Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2019 - 5 StR 469/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 11. Dezember 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in Tateinheit mit Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl unter Einbeziehung einer Strafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Das auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten führt in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des Urteils. Im Übrigen ist die Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
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- 1. Nach den Feststellungen begann der Angeklagte 1996, Betäubungsmittel zu konsumieren. Seit 2007 war sein Drogenkonsum lediglich phasenweise unterbrochen. Ab April 2018 nahm er sowohl Kokain und Heroin, das er injizierte , als auch Haschisch zu sich. Die abgeurteilte Tat beging er, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Nähere Feststellungen zum Umfang des Betäubungsmittelkonsums hat das Landgericht nicht getroffen.
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- 2. Unter diesen Umständen stellt es einen sachlich-rechtlichen Mangel dar, dass das Landgericht nicht erkennbar geprüft hat, ob eine Maßregel nach § 64 StGB anzuordnen war. Denn für die Annahme eines Hangs zum übermäßigen Genuss von Betäubungsmitteln ist von erheblicher indizieller Bedeutung, dass der Betroffene sozial gefährlich oder gefährdet erscheint. Das kommt – worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist – nicht nur dann in Betracht , wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass dadurch seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2008 – 5 StR 621/07; vom 14. Februar 2018 – 4 StR 622/17).
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- 3. Das Urteil beruht insoweit auf dem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat kann aufgrund der Urteilsfeststellungen die nach § 64 Satz 2 StGB erforderliche hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer Unterbringung nicht ausschließen. Das Urteil war daher insoweit aufzuheben und an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen, die – unter Heranziehung eines Sachverständigen (§ 246a Abs.1 Satz 2 StPO) – eine Entscheidung nach § 64 StGB zu treffen haben wird.
Mosbacher Köhler
Vorinstanz:
Berlin, LG, 21.01.2019 - 255 Js 411/18 (506 KLs) (21/18)
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.
(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.
(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.