Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 454/10
vom
1. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. Februar 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 17. März 2010 aufgehoben, soweit der Verfall des Wertersatzes angeordnet worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten M. wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. unter Freisprechung im Übrigen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie des unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verhängt. Außerdem hat es den Verfall von Wertersatz gegen den Angeklagten in Höhe von 86.960 € angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Ausspruch über den Verfall von Wertersatz Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Überprüfung des Urteils hat hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 4. Oktober 2010 Bezug genommen.
3
2. Jedoch hält die Anordnung von Wertersatzverfall gegen den Angeklagten M. rechtlicher Überprüfung nicht stand.
4
Das Landgericht hat den Betrag von 86.960 € als Ersatz für den Wert der erlangten Betäubungsmittel für verfallen erklärt. Insoweit hatte der Angeklagte aus den Taten nicht einen Erlös, sondern lediglich den Besitz an den Betäubungsmitteln selbst erlangt. Diese unterliegen als Beziehungsgegenstände nur der Einziehung nach § 33 Abs. 2 BtMG, nicht aber dem Verfall. Damit scheidet auch die Anordnung des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB aus, die nur an Stelle des Verfalls in Betracht kommt (BGH, Beschlüsse vom 16. November 2010 - 2 StR 286/10; vom 17. März 2010 - 2 StR 67/10, NStZ 2011, 100; vom 13. Januar 2010 - 2 StR 519/09, NStZ-RR 2010, 141, und vom 8. November 2001 - 4 StR 429/01, StV, 2002, 260). Bei der Ermittlung der Höhe des Wertersatzverfalls darf der neue Tatrichter daher nur den Erlös aus dem Weiterverkauf der erlangten Betäubungsmittel zu Grunde legen. Vor dem Weiterverkauf sichergestellte Betäubungsmittel unterliegen als Beziehungsgegen-stände der Einziehung gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG i.V.m. §§ 74 ff. StGB (BGH, Beschluss vom 8. November 2001 - 4 StR 429/01, StV 2002, 260). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Landgericht die vom Angeklagten M. an den Angeklagten Ma. und an den Mitangeklagten S. übergebenen 500 g Amphetamin, die am 5. März 2009 an den polizeilichen Scheinkäufer übergeben wurden, zum Nachteil des Angeklagten M. nochmals im Rahmen der über die Lieferschiene K. erhaltenen Drogen berücksichtigt hat.
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Franke Bender

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Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Feb. 2011 - 4 StR 454/10 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 33 Einziehung


Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2001 - 4 StR 429/01

bei uns veröffentlicht am 08.11.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 429/01 vom 8. November 2001 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Feb. 2011 - 4 StR 454/10.

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2019 - 2 StR 561/18

bei uns veröffentlicht am 27.03.2019

BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja StGB § 73 Abs. 1, § 261 Abs. 7 Wechselt ein Tatbeteiligter Geldscheine in „kleiner“ Stückelung aus einem vorausgegangenen Betäubungsmittelgeschäft eines Tatgenossen zur Förderung

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 429/01
vom
8. November 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. November
2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum – Auswärtige Strafkammer Recklinghausen – vom 22. Mai 2001 im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz dahin abgeändert, daß der Verfall von Wertersatz in Höhe von 14.250 DM angeordnet wird.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Ferner hat es den Verfall sichergestellten Geldes in Höhe von 3.600 DM sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von 17.750 DM angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat lediglich zur Höhe des angeordneten Wertersatzverfalls Erfolg; im übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Das Landgericht hat bei der Berechnung der Höhe des Wertersatzverfalls - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im einzelnen zutreffend ausgeführt hat ± eine zu groûe Rauschgiftmenge zugrunde gelegt. Es hat nämlich nicht bedacht, daû das im Fall II. 3 der Urteilsgründe vom Angeklagten in den Niederlanden erworbene Rauschgift (91,85 g Heroin und 19,86 g Kokain) vor dem Weiterverkauf von der Polizei sichergestellt worden ist, so daû der Angeklagte insoweit aus der Tat nicht “etwas” im Sinne der §§ 73, 73 a StGB erlangt hat. Werden beim Täter Betäubungsmittel sichergestellt , so unterliegen diese als sogenannte “Beziehungsgegenstände” der Einziehung gemäû § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG i.V.m. §§ 74 ff StGB (vgl. BGHR BtMG § 33 Beziehungsgegenstand 1; Weber BtMG § 33 Rdnr. 150) und nicht dem Verfall. Bei der Ermittlung der Höhe des Wertersatzverfalls durfte das Landgericht daher nur den Erlös aus dem Weiterverkauf des in den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe eingeführten Heroins zugrundelegen, das nach den getroffenen Feststellungen ein Gesamtgewicht von 210 g und nicht ± wie vom Landgericht “zugunsten des Angeklagten” angenommen ± von 220 g aufwies. Ausgehend von einem - nicht zu beanstandenden - geschätzten Durchschnittsverkaufspreis von 75 DM/g und unter Berücksichtigung des vom Landgericht angenommenen Sicherheitsabschlags von 1.500 DM errechnet sich somit ein für verfallen zu erklärender Verkaufserlös von 14.250 DM. Der Senat ändert daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes auf diesen Betrag ab.
Aufgrund des nur geringfügigen Teilerfolgs der Revision hält es der Senat nicht für unbillig, den Angeklagten mit den vollen Rechtsmittelkosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible

Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 429/01
vom
8. November 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. November
2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum – Auswärtige Strafkammer Recklinghausen – vom 22. Mai 2001 im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz dahin abgeändert, daß der Verfall von Wertersatz in Höhe von 14.250 DM angeordnet wird.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Ferner hat es den Verfall sichergestellten Geldes in Höhe von 3.600 DM sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von 17.750 DM angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat lediglich zur Höhe des angeordneten Wertersatzverfalls Erfolg; im übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Das Landgericht hat bei der Berechnung der Höhe des Wertersatzverfalls - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im einzelnen zutreffend ausgeführt hat ± eine zu groûe Rauschgiftmenge zugrunde gelegt. Es hat nämlich nicht bedacht, daû das im Fall II. 3 der Urteilsgründe vom Angeklagten in den Niederlanden erworbene Rauschgift (91,85 g Heroin und 19,86 g Kokain) vor dem Weiterverkauf von der Polizei sichergestellt worden ist, so daû der Angeklagte insoweit aus der Tat nicht “etwas” im Sinne der §§ 73, 73 a StGB erlangt hat. Werden beim Täter Betäubungsmittel sichergestellt , so unterliegen diese als sogenannte “Beziehungsgegenstände” der Einziehung gemäû § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG i.V.m. §§ 74 ff StGB (vgl. BGHR BtMG § 33 Beziehungsgegenstand 1; Weber BtMG § 33 Rdnr. 150) und nicht dem Verfall. Bei der Ermittlung der Höhe des Wertersatzverfalls durfte das Landgericht daher nur den Erlös aus dem Weiterverkauf des in den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe eingeführten Heroins zugrundelegen, das nach den getroffenen Feststellungen ein Gesamtgewicht von 210 g und nicht ± wie vom Landgericht “zugunsten des Angeklagten” angenommen ± von 220 g aufwies. Ausgehend von einem - nicht zu beanstandenden - geschätzten Durchschnittsverkaufspreis von 75 DM/g und unter Berücksichtigung des vom Landgericht angenommenen Sicherheitsabschlags von 1.500 DM errechnet sich somit ein für verfallen zu erklärender Verkaufserlös von 14.250 DM. Der Senat ändert daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes auf diesen Betrag ab.
Aufgrund des nur geringfügigen Teilerfolgs der Revision hält es der Senat nicht für unbillig, den Angeklagten mit den vollen Rechtsmittelkosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible