Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Okt. 2014 - 4 StR 376/14

bei uns veröffentlicht am21.10.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR376/14
vom
21. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Brandstiftung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. Oktober 2014 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Essen vom 19. Mai 2014 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung
des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des vorbezeichneten
Urteils wird verworfen (§ 464 Abs. 3 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift
vom 18. August 2014 bemerkt der Senat:
Eine Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO betrifft die Tat im Sinn des § 264
Abs. 1 StPO (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 154 Rn. 1, § 154a Rn. 1).
Der prozessuale Tatbegriff ist zwar gegenüber dem materiell-rechtlichen selbständig,
jedoch sind sachlich-rechtlich selbständige Taten in der Regel auch prozessual selbständig
(Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 264 Rn. 6). Auf dieser Grundlage begegnet
es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht (ersichtlich) den Diebstahl
und die zur Verdeckung begangene Brandstiftung nicht nur als materiell-rechtlich,
sondern auch als prozessual selbständige Taten bewertet und den Diebstahl nach
§ 154 Abs. 2 StPO eingestellt, die Brandstiftung dagegen abgeurteilt hat (vgl. zur
ähnlichen Problematik beim Verdeckungsmord: BGH, Beschluss vom 12. Juli 2011
Allein der Umstand, dass auf eine Revision ein Urteil teilweise aufgehoben
und die Sache insofern zur neuen Verhandlung zurückverwiesen wurde, begründet
regelmäßig keine zu einer Kompensation verpflichtende Verfahrensverzögerung (vgl.
BGH, Beschluss vom 22. März 2005 - 3 StR 77/05 mwN). Ein eklatanter Rechtsfehler
, bei dem dies anders zu beurteilen sein könnte (vgl. BGH, Beschluss vom
15. Oktober 2009 - 2 StR 256/09, NStZ-RR 2010, 40), hat nicht zur Aufhebung des
ersten tatrichterlichen Urteils geführt.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Schmitt Mutzbauer

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Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 464 Kosten- und Auslagenentscheidung; sofortige Beschwerde


(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind. (2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft da

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2011 - 3 StR 189/11

bei uns veröffentlicht am 12.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 189/11 vom 12. Juli 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Nebenkläger am 12.

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(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 189/11
vom
12. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Nebenkläger am 12. Juli 2011 gemäß § 349 Abs. 1 StPO

beschlossen:
Die Revision der Nebenkläger gegen das Urteil der auswärtigen großen Jugendkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 20. Dezember 2010 wird verworfen, soweit sie gegen die Angeklagten A. und O. gerichtet ist.
Die Beschwerdeführer haben die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten A. und O. dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Vom Vorwurf, den Obdachlosen B. zur Verdeckung einer Straftat getötet zu haben, hat es ihn freigesprochen. Den Angeklagten A. hat es schuldig gesprochen der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen, der Körperverletzung sowie der Sachbeschädigung und gegen ihn eine zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe von einem Jahr verhängt. Gegen den Angeklagten O. hat es wegen Sachbeschädigung einen Freizeitarrest ausgesprochen und ihm Auflagen erteilt. Gegen das Urteil wenden sich die Nebenkläger mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision, mit der sie in erster Linie eine Verurteilung der drei Angeklagten wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes erstreben.
2
Das gegen die Angeklagten A. und O. gerichtete Rechtsmittel ist unzulässig.
3
Soweit die Nebenkläger sich mit ihrer Revision dagegen wenden, dass diese Angeklagten nicht wegen Beteiligung an dem Tötungsdelikt verurteilt worden sind, fehlt es an der erforderlichen Beschwer. Die Angeklagten A. und O. sind insoweit durch das angefochtene Urteil nicht freigesprochen worden. In der Anklageschrift vom 21. August 2010 ist lediglich dem Angeklagten K. zur Last gelegt worden, zur Verdeckung einer gefährlichen Körperverletzung den Geschädigten durch Schläge gegen den Kopf mit einem stumpfen Gegenstand getötet zu haben. Demgegenüber sind dem Angeklagten A. allein eine gefährliche Körperverletzung sowie dem Angeklagten O. nur eine Sachbeschädigung vorgeworfen worden, die zeitlich vor der Tötungshandlung begangen wurden. Die in der Anklageschrift beschriebenen Taten der Angeklagten A. und O. umfassen die Tötung des Getöteten B. nicht und waren deshalb auch nicht Gegenstand der Urteilsfindung (§ 264 Abs. 1 StPO). Es handelt sich hinsichtlich Tatzeit und Tatbild um voneinander trennbare Geschehensabläufe, die nach natürlicher Auffassung keinen einheitlichen, identischen geschichtlichen Vorgang bilden (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 264 Rn. 2 ff. mwN).
4
Soweit die Nebenkläger den Strafausspruch angreifen, ist das Rechtsmittel gemäß § 400 Abs. 1 StPO unzulässig.
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