Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2018 - 5 StR 328/18

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts gemäß § 46 Abs. 1 StPO am 31. Juli 2018 beschlossen:
Der Wiedereinsetzungsantrag vom 16. Juli 2018 ist zulässig und begründet.
Mangels Zustellungsanordnung des Vorsitzenden (vgl. Band 3 Bl. 842 d. A.) liegt keine förmliche Zustellung des Urteils an die zweite Pflichtverteidigerin B. vor, so dass die Frist zur Revisionsbegründung einen Monat nach der an den ersten Pflichtverteidiger erfolgten Zustellung (4. April 2018) ablief und die Übersendung der von Rechtsanwältin B. gefertigten Revisionsbegründung am 5. Mai 2018 einen Tag zu spät erfolgte (vgl. § 345 Abs. 1 StPO).
Allerdings ist dem Angeklagten auf rechtzeitigen Antrag auf seine Kosten (§ 473 Abs. 7 StPO) insoweit Wiedereinsetzung zu gewähren.
Der Angeklagte war ohne eigenes Verschulden an der Fristeinhaltung gehindert. Das nunmehr erstmals vorgelegte und am 5. April 2018 mit der Urteilsausfertigung eingegangene Übersendungsschreiben an Rechtsanwältin B. enthält den ausdrücklichen Hinweis „anliegend wird Ihnen das Urteil dieser Kammer vom 23.01.2018 zugestellt … Ferner werden Sie um Unterzeichnung des anliegenden Empfangsbekenntnisses gebeten. Sofern eine Pflichtverteidi- gerbestellung vorliegt, werden Sie gebeten, das Empfangsbekenntnis persön- lich zu unterschreiben“.
Die Verteidigerin durfte nach diesen Formulierungen davon ausgehen (und ist dies nach ihrem glaubhaft gemachten Vortrag), dass auch an sie eine förmliche Zustellung mit der Folge späteren Fristbeginns (ab 5. April 2018, vgl. § 37 Abs. 2 StPO) erfolgen sollte. Die weitere Formulierung im Schreiben „Herrn RA Br. ist das Urteil förmlich zugestellt und Ihrem Mandanten eine Ab- schrift übersandt worden“ sowie das Fehlen eines beigefügten Empfangsbe- kenntnisses waren nicht geeignet, die Eingangsformulierung in einem gänzlich anderen Licht erscheinen zu lassen, da aus ihr der Wille zur förmlichen Zustellung eindeutig ersichtlich wird.
Nachdem der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 2. Juli 2018 noch keinen Sachantrag zur Revision des Angeklagten gestellt hat, sind ihm die Akten zur Antragstellung zurückzugeben.
Mutzbauer Schneider König Mosbacher Köhler

Annotations
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Für das Verfahren bei Zustellungen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(2) Wird die für einen Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt, so richtet sich die Berechnung einer Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung.
(3) Ist einem Prozessbeteiligten gemäß § 187 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes eine Übersetzung des Urteils zur Verfügung zu stellen, so ist das Urteil zusammen mit der Übersetzung zuzustellen. Die Zustellung an die übrigen Prozessbeteiligten erfolgt in diesen Fällen gleichzeitig mit der Zustellung nach Satz 1.