Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2006 - I ZR 130/05

bei uns veröffentlicht am19.01.2006
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 2a O 325/03, 30.06.2004
Oberlandesgericht Düsseldorf, 20 U 120/04, 21.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 130/05
vom
19. Januar 2006
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Juni 2005 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht mit Erfolg geltend, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.
2
1. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin aus Firmenrecht (§§ 5, 15 MarkenG) als unbegründet angesehen, weil eine Verwechslungsgefahr nicht festgestellt werden könne. Mangels einer hinreichend genauen Darlegung der Klägerin zu ihrer Tätigkeit - insbesondere im Kollisionszeitpunkt - könne nicht festgestellt werden, dass die Tätigkeitsbereiche der Parteien einander hinreichend nahe seien. Durch Beschluss vom 15. Februar 2005 sei der Klägerin aufgegeben worden, ihre tatsächliche Tätigkeit nachvollziehbar unter Beweisantritt darzulegen. Die Klägerin habe daraufhin lediglich allgemein gehaltene Erklärungen über ihr Angebot und die Qualifikation ihrer Mitarbeiter abgegeben , aber keine Unterlagen (etwa Verträge, Rechnungen, Umsatzangaben usw.) vorgelegt. Es bleibe deshalb offen, was die Klägerin von ihren Angeboten tatsächlich umsetze. Zudem stelle ihr magerer Vortrag auf den jetzigen Zeitpunkt ab, während es auf den Kollisionszeitpunkt (spätestens Oktober 2003) ankomme.
3
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war das Vorbringen der Klägerin zu ihrer Tätigkeit im Schriftsatz vom 21. März 2005 zwar sehr allgemein gehalten, aber noch hinreichend substantiiert. Das Berufungsgericht hätte deshalb die Zeugin, die zum Beweis der Tatsachenbehauptungen benannt war, vernehmen müssen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es der Klägerin ohne weiteres hätte möglich sein müssen, Genaueres vorzutragen und durch Unterlagen zu belegen. Zur Vorlage von Unterlagen war sie nicht verpflichtet. Die Pflicht, den zulässig angebotenen Zeugenbeweis zu erheben, wurde auch nicht durch die Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht beseitigt, er könne nichts weiter vortragen und auch kein zusätzliches Material vorlegen.
4
3. An der Pflicht zur Zeugeneinvernahme ändert auch der Umstand nichts, dass es für die Feststellung der Branchennähe nicht auf die gegenwärtige Tä- tigkeit der Klägerin, sondern auf ihre Tätigkeit im Kollisionszeitpunkt ankommt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin den unter Beweis gestellten Vortrag zu ihren geschäftlichen Aktivitäten auf einen nach dem Kollisionszeitpunkt liegenden Zeitraum beschränken wollte.
5
II. Der Senat hat von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluss nach § 544 Abs. 7 ZPO Gebrauch gemacht.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.06.2004 - 2a O 325/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.06.2005 - I-20 U 120/04 -

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Referenzen - Gesetze

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Markengesetz - MarkenG | § 15 Ausschließliches Recht des Inhabers einer geschäftlichen Bezeichnung, Unterlassungsanspruch, Schadensersatzanspruch


(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. (2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise z

Markengesetz - MarkenG | § 5 Geschäftliche Bezeichnungen


(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt. (2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines

Referenzen

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.

(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.

(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.