Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2019 - 5 StR 516/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 StPO am 12. Dezember 2019 beschlossen:
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bedrohung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision ist im Umfang der Beschlussformel teilweise erfolgreich.
- 2
- 1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch und zur verhängten Einzelstrafe keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben.
- 3
- 2. Jedoch hat der Strafausspruch keinen Bestand, weil das Landgericht weder dargelegt noch geprüft hat, ob mit den Einzelstrafen aus dem Erkenntnis des Amtsgerichts Weißwasser vom 13. November 2018 eine Gesamtstrafe zu bilden war.
- 4
- a) Nach den Feststellungen wurde der Angeklagte durch Strafbefehl des Amtsgerichts Weißwasser vom 2. Januar 2018 wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort (Tatzeit: 2. August 2017) zu einer Geldstrafe verurteilt. Eine weitere Verurteilung zu Geldstrafe erfolgte durch Strafbefehl des Amtsgerichts Bayreuth vom 23. März 2018 wegen vorsätzlichen Besitzes in Tateinheit mit vorsätzlichem Führen einer verbotenen Waffe (Tatzeit: 21. Januar 2018). Nach Begehung der vorliegend verfahrensgegenständlichen Bedrohung am 4. November 2018 verhängte das Amtsgericht Weißwasser gegen den Angeklagten wegen Betruges in sechs Fällen (begangen in den Jahren 2013 bis 2016) eine Gesamtgeldstrafe. Über die Vollstreckungsstände der genannten (Gesamt )Geldstrafen gibt das angefochtene Urteil keine Auskunft.
- 5
- b) Die verfahrensgegenständliche Tat liegt somit zwischen mehreren möglicherweise untereinander oder mit hiesiger nach § 55 StGB gesamtstrafenfähigen Verurteilungen. Aus der Strafe für die neue Tat und der Strafe aus der letzten Vorverurteilung des Amtsgerichts Weißwasser vom 13. November 2018 darf zwar keine Gesamtstrafe gebildet werden, wenn eine der beiden Vorverurteilungen eine bei der Verurteilung vom 13. November 2018 (noch) zu beachtende Zäsur begründet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 2009 – 5 StR 269/09). Hiervon ist das Landgericht möglicherweise ausgegangen. Indes können nur unerledigte Strafen eine Zäsurwirkung entfalten (vgl. nur BGH, Beschluss vom 18. Dezember 1987 – 5 StR 644/87, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 5). Ob der Strafbefehl des Amtsgerichts Weißwasser vom 2.
- 6
- c) Der Senat macht wegen des ausschließlich die Gesamtstrafenbildung betreffenden Rechtsfehlers von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 Buchst. b StPO Gebrauch.
Mosbacher Köhler
Vorinstanz:
Görlitz, LG, 24.05.2019 - 100 Js 26269/18 1 Ks
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Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.
(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).
(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.
(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.