Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2020 - III ZB 54/19

bei uns veröffentlicht am09.01.2020
vorgehend
Oberlandesgericht München, 22 AR 83/19, 29.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 54/19
vom
9. Januar 2020
in dem Verfahren auf Beiordnung eines Notanwalts
ECLI:DE:BGH:2020:090120BIIIZB54.19.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Januar 2020 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann und die Richter Dr. Remmert, Reiter, Dr. Kessen und Dr. Herr

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde (Untätigkeitsbeschwerde) des Antragstellers vom 14. Mai 2019 und seine Rechtsbeschwerde vom 26. Mai 2019 werden auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 24. März 2019 beim Oberlandesgericht, ihm einen Notanwalt für eine beabsichtigte Entschädigungsklage wegen unangemessener Dauer eines Verfahrens vor dem Landgericht beizuordnen. Bereits unter dem 22. April 2019 erhob er eine Verzögerungsrüge. Mit richterlicher Verfügung vom 9. Mai 2019 wurde er unter Fristsetzung bis zum 15. Juni 2019 aufgefordert, zu den Erfolgsaussichten des angestrebten Verfahrens (erstmals) vorzutragen. Mit Schreiben vom 16. Mai 2019 machte er daraufhin lediglich formale Mängel des bisherigen Verfahrens geltend , ohne jedoch zu der behaupteten Verzögerung des Ausgangsverfahrens Stellung zu nehmen. Mit Beschluss vom 29. Juli 2019 wies das Oberlandesgericht den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts zurück. Der dagegen erhobenen Gegenvorstellung vom 30. Juli 2019 gab es keine Folge.
2
Mit Schreiben vom 14. Mai 2019 hat der Antragsteller sofortige Beschwerde beim Bundesgerichtshof "im Sinne einer Untätigkeitsbeschwerde" eingelegt und beantragt, das Oberlandesgericht unter Fristsetzung zu einer Entscheidung über den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts zu verpflichten. Mit Schreiben vom 26. Mai 2019 hat er eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs über das weitere "Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde" beantragt. Unter dem 11. September 2019 teilte er mit, dass er - trotz der zwischenzeitlich ergangenen Beschlüsse des Oberlandesgerichts über den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts - weiterhin eine "höchstrichterliche Entscheidung in der Sache" anstrebe.

II.


3
Sowohl die als Untätigkeitsbeschwerde zu verstehende sofortige Beschwerde als auch die Rechtsbeschwerde sind mangels Statthaftigkeit als unzulässig zu verwerfen.
4
1. Jedenfalls nach Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) am 3. Dezember 2011 ist die nach früherer Rechtslage von einzelnen Gerichten und Teilen der Literatur befürwortete Untätigkeitsbeschwerde nicht mehr statthaft (Senat, Beschluss vom 12. November 2015 - III ZB 118/15, juris Rn. 3; BGH, Beschlüsse vom 20. November 2012 - VIII ZB 49/12, NJW 2013, 385 Rn. 3 und vom 10. Januar 2018 - IX ZA 32/17, juris Rn. 2). Es ist zudem nichts für eine unangemessene Dauer des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht ersichtlich.
5
2. Die Rechtsbeschwerde ist nur statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht sie zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Im Rechtsbeschwerdeverfahren kann auch nicht geltend gemacht werden, das Oberlandesgericht hätte die Rechtsbeschwerde zulassen müssen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 4. April 2012 - III ZA 9/12, juris Rn. 2 und vom 29. Mai 2013 - III ZA 26/13, juris).
6
Der Antragsteller kann mit der Bescheidung weiterer Eingaben in dieser Sache nicht mehr rechnen.
Herrmann Remmert Reiter
Kessen Herr
Vorinstanz:
OLG München, Entscheidung vom 29. Juli 2019 - 22 AR 83/19 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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3
Jedenfalls nach Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) am 3. Dezember 2011 ist die nach früherer Rechtslage von einzelnen Gerichten und Teilen der Literatur befürwortete Untätigkeitsbeschwerde nicht mehr statthaft (BGH, Beschluss vom 20. November 2012 - VIII ZB 49/12, NJW 2013, 385 Rn. 3; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 567 Rn. 21). Das Oberlandesgericht hat zudem von einer Entscheidung zu Recht abgesehen.
3
Jedenfalls seit Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) am 3. Dezember 2011 mit Wirkung für alle zu dieser Zeit bereits anhängigen Verfahren ist die nach früherer Rechtslage von einzelnen Gerichten und Teilen der Literatur befürwortete Untätigkeitsbeschwerde (vgl. hierzu Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 567 Rn. 21) nicht mehr statthaft.
2
Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde gegen die Untätigkeit des Landgerichts Bonn hinsichtlich des von der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 28. April 2016 eingelegten Rechtsmittels ist nicht statthaft. Einer solchen Untätigkeitsbeschwerde ist jedenfalls seit Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) am 3. Dezember 2001 der Boden entzogen (vgl. BGH, Beschluss vom 2. August 2013 - IX ZA 17/13, nv Rn. 3 mwN). Im Übrigen war das Landgericht nicht untätig. Mit Beschluss vom 27. Mai 2016 hat es nach den Gründen auch ablehnend über die "Beschwerde" der Antragstellerin gegen die Versagung der von ihr begehrten Wiedereinsetzung durch das Amtsgericht entschieden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

2
Das vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsmittel hat jedoch keine Erfolgsaussicht. Der einzige in Betracht zu ziehende Rechtsbehelf gegen Entscheidungen der vorliegenden Art ist die Rechtsbeschwerde. Diese ist nur statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht es in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 ZPO). Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Im Rechtsbeschwerdeverfahren kann auch nicht geltend gemacht werden, das Beschwerdegericht hätte die Rechtsbeschwerde zulassen müssen (vgl. z.B.: BGH, Beschluss vom 8. November 2004 - II ZB 24/03, NJW-RR 2005, 294 f). Auch als außerordentliche Beschwerde wegen "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" oder der Verletzung von Verfahrensgrundrechten wäre das Rechtsmittel nicht statthaft. Nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozessreformgesetz kann der Bundesgerichtshof gegen Beschlüsse der Beschwerdegerichte ausschließlich in den Fällen des § 574 Abs. 1 ZPO angerufen werden (BGH, Beschluss vom 7. März 2002 - IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133, 135 ff).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZA 26/13
vom
29. Mai 2013
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Hucke, Seiters, Tombrink und Dr.
Remmert

beschlossen:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen , da die beabsichtigte Rechtsverfolgung - Einlegung einer Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. April 2011 (9 W 41/11), mit dem die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die ihm Prozesskostenhilfe für eine Amtshaftungsklage versagende Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 27. Januar 2011 als unzulässig verworfen worden ist - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Satz 1 ZPO). Denn die Rechtsbeschwerde wäre unzulässig. Nach § 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nur gegeben, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder wenn das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Mit der Rechtsbeschwerde kann auch nicht geltend gemacht werden, dass die Vorinstanz die Rechtsbeschwerde hätte zulassen müssen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. November 2004 - II ZB 24/03 - NJW-RR 2005, 294 f). Im Übrigen wäre die Rechtsbeschwerde auch verfristet (§ 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Antragsteller kann mit der Bescheidung weiterer Eingaben in dieser Sache nicht mehr rechnen.
Schlick Seiters