Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2002 - II ZR 91/00

bei uns veröffentlicht am21.02.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 91/00
vom
21. Februar 2002
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. Februar 2002
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

beschlossen:
Die Gegenvorstellung der Klägerin gegen den Steitwertfestsetzungsbeschluß des Senats vom 14. Januar 2002 gibt zu einer Herabsetzung des Streitwerts auf einen Betrag unter 6,13 Mio. ? (entsprechend rund 12 Mio. DM) keine Veranlassung.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwertes in dem Nichtannahmebeschluß des Senats vom 14. Januar 2002 findet, soweit es um das Revisionsverfahren geht, ihre Grundlage in § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG, hinsichtlich der Abänderung der Wertfestsetzungen der Vorinstanzen stützt sie sich auf § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG (vgl. Markl/Meyer, GKG 4. Aufl. § 25 Rdn. 30 ff.). Wie sich gerade aus der letztgenannten Vorschrift ergibt, hindert nicht einmal die Rechtskraft einer das Revisionsverfahren durch Urteil abschließenden Entscheidung die spätere Änderung der Streitwertfestsetzung von Amts wegen, wenn sich deren Unrichtigkeit herausstellt. Um so weniger kann der Klägerin darin gefolgt werden, daß die mit dem Nichtannahmebeschluß eintretende Rechtskraft des Berufungsurteils einer anderweiten Festsetzung des Streitwertes entgegensteht. Auch auf § 14 Abs. 2 GKG beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang zu Unrecht; die dieser Vorschrift beigelegte Sperrwirkung vermag sie nur zu entfalten , soweit nicht das Rechtsmittelgericht von Amts wegen eine unrichtige Wertfestsetzung der Vorinstanz ändert.

Die Festsetzungen in den Vorinstanzen, für die nach § 12 Abs. 1 GKG die Wertfestsetzungsvorschriften der ZPO, hier also § 3 ZPO, anzuwenden sind, sind unrichtig. Das nach freiem Ermessen festzusetzende maûgebliche Interesse der Klägerin wird in dem vorliegenden Rechtsstreit entscheidend davon bestimmt, daû sie mit ihren verschiedenen, auf Feststellung, hilfsweise auf Abgabe einer Willenserklärung gerichteten Anträgen hat erreichen wollen, daû die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der G. das von dieser an die gemeinsame Tochtergesellschaft, die S. GmbH & Co. KG, verkaufte und zu Eigentum übertragene Grundstück entsprechend einem vertraglich vereinbarten Rücktrittsrecht der Käuferin zurücknahm. Dieses auf Zustimmung zur Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Begehren wird wirtschaftlich bestimmt durch den Wert des Grundstücks, den Grundstückskaufpreis - jeweils 27 Mio. DM - sowie durch die Zinsen auf den vor mehr als zehn Jahren gezahlten Kaufpreis, die als Nutzungen nach § 346 Abs. 1 BGB im Falle eines Rücktritts herauszugeben wären. Als Wert dieses Nutzungsherausgabeanspruchs , der entgegen dem Vorbringen der Klägerin im Laufe des Rechtsstreits Gegenstand der Erörterungen der Parteien gewesen ist, hat der Senat einen Betrag von 15 Mio. DM angenommen. Mit Rücksicht darauf, daû die Klägerin mit dem Hauptantrag Feststellung begehrt hat, hat er 80 % davon, also 12 Mio. DM (entsprechend rund 6,13 Mio. ?) als Streitwert angesetzt. Er hat dagegen im Rahmen seines nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessens von der an sich möglichen Berücksichtigung des darüber hinausgehenden Wertes - Grundstück und Grundstückskaufpreis von je 27 Mio. DM - abgesehen, weil es bei wirtschaftlicher Betrachtung vertretbar ist anzunehmen, diese beiden Werte saldierten sich, während der Nutzungsherausgabeanspruch den hinter dem Klagebegehren stehenden wirtschaftlichen Wert hinreichend wiedergibt. Daû die in einen groûen Konzern eingebundene Klägerin durch die Festsetzung des Wertes in dieser Höhe einem Kostenrisiko ausgesetzt würde, das auûer Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Erfolg steht (BVerfG, NJW 1997, 311, 312), ist nicht ersichtlich und auch mit der Gegenvorstellung nicht in nachvollziehbarer Weise vorgetragen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin scheidet eine entsprechende Anwendung des § 247 AktG auf einen Gesellschafterbeschlüsse betreffenden Streit zwischen Gesellschaftern einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft, um die es sich bei der gemeinsamen Tochtergesellschaft der Parteien handelt, von vornherein aus (vgl. zum Vereinsrecht, Sen.Beschl. v. 25. Mai 1992 - II ZR 23/92, ZIP 1992, 918; anders zur GmbH: Sen.Beschl. v. 5. Juli 1999 - II ZR 313/97, NZG 1999, 999). Davon abgesehen verkennt die Klägerin, daû im Falle einer entsprechenden Heranziehung dieser Vorschrift anzunehmen wäre, daû - wie ausgeführt - die Bedeutung der Sache für die Klägerin höher zu bewerten ist als mit dem nach § 247 Abs. 1 Satz 2 AktG zu bestimmenden Wert. Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Feb. 2002 - II ZR 91/00 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 346 Wirkungen des Rücktritts


(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. (2)

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 25 Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung


Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 12 Verfahren nach der Zivilprozessordnung


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten soll die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden. Wird der Klageantrag erweitert, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche H

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 14 Ausnahmen von der Abhängigmachung


Die §§ 12 und 13 gelten nicht,1.soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist,2.wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder3.wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint und wenn glaubhaft g

Aktiengesetz - AktG | § 247 Streitwert


(1) Den Streitwert bestimmt das Prozeßgericht unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen. Er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder, wenn dieses Ze

Referenzen

Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

Die §§ 12 und 13 gelten nicht,

1.
soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist,
2.
wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder
3.
wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint und wenn glaubhaft gemacht wird, dass
a)
dem Antragsteller die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf seine Vermögenslage oder aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten würde oder
b)
eine Verzögerung dem Antragsteller einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde; zur Glaubhaftmachung genügt in diesem Fall die Erklärung des zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten soll die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden. Wird der Klageantrag erweitert, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden; dies gilt auch in der Rechtsmittelinstanz. Die Anmeldung zum Musterverfahren (§ 10 Absatz 2 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes) soll erst nach Zahlung der Gebühr nach Nummer 1902 des Kostenverzeichnisses zugestellt werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht

1.
für die Widerklage,
2.
für europäische Verfahren für geringfügige Forderungen,
3.
für Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers, soweit nach § 39 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte ausschließlich zuständig sind, und
4.
für die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 der Zivilprozessordnung.

(3) Der Mahnbescheid soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr erlassen werden. Wird der Mahnbescheid maschinell erstellt, gilt Satz 1 erst für den Erlass des Vollstreckungsbescheids. Im Mahnverfahren soll auf Antrag des Antragstellers nach Erhebung des Widerspruchs die Sache an das für das streitige Verfahren als zuständig bezeichnete Gericht erst abgegeben werden, wenn die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gezahlt ist; dies gilt entsprechend für das Verfahren nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids unter Vorbehalt der Ausführung der Rechte des Beklagten. Satz 3 gilt auch für die nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu zahlende Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen.

(4) Absatz 3 Satz 1 gilt im Europäischen Mahnverfahren entsprechend. Wird ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen ohne Anwendung der Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 fortgeführt, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden.

(5) Über den Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr entschieden werden.

(6) Über Anträge auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung (§ 733 der Zivilprozessordnung) und über Anträge auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 829 Absatz 1, §§ 835, 839, 846 bis 848, 857, 858, 886 bis 888 oder § 890 der Zivilprozessordnung soll erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren und der Auslagen für die Zustellung entschieden werden. Dies gilt nicht bei elektronischen Anträgen auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 829a der Zivilprozessordnung.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Den Streitwert bestimmt das Prozeßgericht unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen. Er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder, wenn dieses Zehntel mehr als 500.000 Euro beträgt, 500.000 Euro nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für den Kläger höher zu bewerten ist.

(2) Macht eine Partei glaubhaft, daß die Belastung mit den Prozeßkosten nach dem gemäß Absatz 1 bestimmten Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Prozeßgericht auf ihren Antrag anordnen, daß ihre Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepaßten Teil des Streitwerts bemißt. Die Anordnung hat zur Folge, daß die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat. Soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, hat sie die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten. Soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, kann der Rechtsanwalt der begünstigten Partei seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben.

(3) Der Antrag nach Absatz 2 kann vor der Geschäftsstelle des Prozeßgerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Später ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert durch das Prozeßgericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.