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Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 350/17
vom
7. September 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:070917B5STR350.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7. September 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. März 2017 aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall 3 der Anklageschrift verurteilt worden ist, sowie
b) im Gesamtstrafenausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freisprechung im Übrigen – wegen Diebstahls mit Waffen (Fall 1 der Anklageschrift) und versuchter (besonders) schwerer räuberischer Erpressung (Fall 3 der Anklageschrift) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Das im Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründete Rechtsmittel (§ 349 Abs. 2 StPO) hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen zum Fall 3 der Anklageschrift hielt der Angeklagte dem Geschädigten auf einem S-Bahnsteig ein Springmesser vor, um diesen dazu zu bringen, ein Handy und „weitere stehlenswerte Gegenstände“ herauszugeben; diese wollte der Angeklagte für sich verwenden. Der Bedrohte geriet in Todesangst und rannte weg, zunächst bis zum Ende des Bahnsteigs, sodann durch das Gleisbett der S-Bahn und schließlich durch eine seitlich befindliche Kleingartenkolonie, so dass es nicht zur Tatvollendung kam.
3
2. Die insofern erfolgte Verurteilung wegen versuchter (besonders) schwerer räuberischer Erpressung kann keinen Bestand haben. Denn das Landgericht hat einen möglichen strafbefreienden Rücktritt nicht in den Blick genommen. Feststellungen zum sogenannten Rücktrittshorizont (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227 f.) hat es nicht getroffen, obwohl dies geboten war. Infolge dessen kann insbesondere nicht beurteilt werden, ob der Angeklagte eine Verfolgung des Flüchtenden für aussichtslos (und damit den Versuch für fehlgeschlagen) oder aber eine Tatvollendung für möglich hielt, hiervon jedoch aus freien Stücken Abstand nahm (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB).
4
Die Feststellungen können bestehen bleiben, da sie rechtsfehlerfrei zustande gekommen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Sie können durch neue ergänzt werden, sofern diese den bisherigen nicht widersprechen.
5
3. Da mithin die für diese Tat verhängte dreijährige Einsatzstrafe entfällt, ist auch der Gesamtstrafe die Grundlage entzogen. Hingegen schließt der Senat aus, dass die für den Diebstahl mit Waffen (Fall 1 der Anklageschrift) festgesetzte einjährige Freiheitsstrafe hierdurch beeinflusst worden ist.
6
4. Für die neue Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass die Voraussetzungen des § 55 StGB umfassend zu prüfen sein werden, insbesondere unter Berücksichtigung der weiteren Vorverurteilungen, hinsichtlich derer die Daten der zugrundeliegenden Taten nicht mitgeteilt werden.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Mosbacher

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


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Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


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bei uns veröffentlicht am 22.11.2017

Tatbestand D.as AG verurteilte den Angekl. wegen versuchter Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung sowie wegen Nötigung zu einer Gesamtgeldstrafe. Die Berufungen des Angekl. und der StA hat das LG jeweils als unbegründet verwo

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.