Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2020 - 5 StR 677/19

bei uns veröffentlicht am04.02.2020

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 677/19
vom
4. Februar 2020
in der Strafsache
gegen
wegen fahrlässigen Vollrausches
ECLI:DE:BGH:2020:040220B5STR677.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. Februar 2020 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 11. Juni 2019 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts ist zu bemerken: Im Blick auf die Funktion des § 323a StGB als Auffangtatbestand (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 1983 – 4 StR 142/82, BGHSt 32, 48, 50 ff.; Beschluss vom 6. Februar 1996 – 4 StR 17/96, NStZ-RR 1996, 290) begegnet die vom Landgericht vorgenommene Bestimmung der Blutalkoholkonzentration bei Begehung der Rauschtat durch Rückrechnung mit 0,2 Promille pro Stunde zuzüglich eines einmaligen Sicherheitszuschlags von 0,2 Promille keinen Bedenken (vgl. auch BGH, Urteile vom 9. August 1988 – 1 StR 231/88, BGHSt 35, 308; vom 25. Mai 2016 – 5 StR 85/16). Dieses Vorgehen entspricht einer zutreffenden Anwendung des Zweifelssatzes, da der Angeklagte andernfalls wegen einer Vergewaltigung (§ 177 Abs. 6 StGB) zu verurteilen gewesen wäre (vgl. LR-StPO/Sander, 26. Aufl., § 261 Rn. 128, 132). Sander Schneider König Berger Mosbacher

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Strafgesetzbuch - StGB | § 323a Vollrausch


(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Mai 2016 - 5 StR 85/16

bei uns veröffentlicht am 25.05.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 85/16 vom 25. Mai 2016 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2016:250516U5STR85.16.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Mai 2016

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 85/16
vom
25. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:250516U5STR85.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Mai 2016, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider, Richter Dr. Berger, Richter Bellay, Richter Dr. Feilcke
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 6. November 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen –

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung freigesprochen und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) angeordnet. Gegen das Urteil wendet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat im Ergebnis Erfolg.
2
1. Das Landgericht hat festgestellt:
3
Der Angeklagte leidet an einem Alkoholabhängigkeitssyndrom (ICD-10 F 10.2). Sein jahrelanger Alkoholmissbrauch hat bereits sein Gehirn geschädigt und zu einer Lebererkrankung geführt.
4
Der Angeklagte und der später geschädigte L. kannten sich aus einem gemeinsamen Entgiftungsaufenthalt. Am Tattag besuchte L. den Angeklagten. Nach einem Stadtrundgang begaben sich der bereits angetrunkene L. und der Angeklagte in dessen Wohnung. Der Angeklagte hatte zur Bewirtung zwei Flaschen Rotwein und eine 0,7-l-Flasche Schnaps gekauft. Zwischen 13:38 Uhr und 16:55 Uhr stach er im Wohnzimmer aus nicht mehr aufklärbaren Gründen mit einem Küchenmesser wenigstens neunmal mit bedingtem Tötungsvorsatz auf den Geschädigten ein. Dieser erlitt unter anderem eine Stichverletzung unter der linken Achsel, die zur Eröffnung der Brusthöhle mit Pneumothorax führte, sowie drei Stichverletzungen im Bereich des Bauches mit Verletzungen von Leber, Dünn- und Dickdarm. Der Pneumothorax hätte unbehandelt in kürzester Zeit zum Tod geführt; auch die Stichverletzungen im Bauchbereich waren lebensgefährlich.
5
Nach Beendigung seiner Angriffe ging der Angeklagte davon aus, dass sein Opfer verbluten werde. Er „entschied sich dann freiwillig dazu“ (UA S. 7), einigen im Hof des Hauses mit dem Aufbau eines Festes beschäftigten Personen aus seinem Fenster hinaus mindestens zweimal zuzurufen, sie mögen den Rettungsdienst holen, der Geschädigte verblute. Der in akuter Lebensgefahr schwebende L. konnte in der Folge durch eine Notoperation und intensivmedizinische Behandlung gerettet werden. Er verstarb wenige Wochen später aus nicht mit der Tat in Verbindung stehenden Gründen. Die beim Angeklagten um 20:30 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,32 ‰; beim Geschädigten wurde um 19:00 Uhr eine Blutalkoholkonzent- ration von 2,46 ‰ festgestellt.
6
2. Die Strafkammer hat die Tat des Angeklagten als gefährliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB) gewertet. Vom Versuch des Totschlags (§ 212 Abs. 1, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) sei er mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB). Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung scheitere an der auf- grund seiner „gravierenden Alkoholintoxikation“ im Zeitpunkt der Tat nichtaus- schließbaren Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB). Eine Verurteilung wegen Vollrausches (§ 323a StGB) komme nicht in Betracht; denn der Angeklagte sei bislang noch nie unter Alkoholeinfluss aggressiv geworden. Er habe „es weder in Kauf genommen noch vorwerfbar nicht bedacht, da er es weder wissen musste noch wissen konnte, dass er im Rauschzustand irgendwelche Ausschreitungen strafbarer Art begehen würde“ (UA S. 14). Ein für die Strafbarkeit wegen Vollrau- sches notwendiges Verschulden des Angeklagten, das „sich in noch so loser Form auf die im Rausch begangene Tat beziehen würde“, liege somit nicht vor. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat die Strafkammer damit be- gründet, dass „ausweislich des vom Sachverständigen erstatteten Gutachtens“ die „hinreichende Wahrscheinlichkeit“ bestehe, dass der Angeklagte aufgrund seines Hanges weitere und gegebenenfalls sogar erheblichere Straftaten bege- hen „könnte“.
7
Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass das Landgericht die Voraussetzungen für die Annahme des Vollrausches verkannt und den Angeklagten deshalb rechtsfehlerhaft freigesprochen habe.
8
3. Der Freispruch des Angeklagten kann keinen Bestand haben. Das Landgericht hat bereits die Aufhebung der Schuldfähigkeit des Angeklagten infolge Alkoholkonsums nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
9
a) Dies betrifft schon die Feststellung der Blutalkoholkonzentration des Angeklagten zur Tatzeit. Zum einen legen die vom Urteil wiedergegebenen Zeugenaussagen und die darin enthaltenen Zeitangaben (UA S. 10) nahe, dass eine engere als die vom Landgericht vorgenommene Eingrenzung der Tatzeit möglich gewesen wäre. Zum anderen sind auch die vom Landgericht vorgenommenen Rückrechnungen der Blutalkoholkonzentration des Angeklagten (UA S. 7) nicht nachvollziehbar; sie entsprechen ersichtlich nicht den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätzen, wonach bei der Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten ein maximaler stündlicher Abbauwert von 0,2 ‰ zuzüglich eines einmaligen Sicherheitszuschlages von 0,2 ‰ zugrunde zu legen ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 1988 – 1 StR 231/88, BGHSt 35, 308, 314; Beschluss vom 18. Dezember 1986 – 4 StR 668/86, BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 4).
10
b) Darüber hinaus ist die Beweiswürdigung des Landgerichts zur alkoholbedingten Schuldunfähigkeit des Angeklagten lückenhaft.
11
Sachverständig beraten stellt das Landgericht darauf ab, beim Angeklagten sei von einer „neurologisch bedeutend reduzierten Alkoholtoleranz“ auszugehen. Anhaltspunkte für einen Ausschluss seiner Steuerungsfähigkeit seien die völlige Wesensfremdheit der Tat, der vom Angeklagten durchaus glaubhaft angegebene „Black Out“ sowie „die anscheinende Sinnlosigkeit der Tat und das völlig fehlende nachtatliche Rückzugsverhalten“ (UA S. 13). Das Landgericht – wieauch der Sachverständige – hat damit das Nachtatverhalten des Angeklagten nicht umfassend in den Blick genommen. Es hat nicht gewürdigt, dass der Angeklagte nicht nur den kritischen Zustand des Geschädigten erkannte, sondern auch sachgerechte Maßnahmen ergriff, um diesen zu retten, indem er den im Hof beschäftigten Personen zurief, man möge „die SMH“ (Schnelle Me- dizinische Hilfe) rufen, der Geschädigte verblute. Nachdem auf den ersten Anruf niemand reagierte, wiederholte der Angeklagte seinen Ruf. Aus den im Urteil wiedergegebenen Schilderungen der sodann am Tatort eingetroffenen Zeugen ergibt sich darüber hinaus, dass der Angeklagte zwar stark alkoholisiert wirkte, jedoch ansprechbar und zu sinnvollen Reaktionen fähig war. Es erscheint nicht nachvollziehbar, inwiefern gerade der Umstand, dass der Angeklagte vor Ort blieb und für medizinische Hilfe sorgte, als „fehlendes nachtatliches Rückzugs- verhalten“ für eine Aufhebung seiner Steuerungsfähigkeit sprechen soll. Die Tat war auch jedenfalls nicht in dem Sinne „sinnlos“, dass sie ohne Anlass geschah ; denn die Zeugenaussagen weisen darauf hin, dass ihr ein Streit zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten vorausging.
12
4. Davon unabhängig ist auch die Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt nach § 64 StGB nicht rechtsfehlerfrei begründet. Angesichts der hervorgehobenen, im Rahmen der Schuldfähigkeitsprüfung berücksichtigten Wesensfremdheit der Tat ist die Gefährlichkeitsprognose nicht ohne weiteres nachzuvollziehen. Es werden keine Anknüpfungstatsachen dargelegt, auf die der Sachverständige seine Prognose gestützt hat. Außerdem werden im Rahmen der Begründung der hinreichend konkreten Erfolgsaussicht einer Behandlung in einer Entziehungsanstalt keine Feststellungen zur voraussichtlichen Therapiedauer getroffen. Im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auf zwei Jahre (§ 67d Abs. 1 StGB), die im Falle ihrer isolierten Anordnung keiner Verlängerung unterliegt (vgl. § 67d Abs. 1 Satz 2 StGB), ist eine hinreichend konkrete Aussicht auf Erfolg der Maß- regel nur dann anzunehmen, wenn die Behandlung voraussichtlich innerhalb der Zweijahresfrist erfolgreich abgeschlossen werden kann.
13
5. Die Sache bedarf daher einer umfassenden neuen Verhandlung und Entscheidung. Sollte das neue Tatgericht wiederum zum Ausschluss der Schuldfähigkeit des Angeklagten gelangen, so wird es bei der Prüfung des § 323a StGB von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auszugehen haben, wonach die Begehung der Rauschtat objektive Bedingung der Strafbarkeit ist (vgl. BGH, Urteile vom 22. August 1996 – 4 StR 217/96, BGHSt 42, 235, 242; vom 1. Juni 1962 – 4 StR 88/62, BGHSt 17, 333, 334, und vom 2. Mai 1961 – 1 StR 139/61, BGHSt 16, 124, 127; vgl. auch OLG Hamm, Blutalkohol 51, 118 f.).
Sander Schneider Berger
Bellay Feilcke

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.