Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2008 - 5 StR 118/08


Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung von drei Einzelstrafen aus zwei rechtskräftigen Vorentscheidungen (Einzelstrafen: 30 Tagessätze und 90 Tagessätze Geldstrafe sowie acht Monate Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt – in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts – lediglich zur Kompensation einer vom Landgericht nicht ausreichend gewürdigten rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung. Im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Das Landgericht hat zwar mit Blick auf eine bezüglich des Ermittlungsverfahrens festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung die für die gefährliche Körperverletzung verhängte Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten um drei Monate verringert. Es hat dabei aber einen weiteren, aus dem angefochtenen Urteil ersichtlichen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK im Bereich des Amtsgerichts außer Acht gelassen, der auf der Grundlage der freilich auch insoweit mitgeteilten Anknüpfungsdaten einen Zeitraum von einem Jahr ausmacht. Der Senat nimmt die gebotene Kompensation in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst vor, um weitere Verfahrensverzögerungen zu vermeiden (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 Strafausspruch 4, 8, 11; siehe auch BGHR StPO § 354 Abs. 1a Anwendungsbereich 4). In Anwendung des Vollstreckungsmodells (BGH, Großer Senat, Beschluss vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, NJW 2008, 860, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen) haben hier (weitere) drei Monate als vollstreckt zu gelten. Eine noch weitergehende Kompensation wäre angesichts der Tatschwere und der für das Tatopfer hervorgerufenen lebensbedrohlichen Situation nicht mehr angemessen.


Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.