Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2019 - 5 StR 18/19

bei uns veröffentlicht am19.06.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 18/19
vom
19. Juni 2019
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:190619B5STR18.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juni 2019 beschlossen:
Dem Angeklagten wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 26. September 2018 gewährt.
Mit der Zustellung dieses Beschlusses beginnt die Frist zur Begründung der Revision (BGHSt 30, 335), sofern das Urteil bereits zugestellt ist.

Gründe:


1
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig. Insbesondere ergibt sich aus dem Antragsvorbringen hinreichend deutlich, dass der Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses nicht länger als eine Woche vor der Antragstellung am 16. Oktober 2018 zurücklag.
2
Der Verteidiger des Angeklagten hat innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO vorgetragen, dass der Angeklagte ihn unmittelbar nach der Urteilsverkündung mit der Revisionseinlegung beauftragt habe. Aufgrund seines Verschuldens sei dies nicht – wie für den 1. Oktober 2018 vorgesehen – erfolgt. Am 15. Oktober 2018 habe der Angeklagte ihn telefonisch informiert, dass ihm der mit Rechtskraftvermerk versehene erkennende Teil des Urteils zugegangen sei. Er habe daher am nächsten Tag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Revisionseinlegung nachgeholt. Die Richtigkeit dieser Angaben hat er anwaltlich versichert.
3
Aus dem Gesamtzusammenhang des Antragsvorbringens ergibt sich, dass der sich in Untersuchungshaft befindliche Angeklagte seinen Verteidiger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit seiner Kenntnis von der Versäumnis der Frist zur Rechtsmitteleinlegung informiert hat. Dafür spricht schon sein ersichtlich großes eigenes Interesse an der Urteilsanfechtung. Er hatte die Verbüßung einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten zu gegenwärtigen und seinen Verteidiger daher direkt nach der Urteilsverkündung mit der Rechtsmitteleinlegung beauftragt. Zudem erscheint es aufgrund des Zeitablaufs fernliegend, dass dem Angeklagten vor dem 9. Oktober 2018 und somit mehr als einer Woche vor dem Wiedereinsetzungsantrag vom 16. Oktober 2018 Kenntnis von der Fristversäumnis erlangt hat. Die Frist des § 341 Abs. 1 StPO lief gemäß § 43 Abs. 1 und 2 StPO am 4. Oktober 2018 (einem Donnerstag) ab. Frühestens am Freitag, dem 5. Oktober 2018, hätte der erkennende Teil des Urteils (vgl. § 13 StVollstrO) mit dem Rechtskraftvermerk versehen und in die betreffende Justizvollzugsanstalt übermittelt werden können. Angesichts des Geschäftsgangs und des Postlaufs liegt es daher nahe, dass – wie der Verteidiger in der Replik auf den Antrag des Generalbundesanwalts verdeutlicht hat – den Angeklagten das Schriftstück erst am 15. Oktober 2018 erreicht hat.
4
2. Der Antrag ist begründet, da durch das Antragsvorbringen glaubhaft gemacht ist, dass für die Versäumung der Frist ein Verschulden des Verteidigers verantwortlich war, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen ist. Ihm war deshalb auf seinen Antrag gemäß § 46 Abs. 1 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 45 Anforderungen an einen Wiedereinsetzungsantrag


(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei de

Strafprozeßordnung - StPO | § 46 Zuständigkeit; Rechtsmittel


(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre. (2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung. (3) Gegen die den Antrag verwerfende E

Strafprozeßordnung - StPO | § 341 Form und Frist


(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden. (2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des A

Strafprozeßordnung - StPO | § 43 Berechnung von Wochen- und Monatsfristen


(1) Eine Frist, die nach Wochen oder Monaten bestimmt ist, endet mit Ablauf des Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat; fehlt dieser Tag in dem letzten Mo

Referenzen

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Eine Frist, die nach Wochen oder Monaten bestimmt ist, endet mit Ablauf des Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat; fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.