Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2012 - II ZR 246/10

bei uns veröffentlicht am10.07.2012
vorgehend
Landgericht Potsdam, 1 O 383/09, 14.05.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 246/10
vom
10. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juli 2012 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Dr. Strohn, die
Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den Richter Sunder
einstimmig beschlossen:
Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 17. November 2010 gemäß § 552a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 110.000 € fest- gesetzt.

Gründe:

1
Die Revision ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht (mehr) vorliegen und sie auch keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a ZPO).
2
1. Zulassungsgründe liegen jedenfalls nicht (mehr) vor.
3
Ein Bedürfnis nach einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung besteht nicht mehr, weil die Bedeutung der vom Berufungsgericht für klärungsbedürftig erachteten Formulierung „Soweit Gläubiger durch ein Grundpfandrecht gesichert sind, haftet zunächst das Grundstück - wie auch für öffentliche Lasten - insgesamt. Darüber hinaus haften die Gesellschafter nur quotal entsprechend ihrer Beteiligung.“ nicht mehr klärungsbedürftig ist. Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Urteils für die - gleichlautende - Formulierung im Prospekt eines anderen Fonds ausgesprochen, dass ein Anleger dem Prospekt nicht entnehmen konnte, dass die Gläubigerbank die Gesellschafter erst nach Verwertung des Fondsgrundstücks in Anspruch nehmen dürfe und die aus der Verwertung des Grundstücks erzielten Erlöse auf seinen quotalen Haftungsbetrag angerechnet würden (Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 42 ff.).
4
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
5
a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats einen Prospektfehler verneint. Die von der Klägerin beanstandete Formulierung ruft unter Berücksichtigung des sprachlichen Zusammenhangs, der Systematik der Prospektdarstellung und des vom Prospekt vermittelten Gesamtbildes (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 924) bei einem Anlageinteressenten nicht die - unzutreffende - Vorstellung hervor, dass er von den durch ein Grundpfandrecht gesicherten, finanzierenden Banken erst nach Verwertung des Gesellschaftsgrundstücks aus seiner persönlichen Haftung in Anspruch genommen werden kann. Die Ausführungen der Revision geben zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.
6
b) Soweit das Berufungsgericht den Prospekt auch nicht unter sonstigen, von der Klägerin angeführten Gesichtspunkten für fehlerhaft erachtet hat, ist die Revision nicht zugelassen. Die Zulassungsbeschränkung ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor. Es ist jedoch von einer beschränkten Zulassung auszugehen, wenn die Revision wegen einer (Rechts-)Frage zugelassen wird, die nur für die Entscheidung über einen selbständigen, abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein kann (BGH, Beschluss vom 27. September 2011 - II ZR 256/09, juris Rn. 6; Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4). Dies ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Auslegung einer Passage im Prospekt zugelassen, die nur den Prospektfehler „Haftungsreihenfolge“ betrifft. Die Klägerin erhebt mit ihrer Revi- sion gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts im Übrigen auch keine Rügen.
Bergmann Strohn Caliebe Reichart Sunder
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 14.05.2010 - 1 O 383/09 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 17.11.2010 - 4 U 98/10 -

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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

42
Allerdings können vom Darlehensvertrag abweichende Aussagen des Fondsprospekts oder des Gesellschaftsvertrags ausnahmsweise mittelbar von Bedeutung sein. Vereinbart eine Bank in den zur Fondsfinanzierung geschlossenen Darlehensverträgen mit dem Fremdgeschäftsführer bewusst ohne Information der Gesellschafter eine vom Gesellschaftsvertrag abweichende nachteilige Verwertungsreihenfolge, kann dies einen Anspruch der Gesellschafter gegen die Bank gem. § 826 BGB auslösen (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2009 - XI ZR 179/07, ZIP 2009, 2237 Rn. 20 f.). Solche Umstände haben hier die Beklagten nicht vorgetragen. Zwar heißt es auf S. 42 des hiesigen Prospekts: Soweit Gläubiger durch ein Grundpfandrecht gesichert sind, haftet zunächst das Grundstück – wie auch für öffentliche Lasten – insgesamt. Darüber hinaus haften die Gesellschafter nur quotal entsprechend ihrer Beteiligung. Schon das Verständnis, damit sei die vorrangige Verwertung des Fondsgrundstücks vorgeschrieben (so der 27. Senat des Berufungsgerichts, Urteil vom 28. März 2006 - 27 U 65/05, juris; Schlussurteil vom 20. Dezember 2007 - 27 U 129/05, nicht veröffentlicht; nachfolgend BGH, Urteil vom 29. September 2009 - XI ZR 179/07, ZIP 2009, 2237), ist nicht zwingend. Auch haben die Beklagten nicht behauptet, dass die Klägerin bei der Verhandlung der Darlehensverträge bewusst hiervon abgewichen sei.
6
a) Hinsichtlich der Hauptanträge und des auf Feststellung gerichteten Begehrens, dass die Beklagte vor Inanspruchnahme der Gesellschafter zuerst das Grundstück verwerten müsse, ist die Revision unzulässig, weil sie insoweit nicht zugelassen ist. Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt auf das Begehren zugelassen, es solle festgestellt werden, dass der Kläger nur in Höhe der aus den Darlehensverträgen mit der Gesellschaft jeweils bestehenden Restschuld quotal hafte. Die Zulassungsbeschränkung ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils. Von einer beschränkten Zulassung der Revision ist aber auszugehen, wenn die Zulassung wegen einer bestimmten Rechtsfrage ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein kann (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4). Dies ist hier der Fall. Die Frage des Umfangs der quotalen Haftung ist nur für die Entscheidung über das Feststellungsbegehren, dass der Kläger nur quotal bezogen auf die jeweils bestehende Restschuld hafte, von Bedeutung, nicht aber für die sonstigen Anträge. Der Feststellungsantrag, dass der Kläger für die Darlehensverbindlichkeiten aus den genannten Verträgen nicht persönlich hafte, betrifft - ebenso wie der Zahlungsantrag, mit dem der Kläger als Schadensersatz Zahlung der Einlage und der geleisteten Nachschüsse, Zug um Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils, verlangt - nur die Frage, ob der Kläger überhaupt haftet, nicht jedoch die Frage, von welcher Bezugsgröße die quotale Haftung zu berechnen ist. Ebenso wenig ist für das Feststellungsbegehren, dass die Beklagte zuerst das Grundstück verwerten müsse, die Frage der Berechnung der quotalen Haftung von Bedeutung.
4
Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt zugelassen. Von einer Beschränkung der Zulassung in den Urteilsgründen ist auszugehen, wenn die Zulassung nur wegen bestimmter Rechtsfragen ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein können (BGH, Urt. v. 16. Januar 1996 - VI ZR 116/95, ZIP 1996, 370, insoweit nicht in BGHZ 131, 385). Wenn die Zulassung nur wegen Rechtsfragen ausgesprochen wird, die einzelne Anfechtungsgründe betreffen , ist die Zulassung regelmäßig als beschränkt anzusehen.