Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2016 - I ZR 165/15

bei uns veröffentlicht am06.10.2016
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 34 O 117/13, 04.06.2014
Oberlandesgericht Düsseldorf, 20 U 95/14, 28.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 165/15 Verkündet am:
6. Oktober 2016
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Debrisoft
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 13 Abs. 2
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Art. 13 Abs. 2 der Verordnung
(EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (Abl.
Nr. L 78 vom 24. März 2009) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 dahin auszulegen, dass der Inhaber
der Marke sich dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat
eingeführten Medizinprodukts in seiner inneren und äußeren Originalverpackung, die
vom Importeur mit einem zusätzlichen äußeren Aufkleber versehen wurde, widersetzen
kann, es sei denn
- es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber
zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der mit einem neuen Aufkleber versehenen Ware
unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen
Mitgliedstaaten beitragen würde;
- es ist dargetan, dass die Neuetikettierung den Originalzustand der in der Verpackung
enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann;
- auf der Verpackung ist klar angegeben, von wem der neue Aufkleber auf der Ware
angebracht worden ist und wer deren Hersteller ist;
- das mit diesem neuen Aufkleber versehene Erzeugnis ist nicht so aufgemacht,
dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann; der
Aufkleber darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich
sein, und
- der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des mit
einem neuen Aufkleber versehenen Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein
Muster dieser Ware.
BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - I ZR 165/15 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
ECLI:DE:BGH:2016:061016BIZR165.15.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (Abl. Nr. L 78 vom 24. März 2009) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 dahin auszulegen , dass der Inhaber der Marke sich dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Medizinprodukts in seiner inneren und äußeren Originalverpackung, die vom Importeur mit einem zusätzlichen äußeren Aufkleber versehen wurde, widersetzen kann, es sei denn - es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der mit einem neuen Aufkleber versehenen Ware unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde; - es ist dargetan, dass die Neuetikettierung den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann; - auf der Verpackung ist klar angegeben, von wem der neue Aufkleber auf der Ware angebracht worden ist und wer deren Hersteller ist; - das mit diesem neuen Aufkleber versehene Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann; der Aufkleber darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein, und - der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des mit einem neuen Aufkleber versehenen Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Muster dieser Ware.

Gründe:


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A. Die Klägerin ist Inhaberin der am 22. Juni 2010 für "Sanitärprodukte für medizinische Zwecke", "Pflaster" und "Verbandsmaterial" eingetragenen Gemeinschaftswortmarke Nr. 8852279 "DEBRISOFT". Sie stellt her und vertreibt unter anderem das Produkt "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10x10 cm, 5 Stück". Es handelt sich dabei um Verbandsmaterial, das bei der oberflächlichen Behandlung von Wunden und der Wundumgebung verwendet wird.
2
Die Beklagte, eine in Österreich ansässige Gesellschaft, vertreibt im Wege des Parallelimports von der Klägerin hergestellte und nach Österreich exportierte Sanitärprodukte für medizinische Zwecke und Verbandsmaterial in Deutschland.
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Am 25. Mai 2012 erwarb die Klägerin in einer Apotheke in Düsseldorf ein Paket des von der Beklagten zuvor aus Österreich importierten Produkts "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10x10 cm, 5 Stück". Auf der Faltschachtel des Produkts hatte die Beklagte vor der Veräußerung an die Apotheke einen (nachfolgend aus der Wiedergabe im Klageantrag ersichtlichen) Aufkleber angebracht, der folgende Angaben enthielt: Import BRD: Europ-Vertrieb GmbH Postfach 20, A-8753 Fohnsdorf Tel.: ... Wiedergabe eines Strichcodes PZN-9678442
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Der Aufkleber war auf einem unbedruckten Teil der Faltschachtel in ordentlicher Weise aufgebracht und verdeckte nicht die Marke der Klägerin. Die Angabe "PZN" kürzt den Begriff "Pharmazentralnummer" ab. Diese dient dazu, den Warenverkehr mit Apotheken zu organisieren und die vereinfachte Abrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen zu ermöglichen.
5
Die Beklagte hatte die Klägerin nicht über den Re-Import des Produkts "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10x10 cm, 5 Stück" vorab informiert und ihr auch keine durch den Aufkleber veränderte Produktpackung zur Verfügung gestellt. Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten eine Verletzung ihrer Marke. Eine Erschöpfung ihres Markenrechts sei nicht eingetreten, weil die Beklagte sie über den Re-Import nicht vorab informiert und ihr auch kein Muster der veränderten Packung überlassen habe.
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Die Klägerin hat beantragt, es der Beklagten bei Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Klägerin die Marke "DEBRISOFT" zur Kennzeichnung von Sanitätsprodukten, nämlich Verbandsmaterial zum Debridement, zu benutzen, insbesondere zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen, wenn sie nicht die Markeninhaberin vorab vom Freihalten gemeint: Feilhalten der wie hier ersichtlichen an relevanter Stelle vergrößert: veränderten Verbandsmaterialien, nämlich Verbandsmaterial zum Debridement, unterrichtet hat und ihr auf Verlangen ein Muster der veränderten Ware zur Verfügung gestellt hat (Klageantrag zu I).
Die Klägerin hat die Beklagte ferner auf Auskunftserteilung, Herausgabe
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von Belegen im Umfang der zu erteilenden Auskunft (Klageantrag zu III) sowie auf Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 4.015,42 € (Klageantrag zu IV) in Anspruch genommen. Außerdem hat sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt (Klageantrag zu II). Ferner hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die gemäß Antrag zu I gekennzeichneten, nicht vorab angezeigten und auf Verlangen als Muster vorgelegten Waren zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen sowie solche in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren zu vernichten (Klageantrag zu V).
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Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Unterlassungsverpflichtung und die Folgeansprüche lediglich auf Deutschland beziehen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
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B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.
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I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe mit dem beanstandeten Verhalten die Gemeinschaftsmarke der Klägerin gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV verletzt. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Der Annahme einer Markenverletzung stehe nicht entgegen, dass die Klägerin das streitgegenständliche Produkt ursprünglich in der Europäischen Union in Verkehr gebracht habe. Eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin sei dadurch nicht eingetreten. Sie könne sich dem weiteren Vertrieb der Ware durch die Beklagte aus berechtigten Gründen widersetzen. Im Streitfall liege in der Aufbringung des Aufklebers durch die Beklagte eine Neuetikettierung im Sinne der vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätze zur markenrechtlichen Behandlung von umgepackten und neuetikettierten parallelimportierten Arzneimitteln. Diese Grundsätze seien vorliegend ebenfalls anzuwenden. Die Zulässigkeit des Parallelimports hänge somit davon ab, dass der Parallelimporteur den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen der Produkte über die Neuetikettierung informiere und diesem auf Verlangen ein Muster der Ware liefere. Dass der Gerichtshof der Europäischen Union seine Grundsätze zur Produktgruppe der Arzneimittel aufgestellt habe, während es vorliegend um ein Medizinprodukt gehe, ändere daran wegen der vergleichbaren Bedeutung der mit der Marke verbundenen Herkunftsgarantie für Hersteller und Verbraucher nichts.
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II. Das Landgericht, auf dessen Urteil das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist von einer Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Doppelidentität im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV ausgegangen. Gegen diese Annahme erhebt die Revision keine Rüge. Sie ist deshalb der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Die in Rede stehende Vorschrift ist zwar durch die Verordnung (EU) 2015/2424 vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle ) zu entrichtenden Gebühren modifiziert worden. An die Stelle des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV ist die inhaltsgleiche Bestimmung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. a UMV getreten. Im vorliegenden Rechtsstreit findet aber im Hinblick auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitraum, der vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2015/2424 liegt, die Gemeinschaftsmarken -Verordnung Anwendung.
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Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt deshalb davon ab, ob sich die Beklagte auf eine Erschöpfung des Markenrechts der Klägerin berufen kann. Da es sich nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts bei dem Produkt "Debrisoft zum Debridement, STERILE, 10x10 cm, 5 Stück" um ein Medizinprodukt handelt und die Beklagte die Klägerin nicht über den Re-Import des Produkts "Debrisoft zum Debridement, STERILE , 10x10 cm, 5 Stück" vorab informiert und ihr auch keine durch den Aufkleber veränderte Produktpackung zur Verfügung gestellt hat, stellt sich die Frage, ob die vom Gerichtshof für den Parallelimport von Arzneimitteln entwickelten Grundsätze, nach denen die Vorabinformation und die Zurverfügungstellung eines Packungsmusters auf Verlangen des Markeninhabers eine Voraussetzung der Erschöpfung darstellt, auch auf den Parallelimport von Medizinprodukten Anwendung finden.
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1. Gemäß Art. 13 Abs. 2 GMV kann sich ein Dritter nicht auf die Erschöpfung des Rechts des Markeninhabers aus der Gemeinschaftsmarke berufen, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union beeinträchtigt das Umpacken mit einer Marke versehener Arzneimittel als solches den spezifischen Gegenstand der Marke, der darin besteht, die Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Ware zu garantieren. Ein Umpacken der Ware durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers kann tatsächliche Gefahren für diese Herkunftsgarantie begründen (vgl. EuGH, Urteil vom 23. April 2002 - C-143/00, Slg. 2002, I-3759 = GRUR 2002, 879 Rn. 29 - Boehringer Ingelheim/Swingward I; Urteil vom 26. April 2007 - C-348/04, Slg. 2007, I-3391 = GRUR 2007, 586 Rn. 15, 30 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Unter den Begriff des Umpackens fällt auch eine Neuetikettierung der Verpackung (EuGH, GRUR 2007, 586 Rn. 28 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Hierzu rechnet regelmäßig bereits das Aufbringen eines Aufklebers mit wichtigen Informationen in der Sprache des Einfuhrlands. Eine solche Veränderung schafft ihrem Wesen nach tatsächliche Gefahren für die Herkunftsgarantie der Marke, ohne dass in diesem Zusammenhang bereits zu prüfen ist, welche konkreten Auswirkungen die vom Parallelimporteur vorgenommene Handlung hat (vgl. EuGH, GRUR 2007, 586 Rn. 29 f. - Boehringer Ingelheim/Swingward II; BGH, Urteil vom 22. November 2012 - I ZR 72/11, GRUR 2013, 739 Rn. 39 = WRP 2013, 902 - Barilla).
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Der Widerspruch des Markeninhabers gegen den Vertrieb umgepackter Arzneimittel nach Art. 13 Abs. 2 GMV, der eine Abweichung von dem Grundsatz des freien Warenverkehrs darstellt, ist jedoch nicht zulässig, wenn die Ausübung dieses Rechts durch den Markeninhaber eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne des Art. 36 Satz 2 AEUV darstellt (vgl. EuGH, GRUR 2007, 586 Rn. 16 - Boehringer Ingelheim /Swingward II; EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008 - C-276/05, Slg. 2008, I-10479 = GRUR 2009, 154 Rn. 23 - Wellcome/Paranova). Eine solche verschleierte Beschränkung liegt vor, wenn der Markeninhaber durch die Ausübung seines Rechts, sich dem Umpacken zu widersetzen, zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beiträgt und der Parallelimporteur das Umpacken unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Markeninhabers vornimmt. Der Markeninhaber kann danach die Veränderung, die mit jedem Umpacken eines mit seiner Marke versehenen Arzneimittels verbunden ist und die ihrem Wesen nach eine Beeinträchtigung des Originalzustands des Arzneimittels schafft, verbieten, es sei denn, es liegen die nachfolgend wiedergegebenen fünf in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entwickelten Voraussetzungen vor (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - C-427/93, Slg. 1996, I-3457 = GRUR Int. 1996, 1144 Rn. 79 - Bristol-Myers Squibb/Paranova; EuGH, GRUR 2007, 586 Rn. 21 - Boehringer Ingelheim/Swingward II; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - I ZR 173/04, GRUR 2007, 1075 Rn. 16 = WRP 2007, 1472 - STILNOX; BGH, GRUR 2013, 739 Rn. 40 - Barilla): - Es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Markeninhaber das gleiche Arzneimittel in unterschiedlichen Packungen in verschiedenen Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht hat und das Umpacken durch den Importeur erforderlich ist, um das Arzneimittel im Einfuhrmitgliedstaat vertreiben zu können.
- Es ist dargetan, dass das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann.
- Auf der neuen Verpackung ist klar angegeben, von wem das Arzneimittel umgepackt worden ist und wer der Hersteller ist.
- Das umgepackte Arzneimittel ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden
kann. Die Verpackung darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein.
- Der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vorab vom Feilhalten des umgepackten Arzneimittels und liefert ihm auf Verlangen ein Muster der umgepackten Ware.
2. Die Anwendbarkeit dieser Grundsätze ist nicht auf Fälle des Parallel16 imports von Arzneimitteln beschränkt. Sie können jedenfalls in modifizierter Form auch auf das Umpacken anderer Erzeugnisse übertragen werden.

a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass diese
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Maßstäbe zum Umpacken von Arzneimitteln im Grundsatz auch auf den Parallelhandel mit anderen Erzeugnissen Anwendung finden (vgl. zu alkoholischen Getränken EuGH, Urteil vom 11. November 1997 - C-349/95, Slg. 1997, I-6227 = GRUR Int. 1998, 145 Rn. 27, 47 bis 50 - Loendersloot/Ballantine). Der Senat wendet diese Grundsätze ebenfalls nicht nur auf den Parallelimport von Arzneimitteln an, sondern legt sie auch der Prüfung der Erschöpfungsvoraussetzungen in Bezug auf andere Erzeugnisse zugrunde (für Medizinprodukte vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 185/07, GRUR 2010, 756 Rn.20 = WRP 2010, 1020 - One Touch Ultra; für Lebensmittel vgl. BGH, GRUR 2013, 739 Rn. 41, 51, 53 - Barilla). Auch das Schrifttum geht davon aus, dass die unionsrechtlichen Erschöpfungsgrundsätze nicht auf Arzneimittel beschränkt sind, sondern für alle Produkte gelten, bei denen es für den inländischen Marktzutritt des aus einem anderen Mitgliedstaat stammenden Originalprodukts erforderlich ist, Änderungen an der Verpackung oder der Marke vorzunehmen (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 24 Rn. 67; Schalk in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 24 MarkenG Rn. 55; v. Ekey in HK MarkenR, 3. Aufl., § 24 MarkenG Rn. 86; Streudtner in BeckOK.MarkenR, 6. Edition, Stand: 1. Februar 2016, § 24 Rn. 76 ff.; Müller in BeckOK.UMV, 2. Edition, Stand: 24. März 2016, Art. 13 Rn. 77; Hacker in Ströbele /Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 24 Rn. 115; Abrar, MarkenR 2011, 382, 389, 390; für Medizinprodukte ausdrücklich Beyerlein, MPR 2008, 3 f.).

b) Allerdings müssen nicht stets alle der von der Rechtsprechung zum Pa18 rallelimport von Arzneimitteln entwickelten fünf Erschöpfungsvoraussetzungen vorliegen. Die Grundsätze finden vielmehr nur in modifizierter Form auf andere Erzeugnisse Anwendung (BGH, GRUR 2013, 739 Rn. 41, 51 - Barilla; v. Ekey in HK MarkenR aaO § 24 MarkenG Rn. 86; Schalk in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 24 MarkenG Rn. 55; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 24 Rn. 115; Streudtner in BeckOK.MarkenR aaO § 24 Rn. 78). Welche der Erschöpfungsvoraussetzungen konkret zur Anwendung kommen, hängt von den im Einzelfall maßgeblichen legitimen Interessen des Markeninhabers mit Blick auf die Besonderheiten des Erzeugnisses ab (vgl. EuGH, GRUR Int. 1998, 145 Rn. 48 - Loendersloot/Ballantine). Danach ist beispielsweise der Parallelimporteur bei der Neuetikettierung eines alkoholischen Getränks nicht verpflichtet, dem Hersteller auf Anforderung eine Probe des umgepackten Erzeugnisses zukommen zu lassen und anzugeben, wer das Umpacken vorgenommen hat, wenn die berechtigten Interessen des Markeninhabers bereits dadurch ausreichend gewahrt sind, dass ihn der Parallelimporteur vorab vom Verkauf des neu etikettierten Erzeugnisses informiert (vgl. EuGH, GRUR Int. 1998, 145 Rn. 49 und 50 - Loendersloot/Ballantine). Eine entsprechend modifizierte Anwendung der unionsrechtlichen Erschöpfungsgrundsätze hat der Senat für eine im Rahmen eines Parallelimports von Nudeln und Fertigsaucen vorgenommene Neuetikettierung für maßgeblich erachtet (vgl. BGH, GRUR 2013, 739 Rn. 52 - Barilla; gegen eine modifizierte Anwendung Abrar, MarkenR 2011, 382, 390 und wohl auch Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 24 Rn. 116 Fn. 272).
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3. Im Streitfall liegt auch eine Neuetikettierung im Sinne der unionsrechtlichen Erschöpfungsgrundsätze zum Parallelimport vor.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der von der Beklagten auf den
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Verpackungen der streitgegenständlichen Produkte aufgebrachte Aufkleber mit der Angabe von Name und Anschrift der Beklagten unter der Überschrift "Import BRD" enthalte wichtige Informationen in der Sprache des Einfuhrlandes. Der Aufkleber berge seinem Wesen nach - auch wenn die Angaben zutreffend sein sollten - tatsächliche Gefahren für die Herkunftsgarantie der Marke. Durch ihn könnten beim Verbraucher Zweifel daran ausgelöst werden, dass an der ihm angebotenen Ware auf einer früheren Vermarktungsstufe durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers ein Eingriff vorgenommen worden sei, der den Originalzustand der Ware beeinträchtigt habe.

b) Diese Beurteilung hält der Senat für zutreffend. Eine unter den Begriff
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des Umpackens fallende Neuetikettierung der Verpackung liegt regelmäßig beim Aufbringen eines Aufklebers mit wichtigen Informationen in der Sprache des Einfuhrlands vor. Bereits eine solche Veränderung schafft ihrem Wesen nach tatsächliche Gefahren für die Herkunftsgarantie der Marke, ohne dass in diesem Zusammenhang schon zu prüfen ist, welche konkreten Auswirkungen die vom Parallelimporteur vorgenommene Handlung hat (vgl. EuGH, GRUR 2007, 586 Rn. 29 f. - Boehringer Ingelheim/Swingward II; BGH, GRUR 2013, 739 Rn. 39 - Barilla). Entgegen der Ansicht der Revision kommt dem auf dem Aufkleber aufgebrachten Strichcode nicht lediglich die Funktion eines Preisschildes zu, so dass der Verbraucher die auf dem Aufkleber enthaltenen Informationen nicht der Klägerin als Markeninhaberin zurechnet, sondern dem Händler. Es fehlt im Vortrag der Beklagten bereits an einer tatsächlichen Grundlage für die Behauptung der Revision, dem Strichcode komme allein die Funktion eines Preisschildes zu. Es ist im Übrigen weder substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der maßgebliche Durchschnittsverbraucher in dem Strichcode lediglich ein vom Händler aufgebrachtes Preisschild erkennen wird. Hinzu kommt, dass sich auf dem Aufkleber der Beklagten nicht nur ein Strichcode befindet, sondern außerdem Angaben zum Importeur und eine Pharmazentralnummer angebracht sind. Aus diesen Angaben hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei gefolgert, dass der Aufkleber seinem Wesen nach - auch wenn die Angaben zutreffend sein sollten - tatsächliche Gefahren für die Herkunftsgarantie der Marke birgt, weil beim Verbraucher die Vorstellung ausgelöst werde, es sei an der ihm angebotenen Ware auf einer früheren Vermarktungsstufe durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers ein Eingriff vorgenommen worden, der den Originalzustand der Ware beeinträchtigt haben könnte.
4. Im Streitfall stellt sich demnach die vom Gerichtshof der Europäischen
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Union noch nicht entschiedene Frage, ob die für den Parallelimport von Arzneimitteln entwickelten Grundsätze auf den Parallelimport von Medizinprodukten uneingeschränkt Anwendung finden.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die unionsrechtlichen Er23 schöpfungsgrundsätze zum Parallelimport von Arzneimitteln seien auf Medizinprodukte entsprechend anzuwenden, so dass eine Erschöpfung des Markenrechts (auch) die vorliegend unstreitig fehlende Vorabinformation der Klägerin sowie die hier ebenfalls nicht erfolgte Übersendung eines Warenmusters auf ihr Verlangen voraussetze. Die Besonderheiten, die bei Arzneimitteln vorhanden seien und diese Erschöpfungsvoraussetzungen rechtfertigten, seien bei Medizinprodukten ebenso gegeben. Zwar müssten Medizinprodukte kein Zulassungsverfahren wie Arzneimittel durchlaufen. Jedoch mache das zu ihrer Verkehrsfähigkeit notwendige Konformitätsbewertungsverfahren sie sowohl aus der Sicht der Hersteller als auch aus der Perspektive der Verbraucher zu besonders
sensiblen Produkten, bei denen die Herkunftsgarantie der auf dem Produkt angegebenen Marke aufgrund der gleichfalls hohen Verantwortlichkeit des Herstellers eine besondere Bedeutung erlange. Dies gelte auch und gerade für die Produktverpackung, auf der die CE-Kennzeichnung als Erklärung des Herstellers aufgebracht sei, das Produkt genüge den gesetzlichen Anforderungen. Dagegen seien die vom Gerichtshof der Europäischen Union und vom Bundesgerichtshof für Lebensmittel aufgestellten Grundsätze, nach denen lediglich eine Vorabinformation, nicht aber eine Bemusterung erforderlich sei, nicht maßgeblich. Zwar gebe es auch rechtliche Regelungen, die der Lebensmittelsicherheit dienten und beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln zu beachten seien. Keine dieser Verpflichtungen sei jedoch qualitativ mit denen zu vergleichen, die im Rahmen eines Zulassungs- oder Konformitätsbewertungsverfahrens in Bezug auf Arzneimittel oder Medizinprodukte zu erfüllen seien.

b) Der Senat hält diese Beurteilung für überzeugend mit der Folge, dass
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die unionsrechtlichen Grundsätze zur Rechtmäßigkeit des Parallelimports von Arzneimitteln auf Medizinprodukte uneingeschränkt entsprechend anwendbar wären (ebenso OLG Hamburg, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 3 U 113/05, juris Rn. 66; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 24 Rn. 114; Beyerlein, MPR 2008, 3 f.).
aa) Die Revision macht zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung
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geltend, zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten bestünden trotz gewisser Parallelen entscheidende Unterschiede. Sie verweist zur Begründung auf die unterschiedlichen gesetzlichen Begrifflichkeiten sowie die unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen an die Erlaubnis zum Herstellen und Inverkehrbringen von Arzneimitteln auf der einen und Medizinprodukten auf der anderen Seite. Damit berücksichtigt sie nach Ansicht des Senats nicht ausreichend, dass es im Hinblick auf die vorliegend entscheidende Frage, welche Erschöp- fungsvoraussetzungen Anwendung finden, nicht auf ordnungs- oder wettbewerbsrechtliche Detailregelungen zur Verkehrsfähigkeit von Erzeugnissen ankommt , sondern eine markenrechtliche Betrachtung vorzunehmen ist. Maßgeblich sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die im Einzelfall bestehenden legitimen Interessen des Markeninhabers mit Blick auf eventuelle Besonderheiten des Erzeugnisses (vgl. EuGH, GRUR Int. 1998, 145 Rn. 48 - Loendersloot/Ballantine). Das Berufungsgericht hat insoweit angenommen, das für die Verkehrsfähigkeit von Medizinprodukten notwendige Konformitätsbewertungsverfahren mache diese Erzeugnisse sowohl aus der Sicht der Hersteller als auch aus der Perspektive der Verbraucher zu besonders sensiblen Produkten, bei denen die Herkunftsgarantie der Marke aufgrund der hohen Verantwortlichkeit des Herstellers eine besondere Bedeutung erlange. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision nicht. Sie hat vielmehr eingeräumt , dass es sich bei Medizinprodukten um sensible Produkte handelt, bei denen die Herkunftsgarantie der auf dem Produkt angebrachten Marke ebenso wie die CE-Kennzeichnung aufgrund der Verantwortung des Herstellers eine besondere Bedeutung erlangt.
bb) Das Berufungsgericht hat zudem mit Recht in dem für Medizinproduk26 te gesetzlich vorgesehenen Konformitätsbewertungsverfahren einen Grund dafür gesehen, dass es sich bei Medizinprodukten aus der Sicht der Hersteller und der Verbraucher um besonders sensible Produkte handelt und der Herkunftsgarantie der Marke eine besondere Bedeutung zukommt. Der Zweck des Medizinproduktegesetztes (MPG), mit dem die Richtlinien 90/385/EWG, 93/42/EWG, 98/79/EWG, 2000/70/EWG, 2003/12/EG, 2003/32/EG und 2005/50/EG umgesetzt sind (vgl. Rehmann in Rehmann/Wagner, MPG, 2. Aufl., Einführung Rn. 2; Lücker in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl., Vorbemerkung Rn. 3 f.) besteht darin, durch eine Regelung des Verkehrs mit Medizinprodukten für
die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen (§ 1 MPG). Das Medizinprodukterecht ist damit wie das Arzneimittelrecht Risikovorsorgerecht (vgl. Rehmann in Rehmann/Wagner aaO § 1 Rn. 1). Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass sich dieser Zweck in besonderen Anforderungen an die Verkehrsfähigkeit von Medizinprodukten niederschlägt. So dürfen diese gemäß § 6 Abs. 1 MPG nur in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind. Mit der CE-Kennzeichnung dürfen Medizinprodukte nur versehen werden, wenn die Grundlegenden Anforderungen nach § 7 MPG, die auf sie unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung anwendbar sind, erfüllt sind und ein für das jeweilige Medizinprodukt vorgeschriebenes Konformitätsbewertungsverfahren nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 37 Abs. 1 durchgeführt worden ist (§ 6 Abs. 2 MPG). Zudem ist die Eignung von Medizinprodukten für den vorgesehenen Verwendungszweck durch eine klinische Bewertung anhand von klinischen Daten zu belegen, soweit nicht in begründeten Ausnahmefällen andere Daten ausreichen (§ 19 Abs. 1 MPG).
cc) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Medizinproduk27 ten - ebenso wie bei Arzneimitteln, aber anders als bei Lebensmitteln - um Erzeugnisse handelt, die einen unmittelbaren Gesundheitsbezug aufweisen. Da die eigene Gesundheit nach der Lebenserfahrung eine besondere Wertschätzung und Aufmerksamkeit des Verbrauchers genießt (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2001 - I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 185 = WRP 2002, 74 - Das Beste jeden Morgen, mwN), ist die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden , Medizinprodukte gehörten wie Arzneimittel zu den besonders sensiblen Produkten, bei denen die Herkunftsgarantie der auf dem Erzeugnis angege-
benen Marke aufgrund der hohen Verantwortlichkeit des Herstellers eine besondere Bedeutung erlange.
dd) Aufgrund dieser Umstände erscheint es gerechtfertigt, für Medizinpro28 dukte ebenso wie für Arzneimittel von einer besonderen Sensibilität des Verbrauchers in Bezug auf die durch die Marke verkörperte Herkunftsgarantie und damit ein vergleichbares legitimes Interesse des Markeninhabers anzunehmen, Gefahren für diese Herkunftsgarantie abzuwehren. Dass überwiegende Interessen des Parallelimporteurs der Annahme einer Obliegenheit zur Vorabinformation und zur Übersendung eines Musters der für den Parallelvertrieb vorgesehenen Packung entgegenstehen, ist im Streitfall nicht dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich.
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ee) Der Senat neigt ferner dazu, die unionsrechtlichen Grundsätze zur Rechtmäßigkeit des Parallelimports von Arzneimitteln auf alleMedizinprodukte entsprechend anzuwenden. Die vorstehend dargelegten Gründe gelten für alle Medizinprodukte gleichermaßen. Eine Differenzierung innerhalb dieser Produktgruppe würde zu einer schwer hinnehmbaren Rechtsunsicherheit führen. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union wendet die unionsrechtlichen Grundsätze zur Rechtmäßigkeit des Parallelimports unterschiedslos auf alle Arzneimittel an, ohne im Einzelfall nach deren Art oder Gefährlichkeit für die Gesundheit des Anwenders zu differenzieren.
Büscher Schaffert Kirchhoff
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.06.2014 - 34 O 117/13 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.07.2015 - I-20 U 95/14 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2016 - I ZR 165/15

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Gesetz über Medizinprodukte


Medizinproduktegesetz - MPG

Markengesetz - MarkenG | § 24 Erschöpfung


(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2012 - I ZR 72/11

bei uns veröffentlicht am 22.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 72/11 Verkündet am: 22. November 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2007 - I ZR 173/04

bei uns veröffentlicht am 14.06.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 173/04 Verkündet am: 14. Juni 2007 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Mai 2001 - I ZR 318/98

bei uns veröffentlicht am 03.05.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 318/98 Verkündet am: 3. Mai 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Mai 2010 - I ZR 185/07

bei uns veröffentlicht am 12.05.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 185/07 Verkündet am: 12. Mai 2010 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2018 - I ZR 259/15

bei uns veröffentlicht am 11.10.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 259/15 Verkündet am: 11. Oktober 2018 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2018 - I ZR 178/15

bei uns veröffentlicht am 11.10.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 178/15 Verkündet am: 11. Oktober 2018 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:111018UIZR178.15.0 De

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2018 - I ZR 114/15

bei uns veröffentlicht am 11.10.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 114/15 Verkündet am: 11. Oktober 2018 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:111018UIZR114.15.0 De

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a) Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass sich ein Dritter nach Art. 13 Abs. 2 GMV gegenüber Ansprüchen des Markeninhabers aus Art. 102 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV wegen des Weitervertriebs von im Binnenmarkt rechtmäßig in Verkehr gebrachten Waren nicht auf die Erschöpfung der Rechte aus der Marke berufen kann, wenn die Waren verändert oder verschlechtert worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union beeinträchtigt das Umpacken mit einer Marke versehener Arzneimittel als solches den spezifischen Gegenstand der Marke, der darin besteht, die Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Ware zu garantieren. Ein Umpacken der Ware durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers kann tatsächliche Gefahren für diese Herkunftsgarantie begründen (vgl. EuGH, Urteil vom 23. April 2002 - C-143/00, Slg. 2002, I-3759 = GRUR 2002, 879 Rn. 29 - Boehringer Ingelheim/Swingward I; Urteil vom 26. April 2007 - C-348/04, Slg. 2007, I-3391 = GRUR 2007, 586 Rn. 15, 30 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Unter den Begriff des Umpackens fällt auch eine Neuetikettierung der Verpackung (EuGH, GRUR 2007, 586 Rn. 28 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Hierzu rechnet regelmäßig bereits das Aufbringen eines Aufklebers mit wichtigen Informationen in der Sprache des Einfuhrlands. Eine solche Veränderung schafft ihrem Wesen nach tatsächliche Gefahren für die Herkunftsgarantie der Marke, ohne dass in diesem Zusammenhang bereits zu prüfen ist, welche konkreten Auswirkungen die vom Paral- lelimporteur vorgenommene Handlung hat (vgl. EuGH, GRUR 2007, 586 Rn. 29 f. - Boehringer Ingelheim/Swingward II).
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aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften beeinträchtigt das Umpacken mit einer Marke versehener Arzneimittel zwar als solches den spezifischen Gegenstand der Marke, der darin besteht, die Herkunft der mit ihr versehenen Ware zu garantieren. Denn ein Umpacken der Ware durch einen Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers kann tatsächliche Gefahren für diese Herkunftsgarantie begründen (vgl. EuGH, Urt. v. 23.4.2002 - C-143/00, Slg. 2002, I-3759 Tz. 29 = GRUR 2002, 879 - Boehringer Ingelheim u.a.; Urt. v. 26.4.2007 - C-348/04, GRUR 2007, 586 Tz. 15, 30 = WRP 2007, 627 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Der Widerspruch des Markeninhabers gegen den Vertrieb umgepackter Arzneimittel nach Art. 7 Abs. 2 MRRL (§ 24 Abs. 2 MarkenG), der eine Abweichung vom Grundsatz des freien Warenverkehrs darstellt, ist jedoch nicht zulässig, wenn die Ausübung dieses Rechts durch den Markeninhaber eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten i.S. des Art. 30 Satz 2 EG darstellt (vgl. EuGH GRUR 2002, 879 Tz. 18, 31 - Boehringer Ingelheim u.a.; GRUR 2007, 586 Tz. 16 - Boehringer Ingelheim/Swingward II). Eine solche verschleierte Beschränkung liegt vor, wenn der Markeninhaber durch die Ausübung seines Rechts, sich dem Umpacken zu widersetzen, zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beiträgt und wenn der Parallelimporteur das Umpacken unter Beachtung der berechtigten Interessen des Markeninhabers vornimmt. Der Markeninhaber kann danach die Veränderung, die mit jedem Umpacken eines mit seiner Marke versehenen Arzneimittels verbunden ist und die ihrem Wesen nach die Gefahr einer Beeinträchtigung des Originalzustands des Arzneimittels schafft, verbieten, es sei denn, das Umpacken ist erforderlich, um die Vermarktung der parallel importierten Ware zu ermöglichen , und die berechtigten Interessen des Markeninhabers sind gewahrt (EuGH GRUR 2007, 586 Tz. 19 - Boehringer Ingelheim/Swingward II; BGH, Urt. v. 12.12.2002 - I ZR 133/00, GRUR 2003, 336, 337 f. = WRP 2003, 528 - Beloc, jeweils m.w.N.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 185/07 Verkündet am:
12. Mai 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
One Touch Ultra
UWG § 4 Nr. 11; MPG § 6 Abs. 1 Satz 1
In-vitro-Diagnostika zur Eigenanwendung dürfen im Inland nur in Verkehr gebracht
werden, wenn sie eine Gebrauchsanweisung und eine Etikettierung in
deutscher Sprache enthalten, die vorab in einem (erneuten oder ergänzenden)
Konformitätsbewertungsverfahren überprüft worden sind.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 185/07 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Bergmann, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 11. Oktober 2007 aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Teil- und Schlussurteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 30. November 2006 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verurteilt, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland ein Medizinprodukt (Teststreifen zur Blutzuckermessung) mit der Kennzeichnung "One Touch Ultra" und einer französisch/ italienisch/spanischen Originalaufmachung mit einer umgestalteten Packung, Gebrauchsanweisung oder Beschriftung der Teststreifen-Röhrchen in den Verkehr zu bringen und/ oder in den Verkehr bringen zu lassen, ohne für dieses umverpackte Produkt im Hinblick auf vorstehend genannten Umpackvorgang eine ergänzende Konformitätsbewertung nach § 6 Abs. 2 MPG durchgeführt zu haben.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 1.507,20 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. April 2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin vertreibt in Deutschland unter der Bezeichnung "One Touch Ultra" von ihrer amerikanischen Konzernschwestergesellschaft hergestellte Teststreifen zur Blutzuckerbestimmung, die von den Patienten in entsprechenden Blutzuckermessgeräten verwendet werden. Dabei handelt es sich um ein zur Eigenanwendung bestimmtes In-vitro-Diagnostikum, das als Medizinprodukt nach dem Medizinproduktegesetz (vgl. § 3 Nr. 4 MPG) mit einer CE-Kennzeichnung versehen ist. Das entsprechende Konformitätsbewertungsverfahren ist bei einer sogenannten Benannten Stelle (vgl. § 3 Nr. 20 MPG) in den Niederlanden durchgeführt worden. Die Bezeichnung "One Touch Ultra" ist für eine weitere Schwestergesellschaft der Klägerin als IR-Marke mit der Erstreckung auf Deutschland für "Test strips for blood glucose monitoring levels" und "Medical instruments" eingetragen. Die Klägerin ist zur Nutzung der Marke und zur Geltendmachung der Markenrechte ermächtigt.
2
Die Klägerin wendet sich - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - aus Marken- und Wettbewerbsrecht dagegen, dass die Beklagte in Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Zustimmung der Markeninhaberin in Verkehr gebrachte Teststreifen des Produkts "One Touch Ultra" nach Deutschland importiert, die Umverpackung mit einem deutschsprachigen Etikett versieht, der Packung nach Öffnung eine deutschsprachige Gebrauchsanweisung beifügt und das so umverpackte Produkt in Verkehr bringt, ohne im Hinblick auf den Umpackvorgang eine Konformitätsbewertung nach § 6 Abs. 2 MPG durchgeführt zu haben.
3
Sie hat zuletzt beantragt, der Beklagten bei Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, in der Bundesrepublik Deutschland ein Medizinprodukt (Teststreifen zur Blutzuckermessung ) mit der Kennzeichnung "One Touch Ultra" und einer französisch /italienisch/spanischen Originalaufmachung mit einer umgestalteten Packung, Gebrauchsanweisung oder Beschriftung der Teststreifen-Röhrchen in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, ohne für dieses umverpackte Produkt im Hinblick auf vorstehend genannten Umpackvorgang eine ergänzende Konformitätsbewertung nach § 6 Abs. 2 MPG durchgeführt zu haben.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder aus Marken- noch aus Wettbewerbsrecht zu. Zur näheren Begründung hat es ausgeführt:
6
Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen wettbewerbsrechtlichen Anspruch aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 6 Abs. 1 und 2, § 7 MPG i.V. mit Anhang I der Richtlinie 98/79/EG vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika (im Folgenden : In-vitro-Diagnostika-Richtlinie), es zu unterlassen, Produkte mit der Kennzeichnung "One Touch Ultra" ohne eine ergänzende Konformitätsprüfung nach § 6 Abs. 2 MPG im Hinblick auf das erfolgte Umpacken in Verkehr zu bringen. Nach den Vorschriften des Medizinproduktegesetzes und der In-vitro-Diagnostika -Richtlinie sei nur der Hersteller des Medizinprodukts oder sein Bevollmächtigter für das erstmalige Inverkehrbringen und damit für das Erlangen der CEKennzeichnung sowie die Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens verantwortlich. Die Beklagte sei nicht als Hersteller im Sinne dieser Vorschriften anzusehen. Eine dem Notifizierungsverfahren bei parallelimportierten Arzneimitteln vergleichbare Regelung für den Bereich parallelimportierter Medizinprodukte bestehe nicht. Die Forderung eines ergänzenden Zertifizierungsverfahrens für parallelimportierte Medizinprodukte würde zudem entgegen Art. 28 EG (jetzt: Art. 34 AEUV) zu einer künstlichen Abschottung der Märkte führen. Ein solches Verfahren sei auch nicht im Sinne von Art. 30 EG (jetzt: Art. 36 AEUV) zum Schutz der Gesundheit oder zur Wahrung der Markenrechte erforderlich. Da die Beklagte nicht zur Durchführung des ergänzenden Konformitätsbewertungsverfahrens verpflichtet sei, liege in dem Vertrieb der parallelimportierten und umgepackten Medizinprodukte auch keine Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
7
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt die Beklagte wettbewerbswidrig und begeht eine Markenverletzung, wenn sie die parallelimportierten und von ihr umgepackten Produkte ohne eine ergänzende Konformitätsbewertung nach § 6 Abs. 2 MPG in Deutschland in Verkehr bringt.

8
1. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 6 Abs. 1 Satz 1 MPG zu, weil die Beklagte durch den Vertrieb der parallelimportierten Teststreifen gegen die Kennzeichnungsbestimmungen für In-vitro-Diagnostika verstößt.
9
a) In-vitro-Diagnostika dürfen als Medizinprodukte (§ 3 Nr. 4 MPG) gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 MPG in Deutschland nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer CE-Kennzeichnung nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 Satz 1 MPG versehen sind. Eine Zuwiderhandlung gegen dieses Gebot stellt regelmäßig zugleich ein nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG - in der zum Zeitpunkt der von der Klägerin beanstandeten Verletzungshandlungen der Beklagten im Jahre 2005 sowie in der nunmehr geltenden Fassung - unzulässiges Verhalten im Wettbewerb dar (BGH, Urt. v. 9.7.2009 - I ZR 193/06, GRUR 2010, 169 Tz. 13 = WRP 2010, 247 - CEKennzeichnung ).
10
b) Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 MPG dürfen Medizinprodukte mit der CE-Kennzeichnung nur versehen werden, wenn die auf sie unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung anwendbaren Grundlegenden Anforderungen nach § 7 MPG erfüllt sind und ein für das jeweilige Medizinprodukt vorgeschriebenes Konformitätsbewertungsverfahren nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 37 MPG durchgeführt worden ist. Für Produkte zur Blutzuckerbestimmung hat der Hersteller nach § 5 Abs. 2 der Medizinprodukte-Verordnung vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, 3854; MPV) das Verfahren der EG-Konformitätserklärung nach Anhang IV der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie oder das Verfahren der EGBaumusterprüfung nach Anhang V dieser Richtlinie durchzuführen. Beide Verfahren dienen der Überprüfung, ob die für das betreffende Produkt geltenden Bestimmungen der Richtlinie und damit gemäß Art. 3 insbesondere auch die Grundlegenden Anforderungen nach Anhang I der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie eingehalten sind (vgl. Anhang IV Nr. 2 und Anhang V Nr. 1). Bei dem Verfahren nach Anhang IV der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie hat der Hersteller nach Nummer 3.1 einen Antrag auf Bewertung seines Qualitätssicherungssystems bei einer Benannten Stelle einzureichen. Als EG-Baumusterprüfung wird nach Anhang V Nr. 1 der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie der Teil des Verfahrens bezeichnet , mit dem eine Benannte Stelle feststellt und bescheinigt, dass ein für die geplante Produktion repräsentatives Exemplar den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie entspricht. Eine Benannte Stelle ist nach § 3 Nr. 20 MPG eine für die Durchführung von Prüfungen und die Erteilung von Bescheinigungen im Zusammenhang mit Konformitätsbewertungsverfahren vorgesehene Stelle, die der Kommission der Europäischen Union und den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum von einem Vertragsstaat benannt worden ist.
11
c) Das von der Beklagten parallelimportierte Produkt verfügt zwar über eine CE-Kennzeichnung. Das entsprechende Konformitätsbewertungsverfahren ist von einer Benannten Stelle in den Niederlanden durchgeführt worden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist nach dem Import nach Deutschland jedoch ein erneutes oder ergänzendes Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen , weil die Beklagte die Originalaufmachung des Produkts abändert, indem sie den Umkarton mit einem deutschsprachigen Etikett versieht und der Packung eine deutschsprachige Gebrauchsanweisung beifügt. Die Teststreifen sind zur Eigenanwendung durch die Patienten bestimmt, wie auch entsprechend den Kennzeichnungsvorschriften (vgl. Anhang I B 8.4. lit. k der In-vitro-Diagnostika -Richtlinie) durch die Angabe "Zur Selbstmessung" auf den Produktverpackungen kenntlich gemacht wird (vgl. Anlagen K 2 bis 5, K 8). In-vitro-Diagnostika zur Eigenanwendung dürfen im Inland nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie eine Gebrauchsanweisung und eine Etikettierung in deutscher Sprache enthalten , die vorab in einem (erneuten oder ergänzenden) Konformitätsbewer- tungsverfahren überprüft worden sind. Dies ist bei dem von der Beklagten vertriebenen Produkt nicht der Fall.
12
aa) Das Konformitätsbewertungsverfahren hat nach § 5 Abs. 2 MPV (Art. 9 der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie) der Hersteller des In-vitro-Diagnostikums durchzuführen. Hersteller ist nach § 3 Nr. 15 Satz 1 MPG die natürliche oder juristische Person, die für die Auslegung, Herstellung, Verpackung und Kennzeichnung eines Medizinproduktes im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist, unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten von dieser Person oder stellvertretend für diese von einer dritten Person ausgeführt werden (vgl. auch Art. 1 Abs. 2 lit. f und i der In-vitro-Diagnostika -Richtlinie). Der Hersteller oder sein Bevollmächtigter ist nach § 5 Satz 1 MPG für das erstmalige Inverkehrbringen von Medizinprodukten verantwortlich. Danach ist ein Unternehmen, das ein vom Hersteller in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebrachtes Medizinprodukt, das nach Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens mit einer CE-Kennzeichnung versehen ist, nach Deutschland importiert, zwar grundsätzlich nicht verpflichtet , für dieses Produkt ein (erneutes) Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen, wenn es das betreffende Produkt in Deutschland unverändert vertreiben will. Dies folgt auch aus dem in Art. 4 Abs. 4 der In-vitro-DiagnostikaRichtlinie an die Mitgliedstaaten gerichteten Gebot, in ihrem Hoheitsgebiet nicht das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Produkten zu behindern, die die CE-Kennzeichnung tragen, wenn diese einer Konformitätsbewertung unterzogen worden sind.
13
bb) Die Pflicht zu einer (erneuten oder ergänzenden) Konformitätsprüfung ergibt sich im Streitfall jedoch daraus, dass die Beklagte den Umkarton des Medizinprodukts für den Vertrieb in Deutschland mit einem deutschspachigen Aufkleber versehen und der Packung nach Öffnung eine deutschsprachige Ge- brauchsanweisung beigefügt hat. Denn die dem Hersteller obliegenden Verpflichtungen nach § 3 Nr. 15 Satz 2 MPG gelten auch für Personen, die ein oder mehrere vorgefertigte Medizinprodukte montieren, abpacken, behandeln, aufbereiten , kennzeichnen oder für die Festlegung der Zweckbestimmung als Medizinprodukt im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich sind (vgl. auch Art. 1 Abs. 2 lit. f Unterabsatz 2 der In-vitroDiagnostika -Richtlinie). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts entspricht das Umpacken eines bereits in einem Mitgliedstaat in Verkehr gebrachten Medizinprodukts in der hier zur Beurteilung stehenden Art und Weise jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um ein In-vitro-Diagnostikum handelt, das zur Eigenanwendung bestimmt ist, dem Herrichten eines vorgefertigten Medizinproduktes zum Zwecke des erstmaligen Inverkehrbringens i.S. von § 3 Nr. 15 Satz 2 MPG. Es werden zwar lediglich solche Veränderungen an der Verpackung des bereits als fertiges In-vitro-Diagnostikum im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebrachten Produkts vorgenommen, die erforderlich sind, um das Produkt in Deutschland verkehrsfähig zu machen. Denn nach § 11 Abs. 2 Satz 1 MPG dürfen Medizinprodukte nur an den Anwender abgegeben werden, wenn die für ihn bestimmten Informationen in deutscher Sprache abgefasst sind. Durch das Umpacken wird aber ein neues Medizinprodukt i.S. von § 3 Nr. 1 und 4 MPG hergestellt. Der Vertrieb des umgepackten parallelimportierten Produkts stellt ein erstmaliges Inverkehrbringen eines (sich von dem ursprünglich im Ausland in Verkehr gebrachten unterscheidenden) In-vitro-Diagnostikums zur Eigenanwendung dar (für Medizinprodukte allgemein ebenso wohl Hill/Schmidt, WiKO Medizinprodukterecht, Lfg. Juli 2003, § 3 MPG Rdn. 75 f.; a.A. Rehmann in Rehmann /Wagner, Medizinproduktegesetz, Einf. Rdn. 57 sowie § 5 Rdn. 23).
14
cc) Dieses Ergebnis folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung der Regelungen des Medizinproduktegesetzes über die Pflicht des Herstellers zur Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens, soweit sie die entsprechenden Bestimmungen der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie umsetzen.
15
(1) Der von der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie erfasste Herstellungsvorgang erfasst nach ihrem Erwägungsgrund 19 auch die Verpackung der Medizinprodukte , sofern die Verpackung im Zusammenhang mit den Sicherheits- und Leistungsaspekten des Produkts steht. Dazu gehören insbesondere auf der Verpackung angebrachte oder dieser beigefügte Informationen, mit denen der Hersteller sein Produkt zur Erfüllung seiner Informationspflicht nach Anhang I B Nr. 8 der Grundlegenden Anforderungen der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie versieht. Nach Anhang I B Nr. 8.1 der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie sind jedem Produkt Informationen beizugeben, die unter Berücksichtigung des Ausbildungsund Kenntnisstands des vorgesehenen Anwenderkreises die ordnungsgemäße und sichere Anwendung des Produkts und die Ermittlung des Herstellers ermöglichen. Diese Informationen umfassen die Angaben in der Kennzeichnung und in der Gebrauchsanweisung, die jedem Produkt beigefügt oder in der Verpackung für ein oder mehrere Produkte enthalten sein muss. Bei Produkten zur Eigenanwendung müssen die vom Hersteller beigefügten Angaben und Anweisungen für den Anwender leicht verständlich und anwendbar sein (Anhang I B Nr. 7 Satz 2). Nach Anhang I B Nr. 8.1 Unterabsatz 6 ist die Entscheidung über die Übersetzung der Gebrauchsanweisung und der Etikettierung in eine oder mehrere Sprachen der Europäischen Union zwar den Mitgliedstaaten überlassen. Dies gilt allerdings nur für solche In-vitro-Diagnostika, die nicht zur Eigenanwendung bestimmt sind. Nur für solche Produkte überlässt es Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie der Entscheidung der Mitgliedstaaten, ob sie die Bereitstellung der Angaben gemäß Anhang I B Nr. 8 bei der Übergabe des Produkts an den Endanwender verlangen.
16
Für In-vitro-Diagnostika, die wie die von der Beklagten parallelimportierten Teststreifen zur Eigenanwendung bestimmt sind, enthält Anhang I B Nr. 8 Unterabsatz 6 der Richtlinie dagegen den (zwingenden) Vorbehalt, dass bei diesen Produkten die Gebrauchsanweisung und die Etikettierung eine Übersetzung in der Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem der Endverbraucher das Produkt zur Eigenanwendung erhält, enthalten müssen. Dieser Regelung ist zu entnehmen, dass bei In-vitro-Diagnostika, die zur Eigenanwendung bestimmt sind, eine Übersetzung der Gebrauchsanweisung und der Etikettierung in der Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem der Endverbraucher das Produkt zur Eigenanwendung erhält, schon zu den im Rahmen der Konformitätsbewertung zu überprüfenden Grundlegenden Anforderungen gehört. Eine solche Überprüfung setzt voraus, dass der Hersteller bei seinem Antrag auf Durchführung des Verfahrens nach Anhang IV oder V der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie, dem grundsätzlich die Angaben beizufügen sind, die auf der Kennzeichnung und in der Gebrauchsanweisung des Produkts anzubringen sind (vgl. Anhang III Nr. 6.1 i.V. mit Anhang IV Nr. 3.2. Unterabsatz 2 lit. c, Anhang V Nr. 3), auch angibt, in welchen Mitgliedstaaten Endverbraucher das Produkt zur Eigenanwendung erhalten sollen. Die Konformitätserklärung und die CE-Kennzeichnung beziehen sich bei In-vitroDiagnostika , die zur Eigenanwendung bestimmt sind, somit auch nur auf die Mitgliedstaaten , in deren Amtssprache die Gebrauchsanweisung und die Etikettierung entsprechend Anhang I B Nr. 8 Unterabsatz 6 der In-vitro-DiagnostikaRichtlinie abgefasst sind. Werden Etikettierung und Gebrauchsanweisung dahingehend geändert, dass weitere Übersetzungen in einer oder mehrere andere Amtssprachen hinzugefügt werden, liegt darin eine Änderung der Zweckbestimmung , die von der Konformitätsprüfung nicht mehr gedeckt ist. Der Vertrieb eines Produkts, auf das sich die mit der CE-Kennzeichnung ausgewiesene Konformitätsbewertung nicht bezieht, verstößt gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 MPG (vgl. auch Rehmann aaO § 3 Rdn. 11).
17
(2) Die Pflicht zur Vornahme einer erneuten Konformitätsprüfung, wenn das zur Eigenanwendung bestimmte Produkt in der hier in Rede stehenden Art und Weise umgepackt wird, folgt aus dem Zweck des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, wie er mit der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie verfolgt wird, und ist daher mit der Regelung der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34, 36 AEUV zu vereinbaren.
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Nach den Erwägungsgründen 1 bis 3, 6 und 7 soll die Richtlinie den freien Verkehr von In-vitro-Diagnostika im Binnenmarkt unter optimalen Sicherheitsbedingungen gewährleisten, indem sie die nationalen Vorschriften betreffend die Sicherheit, den Gesundheitsschutz und die Leistungsmerkmale sowie die Zulassungsverfahren durch harmonisierte Bedingungen ersetzt. Diesem Zweck dienen die Grundlegenden Anforderungen nach Anhang I, die die in den Mitgliedstaaten hergestellten In-vitro-Diagnostika erfüllen müssen (Erwägungsgrund 6 sowie Art. 3 und Anhang I). Das Hauptziel der Richtlinie besteht folglich zwar darin, das Verfahren des Konformitätsnachweises für In-vitro-Diagnostika zu vereinfachen, um den freien Verkehr im Binnenmarkt so weit wie möglich zu gewährleisten. Es sollen aber auch Mindestanforderungen festgelegt werden, damit dies unter optimalen Sicherheitsbedingungen geschehen kann (Erwägungsgrund 3). Dem (Parallel-)Importeur dürfen demzufolge auch im Hinblick auf Art. 36 AEUV jedenfalls solche Pflichten auferlegt werden, deren Beachtung erforderlich ist, damit Produkte nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie keine Gefährdung für die Sicherheit und die Gesundheit darstellen (vgl. auch EuGH, Urt. v. 8.9.2005 - C-40/04, Slg. 2005, I-7755 = NJW 2006, 204 Tz. 45 - Syuichi Yonemoto, zu vergleichbaren Regelungen über einen Konformitätsnachweis nach der Richtlinie 98/37/EG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Maschinen). Die sich aus den Regelungen der Richtlinie ergebende Abwägung, dass Produkte zur Eigenanwendung in einem Mitgliedstaat auch von einem Parallelimporteur erst in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn Etikettierung und Gebrauchsanweisung nicht nur in der jeweiligen Amtssprache vorliegen, sondern auch vorab überprüft worden sind, weil dies zur Abwendung der besonderen Gefahren geboten ist, die mit der Eigenanwendung von In-vitroDiagnostika für die Gesundheit der Endverbraucher verbunden sind, ist demnach entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts mit Art. 34, 36 AEUV vereinbar.
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2. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch aus § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG begründet.
20
Da die Teststreifen im Europäischen Wirtschaftsraum mit Zustimmung der Markeninhaberin in Verkehr gebracht worden sind, liegen zwar die Voraussetzungen für den Eintritt der Erschöpfung der Markenrechte nach § 24 Abs. 1 MarkenG vor. Die Klägerin kann sich dem weiteren Vertrieb der umgepackten Teststreifen jedoch aus berechtigten Gründen i.S. von § 26 Abs. 2 MarkenG widersetzen. Im Umpacken liegt eine Veränderung der Ware i.S. von § 26 Abs. 2 MarkenG, da dadurch die Gefahr einer Beeinträchtigung des Originalzustands der Ware geschaffen wird (vgl. EuGH, Urt. v. 26.4.2007 - C-348/04, Slg. 2007, I-3391 = GRUR 2007, 586 Tz. 19 = WRP 2007, 627 - Boehringer Ingelheim /Swingward II, zum Parallelimport von Arzneimitteln). Aus den oben dargelegten Gründen trägt die Geltendmachung der Markenrechte unter den hier gegebenen Umständen nicht zu einer künstlichen Abschottung der Märkte bei, weil die Beklagte auch nach dem Umpacken das parallelimportierte Medizinprodukt ohne (erneute oder ergänzende) Konformitätsprüfung nicht in Deutschland vertreiben darf. Dem Unterlassungsanspruch der Klägerin steht demnach die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht entgegen, nach der ein Parallelimporteur Veränderungen an der Ware vornehmen darf, wenn diese notwendig sind, um das betreffende Produkt im Einfuhrland verkehrsfähig zu machen, der Originalzustand der Ware nicht berührt wird, der Ruf der Marke oder ihres Inhabers dadurch nicht beeinträchtigt wird und er den Markeninhaber vorab von dem Vertrieb der so veränderten Ware unterrichtet (vgl. EuGH, Urt. v. 11.11.1997 - C-349/95, Slg. 1997, I-6227 = GRUR Int. 1998, 145 Tz. 27, 29 = WRP 1998, 156 - Loendersloot/Ballantine; zum Vertrieb von Whisky; EuGH GRUR 2007, 586 Tz. 21 - Boehringer Ingelheim/Swingward II, m.w.N. zum Parallelimport von Arzneimitteln).
21
III. Auf die Revision der Klägerin ist das Berufungsurteil daher aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, ist der Klage auf die Berufung der Klägerin mit dem noch anhängigen Unterlassungsantrag stattzugeben. Der Unterlassungsantrag der Klägerin ist unter Berücksichtigung der Antragsbegründung ohne weiteres dahin auszulegen, dass der Beklagten das Inverkehrbringen des umverpackten Produkts im Inland untersagt werden soll, wenn kein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt worden ist, das sich auf die Änderungen erstreckt, die infolge des Umpackvorgangs vorgenommen worden sind. Mit der Formulierung im Unterlassungsantrag, dass eine "ergänzende" Konformitätsbewertung durchzuführen ist, soll ersichtlich nur zum Ausdruck gebracht werden, dass sich die Konformitätsbewertung zumindest auch auf den Umpackvorgang beziehen muss. Dieser Antrag ist begründet, da der Vertrieb eines in der beanstandeten Weise umgepackten und hinsichtlich der beim Umpacken beigefügten Gebrauchsanweisung und Etikettierung nicht in einem Konformitätsverfahren überprüften Produkts, wie dargelegt, gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 MPG verstößt. Der Vertrieb des umgepackten und nicht geprüften Produkts ist der Beklagten daher zu untersagen. Nach allgemeinen Grundsätzen ist es Sache der Beklagten, die Voraussetzungen für einen zulässigen Vertrieb zu schaffen, wenn sie die Teststreifen weiter parallelimportieren und in Deutschland vertreiben will. Dem Unterlassungsantrag ist demnach in der beantragten Fassung unabhängig davon stattzugeben, ob eine "ergänzende", auf den Umpackvorgang beschränkte Konformitätsbewertung nach § 6 Abs. 2 MPG möglich ist oder ob die Beklagte für das umgepackte Produkt gegebenenfalls ein erneutes vollständiges Konformitätsbewertungsverfahren durchführen lassen muss.
22
Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht geboten, weil die Fragen zur Auslegung der in Rede stehenden Bestimmungen der In-vitro-Diagnostika-Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zweifelsfrei zu beantworten sind.
23
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Bergmann
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 30.11.2006 - 327 O 418/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 11.10.2007 - 3 U 5/07 -

(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn sich der Inhaber der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung der Benutzung der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 318/98 Verkündet am:
3. Mai 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Beste jeden Morgen
UWG §§ 1, 3; LMBG § 17 Abs. 1 Nr. 5

a) Die Werbung für Frühstücksprodukte mit dem Slogan "Kellogg's - Das Beste
jeden Morgen" stellt eine reklamehafte Anpreisung dar. Sie enthält nicht
die Behauptung einer Alleinstellung, die dem Irreführungsverbot im Sinne
von § 3 UWG unterfällt.

b) Zu den Voraussetzungen gesundheitsbezogener Werbung.
BGH, Urteil vom 3. Mai 2001 - I ZR 318/98 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 19. November 1998 aufgehoben.
Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das Teil-Anerkenntnis- und Endurteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 19. November 1997 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 500.000,-- DM; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verurteilt, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Cerealien-Produkte mit dem von der Klägerin als zweites Blatt der Anlage K 7 überreichten Werberundschreiben zu werben, soweit hierdurch die Zugabe einer bestimmten Menge gleicher Ware als unentgeltlich herausgestellt wird.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten erster Instanz tragen die Klägerin 29/30 und die Beklagte 1/30.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges und der Revision fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin stellt Brotaufstriche einschließlich Konfitüren und Müsliriegel her und vertreibt diese.
Die Beklagte produziert und vertreibt Frühstückscerealien und Müsliriegel. Für diese wirbt sie mit dem Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen".
Diesen Slogan verwendete sie auch in zwei TV-Spots. In dem ersten von der Klägerin beanstandeten TV-Spot (Anlage A), in dem die Beklagte für ihr Produkt "Toppas" wirbt, wird ein sportlicher junger Mann gezeigt, der sich an den Frühstückstisch setzt. Ein (unsichtbarer) Sprecher wirft dazu die Frage auf: "Was braucht dieser Mann, um so auszusehen?!" und beantwortet sie sogleich mit: "Das Calcium der Milch, dazu gesundes Getreide, wertvolle Vitamine und Eisen aus Cerealien von Kellogg's! Kellogg's - Das Beste jeden Morgen."
Der zweite TV-Spot der Beklagten mit Werbung für "KELLOGG'S CORNFLAKES" (Anlage D) zeigt einen Bäcker beim Frühstück. Dieser TV-Spot wird wie folgt kommentiert: "Was essen eigentlich Bäcker, bevor sie ihre Brötchen backen?! Natürlich ein gutes Frühstück aus gesundem Getreide! Cerealien von Kellogg's! Und der Tag kann kommen! Kellogg's - Das Beste jeden Morgen."
In einem Rundschreiben an Hausmeister von Schulen (Anlage B) warb die Beklagte mit dem beanstandeten Slogan für Müslix-Riegel im Pausenver-
kauf und bot Müslix-Riegel ("6 zum Preis von 5") an, wie nachstehend abgebildet :
Dem Rundschreiben war zudem das nachfolgend wiedergegebene Werbeblatt mit dem Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" beigefügt (Anlage C):

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" sei eine unzulässige Behauptung einer Alleinstellung. Diese sei unrichtig. Der Verzehr der Produkte der Beklagten, die extrem gezuckert seien, stelle keine bessere oder gesündere Ernährung dar als ein übliches Frühstück.
Der erste TV-Spot erwecke den unrichtigen Eindruck eines besseren und gesünderen Frühstücks. Keinesfalls könnten durch den Verzehr der Cerealienprodukte der Beklagten mit Milch zum Frühstück die Figur und die Muskeln des abgebildeten Mannes erreicht werden.
Der zweite TV-Spot führe zu dem irreführenden Eindruck, gerade Bäcker zögen die Produkte der Beklagten einem Frühstück mit eigenen Backwaren vor.
Das Rundschreiben sei wegen unzulässiger Gratiswerbung und als unzulässige Sonderveranstaltung zu beanstanden. Die Werbeangaben in dem Werbeblatt (Anlage C) seien irreführend.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Cerealien-Produkte
1. mit der Angabe "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" und/oder unter sonstiger Herausstellung ihres Firmenlogos im selben Blickfang mit der Angabe "Das Beste jeden Morgen" und/oder
2. mit dem TV-Spot gemäß Anlage A und/oder dem TV-Spot gemäß Anlage D und/oder dem Rundschreiben gemäß Anlage B und/oder dem Werbeblatt gemäß Anlage C zu werben und/oder werben zu lassen.
Die Beklagte hat den Klageantrag zu 2 insoweit anerkannt, als sie es zu unterlassen hat, zukünftig mit dem von der Klägerin als zweites Blatt des überreichten Werberundschreibens (Anlage B, S. 2, zum Klageantrag zu 2) zu werben , soweit hierdurch die Zugabe einer bestimmten Menge gleicher Ware als unentgeltlich herausgestellt wird.
Im übrigen ist die Beklagte der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, der Slogan enthalte keine qualitäts- oder gesundheitsbezogenen Angaben über ihre Produkte. Der erste TV-Spot (Anlage A) sei erkennbar eine reklamehafte Übertreibung. Auch der zweite TV-Spot und das Werbeblatt (Anlage
C) seien nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Cerealienprodukte mit dem Rundschreiben gemäß Anlage B und/oder dem Werbeblatt gemäß Anlage C zu werben und/oder werben zu lassen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt für begründet erachtet. Es hat die Beklagte - auf die Berufung der Klägerin - hinsichtlich des Werbeslogans "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" und der Fernsehwerbespots gemäß Anlagen A und D zur Unterlassung verurteilt und die gegen die Verurteilung zur Unterlassung der Werbung mit den Schreiben gemäß Anlagen B und C gerichtete Anschlußberufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der dagegen gerichteten Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte - mit Ausnahme des anerkannten Teils - ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den Werbeslogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" in der werblichen Verwendung für Cerealienprodukte als eine gegen § 3 UWG verstoßende unzulässige Alleinstellungsbehauptung angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Jedenfalls ein nicht unbeachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrs entnehme der Aussage entsprechend ihrem unmittelbaren und eigentlichen Wortsinn, die jeweils mit diesem Slogan beworbenen Cerealienprodukte der Beklagten seien in qualitativer Hinsicht, und zwar mit dem erforderlichen deutlichen Abstand, allen anderen Konkurrenzprodukten überlegen. Bei Markenartikeln legten Hersteller und Verbraucher auf die Qualität der Waren besonderen Wert; Angaben zur Qualität würden daher auch sonst werblich herausge-
stellt. Wenn ein Erzeugnis - wie hier - so klar und im naheliegenden Verständnis ganz eindeutig als das "Beste" bezeichnet werde, spreche alles dafür, daß die Angabe auf den Qualitätsstandard der Ware bezogen sei und - wegen der Superlativwerbung - als Alleinstellungsberühmung verstanden werde. Werbeangaben von bekannten und allgemein geschätzten Markenherstellern, zu denen die Beklagte gehöre, würden vom Publikum üblicherweise auch ernst genommen und wegen der unmittelbaren Verknüpfung mit dem jeweils beworbenen Produkt nicht als bloß subjektives Werturteil verstanden. Die Produkte der Beklagten hätten aber unstreitig keinen entsprechenden Vorsprung auf dem Gebiet der Cerealien oder sonstiger Frühstücksformen.
Wegen dieser irreführenden Alleinstellungsberühmung seien auch die Fernsehwerbespots gemäß Anlagen A und D, die am Ende jeweils den Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" enthielten, wettbewerbswidrig. Aus den gleichen Gründen - Abdruck des Werbeslogans "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" - hat das Berufungsgericht auch die Anschlußberufung der Beklagten hinsichtlich des vom Landgericht ausgesprochenen Verbots der Rund- und Werbeschreiben gemäß Anlagen B und C zurückgewiesen und somit die Verurteilung zur Unterlassung bestätigt.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg.
Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage, soweit die Beklagte den Klageanspruch nicht anerkannt hat.
1. Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" (Klageantrag zu 1):
Mit Recht wendet sich die Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , der Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" enthalte bei Verwendung in der Werbung für Cerealienprodukte eine irreführende Alleinstellungsberühmung im Sinne des § 3 UWG.

a) Die Zulässigkeit einer Spitzen- oder Alleinstellungsbehauptung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wegen der anderenfalls bestehenden Gefahr einer Irreführung des Publikums voraus, daß die Werbebehauptung wahr ist, der Werbende einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern vorzuweisen hat und der Vorsprung die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet (vgl. BGH, Urt. v. 11.07.1991 - I ZR 5/90, GRUR 1991, 850, 851 = WRP 1991, 717 - Spielzeug-Autorennbahn; Urt. v. 15.02.1996 - I ZR 9/94, GRUR 1996, 910, 911 = WRP 1996, 729 - Der meistverkaufte Europas; Urt. v. 12.02.1998 - I ZR 110/96, GRUR 1998, 951, 952 = WRP 1998, 861 - Die große deutsche Tages- und Wirtschaftszeitung). Dagegen unterfallen nicht dem Irreführungsverbot reklamehafte Übertreibungen und reine Werturteile (vgl. BGH, Urt. v. 20.04.1989 - I ZR 125/87, GRUR 1989, 608, 609 = WRP 1989, 584 - Raumausstattung). Sie enthalten keine Angaben im Sinne von § 3 UWG. Darunter sind nur inhaltlich nachprüfbare Aussagen über geschäftliche Verhältnisse zu verstehen.
Das Berufungsgericht entnimmt den Alleinstellungscharakter vor allem der Wortbedeutung des beanstandeten Werbeslogans und wendet den an sich zutreffenden, von ihm im Streitfall als ausschlaggebend erachteten Erfahrungssatz an, daß ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums die
Werbung entsprechend ihrem Wortsinn verstehe (vgl. nachfolgend unter II 1 b). Bei der Beurteilung der in Rede stehenden Superlativwerbung hat das Berufungsgericht jedoch dem Umstand zu wenig Beachtung geschenkt, daß - ungeachtet bestehender Möglichkeiten zur Feststellung der Qualität der beworbenen Cerealienprodukte - für die Beantwortung der Frage, was "das Beste" jeden Morgen sei, subjektive Einschätzungen und Wertungen eine entscheidende Rolle spielen. Die Behauptung der Beklagten, "das Beste jeden Morgen" zu bieten, entzieht sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts weitgehend einer objektiven Nachprüfbarkeit. Ob die beworbenen Cerealienprodukte der Beklagten für den angesprochenen Verbraucher "das Beste jeden Morgen" sind, hängt in erster Linie von den persönlichen geschmacklichen Vorlieben und Frühstücksgewohnheiten des Einzelnen, aber auch von der unterschiedlichen körperlichen Konstitution der Menschen und ihren Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen ab (vgl. BGH, Urt. v. 15.01.1965 - Ib ZR 46/63, GRUR 1965, 363, 364 - Fertigbrei). Diese maßgebend subjektive und individuelle Prägung einer Antwort auf die Frage, was "das Beste jeden Morgen" sei, ist dem angesprochenen Verkehr durchaus bewußt. Auch wenn der durchschnittlich informierte und verständige Durchschnittsverbraucher, auf dessen Sicht es maßgebend ankommt (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster), Wert auf ein qualitativ hochwertiges Frühstück legt und auf eine gesundheitsbewußte und ausgewogene Ernährung achtet, so daß unabhängig von individuellen geschmacklichen Vorlieben die Anforderungen, die in objektiver Hinsicht an ein "gutes", geeignetes bzw. vorzugswürdiges Frühstück zu stellen sind, jedenfalls in etwa umrissen sind (vitamin- und ballaststoffreich, möglichst schadstoffrei, zucker- und fettarm, aus chemisch unbehandelten, natürlichen Zutaten von hoher Qualität), wird er erkennen, daß sich nicht objektiv und generell für eine
Vielzahl von Menschen feststellen läßt, welche Mahlzeit sich - absolut betrachtet - am besten als erste des Tages eignet. Dies liegt nicht nur in den bereits angesprochenen unterschiedlichen körperlichen Bedürfnissen der Menschen , sondern auch darin begründet, daß selbst in der Wissenschaft unterschiedliche und wechselnde Auffassungen über die "beste" Ernährungsweise vertreten werden (vgl. BGH GRUR 1965, 363, 364 - Fertigbrei). Hinzu kommt, daß sich ein Frühstück nicht nur bei Wahl einer Mahlzeit aus Cerealienprodukten (mit Milch, Joghurt, Früchten, Fruchtsaft usw.) aus einer Reihe von Erzeugnissen zusammenstellen läßt, die sich zu einer vollständigen, möglichst ausgewogenen Mahlzeit ergänzen, ohne daß sich letztlich sagen läßt, welche Bestandteile für die Ernährung die wichtigsten, besten oder am wenigsten entbehrlichen sind. Diese Gegebenheiten hat das Berufungsgericht nicht im erforderlichen Umfang berücksichtigt.

b) Maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage nach § 3 UWG ist, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung versteht. Da es vorliegend um Waren des täglichen Bedarfs geht und das Berufungsgericht seine Würdigung unter Heranziehung der - in der Revisionsinstanz uneingeschränkt überprüfbaren - Lebenserfahrung vorgenommen hat, kann der Senat abschließend selbst beurteilen, wie der Werbeslogan von den in Betracht kommenden Verkehrskreisen aufgefaßt wird (vgl. BGH GRUR 1965, 363, 365 - Fertigbrei; vgl. auch zur Überprüfung von Feststellungen aufgrund von Erfahrungswissen in der Revisionsinstanz Bornkamm, WRP 2000, 830, 833).
Auszugehen ist dabei vom Wortsinn des angegriffenen Werbeslogans (vgl. BGH, Urt. v. 16.4.1957 - I ZR 115/56, GRUR 1957, 600, 602 - Westfalenblatt; GRUR 1965, 363, 365 - Fertigbrei; GRUR 1989, 608, 609
- Raumausstattung). Bereits dieser erweckt begründete Zweifel an einer Alleinstellungsberühmung , denn dem Spruch "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" läßt sich nicht entnehmen, daß es sich bei den so beworbenen Frühstückscerealien gerade im Vergleich zu anderen Erzeugnissen um das Beste handele, was auf dem Markt angeboten werde. Hierfür fehlt es an einer ausreichend deutlichen Bezugnahme auf die Produkte der Mitbewerber. Durch den Zusatz "jeden Morgen" erfährt der Satz eine Verallgemeinerung, die nach dem Wortsinn auch Raum für Deutungen läßt, wie sie das Landgericht erwogen hat, nämlich in dem Sinn, daß die Einnahme einer Mahlzeit mit Kellogg's-Produkten das beste Ereignis am Morgen sei, hinter dem andere morgendliche Aktivitäten zur Vorbereitung auf den Tag, wie etwa eine erfrischende Dusche, ein Waldlauf oder das morgendliche Zeitungslesen zurückträten. Bleibt aber nach der Wortbedeutung offen, worauf sich der Superlativ "das Beste" in der Werbung der Beklagten eigentlich bezieht (auf Frühstückscerealien, generell auf Frühstücksprodukte oder noch allgemeiner auf das beste Ereignis am Morgen), so versteht der Verkehr die Werbeaussage mangels Konkretisierung nicht als Behauptung einer alle anderen Konkurrenzerzeugnisse deutlich überragenden Spitzenposition. Vielmehr wird er den Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" als eine allgemeine suggestive Anpreisung mit erkennbar subjektivem Gepräge auffassen, weil jeder Einzelne nur für sich beantworten kann, was für ihn "das Beste jeden Morgen" oder das beste Frühstück jeden Morgen darstellt. Auch der - angesichts entsprechender Veröffentlichungen in den Medien über mögliche gesundheitliche Folgen falscher Ernährungsgewohnheiten nicht gering einzuschätzende - Teil des angesprochenen Verkehrs, der bestrebt ist, sich möglichst gesund und ausgewogen zu ernähren, wird nicht annehmen, die Beklagte nehme für sich in Anspruch, die ungeachtet des Alters, der körperlichen Verfassung und der Lebens- und Umweltbedingungen des Einzelnen für
alle Bevölkerungskreise gleichermaßen gültige "beste" Frühstücksmahlzeit anzubieten. Bei dieser Sachlage entnimmt der Verkehr dem Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, daß die so beworbenen Frühstückscerealien gerade im Vergleich zu anderen Cerealien oder Frühstücksprodukten in jeder Hinsicht, vor allem aber in ihrer Qualität und Güte, unerreichbar seien, sondern lediglich, daß es sich um ein qualitativ hochwertiges Produkt handelt, das - zusammen mit anderen Produkten - zur Spitzenklasse der auf dem betreffenden Warengebiet angebotenen Erzeugnisse gehört. Nur insoweit enthält der beanstandete Werbeslogan einen objektiv nachprüfbaren Kern.
Erschöpft sich der objektive Aussagegehalt des Slogans in der Behauptung , die so beworbenen Produkte gehörten zu den besten Frühstücksangeboten , so kann die Werbeaussage nicht mit Erfolg als irreführend beanstandet werden. Daß es sich bei den Erzeugnissen der Beklagten um qualitativ hochwertige Cerealienprodukte handelt, hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt. Der Klageantrag zu 1 erweist sich daher als unbegründet.
2. Konkret beanstandete Werbemaßnahmen (Klageantrag zu 2):
Mit Erfolg beanstandet die Revision auch die Verurteilung zur Unterlassung der Werbeschreiben gemäß den Anlagen B und C sowie der Werbung mit den Fernsehspots gemäß den Anlagen A und D.
Das Berufungsgericht hat sämtliche Werbemaßnahmen (Anlagen A bis
D) mit der Begründung untersagt, sie enthielten den irreführend auf eine Alleinstellung der Beklagten hinweisenden Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden
Morgen". Diese Begründung trägt die Verurteilung zur Unterlassung der genannten Werbemaßnahmen schon deswegen nicht, weil dem beanstandeten Slogan aus den vorstehend erörterten Gründen keine Alleinstellungsberühmung entnommen werden kann. Die Verurteilung zur Unterlassung der Werbemaßnahmen gemäß den Anlagen A bis D erweist sich aber auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 563 ZPO).

a) Fernsehspot gemäß Anlage A:
aa) Der Fernsehspot (Anlage A) enthält - entgegen den Gegenangriffen in der Revisionserwiderung - keine wettbewerbswidrigen gesundheitsbezogenen Werbeaussagen (§ 3 UWG, § 1 UWG i.V. mit § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG). Dies kann der Senat ohne Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht selbst beurteilen. Bei den in der Fernsehwerbung beworbenen Frühstückscerealien handelt es sich um Gegenstände des täglichen Bedarfs, d.h. um Produkte, für die die Mitglieder des Senats als (potentielle) Abnehmer in Betracht kommen. Besondere Umstände dafür, daß nicht unerhebliche Teile des Verkehrs die Werbung - anders als der Senat - in einer mit den objektiven Verhältnissen nicht in Einklang stehenden Weise verstehen und daher irregeführt werden könnten, sind im Streitfall weder dargetan noch ersichtlich, so daß auch bei Verneinung der Gefahr einer Irreführung gegen eine Sachbeurteilung ohne die Einholung eines demoskopischen Gutachtens keine Bedenken bestehen.
bb) Der angegriffene Werbespot zeigt einen jungen Mann, der in augenscheinlich häuslicher Umgebung ein Bad nimmt und anschließend eine Mahlzeit aus Cerealien (Kellogg's Toppas) mit Milch zu sich nimmt. Parallel zu die-
sen Bildeinstellungen wirft ein (unsichtbarer) Sprecher die Frage auf "Was braucht dieser Mann, um so auszusehen?!" und beantwortet sie sogleich selbst mit den Worten "Das Calcium der Milch, dazu gesundes Getreide, wertvolle Vitamine und Eisen aus Cerealien von Kellogg's! Kellogg's - Das Beste jeden Morgen".
Darin liegt keine irreführende gesundheitsbezogene Werbung.
Bei natürlicher Betrachtung versteht der Verkehr den vorbeschriebenen Fernsehspot dahin, daß die von dem Darsteller in der Werbung konsumierten Kellogg's Toppas mit Milch ein gesundes Frühstück darstellen und zur körperlichen Fitneß im Sinne eines Zustandes allgemeinen körperlichen Wohlbefindens (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 27.02.1980 - I ZR 8/78, GRUR 1980, 797, 798 = WRP 1980, 541 - Topfit Boonekamp) beitragen. Demgegenüber wird der Verbraucher - auch wenn der Spot diese Botschaft vordergründig erkennbar zu vermitteln sucht - angesichts der Fernsehwerbung nicht annehmen, er könne sein Aussehen allein durch einen regelmäßigen morgendlichen Konsum von Kellogg's Toppas mit Milch in dem Sinne verändern, daß er das Ä ußere, insbesondere die schlanke, sportliche Figur des Darstellers in der Werbung, erlangt. Dem Publikum ist aufgrund entsprechender Veröffentlichungen in den Medien geläufig, in vielen Fällen auch schon aufgrund eigener Erfahrungen bekannt, daß sich eine schlanke, sportliche Figur nicht nur durch eine Umstellung der Ernährung, sondern nur in Verbindung mit anderen Faktoren, wie insbesondere einer sportlichen Betätigung und körperlichen Bewegung, erreichen läßt. Gegenteiliges entnimmt der Fernsehzuschauer auch nicht dem beanstandeten Werbespot; denn eine abschließende Aufzählung dessen, was der Darsteller "braucht", um so auszusehen, nimmt die Werbung nicht für sich in Anspruch.
Schon gar nicht kann allein eine Ä nderung der Frühstücksgewohnheiten Veränderungen des Aussehens bewirken. Diese Aussage erkennt der angesprochene Verkehr, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, als eine ersichtlich reklamehafte Übertreibung und hält sie nicht etwa für eine ernstzunehmende Produktinformation. Ebensowenig wird der angesprochene Verkehr aufgrund der Fernsehwerbung davon ausgehen, die beworbenen Frühstückscerealien seien das gesündeste Frühstück überhaupt oder für eine gute Gesundheit schlechthin unverzichtbar. Dies läßt sich dem Wortsinn der Werbung auch in Verbindung mit dem zeitgleich gezeigten Kurzfilm und dem in Wort und Bild vermittelten Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" nicht entnehmen. Vielmehr versteht der Verkehr die Werbung in ihrem objektiv nachprüfbaren Kern dahin, daß es sich bei Kellogg's Toppas mit Milch aufgrund der darin enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe um ein gesundes Frühstück handele.
Allerdings sind überall dort, wo die Gesundheit in der Werbung ins Spiel gebracht wird, besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 1980, 797, 799 - Topfit Boonekamp, m.w.N.; vgl. auch Urt. v. 14.01.1993 - I ZR 301/90, GRUR 1993, 756, 757 = WRP 1993, 697 - Mild-Abkommen). Dies rechtfertigt sich in erster Linie daraus, daß die eigene Gesundheit in der Wertschätzung des Verbrauchers einen hohen Stellenwert hat und sich deshalb an die Gesundheit anknüpfende Werbemaßnahmen erfahrungsgemäß als besonders wirksam erweisen (vgl. BGH GRUR 1980, 797, 799 - Topfit Boonekamp ), ferner daraus, daß mit irreführenden gesundheitsbezogenen Werbeangaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut der Gesundheit des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können.
Im Streitfall geht es jedoch um ein Lebensmittel, dessen einzige von der Klägerin aufgezeigte gesundheitlich nicht unbedenkliche Wirkung darin besteht , daß es aufgrund der darin enthaltenen sogenannten Zuckerraffinade geeignet ist, die Bildung von Karies zu begünstigen. Darüber hinaus hat sich die Klägerin gegen die Feststellungen des Landgerichts, wonach die Frühstückscerealien der Beklagten jedenfalls nicht ungesund seien, nicht gewandt. Die in der Werbung als positiv und gesundheitsfördernd hervorgehobenen Inhaltsstoffe (Calcium der Milch, Getreide, Vitamine und Eisen) sind unstreitig in dem beworbenen Frühstück aus Cerealien mit Milch enthalten. Auf diese und deren positive Eigenschaften für das körperliche Wohlbefinden darf die Beklagte in ihrer Werbung hinweisen. Es entspricht gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen, daß eine unzureichende Einnahme von Mineralstoffen und Vitaminen zu gesundheitlichen Mangelerscheinungen führen kann. Dies bedeutet zugleich, daß der Verzehr von Vitaminen und Mineralstoffen, insbesondere wenn die enthaltenen Vitamine - wie bei dem beworbenen Produkt Kellogg's Toppas - nach den unstreitig wahrheitsgemäßen Angaben auf der Verkaufspackung bei einer Einnahme von 100 g allein 60 % des Tagesbedarfs eines erwachsenen Menschen decken, den allgemeinen Gesundheitszustand des Menschen positiv beeinflussen. Der in der Fernsehwerbung erzeugte Gesamteindruck , wonach ein Frühstück aus Kellogg's Toppas mit Milch gesund sei und zu einem körperlichen Wohlbefinden beitrage, entspricht danach den tatsächlichen Verhältnissen. Eine darüber hinausreichende heilende Wirkung (vgl. § 18 LMBG) hat die Beklagte ihren Produkten in der Werbung nicht zugeschrieben. Ebensowenig hat sie in dem Werbespot schlankheitsfördernde Eigenschaften oder die Abwesenheit von Zucker behauptet oder herausgestellt. Der Umstand, daß die Frühstückscerealien der Beklagten auch, und zwar bei den hier beworbenen Kellogg's Toppas zu einem Anteil von 15 % Zucker ent-
halten, führt - auch unter Berücksichtigung der die Kariesbildung fördernden Eigenschaften von Zucker - nicht dazu, daß der in der Werbung vermittelte Gesamteindruck eines insgesamt gesunden Frühstücks unzutreffend wäre. Das Risiko, an Karies zu erkranken, besteht praktisch bei jedem Verzehr von Nahrungsmitteln , die in den meisten Fällen auch Zucker oder sich beim Kauprozeß in solchen umwandelnde Stärke enthalten. Dem kann, wie nach der Lebenserfahrung angesichts heutiger Maßnahmen zur Gesundheitsaufklärung als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann, durch entsprechende Zahnpflege entgegengewirkt werden. Besteht ein Lebensmittel - wie hier - nicht zu einem ganz überwiegenden Anteil aus Zucker, so ist die wahrheitsgemäße Herausstellung gesundheitsfördernder Eigenschaften des Nahrungsmittels nicht ohne weiteres schon deshalb wettbewerbswidrig, weil es auch - hier zu einem geringen Anteil - Zucker enthält.
Die Beklagte war auch nicht gehalten, in der Werbung auf den Zuckergehalt ihrer Cerealienprodukte oder gar auf die mit dem Verzehr von Zucker verbundene Gefahr von Kariesbildung hinzuweisen. Eine umfassende Aufklärung , insbesondere auch über die weniger vorteilhaften Eigenschaften des eigenen Produkts, wird vom Werbenden vor allem in der gedrängten Darstellung eines Fernsehspots oder eines Zeitungsinserats nicht erwartet (vgl. BGH, Urt. v. 15.07.1999 - I ZR 44/97, GRUR 1999, 1122, 1123 = WRP 1999, 1151 - EGNeuwagen I; Urt. v. 19.08.1999 - I ZR 225/97, GRUR 1999, 1125, 1126 = WRP 1999, 1155 - EG-Neuwagen II; zu zuckerhaltigen Bonbons mit Vitaminen: KG NJW-RR 1991, 1449). Die Pflicht zur Aufklärung besteht jedoch in den Fällen, in denen das Publikum bei Unterbleiben des Hinweises in einem wesentlichen Punkt, der den Kaufentschluß zu beeinflussen geeignet ist, getäuscht würde (BGH GRUR 1999, 1122, 1123 - EG-Neuwagen I; GRUR 1999, 1125, 1126
- EG-Neuwagen II, jeweils m.w.N.). So liegt es im Streitfall aber nicht. Ein Verbraucher , der aufgrund der in der Fernsehwerbung herausgestellten gesundheitsfördernden Eigenschaften beschließt, ein Frühstück aus Kellogg's Toppas mit Milch auszuprobieren, wird sich nicht getäuscht fühlen, wenn er anschließend aufgrund der Angaben auf der Verkaufspackung erfährt, daß 100 g Kellogg's Toppas auch 15 g Zucker enthalten und ihm bewußt wird, daß Zucker die Kariesbildung, unter Umständen auch eine Gewichtszunahme, begünstigt. Eine Verpflichtung, negative Eigenschaften des eigenen Angebots in der Werbung offenzulegen, besteht nur insoweit, als dies zum Schutz des Verbrauchers auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden unerläßlich ist (BGH GRUR 1999, 1122, 1123 - EG-Neuwagen I; GRUR 1999, 1125, 1126 - EG-Neuwagen II). Da ein Verzehr der beworbenen Frühstückscerealien neben dem allgemein bei der Nahrungsaufnahme bestehenden Risiko einer Kariesbildung unstreitig kein besonderes Gesundheitsrisiko birgt und die erstgenannte Gefahr wegen des relativ geringen Zuckeranteils auch nicht in einem außergewöhnlichen Maße steigert, ist die Beklagte trotz (wahrheitsgemäßer ) Herausstellung der gesundheitsfördernden Eigenschaften nicht verpflichtet, in der Werbung darauf hinzuweisen, daß der in Kellogg's Toppas enthaltene Zuckeranteil eine Kariesbildung begünstigt. Der Fernsehspot gemäß Anlage A kann daher weder nach § 3 UWG noch nach § 1 UWG i.V. mit § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG als irreführend beanstandet werden.

b) Fernsehspot gemäß Anlage D (Bäcker):
Der Fernsehspot "Bäcker" (Anlage D) enthält - entgegen den Gegenangriffen in der Revisionserwiderung - ebenfalls keine wettbewerbswidrigen gesundheitsbezogenen Werbeaussagen (§ 3 UWG, § 1 UWG i.V. mit § 17 Abs. 1
Nr. 5 LMBG). Auch dies kann der Senat aus den vorerörterten Gründen (vgl. Abschnitt II 2 a aa) ohne Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht selbst beurteilen.
Der angegriffene Werbespot zeigt einen männlichen Darsteller in weißer Berufskleidung mit Bäckermütze, der zu einer im Kühlschrank aufbewahrten Flasche Milch greift und sich in einer Müslischale ein Frühstück mit Kellogg's Cornflakes zubereitet, das er am Arbeitsplatz (Backstube) verzehrt. Parallel dazu fragt ein (unsichtbarer) Sprecher "Was essen eigentlich Bäcker, bevor sie ihre Brötchen backen?!" und beantwortet die Frage selbst mit "Natürlich ein gutes Frühstück aus gesundem Getreide! Cerealien von Kellogg's! Und der Tag kann kommen! Kellogg's - Das Beste jeden Morgen".
Dieser Fernsehspot stellt keine irreführende gesundheitsbezogene Werbung dar. Der Verkehr versteht die Werbung als ein witzig gemeintes Spiel mit Gegensätzen, nämlich einem Cerealienfrühstück einerseits und einem herkömmlichen sogenannten "kontinentalen Frühstück" mit Backwaren andererseits. Ein Angehöriger der Berufsgruppe der Bäcker spielt dem Zuschauer vor, noch vor der Herstellung eigener Backwaren ein Cerealienfrühstück der Beklagten einzunehmen. Zugleich erfährt der Fernsehzuschauer, dies täten (alle) Bäcker. Allerdings spricht der Bäcker nicht selbst - und erst recht nicht für seine ganze Berufsgruppe - zum Fernsehzuschauer, sondern wird bei der Vorbereitung und Einnahme seines Cerealienfrühstücks beobachtet. Kein relevanter Teil der angesprochenen Fernsehzuschauer wird unter diesen Gegebenheiten annehmen, die Beklagte habe eine objektive Untersuchung bzw. Befragung durchgeführt, die ergeben habe, daß alle Bäcker oder auch nur ein überwiegender Teil dieser Berufsgruppe ein Cerealienfrühstück mit Kellogg's Cornfla-
kes einem Frühstück mit den selbst hergestellten Backwaren vorzögen. Ebensowenig entnimmt der Fernsehzuschauer der Werbung, daß alle Bäcker ein Frühstück mit Kellogg's Cornflakes aus gesundheitlichen Gründen gegenüber ihren eigenen Backwaren für vorzugswürdig erachteten. Eine objektive Empfehlung eines ganzen Berufsstandes, der sich zudem der Herstellung von Konkurrenzprodukten widmet, liegt darin erkennbar nicht. Soweit in der Werbung von einem "guten Frühstück" und "gesundem Getreide" die Rede ist, handelt es sich zwar um gesundheitsbezogene Werbeangaben. Diese sind aber nicht als wettbewerbswidrig zu beanstanden, weil sie in ihrem objektiv nachprüfbaren Kern nicht unzutreffend sind. Hinsichtlich des Zuckergehaltes der Cerealienprodukte der Beklagten und ihrer die Kariesbildung begünstigenden Wirkung kann auf die Ausführungen in Abschnitt II 2 a bb Bezug genommen werden.

c) Rundschreiben an Schulhausmeister (Anlage B):
Das Rundschreiben an Schulhausmeister (Anlage B) hält einer - sachlich auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen gebotenen - materiell-rechtlichen Überprüfung nach § 3 UWG, § 1 UWG i.V. mit § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG ebenfalls stand.
aa) Nachdem die Beklagte den Unterlassungsanspruch insoweit anerkannt hat, als es um das sogenannte Aktions-Angebot geht ("48 Riegel gratis", "Wenn Sie bis zum 28. Februar 1997 bestellen, erhalten Sie pro 5 Kartons einen Karton KELLOGG'S Müslix Vollmilch Schoko gratis dazu!") und das an Schulhausmeister gerichtete Rundschreiben sich aus den vorstehend dargelegten Gründen (vgl. Abschnitt II 1 b) nicht schon aufgrund des darin enthaltenen Slogans "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" als wettbewerbswidrig er-
weist, geht es bei der weiteren revisionsrechtlichen Beurteilung des Rundschreibens an Schulhausmeister nur noch darum, ob das vom Berufungsgericht bestätigte Verbot wegen der darin enthaltenen, nach den Behauptungen der Klägerin in erster und zweiter Instanz irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben insgesamt, also über den anerkannten Teil hinaus, aufrechterhalten werden kann (§ 563 ZPO). Dies ist nicht der Fall.
bb) Als wegen irreführender gesundheitsbezogener Werbeangaben wettbewerbswidrig hat die Klägerin die Überschrift des Rundschreibens "Pausen -Mahlzeiten sollten gesund und lecker sein - ganz einfach mit KELLOGG'S!" sowie die ersten beiden Sätze des Werbeschreibens beanstandet , die wie folgt lauten: "... für die Ernährung der Schulkinder ist in den Pausen eine gesunde und ausgewogene Mahlzeit besonders wichtig. Die Snacks sollen super schmecken und gleichzeitig Vitamine und Energie liefern für den anstrengenden Unterricht".
Auch dieses Klagevorbringen vermag den geltend gemachten Unterlassungsanspruch , soweit er nicht anerkannt worden ist, nicht zu rechtfertigen.
Der vom Berufungsgericht bestätigten Auffassung des Landgerichts, das Rundschreiben erwecke den irreführenden Eindruck, daß Schulkinder ohne den Verzehr der angebotenen Müslix-Riegel der Beklagten nicht optimal und mit ausreichend Energie versorgt seien, um für den anstrengenden Unterricht gerüstet zu sein, kann nicht beigetreten werden. Die Beklagte zeigt mit ihren Cerealienprodukten (Portionspackungen) und Müslix-Riegeln ersichtlich nur eine Alternative auf, wie der zuvor allgemein dargelegte Ernährungsbedarf von Schulkindern in den Pausen befriedigt werden kann. Die Frage "Sind Sie für
diese Ansprüche gerüstet?" wird mit "Mit KELLOGG'S ja!" beantwortet, ohne daß dabei zugleich der Eindruck vermittelt würde, dies sei die einzige Möglichkeit einer gesunden, ausgewogenen und bedarfsgerechten Versorgung von Schulkindern in den Pausen. Darüber hinaus hat das Rundschreiben einen erkennbar werbenden Charakter, der den Eindruck einer Unverzichtbarkeit der Kellogg's-Produkte ausgeschlossen erscheinen läßt. Auf das Bestehen anderer Ernährungsmöglichkeiten durch Konkurrenzprodukte muß die Beklagte in ihrer Werbung nicht hinweisen. Schon die Vielzahl der beworbenen eigenen Produkte der Beklagten (zehn verschiedene Getreideprodukte und vier verschiedene Müslix-Riegel, davon zwei mit und zwei ohne Schokolade) zeigt eine Spannbreite von Pausensnacks auf, die den Anspruch, Schulkinder in den Pausen in jeder Hinsicht optimal zu versorgen, relativiert. Dabei wird den umworbenen Schulhausmeistern - ebenso wie den in der Werbung angesprochenen Müttern von Kleinkindern (vgl. BGH GRUR 1965, 363, 365 - Fertigbrei) - bewußt sein, daß die Frage nach einer optimalen oder der gesündesten Ernährung von Schulkindern in den Pausen aufgrund der unterschiedlichen Konstitution der Kinder nicht generell und einheitlich beantwortet werden kann, ferner, daß die hierzu vertretenen Auffassungen Schwankungen unterliegen. Vor diesem Hintergrund erweisen sich auch die Hinweise auf gesunde und leistungsfördernde Bestandteile (Vitamine und Energie) der beworbenen Cerealienprodukte nicht als wettbewerbswidrig. Wie zuvor erörtert (vgl. Abschnitt II 2 a bb), schließt der Umstand, daß die Erzeugnisse der Beklagten auch Zucker enthalten , eine gesundheitsfördernde Wirkung nicht schlechthin aus. Dies gilt auch für die zum Teil mit Schokolade überzogenen Müslix-Riegel, die aufgrund der in ihnen enthaltenen Ballaststoffe für das körperliche Wohlbefinden jedenfalls einen wirksameren Beitrag leisten als reine Schokolade.

d) Werbeschreiben (Anlage C):
Auch der das Werbeblatt für Müslix-Riegel (Anlage C) erfassende Unterlassungsausspruch kann nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden.
Die von der Klägerin in den ersten beiden Instanzen beanstandete Überschrift "Das schmeckt in der Pause am besten" beinhaltet erkennbar ein subjektives Werturteil der Beklagten. Wie dem angesprochenen Verkehr bewußt ist, ist die Frage des besten Geschmacks eines Lebensmittels einer objektiven Nachprüfung nicht zugänglich.
Ebensowenig verhilft der Hinweis auf eine irreführende gesundheitsbezogene Werbung dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch zum Erfolg. Die insoweit allein relevante Werbeaussage "Das Müsli im Riegel - für ein korngesundes Leben" begegnet unter dem Gesichtspunkt von § 3, § 1 UWG i.V. mit § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG keinen durchgreifenden Bedenken. Bei dem Begriff "korngesund" handelt es sich erkennbar um eine zu Werbezwecken gebildete Wortschöpfung, die nach Art eines Wortspiels Anklänge an den Ausdruck "kerngesund" im Sinne einer durch und durch (ganz und gar, bis auf den Kern) vorhandenen Gesundheit vermittelt und zugleich an Getreide ("Korn") erinnert. Diese Wortzusammensetzung, die auf beides - "Korn" und "Gesundheit" - anspielt, versteht der Verkehr als eine werbende Herausstellung des Umstandes, daß die Müslix-Riegel der Beklagten gesundheitsfördernde Getreidebestandteile enthalten. An dieser wahrheitsgemäßen Angabe ist in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht nichts auszusetzen.
3. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bedarf es entgegen der Ansicht der Revision nicht. Die Revisionserwiderung weist insoweit zutreffend darauf hin, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Entscheidung vom 16. Juli 1998 (Rs. C-210/96, Slg. 1998, I-4657 = GRUR Int. 1998, 795 = WRP 1998, 848 Tz. 37 - "6-Korn-Eier" - Gut Springenheide) klargestellt hat, daß die Beantwortung der Frage, ob es für die Feststellung der Verkehrsauffassung der Einholung eines Gutachtens bedürfe, den nationalen Gerichten überlassen sei.
III. Danach war auf die Revision der Beklagten unter teilweiser Aufhebung der Vorentscheidungen die Klage abzuweisen, soweit nicht das Landgericht aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten durch Teilanerkenntnisurteil entschieden hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Pokrant
Büscher Schaffert