Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2014 - 4 StR 578/13

bei uns veröffentlicht am20.05.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR578/13
vom
20. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
1.
alias
alias
alias
alias
2.
3.
4.
5.
wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2014 auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer gemäß
§ 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten M. K. gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 15. Juli 2013 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II.1 der Urteilsgründe wegen Einschleusens von Ausländern verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuld- und Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte M. K. wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt ist.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten M. K. sowie die Revisionen der Angeklagten K. K. , C. K. , H. K. und K. -E. gegen das vorbenannte Urteil werden verworfen.
3. Der Beschwerdeführer M. K. hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Der Beschwerdefüh- rer K. -E. trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Es wird davon abgesehen, den Beschwerdeführern K. K. , C. K. und H. K. die Kosten ihrer Rechtsmittel aufzuerlegen. Die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenkläger tragen die Beschwerdeführer M. K. , K. -E. und K. K. .

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. K. wegen Einschleusens von Ausländern und versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Angeklagten K. K. , C. K. , H. K. und K. -E. sind wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen zu Jugendstrafen von jeweils einem Jahr und acht Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung (K. und H. K. ) und zwei Jahren und drei Monaten (C. K. ) sowie zu einer Freiheitsstrafevon drei Jahren und sechs Monaten (K. -E. ) verurteilt worden. Die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen der Angeklagten K. K. , C. K. , H. K. und K. -E. sind offensichtlich unbegründet. Die Revision des Angeklagten M. K. hat nur den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist auch sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Senat stellt das Verfahren aus verfahrensökonomischen Gründen auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte M. K. im Fall II.1 der Urteilsgründe wegen Einschleusens von Ausländern verurteilt worden ist. Das Landgericht hat einen Fall des § 96 Abs. 2 Nr. 5 3. Alt. AufenthG (erniedrigende Behandlung der Geschleusten) angenommen und der Bemessung der Einzelstrafe den Strafrahmen des § 96 Abs. 2 AufenthG zugrunde gelegt. Die bisherigen Feststellungen reichen jedoch nicht aus, um eine erniedrigende Behandlung im Sinne dieser Vorschrift zu belegen. Die Urteilsgründe teilen insbesondere nicht mit, wie lange der Transport unter den beengten Verhältnissen gedauert hat. Auch hat sich das Landgericht nicht mit der Frage befasst, inwieweit die Geschleusten in diese Umstände eingewilligt haben und ob es ihnen noch möglich war, sich gegen einen Transport unter diesen Bedingungen zu entscheiden.
3
2. Die Teileinstellung hat bei dem Angeklagten M. K. die Änderung des Schuldspruchs sowie den Wegfall der für diese Tat verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe zur Folge, sodass es bei der gegen ihn wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen (Fall II.2 der Urteilsgründe) festgesetzten Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verbleibt.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Mai 2014 - 4 StR 578/13 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 96 Einschleusen von Ausländern


(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung 1. nach § 95 Abs.

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung

1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und
a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder
b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig handelt,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt,
3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht,
4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder
5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
Ebenso wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 Buchstabe a zugunsten eines minderjährigen ledigen Ausländers handelt, der ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten Person oder einer dritten Person, die die Fürsorge oder Obhut für ihn übernommen hat, in das Bundesgebiet einreist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn

1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und
2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.