Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2012 - II ZB 6/09
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Die Anhörungsrüge der Beigeladenen zu 1, 3, 10, 30-32, 34-43b, 58-277, 279-290, 292-335 und 337-430b vom 26. Januar 2012 gegen den Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.
Gründe:
- 1
- I. Eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO, weil die Beigeladenen zu 197 und 285 im Rubrum doppelt, nämlich wie im Schriftsatz vom 26. Januar 2012 behauptet, auch als Beigeladene zu 355 und 371 aufgeführt sind, ist ausgeschlossen. Das Rubrum beruht insoweit nicht auf einer offenbaren Unrichtigkeit.
- 2
- Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO, der auch auf Beschlüsse anzuwenden ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 319 Rn. 3 m.w.N.), sind nur Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit auch von Amts wegen zu berichtigen. Eine Entscheidung ist unrichtig, wenn die Erklärung des richterlichen Willens in der Entscheidung von der bei der Entscheidungsfällung vorhandenen Willensbildung abweicht. Mit Hilfe einer Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO kann hingegen nicht das vom Gericht bei der Entscheidungs- fällung Gewollte geändert werden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 319 Rn. 4 m.w.N.). Die Unrichtigkeit eines Fehlers, der auch durch ein Parteiversehen verursacht worden sein kann, ist offenbar, wenn er sich für den Außenstehenden aus dem Zusammenhang des Urteils ohne weiteres ergibt. Unrichtigkeiten im Rubrum sind bereits dann offenbar, wenn sie dies für die beteiligten Richter sind (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 319 Rn. 5 m.w.N.).
- 3
- Das Rubrum des Senatsbeschlusses vom 13. Dezember 2011 ist in diesem Sinn nicht offenbar unrichtig. Die Aufführung der Beigeladenen zu 197, 285, 355 und 371 spiegelt den auf den Angaben der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen beruhenden Willen des Senats bei seiner Entscheidung wider. Dass es sich bei den Beigeladenen zu 197 und zu 355 sowie zu 285 und zu 371 um jeweils denselben Kläger handelt, ergibt sich weder ohne weiteres aus dem Zusammenhang des Beschlusses noch ist dies für den erkennenden Senat offensichtlich.
- 4
- In der von den Prozessbevollmächtigten zur Akte gereichten „Tabelle 2“, die mit „Aktuelle Klägerliste, ,alte‘ Kläger, die nach dem 31.03.2006 noch weiter klagen“ überschrieben ist, wird derBeigeladene zu 197 A. B. als Kläger zu 152 (Landgericht Berlin - 10a O 625/05, Bd. X Bl. 147) mit der aus dem Beschlussrubrum ersichtlichen Anschrift aufgeführt, der Gesamtstreitwert seiner Klageanträge ist mit 26.352,77 € angegeben. Als Kläger zu 326 wird in dieser „Tabelle 2“ ebenfalls ein A. B. geführt; es sind jedoch ein abweichender Wohnort sowie ein leicht differierender Gesamtstreitwert seiner Klageanträge von 26.352,76 € angegeben (Landgericht Berlin - 10a O 625/05, Bd. X Bl. 152). Entsprechend hat der Senat im Rubrum seines Beschlusses vom 13. Dezember 2011 die Kläger zu 152 und 326 der „Tabelle 2“ als Beigeladene zu 197 und 355 aufgeführt.
- 5
- Der Beigeladene zu 285, Dr. B. Jä. , wird in der von seinen Prozessbevollmächtigten zur Akte gereichten „Tabelle 2“ als Kläger zu 250 geführt; die Anschrift ist mit E. , A. F. 4 und der Gesamtstreitwert seiner Klageanträge ist mit 137.491,48 € angegeben (Landgericht Berlin - 10a O 625/05, Bd. X Bl. 150). Als Kläger zu 343 wird in der „Tabelle 2“ ein Dr. B. Jae. , wohnhaft in E. , allerdings nicht A. F. 4, sondern in der O. -Str. 7 genannt. Der Gesamtstreitwert seiner Klageanträge beläuft sich dort auf 131.843,02 € (Landgericht Berlin - 10a O 625/05, Bd. X Bl. 153). Dementsprechend hat der Senat im Rubrum seines Beschlusses vom 13. Dezember 2011 die Kläger zu 250 und 343 der „Tabelle 2“ als Beigeladene zu 285 und 371 erfasst.
- 6
- II. Der Senat hat die Anhörungsrüge der Beigeladenen zu 1, 3, 10, 30-32, 34-43b, 58-277, 279-290, 292-335 und 337-430b geprüft und für nicht begründet erachtet.
- 7
- Der Anspruch dieser Beigeladenen auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt. Entgegen ihrer Auffassung mussten die Beigeladenen vor der Kostenentscheidung im Beschluss vom 13. Dezember 2011 nicht gesondert angehört werden. Der Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör war durch die nach § 15 Abs. 2 Satz 1 KapMuG vorgeschriebene Mitteilung über den Eingang der Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichthof gewahrt. Die Zustellung der Mitteilung kann gemäß § 15 Abs. 2 Satz 3 KapMuG durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden, wobei § 9 Abs. 2 Satz 2 KapMuG entsprechend gilt. Danach wird die öffentliche Bekanntmachung durch Eintragung in das Klageregister bewirkt. Im Klageregister wurde auf Veranlassung des Senatsvorsitzenden vom 26. Juli 2011 am 1. August 2011 veröffentlicht, dass gegen den Musterentscheid des Kammergerichts vom 3. März 2009 (4 SCH 2/06, KapMuG; LG Berlin - 10a O 119/05) beim Bundesgerichtshof (Az.: II ZB 6/09) Rechtsbeschwerde eingelegt worden ist.
- 8
- Ein etwaiger Gehörsverstoß wäre auch nicht entscheidungserheblich. Kostengrundentscheidungen sind allein nach Maßgabe der hierfür vorgesehe- nen prozessualen Vorschriften über die Kostentragung zu treffen, mithin hier nach § 19 Abs. 2 und 3 KapMuG, § 92 Abs. 1 ZPO. Parteivereinbarungen haben auf die Kostenengrundentscheidung keinen Einfluss und binden - bis auf hier nicht gegebene Ausnahmen - das Gericht nicht (BGH, Urteil vom 6. März 1952 - IV ZR 171/51, BGHZ 5, 251, 258; Beschluss vom 11. Oktober 2006 - XII ZR 285/02, NJW 2007, 1213 Rn. 6; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., Vor § 91 Rn. 14; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., Übers § 91 Rn. 41).
Drescher Born
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 28.11.2006 - 10a O 119/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 03.03.2009 - 4 SCH 2/06 KapMuG -
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(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Nach Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses gemäß § 6 Absatz 4 erweitert das Oberlandesgericht auf Antrag eines Beteiligten das Musterverfahren durch Beschluss um weitere Feststellungsziele, soweit
- 1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits von den weiteren Feststellungszielen abhängt, - 2.
die Feststellungsziele den gleichen Lebenssachverhalt betreffen, der dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt, und - 3.
das Oberlandesgericht die Erweiterung für sachdienlich erachtet.
(2) Das Oberlandesgericht macht die Erweiterung des Musterverfahrens im Klageregister öffentlich bekannt.
(1) Beteiligte des Musterverfahrens sind:
(2) Das Oberlandesgericht bestimmt nach billigem Ermessen durch Beschluss den Musterkläger aus den Klägern, deren Verfahren nach § 8 Absatz 1 ausgesetzt wurden. Zu berücksichtigen sind:
- 1.
die Eignung des Klägers, das Musterverfahren unter Berücksichtigung der Interessen der Beigeladenen angemessen zu führen, - 2.
eine Einigung mehrerer Kläger auf einen Musterkläger und - 3.
die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist.
(3) Die Kläger, die nicht als Musterkläger ausgewählt werden, sind Beigeladene des Musterverfahrens.
(4) Das Oberlandesgericht kann den Musterkläger auf Antrag eines Beigeladenen abberufen und einen neuen Musterkläger nach Maßgabe des Absatzes 2 bestimmen, wenn der Musterkläger das Musterverfahren nicht angemessen führt.
(5) Musterbeklagte sind alle Beklagten der ausgesetzten Verfahren.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Anträge auf Urteilsberichtigung sind bereits unzulässig, weil sie nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gestellt wurden. Eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO von Amts wegen ist nicht veranlasst. Soweit den Beigeladenen zu 5, 7 und 8 sowie den Beigeladenen zu 24 bis einschließlich 29 im Beschluss des erkennenden Senats vom 13. Dezember 2011 (II ZB 6/09, ZIP 2012, 117) Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten der Musterbeklagten auferlegt worden sind, beruht der Tenor nicht auf einer offenbaren Unrichtigkeit.
- 2
- Gemäß § 319 Abs. 1 ZPO, der auch auf Beschlüsse anzuwenden ist, sind nur Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit auch von Amts wegen zu berichtigen. Eine Entscheidung ist unrichtig, wenn die Erklärung des richterlichen Willens in der Entscheidung von der der Entscheidung zugrunde liegenden Willensbildung abweicht. Mit Hilfe einer Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO kann hingegen nicht das vom Gericht Gewollte geändert werden. Eine Unrichtigkeit ist offenbar, wenn sie sich für den Außenstehenden aus dem Zusammenhang des Urteils ohne weiteres ergibt (BGH, Urteil vom 14. Juli 1994 - IX ZR 193/93, BGHZ 127, 74, 80 f.; Beschluss vom 27. März 2012 - II ZB 6/09, juris Rn. 2; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 319 Rn. 7). Unrichtigkeiten im Rubrum sind bereits dann offenbar, wenn sie dies für die beteiligten Richter sind (BGH, Beschluss vom 27. März 2012 - II ZB 6/09, juris Rn. 2).
- 3
- Tenor und Rubrum des Senatsbeschlusses vom 13. Dezember 2011 sind in diesem Sinn nicht offenbar unrichtig. Die Berücksichtigung der Beigeladenen zu 5, 7 und 8 sowie der Beigeladenen zu 24 bis einschließlich 29 bei der Kostenentscheidung spiegelt den auf der Aktenlage beruhenden Willen des Senats bei seiner Entscheidung wider. Danach musste der Senat davon ausgehen , dass die Beigeladenen zu 5, 7 und 8 sowie die Beigeladenen zu 24 bis einschließlich 29 weder zum Zeitpunkt des Aussetzungsbeschlusses des Landgerichts Berlin vom 22. Juni 2007 noch in der Frist des § 8 Abs. 3 Nr. 2 KapMuG ihre Klage zurückgenommen hatten. Etwas anderes lässt sich den Gründen der Entscheidung auch nicht entnehmen.
- 4
- II. Eine Umdeutung des Antrags des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 5, 7 und 8 sowie der Beigeladenen zu 24 bis einschließlich 29 in eine Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO wegen eines Verstoßes gegen das in Art. 103 GG verbürgte Recht auf rechtliches Gehör kommt nicht in Betracht. Denn diese wäre unzulässig.
- 5
- Zum einen wäre die Anhörungsrüge nicht, wie erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2005 - VIII ZB 3/05, NJW 2005, 2017; Beschluss vom 16. Juli 2009 - I ZB 41/09, GuT 2009, 216; Beschluss vom 25. April 2012 - IX ZR 126/10, juris), von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden. Zudem wäre die Anhörungsrüge gemäß § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO verfristet. Danach muss die Rügeschrift innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei Gericht eingehen. Diese Frist beginnt im Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Bei schriftlich begründeten Entscheidungen fällt im Regelfall der Zeitpunkt der Kenntniserlangung mit dem der Zustellung der Entscheidung zusammen (BVerfG, NJW-RR 2010, 1215 Rn. 3 ff.; OLG Oldenburg, MDR 2009, 764). Dem Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 24 bis einschließlich 29 wurde der Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2011 ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 12. Januar 2012 zugestellt. Der Schriftsatz vom 23. Juli 2012 ist hier am selben Tag und damit nach Ablauf der Notfrist von zwei Wochen eingegangen. Der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 5, 7 und 8 wurde der Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2011 nach deren Versicherung vor dem 1. März 2012 zugestellt. Der Schriftsatz vom 23. Juli 2012 ist hier am 24. Juli 2012 und damit nach Ablauf der Notfrist von zwei Wochen eingegangen.
- 6
- III. Die mit dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 24 bis einschließlich 29 hilfsweise erhobene Gegenvorstellung ist gleichfalls unzulässig.
- 7
- Zwar bleibt bei Verstößen gegen andere Verfahrensgrundrechte als Gehörsverletzungen eine Gegenvorstellung in analoger Anwendung des § 321a ZPO denkbar. Aber auch in diesem Fall sind die Form- und Fristerfordernisse der Anhörungsrüge einzuhalten (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 - IXa ZB 182/03, NJW 2004, 2529 f.; Beschluss vom 4. Juli 2007 - VII ZB 28/07, NJW-RR 2007, 1654).
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 28.11.2006 - 10a O 119/05 -
KG, Entscheidung vom 03.03.2009 - 4 SCH 2/06 KapMuG -
(1) Der genehmigte Vergleich wird den Beigeladenen zugestellt.
(2) Die Beigeladenen können innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Vergleichs ihren Austritt aus dem Vergleich erklären. Der Austritt muss schriftlich gegenüber dem Gericht erklärt werden; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.
(3) Die Beigeladenen sind über ihr Recht zum Austritt aus dem Vergleich, über die einzuhaltende Form und Frist sowie über die Wirkung des Vergleichs zu belehren.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.