Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2018 - AK 51/18

bei uns veröffentlicht am20.12.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 51/18
vom
20. Dezember 2018
in dem Strafverfahren
gegen
wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen
Vereinigung
ECLI:DE:BGH:2018:201218BAK51.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Angeschuldigten und seiner Verteidiger am 20. Dezember 2018 gemäß §§ 121, 122 StPO
beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Frankfurt übertragen.

Gründe:


I.


1
Der Angeschuldigte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 21. Februar 2018 (2 OJs 6/18) seit diesem Tag in Untersuchungshaft. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe sich im Jahr 2013 oder 2014 zumindest für 20 bis 30 Tage als Mitglied an einer ausländischen terroristischen Vereinigung, nämlich der "Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya" (Ahrar al-Sham), beteiligt, deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen, strafbar nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB.
2
Der Senat hat mit Beschluss vom 6. September 2018 (AK 34/18) die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus angeordnet. Das Oberlandesgericht hat zuletzt mit Beschluss vom 28. November 2018 (2 OJs 6/18) den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft für erforderlich gehalten. Unter dem 11. Dezember 2018 hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt Anklage zum Oberlandesgericht Frankfurt erhoben.

II.


3
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus liegen vor.
4
1. Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens ist der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 21. Februar 2018. Über den von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt mit Erhebung der Anklage gestellten Antrag, diesen Haftbefehl nach Maßgabe der Anklageschrift neu zu fassen, ist noch nicht entschieden. Die Haftprüfung bezieht sich somit allein auf den in dem vollzogenen Haftbefehl gegen den Angeschuldigten erhobenen Tatvorwurf (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Januar 2017 - AK 67/16, juris Rn. 22), zu dessen Anpassung oder Erweiterung nunmehr nur das gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 StPO zuständige Oberlandesgericht Frankfurt befugt ist; der Senat geht davon aus, dass dies unverzüglich geschehen wird. Der bisher vorliegende Haftbefehl wird trotz gewisser Bedenken gerade noch ausreichend seiner Funktion gerecht, in tatsächlicher Hinsicht Auskunft über den Grund der Untersuchungshaft zu geben (§ 114 Abs. 2 Nr. 2 StPO).
5
2. Hinsichtlich der Einzelheiten des Tatvorwurfs, der den dringenden Tatverdacht begründenden Umstände und der Haftgründe nimmt der Senat Bezug auf seine Haftfortdauerentscheidung vom 6. September 2018, deren Gründe im Ergebnis unvermindert fortgelten, obwohl sich der - ohnehin nicht näher konkretisierte - Vorwurf der Teilnahme an Kampfhandlungen der Vereinigung im Verlauf der weiteren Ermittlungen nicht bestätigt hat. Der verbleibende Tatvorwurf wird durch die in der Anklageschrift angeführten Beweismittel belegt.
6
3. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Der Umfang der Ermittlungen und ihre besondere Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft. Das Verfahren ist auch seit der letzten Haftprüfung durch den Senat mit der gebotenen Beschleunigung geführt worden. Die Auswertung der sichergestellten Beweismittel dauerte bis zum 26. November 2018 an. Dabei gestaltete sich die Aufbereitung der Daten des sichergestellten Smartphones des Angeschuldigten zeitintensiv , da eine Vielzahl von Emails und Chatverläufen mehrerer MessengerProgramme sowie etwa 14.000 Video- und Bilddateien unter Einschaltung eines externen Unternehmens aufbereitet und ausgewertet werden mussten. Die Auswertung war durch die erforderliche Übersetzung der in arabischer Sprache geführten Kommunikation erschwert; zudem waren Bewertungen durch islamwissenschaftliche Sachverständige erforderlich. Bereits kurze Zeit nach dem Abschluss der Ermittlungen hat die Generalstaatsanwaltschaft Anklage erhoben.
7
4. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu dem gegen den Angeschuldigten in dem Haftbefehl erhobenen Vorwurf derzeit noch nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Schäfer Gericke Hoch

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Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 121 Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate


(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden

Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen


(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, 1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völ

Strafgesetzbuch - StGB | § 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung


(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausg

Strafprozeßordnung - StPO | § 122 Besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht


(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es be

Strafprozeßordnung - StPO | § 120 Aufhebung des Haftbefehls


(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sich

Strafprozeßordnung - StPO | § 126 Zuständigkeit für weitere gerichtliche Entscheidungen


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Strafprozeßordnung - StPO | § 114 Haftbefehl


(1) Die Untersuchungshaft wird durch schriftlichen Haftbefehl des Richters angeordnet. (2) In dem Haftbefehl sind anzuführen 1. der Beschuldigte,2. die Tat, deren er dringend verdächtig ist, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale

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(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 34/18
vom
6. September 2018
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen
Vereinigung
ECLI:DE:BGH:2018:060918BAK34.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschuldigten und seiner Verteidiger am 6. September 2018 gemäß §§ 121, 122 StPO
beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach allgemeinen Grundsätzen zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:


I.


1
Der Beschuldigte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 21. Februar 2018 (2 OJs 6/18) seit diesem Tag in Untersuchungshaft. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe sich im Jahr 2013 oder 2014 zumindest für 20 bis 30 Tage als Mitglied an einer ausländischen terroristischen Vereinigung, nämlich der "Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya" (Ahrar al-Sham), beteiligt, deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen, strafbar nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB.
2
Der Ermittlungsrichter des Oberlandesgerichts Frankfurt hat mit Beschluss vom 9. August 2018 die weitere Untersuchungshaft für erforderlich erklärt.

II.


3
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
4
1. Der Beschuldigte ist der ihm im Haftbefehl des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 21. Februar 2018 vorgeworfenen Tat dringend verdächtig.
5
a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
6
aa) Die Vereinigung Ahrar al-Sham
7
(1) Die Ahrar al-Sham ist aus den im Jahr 2011 gegründeten "Kata'ib Ahrar al-Sham" ("Brigaden der Freien von Großsyrien") hervorgegangen, die sich Ende des Jahres 2012 dem Bündnis "Al-Jabha al-Islamiya as-Suriya" ("Syrisch-Islamische Front") anschloss. Nach der damaligen Verlautbarung war Ziel der Organisation der Sturz des Assad-Regimes; mit militärischen und zivilen Mitteln sollte eine islamische Gesellschaft entstehen, die gemäß den Regeln der Sharia regiert werden sollte. Nicht-Muslime wurden indes nicht als Feinde bezeichnet; in der militärischen Auseinandersetzung sollten Zivilisten geschont werden.
8
Ende Januar 2013 schloss sich die Kata'ib Ahrar al-Sham mit drei anderen Gruppierungen zur Ahrar al-Sham zusammen. In dem dazu veröffentlichten Video mit dem Titel "Gründungserklärung der Harakat Ahrar al-Sham al-Islamiya" wurde nunmehr eine streng islamische Ausrichtung der Organisation betont. Ende November 2013 löste sich die "Syrisch-Islamische Front" auf und gab zugleich die Gründung eines neuen, umfassenderen Bündnisses mit dem Namen "Islamische Front" bekannt, als dessen Ziele der Sturz des AssadRegimes und die Gründung eines "rechtgeleiteten islamischen Staates" unter der Geltung der Sharia in ihrer radikal-islamistischen Ausrichtung benannt wurden. Die Ahrar al-Sham wurde in der Erklärung als Gründungsmitglied bezeichnet ; sie ist als eigenständige Vereinigung innerhalb des Bündnisses gleichwohl bestehen geblieben.
9
(2) Ziel der Ahrar al-Sham ist nach wie vor in erster Linie der Sturz des Assad-Regimes. Im Gegensatz zu früheren Verlautbarungen, in denen von Toleranz gegenüber Andersdenkenden und -gläubigen die Rede war, wird nunmehr eine salafistische Ausrichtung der Organisation betont, die den Schutz des Islam und die Errichtung einer Gesellschaftsordnung unter dem Gesetz der Sharia als weitere Ziele definiert. Korrespondierend mit den teilweise engen Bindungen der Ahrar al-Sham zu etwa der Jabhat al-Nusra und zum Teil auch dem Al-Qaida-Netzwerk sind die Ziele der Ahrar al-Sham von denen dieser jihadistisch ausgerichteten Gruppierungen nicht klar abzugrenzen: So akzeptiert die Ahrar al-Sham die derzeitigen Grenzen des syrischen Staates nicht und beabsichtigt dementsprechend, den islamischen Staat, dessen Errichtung sie anstrebt , über die Grenzen des heutigen Syriens hinaus auszudehnen. Eine politische Lösung des Konflikts lehnt die Organisation ab; der bewaffnete Kampf wird als einzige Möglichkeit angesehen. Das politische System des zu schaffenden Staates soll auf der Basis der Sharia autoritär geprägt sein; Säkularis- mus und Demokratie sieht die Ahrar al-Sham als Übel an, die in ihrem Staat keinen Platz hätten. Dem allgemeinen Ziel der Al-Qaida, einen transnationalen islamischen Staat zu schaffen, stimmt die Vereinigung zu, wenn sie auch die Auffassung vertritt, dass zur Erreichung dieses Ziels Realismus und Geduld von Nöten seien.
10
(3) Im Lauf des Jahres 2013 wurde die Ahrar al-Sham mit 10.000 bis 20.000 Kämpfern zur stärksten Gruppierung innerhalb des syrischen Aufstands. Sie setzt im Kampf gegen das Assad-Regime in erster Linie militärische Mittel und Einsatztaktiken ein. Selbstmordattentate lehnte sie zwar ab, arbeitete aber bei Operationen mit der Jabhat al-Nusra zusammen, deren Kämpfer dabei Selbstmordanschläge begingen. Bereits seit dem Jahr 2012 war sie bzw. ihre Vorgängerorganisation - häufig in enger Zusammenarbeit mit Gruppierungen der späteren Islamischen Front - an fast allen wichtigen Operationen der syrischen Aufständischen beteiligt, insbesondere an der Offensive in der Stadt Aleppo im Juli 2012, der Einnahme der Provinzhauptstadt Raqqa im März 2013, in Zusammenarbeit mit der Jabhat al-Nusra, dem "Islamischen Staat im Irak und Syrien" und anderen jihadistischen Gruppierungen ab dem 4. August 2013 an der Offensive gegen alawitische Dörfer im Gebirge in der Provinz Latakia, bei der zahlreiche Zivilisten ermordet wurden, sowie im Februar 2014 an dem Angriff auf das Zentralgefängnis von Aleppo, an dem wiederum auch die Jabhat al-Nusra und weitere jihadistische Vereinigungen teilnahmen. Seit März 2015 besteht ein dauerhaftes militärisches Zweckbündnis mit der Jabhat al-Nusra.
11
(4) An der Spitze der Organisation stand bis September 2014 als politischer Führer Hassan Abboud, der im Juni 2013 in einem Interview mit dem Nachrichtensender Al-Jazeera an die Öffentlichkeit trat und sich ausführlich zur Ahrar al-Sham und ihren Zielen äußerte. Nachdem Abboud mit anderen Füh- rungspersönlichkeiten der Vereinigung am 9. September 2014 getötet worden war, setzte der Shura-Rat der Organisation bereits am Tag nach seinem Tod mit Hashim al Sheikh (Kampfname: Abu Dschabir) einen Nachfolger für ihn ein und mit Abu Salih Tahhan den Nachfolger für den ebenfalls getöteten bisherigen Militärverantwortlichen Abu Talha. Seit September 2015 führt Abu Yahia al-Hamawi (alias Mohannad al-Masri) die Ahrar al-Sham. Die zentrale Führung der Ahrar al-Sham besteht aus einem Shura-Rat sowie Büros für Militär, Religion , Finanzen, humanitäre Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit. Die Organisation verfügt nach eigenen Angaben über ein eigenes Medienbüro, das die diversen Videoveröffentlichungen erstellt; Verlautbarungen sowie Bekenner- und Propagandavideos werden sowohl über soziale Netzwerke als auch über die eigene Internetpräsenz verbreitet. Eine weitere Führungsebene bilden die Anführer in den einzelnen syrischen Provinzen. Die Mitglieder der Vereinigung stammen zumeist aus Syrien, in einigen Fällen auch aus anderen Ländern. Die Kampfeinheiten sind überwiegend mit erbeuteten ehemaligen Beständen der syrischen Armee bewaffnet. Die Organisation verfügt über koordinierende Befehlsstrukturen ; die Anweisungen und Planungen der höheren Ebenen werden durch die nachgeordneten Abteilungen umgesetzt.
12
bb) Die Tathandlungen des Beschuldigten
13
Der Beschuldigte schloss sich im Jahr 2013 oder 2014 der Ahrar al-Sham in Kenntnis ihrer Ziele und Methoden zumindest für einen Zeitraum von 20 bis 30 Tagen an. Er ließ sich von der Vereinigung als Mitglied registrieren , erhielt von ihr einen Namen und gliederte sich in das Verbandsleben ein. Auf Seiten der Ahrar al-Sham nahm der Beschuldigte an Kampfhandlungen im syrischen Bürgerkrieg teil und ließ sich in paramilitärischer Kleidung vor bzw.
auf der Ladefläche eines LKW fotografieren, auf dem ein Flak-Geschütz mit der Aufschrift "Kata’ib Ahar al-Sham" montiert war.
14
b) Der dringende Tatverdacht folgt, soweit er die Vereinigung Ahrar al-Sham betrifft, aus öffentlich zugänglichen Quellen und den vorliegenden Strukturerkenntnissen zu dieser Organisation (vgl. Strukturakte Ahrar al–Sham Bd. I bis IV). Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen insbesondere auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. S. vom 19. Februar 2015 und vom 21. März 2016.
15
Betreffend die Tathandlungen des Beschuldigten ergibt sich der dringende Tatverdacht aus seinen Angaben in der Beschuldigtenvernehmung vom 20. Februar 2018 und gegenüber dem Ermittlungsrichter des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 21. Februar 2018, mit denen er eingeräumt hat, er sei 2013 oder 2014 für 20 bis 30 Tage bei der Ahrar al-Sham gewesen und habe sich als Mitglied dieser Vereinigung registrieren lassen; allerdings habe er nicht an Kampfhandlungen teilgenommen und sei der Vereinigung allein zu dem Zweck beigetreten, um mit ihrer Hilfe gegen Zahlung von 50.000 syrischeLira in die Türkei auszureisen. Die Bilder seien von der Vereinigung gefertigt worden , um sie an Geldgeber zum Nachweis der Rekrutierung weiterzureichen. In seinem an den Senat gerichteten Brief vom 15. August 2018 hat er bestätigt, sich etwa 20 Tage lang bei den Kämpfern der Ahrar al-Sham aufgehalten zu haben; dabei habe er sich "zur tarnung, nur vorübergehend als Al Sham zugehörig" gestellt, "um das Überleben von mir und meiner Familie zu sichern", bis ihm schließlich die "Flucht" in die Türkei gelungen sei. Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der Teilnahme an Kampfhandlungen stützt sich insbesondere auf die Bekundungen des Zeugen T. , wonach der Beschuldigte im Kreise mehrerer Flüchtlinge erklärt habe, dass er als Mitglied der Ahrar al-Sham im syrischen Bürgerkrieg gekämpft habe, sowie daneben auf die Auswertung von Lichtbildern, die auf dem Facebookprofil des Beschuldigten eingestellt waren. Eines der Bilder zeigt den Beschuldigten, wie er auf der Ladefläche eines Lastkraftwagens an einem darauf montierten, mit dem Schriftzug "Kata’ib Ahrar al-Sham" versehenen Flak-Geschütz steht, welches er zu bedienen scheint. Ein weiteres Lichtbild zeigt den Beschuldigten - bekleidet mit einer Schutzweste mit Tarnfleckmuster - vor einem LKW stehend, auf dessen Ladefläche eine andere männliche Person hinter einem Flak-Geschütz sitzt und daran zu hantieren scheint. Aus den bei dem Beschuldigten sichergestellten Datenträgern ergeben sich weitere belastende Indizien: So sind eine Videodatei (Slideshow) mit Fotos bewaffneter Kämpfer und Symbolen terroristisch-jihadistischer Organisationen, Bilder des Beschuldigten selbst - mit und ohne Bewaffnung - sowie WhatsAppChats gesichert worden, die Hinweise auf Kontakte zum Umfeld syrischer Milizen enthalten.
16
2. Es besteht nach alledem der dringende Tatverdacht, dass sich der Beschuldigte wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB strafbar gemacht hat.
17
a) Die Gruppierung Ahrar al-Sham stellt sich nach den vorliegenden Erkenntnissen dar als auf gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen und mithin als Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221 mwN). Ihre Zwecke und ihre Tätigkeit sind darauf gerichtet, Mord und Totschlag (§§ 211, 212 StGB) zu begehen, wobei Opfer nicht nur Soldaten des von ihr bekämpften Assad-Regimes sind, sondern - wie etwa die Massaker in alawitischen Dörfern zeigen - auch Zivilisten. Selbst eine angenommene Ausrichtung allein auf die Bekämpfung der syrischen Regierungstruppen änderte nichts an dieser Einordnung, da weder völkervertragsrechtliche noch völkergewohnheitsrechtliche Grundsätze die Straftaten gegen deren Soldaten zu rechtfertigen vermögen.
18
b) Der Beschuldigte hat sich dieser Vereinigung als Mitglied angeschlossen und sich an ihr durch die Teilnahme an Kampfhandlungen im syrischen Bürgerkrieg beteiligt.
19
Zwar werden seine Beteiligungshandlungen in dem Haftbefehl nur äußerst knapp, jedoch noch so konkret umschrieben, dass die Erfüllung des ihm vorgeworfenen Straftatbestandes erkennbar ist und der Haftbefehl seinen Funktionen gerecht wird, den Beschuldigten zu informieren und dem Haftprüfungsgericht im Rahmen der besonderen Haftprüfung nach den §§ 121 ff. StPO eine Kontrolle der Haftzeit zu ermöglichen (vgl. Senat, Beschluss vom 17. August 2017 - AK 34/17, NStZ-RR 2017, 347 ff.).
20
c) Deutsches Strafrecht ist anwendbar (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.).
21
d) Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern oder Unterstützern der Ahrar al-Sham, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 25. Juli 2014 erteilt.
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3. Es bestehet der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO):
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Die Gesamtwürdigung der Umstände des Falles macht es wahrscheinlicher , dass sich der Beschuldigte dem Strafverfahren entzieht, als dass er sich ihm zur Verfügung halten werde. Der Beschuldigte hat aufgrund der bisherigen Ermittlungen mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen, die einen hohen Fluchtanreiz bietet. Umstände, die geeignet sind, diesem Fluchtanreiz hinreichend entgegenzuwirken, liegen nicht vor: Der Beschuldigte reiste erstmals im Jahr 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und verfügt hier weder über stabile soziale noch berufliche Bindungen. Er lebte zeitweise in einer Flüchtlingsunterkunft in V. und hatte vor seiner Festnahme keinen festen Wohnsitz im Bundesgebiet. Seine Familie lebt in der Türkei. Im Sommer 2017 reiste er in die Türkei und nach Syrien aus; bei seiner Wiedereinreise in das Bundesgebiet wurde er am 20. Februar 2018 festgenommen. Vor diesem Hintergrund sind in der Zusammenschau keine ausreichenden fluchthemmenden Umstände erkennbar, zumal sich aus der Auswertung der in seinem Mobiltelefon gespeicherten Chatverläufe Hinweise auf Kontakte zum Umfeld syrischer Milizen und damit zu Personen ergeben, die bei einer Flucht behilflich sein könnten. Die genannten Umstände begründen die Gefahr, dass die alsbaldige Aufklärung und Ahndung der Tat ohne die weitere Inhaftierung des Beschuldigten vereitelt werden könnte.
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Darüber hinaus liegt der Haftgrund der Schwerkriminalität gemäß § 112 Abs. 3 StPO vor.
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Unter den gegebenen Umständen vermögen Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO - auch unter Beachtung des durch die Verteidigung erklärten Ein- verständnisses mit jeglichen Auflagen - nicht die Erwartung zu begründen, dass auch durch sie der Zweck der Untersuchungshaft erreicht werden kann.
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4. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Der Umfang der Ermittlungen und ihre besondere Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft:
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Die Auswertung der sichergestellten Beweismittel dauert an. Insbesondere gestaltet sich die Aufbereitung der Daten des sichergestellten Smartphones des Beschuldigten zeitintensiv, da dieses mehrere Messenger-Programme und eine Vielzahl von Video- und Bilddateien sowie Geodaten und insbesondere Chats enthält, deren Auswertung dadurch erschwert ist, dass die Kommunikation zunächst mit Dolmetschern für die arabische Sprache übersetzt und sodann gesichtet und ggf. durch islamwissenschaftliche Sachverständige bewertet werden muss. Zur Aufbereitung der Daten musste auf das Spezialwissen einer externen Firma zurückgegriffen werden; der - nach den Ermittlungsergebnissen gebotene - Versuch, eine sichergestellte defekte SD-Karte auszuwerten, blieb auch nach Einschalten eines auf Datenrettung spezialisierten Unternehmens erfolglos. Zudem mussten mehrere Zeugen vernommen, Sachverständigengutachten eingeholt und umfangreiche Finanzermittlungen bezüglich Transaktionen mit Auslandsbezug geführt werden.
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Der Senat geht davon aus, dass alsbald - jedenfalls vor Ablauf der Frist des § 122 Abs. 4 Satz 2 StPO - Anklage erhoben werden wird.
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5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu den gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfen nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO; vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - StB 6/17, juris Rn. 34 ff.).
Spaniol Berg Hoch
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Dieser Umstand ist im vorliegenden Haftprüfungsverfahren unabhängig von seiner Beurteilung im Haftbefehl rechtlich zu würdigen. Zwar ist nur der nach § 122 Abs. 1 StPO vorgelegte Haftbefehl Gegenstand der Haftprüfung (vgl. KK-Schultheis, StPO, 7. Aufl., § 121 Rn. 24) und damit grundsätzlich auch ausschließlich der darin gegenüber dem Angeklagten erhobene Vorwurf (BGH, Beschluss vom 28. Juli 2016 - AK 41/16, juris Rn. 9). Diese Beschränkung bezieht sich indes auf den geschilderten Lebenssachverhalt, aus dem sich die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat ergibt (vgl. KK-Schultheis aaO, § 121 Rn. 10 mwN), nicht dagegen auf dessen rechtliche Würdigung. Wie dargelegt enthielt bereits der Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 16. Juni 2016 eine Schilderung der Anbindung des gesondert Verfolgten A. an den IS. Dieser Haftbefehl wurde dem Angeklagten mündlich eröffnet; die Anhörungsvorschriften der §§ 114a, 115 StPO wurden beachtet.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.

(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.

(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

(1) Die Untersuchungshaft wird durch schriftlichen Haftbefehl des Richters angeordnet.

(2) In dem Haftbefehl sind anzuführen

1.
der Beschuldigte,
2.
die Tat, deren er dringend verdächtig ist, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften,
3.
der Haftgrund sowie
4.
die Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergibt, soweit nicht dadurch die Staatssicherheit gefährdet wird.

(3) Wenn die Anwendung des § 112 Abs. 1 Satz 2 naheliegt oder der Beschuldigte sich auf diese Vorschrift beruft, sind die Gründe dafür anzugeben, daß sie nicht angewandt wurde.

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.