Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2000 - 5 StR 537/00

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Angeklagte wird freigesprochen.
Ihre notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Rechtsbeugung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die Revision der Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung der Verurteilung und Freisprechung der Angeklagten.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts weist der Fall mehrere Besonderheiten auf, welche hier aus subjektiven Gründen – abweichend von der Regel in Fällen „schlichter Paßvorlage“ – die Annahme von Rechtsbeugung wegen eklatant menschenrechtswidriger Inhaftierung nicht rechtfertigt: So hatte sich der Verfolgte – anders als in den Fällen, in welchen die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet wurde (vgl. BGHSt 41, 247, 274; BGHR StGB § 336 – DDR-Recht 27) – tagsüber an einen belebten Grenzübergang begeben. Nach seiner Festnahme hatte er, wie festgestellt (UA S. 6), seinen Ausreisewunsch wiederholt besonders drastisch – und damit in einer aus der Sicht von DDR-Justizangehörigen zur Tatzeit als erschwerend zu wertenden Weise – zum Ausdruck gebracht. Die von der Angeklagten zu verantwortende Sanktionierung blieb mit einer fünfmonatigen Haftstrafe erheblich unter vielen vom Senat wiederholt in Fällen dieser Art beurteilten Sanktionen der DDR-Justiz; zudem ist es – freilich ohne Zutun der Angeklagten – anschließend bei einer wenige Wochen andauernden Inhaftierung des Verfolgten geblieben.
Bei dieser Sachlage gelangt der Senat zur Durchentscheidung auf Freispruch (§ 354 Abs. 1 StPO) aus subjektiven Gründen (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 140 m.w.N.).
Harms Basdorf Tepperwien Gerhardt Brause

Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Der Vornahme einer Diensthandlung oder einer richterlichen Handlung im Sinne der §§ 331 bis 335a steht das Unterlassen der Handlung gleich.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.