Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2020 - III ZR 170/19

bei uns veröffentlicht am09.01.2020
vorgehend
Landgericht Köln, 8 O 307/18, 09.05.2019
Oberlandesgericht Köln, 7 U 130/19, 14.10.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 170/19
vom
9. Januar 2020
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2020:090120BIIIZR170.19.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Januar 2020 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, den Richter Dr. Remmert und die Richterinnen Dr. Arend und Dr. Böttcher sowie den Richter Dr. Kessen

beschlossen:
Der Antrag des Klägers, ihm einen Notanwalt zur Wahrnehmung seiner Rechte im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. Oktober 2019 - 7 U 130/19 - beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zutragen.
Streitwert: 6.929,88 €

Gründe:


I.


1
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Die Parteien, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebten , unternahmen am 9. April 2017 mit dem Fahrzeug des Klägers einen Aus- flug. Der Kläger litt seit längerer Zeit an einer gastrointestinalen Allergie, die dazu führte, dass er in unregelmäßigen, nicht vorhersehbaren Abständen eine Toilette aufsuchen musste. Während des Ausfluges erlitt er einen solchen Anfall. Er hielt sein Fahrzeug auf einer betonierten Fläche an einer Bahngleisanlage an, wobei er nicht bemerkte, dass er es geringfügig linksseitig mit dem hinteren Teil der Karosserie über der Bahnschiene abgestellt hatte. Der Kläger verließ den Wagen, um eine Toilette in einer Gaststätte aufzusuchen. Er bat die Beklagte, sie solle das Fahrzeug sogleich wegsetzen. Sodann erfasste ein Güterzug das Fahrzeug des Klägers.
2
Mit der Klage macht der Kläger die Hälfte verschiedener Schadenspositionen geltend. Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.929,88 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. Oktober 2019 zugestelltem Beschluss vom 14. Oktober 2019 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO - ohne tatsächliche Feststellungen gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO - zurückgewiesen. Zugleich hat es den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 6.929,88 € festgesetzt.
3
Der Kläger hat mit zwei Schreiben vom 13. November 2019 um Kenntnisnahme seines am selben Tag eingelegten Rechtsmittels gegen die ihm "verweigerte Revision" gebeten und die Beiordnung eines Notanwalts beantragt.

II.


4
Ein Notanwalt ist dem Kläger nicht beizuordnen, da das von ihm beabsichtigte Rechtsmittel aussichtslos ist (§ 78b Abs. 1 ZPO). Gegen den die Berufung des Klägers zurückweisenden Beschluss ist allein die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diese ist vorliegend jedoch gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO nicht zulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer zwanzigtausend Euro nicht übersteigt. Die Beschwer des Klägers bemisst sich nach dem Wert seines von den Vorinstanzen abgewiesenen Kla- geantrages und mithin auf 6.929,88 €. Aufdie daraus folgende Unzulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde ist der Kläger sowohl von seinem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten als auch von Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof K. hingewiesen worden.

III.


5
Das vom Kläger mit Schreiben vom 13. November 2019 eingelegte Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da - aus den vorstehenden Gründen - die nach § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer nicht erreicht wird.
6
Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde kann gleichzeitig mit der Zurückweisung des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts erfolgen (Senat , Beschluss vom 25. Oktober 2018 - III ZR 121/18, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 19. Februar 2013 - VIII ZR 239/12, juris Rn. 4).
Herrmann Remmert Arend
Böttcher Kessen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.05.2019 - 8 O 307/18 -
OLG Köln, Entscheidung vom 14.10.2019 - 7 U 130/19 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2020 - III ZR 170/19

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2020 - III ZR 170/19

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2020 - III ZR 170/19 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78b Notanwalt


(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Re

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2020 - III ZR 170/19 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2020 - III ZR 170/19 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2013 - VIII ZR 239/12

bei uns veröffentlicht am 19.02.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZR 239/12 vom 19. Februar 2013 in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achil

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2018 - III ZR 121/18

bei uns veröffentlicht am 25.10.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 121/18 vom 25. Oktober 2018 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:251018BIIIZR121.18.0 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, den Richter S

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

7
Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde kann gleichzeitig mit der Zurückweisung des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts erfolgen (BGH, Beschluss vom 19. Februar 2013 - VIII ZR 239/12, BeckRS 2013, 05053 Rn. 4 f). Ein etwaiger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die versäumte Begründungsfrist nach der Ablehnung des Senats, einen Notanwalt zu bestellen, verspräche keinen Erfolg. Einer Partei, welche trotz der Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, kann Wiedereinsetzung wegen der Versäumung einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist nur dann gewährt werden, wenn sie vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt und dabei die Voraussetzungen hierfür substantiiert dargelegt hat (Senat , Beschluss vom 28. September 2017 - III ZR 93/17, BeckRS 2017, 128304 Rn. 8 mwN). Dies ist hier nicht der Fall, nachdem eine Notanwaltsbestellung aus den vorstehenden Gründen von vornherein nicht in Betracht kam.
4
b) Entgegen der Auffassung der Anhörungsrüge durfte die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde hier gleichzeitig mit der Zurückweisung des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts erfolgen. Der Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2003 (VIII ZB 80/03, NJW-RR 2004, 1218) steht dem nicht entgegen. Diesem Beschluss lag die Fallgestaltung zugrunde, dass eine Partei ein Rechtsmittel eingelegt und für dessen Durchführung Prozesskostenhilfe beantragt hat. In einem solchen Fall ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor einer Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig zunächst über den Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden, da die Möglichkeit besteht, dass die Partei bei einer Ablehnung ihres Prozesskostenhilfeantrags das Rechtsmittelverfahren auf eigene Kosten fortzuführen beabsichtigt (Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2003 - VIII ZB 80/03, aaO unter II 2; ebenso BGH, Beschluss vom 23. März 2011 - XII ZB 51/11, NJW-RR 2011, 995 Rn. 10).