Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2007 - II ZR 181/06

published on 02/07/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2007 - II ZR 181/06
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Landgericht Landau in der Pfalz, O 32/05, 26/07/2005
Landgericht Zweibrücken, 8 U 106/05, 27/06/2006

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 181/06
vom
2. Juli 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
HGB §§ 145 ff., 171 Abs. 1

a) Ein Kommanditist ist nicht aus gesellschafterlicher Treuepflicht verpflichtet, zur
Durchführung eines zeitlich ungewissen Sanierungskonzepts einer Änderung des
Gesellschaftsvertrages zuzustimmen, durch die ein Teil seiner Haftsumme in eine
Zahlungspflicht gegenüber der Kommanditgesellschaft umgewandelt werden soll.

b) Befindet sich die Kommanditgesellschaft in der Liquidation, muss ein
- grundsätzlich möglicher - Beschluss der Gesellschafter über die Aufhebung der
Liquidation und Fortsetzung der Gesellschaft einstimmig gefasst werden, solange
nicht nach dem Gesellschaftsvertrag eine mehrheitliche Beschlussfassung zugelassen
ist (vgl. BGHZ 8, 35 ff.).
BGH, Beschluss vom 2. Juli 2007 - II ZR 181/06 - OLG Zweibrücken
LG Landau
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. Juli 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer,
Prof. Dr. Gehrlein und Caliebe
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 27. Juni 2006 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 24. August 2006 durch Beschluss nach § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
I. Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
2
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt der von ihm formulierten Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die - abstrakten - Kriterien der gesellschafterlichen Treuepflicht im Zusammenhang mit der Beschlussfassung der Gesellschafter sind in der Rechtsprechung des Senats, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, geklärt. Ob der Gesellschafter, gemessen an diesen abstrakten Kriterien, aus gesellschafterlicher Treuepflicht zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten verpflichtet ist, ist jeweils eine Frage des Einzelfalles. Gerade weil bei der Prüfung der gesellschafterlichen Treuepflichtverletzung entscheidend auf die "eigenen schutzwürdigen Belange" des Gesellschafters abgestellt wird, ist die Beantwortung dieser Frage nicht verallgemeinerungsfähig (Sen.Beschl. v. 26. März 2007 - II ZR 22/06, Tz. 6 f., z.V.b.).
3
2. Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg.
4
a) Die Bewertung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei aus gesellschafterlicher Treuepflicht nicht gehalten gewesen, dem auf die Änderung des Gesellschaftsvertrages abzielenden Beschluss zuzustimmen, die Hafteinlage in eine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin umzuwandeln, beruht auf einer verfahrensfehlerfreien Auswertung des Sachvortrags und der vorgelegten Urkunden, ist tatrichterlich möglich und revisionsrechtlich nicht angreifbar. Das Berufungsgericht durfte vor allem dem unstreitigen Umstand besondere Bedeutung beimessen, dass durch die in Rede stehende Zahlung zunächst allein Zeit gewonnen werden sollte, um im Zusammenwirken mit den beteiligten Banken Sanierungskonzepte zu entwickeln, und es durfte daraus folgern, dass es daher völlig offen gewesen sei, ob die von dem Beklagten eingeforderte Mitwirkung durch Umwandlung eines Teils der Haftsumme in eine Zahlungspflicht gegenüber der Gesellschaft überhaupt geeignet war, die Sanierung herbeizuführen. Revisionsrechtlich ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Berufungsgericht den Beklagten in dieser Lage nicht für zustimmungspflichtig gehalten, sondern seinen Wunsch respektiert hat, abzuwarten, ob und in welcher Höhe die Banken ihn aufgrund seiner Hafteinlage in Anspruch nehmen würden.
5
b) Obendrein verkennt die Klägerin, dass bei der gebotenen Einzelfallabwägung zu berücksichtigen ist, dass sich die Gesellschaft nach wie vor im Liquidationsstadium befindet und hier besondere Voraussetzungen für eine positive Stimmpflicht gelten. Die mit Gesellschafterbeschluss vom 5. Juli 2002 beschlossene Liquidation der Gesellschaft ist durch den Beschluss vom 10. September 2004 nämlich mangels einstimmiger Beschlussfassung nicht wirksam aufgehoben worden. Ein - grundsätzlich möglicher - Fortsetzungsbeschluss muss einstimmig gefasst werden, es sei denn, im Gesellschaftsvertrag ist unter Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes hierfür eine andere Mehrheit vorgesehen (BGHZ 8, 35, 39; Baumbach/Hopt, HGB 32. Aufl. § 131 Rdn. 31; Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB § 131 Rdn. 34). Der Fortsetzungsfall ist im Gesellschaftsvertrag der Klägerin nicht geregelt; die allgemeine Bestimmung in § 10 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages, wonach für die Änderung des Gesellschaftsvertrages eine Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen, mindestens jedoch 50 % des gesamten Haftkapitals ausreicht, genügt den Anforderungen nicht (BGHZ aaO S. 41 f.).
6
II. In der Phase der Abwicklung der Gesellschaft sind an die Pflicht der Gesellschafter, Beschlüssen über im Gesellschaftsvertrag nicht geregelte Zahlungen an die Gesellschaft aus gesellschafterlicher Treuepflicht zuzustimmen, höhere Anforderungen zu stellen als im Falle der werbenden Gesellschaft.
Diese waren hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst recht nicht erfüllt.
Goette Kurzwelly Kraemer Gehrlein Caliebe
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Landau, Entscheidung vom 26.07.2005 - HK.O 32/05 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 27.06.2006 - 8 U 106/05 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Die offene Handelsgesellschaft wird aufgelöst: 1. durch den Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen ist;2. durch Beschluß der Gesellschafter;3. durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft;4. durch gerichtlic
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 22/06 vom 26. März 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 707; HGB § 119 a) Der Gesellschafterbeschluss einer Personengesellschaft, durch den eine Nachschussverpflichtung b
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Annotations

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die offene Handelsgesellschaft wird aufgelöst:

1.
durch den Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen ist;
2.
durch Beschluß der Gesellschafter;
3.
durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft;
4.
durch gerichtliche Entscheidung.

(2) Eine offene Handelsgesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, wird ferner aufgelöst:

1.
mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist;
2.
durch die Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(3) Folgende Gründe führen mangels abweichender vertraglicher Bestimmung zum Ausscheiden eines Gesellschafters:

1.
Tod des Gesellschafters,
2.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters,
3.
Kündigung des Gesellschafters,
4.
Kündigung durch den Privatgläubiger des Gesellschafters,
5.
Eintritt von weiteren im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Fällen,
6.
Beschluß der Gesellschafter.
Der Gesellschafter scheidet mit dem Eintritt des ihn betreffenden Ereignisses aus, im Falle der Kündigung aber nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist.