Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2007 - 5 StR 534/07

bei uns veröffentlicht am19.12.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 534/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 19. Dezember 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2007

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 20. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in sechs (tateinheitlichen) Fällen zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision führt zur Aufhebung der verhängten Strafe; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch ist rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat zutreffend kein – auch der Anklage nicht zugrundeliegendes – Verbrechen des erpresserischen Menschenraubs nach § 239a StGB angenommen. Die Fesselung der Sparkassenmitarbeiter war lediglich Mittel der Raubhandlung; eine darüber hinausgehende eigenständige Bedeutung kam ihr nicht zu. Mit der aufgrund der Fesselung entstandenen Bemächtigungssituation sollte nur ein möglicher Widerstand der Opfer ausgeschaltet werden, es sollte aber nicht – was nach § 239a StGB Voraussetzung wäre – aus einer gesicherten und stabilisierten Beherrschungslage durch weitere Nötigungshandlungen eine Vermögensverfügung der Opfer herbeigeführt werden (vgl. BGH NStZ 2006, 448, 449; BGHR StGB § 239a Abs. 1 Sichbemächtigen 4, 8, 9).
3
2. Die Strafzumessung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht geht selbst von dem Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB aus. Dies ist zutreffend, weil der Einsatz der Kabelbinder zu Fesselungszwecken nicht die schärfere Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt (vgl. BGHSt 48, 365, 371; BGH NStZ-RR 1999, 15). Die untere Grenze des Strafrahmens für den schweren Raub nach § 250 Abs. 1 StGB beträgt drei und nicht fünf Jahre Freiheitsstrafe, wie das Landgericht selbst in den Urteilsgründen hervorhebt.
4
Dass das Landgericht die Untergrenze des Strafrahmens rechtsfehlerhaft bestimmt hat, hat der Senat der revisionsgerichtlichen Prüfung zugrundezulegen. Der gemeinsame Vermerk des Vorsitzenden und des richterlichen Beisitzers vom 24. September 2007, der nach Eingang der diesen Fehler rügenden Revisionsbegründung erstellt wurde, muss unberücksichtigt bleiben. Die beiden Berufsrichter geben in diesem Vermerk an, dass es sich bei der Angabe der Strafrahmenuntergrenze um einen Schreibfehler gehandelt habe und Beratungsgrundlage als Untergrenze tatsächlich drei anstatt fünf Jahre Freiheitsstrafe gewesen sei. Diese Mitteilung kann im Revisionsverfahren keine Beachtung finden. Ein offensichtliches Schreibversehen kann nur dann angenommen werden, wenn es sich aus der Urteilsurkunde selbst unzweifelhaft ergibt. Anhand der Urteilsgründe lässt sich aber weder ein Schreibversehen noch eine sonstige offensichtliche Unrichtigkeit feststellen. Ebenso lässt sich aus der beträchtlichen Höhe der Strafe nicht herleiten, dass diese ausgehend von einer Untergrenze von drei Jahren und nicht von einer solchen von fünf Jahren bemessen wurde. Deshalb kann der Senat auch nicht ausschließen, dass der Strafausspruch auf diesem Fehler beruht.
5
Da in der rechtsfehlerhaften Bestimmung des Strafrahmens lediglich ein Begründungsmangel liegt, können die Feststellungen aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, weitergehende Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen. Die in Spanien verbüßte Untersuchungshaft hat er anzurechnen. Auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts wird insoweit Bezug genommen.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 250 Schwerer Raub


(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafgesetzbuch - StGB | § 239a Erpresserischer Menschenraub


(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung ges

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wenn der Täter das Opfer unter Verzicht auf die erstrebte Leistung in dessen Lebenskreis zurückgelangen läßt. Tritt dieser Erfolg ohne Zutun des Täters ein, so genügt sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu erreichen.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.