverständigen "Akteninhalt" geworden, der für § 331 a ZPO verwertbar war.
Daû im Streitfall auch das Gebot rechtlichen Gehörs und der Grundsatz eines fairen Verfahrens nicht zu einer anderen Beurteilung nötigen, hat das Berufungsgericht zutreffend und unangegriffen festgestellt.
Rinne Richter am Bundesgerichtshof Dr. Wurm Kapsa ist im Urlaub und kann deshalb nicht unterschreiben. Rinne Dörr Galke

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2001 - III ZR 43/01 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411 Schriftliches Gutachten


(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat. (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverst

Zivilprozessordnung - ZPO | § 331 Versäumnisurteil gegen den Beklagten


(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständ

Zivilprozessordnung - ZPO | § 137 Gang der mündlichen Verhandlung


(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen. (2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 360 Änderung des Beweisbeschlusses


Vor der Erledigung des Beweisbeschlusses kann keine Partei dessen Änderung auf Grund der früheren Verhandlungen verlangen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen den Beweisbeschluss auch ohne erneute mündliche Verhandlung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 367 Ausbleiben der Partei


(1) Erscheint eine Partei oder erscheinen beide Parteien in dem Termin zur Beweisaufnahme nicht, so ist die Beweisaufnahme gleichwohl insoweit zu bewirken, als dies nach Lage der Sache geschehen kann. (2) Eine nachträgliche Beweisaufnahme oder ei

Referenzen

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständigkeit des Gerichts nach § 29 Abs. 2, § 38.

(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.

(3) Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist auch insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt, sofern der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

Vor der Erledigung des Beweisbeschlusses kann keine Partei dessen Änderung auf Grund der früheren Verhandlungen verlangen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen den Beweisbeschluss auch ohne erneute mündliche Verhandlung insoweit ändern, als der Gegner zustimmt oder es sich nur um die Berichtigung oder Ergänzung der im Beschluss angegebenen Beweistatsachen oder um die Vernehmung anderer als der im Beschluss angegebenen Zeugen oder Sachverständigen handelt. Die gleiche Befugnis hat der beauftragte oder ersuchte Richter. Die Parteien sind tunlichst vorher zu hören und in jedem Fall von der Änderung unverzüglich zu benachrichtigen.

(1) Erscheint eine Partei oder erscheinen beide Parteien in dem Termin zur Beweisaufnahme nicht, so ist die Beweisaufnahme gleichwohl insoweit zu bewirken, als dies nach Lage der Sache geschehen kann.

(2) Eine nachträgliche Beweisaufnahme oder eine Vervollständigung der Beweisaufnahme ist bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, auf Antrag anzuordnen, wenn das Verfahren dadurch nicht verzögert wird oder wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie ohne ihr Verschulden außerstande gewesen sei, in dem früheren Termin zu erscheinen, und im Falle des Antrags auf Vervollständigung, dass durch ihr Nichterscheinen eine wesentliche Unvollständigkeit der Beweisaufnahme veranlasst sei.

(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen.

(2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.

(3) Eine Bezugnahme auf Dokumente ist zulässig, soweit keine der Parteien widerspricht und das Gericht sie für angemessen hält. Die Vorlesung von Dokumenten findet nur insoweit statt, als es auf ihren wörtlichen Inhalt ankommt.

(4) In Anwaltsprozessen ist neben dem Anwalt auch der Partei selbst auf Antrag das Wort zu gestatten.