Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2019 - 4 StR 372/19

bei uns veröffentlicht am22.10.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 372/19
vom
22. Oktober 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:221019B4STR372.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. Oktober 2019 gemäß § 154 Abs. 2, § 421 Abs. 1 Nr. 2, § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 29. März 2019 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II. Fall 14, 29, 30 und 33 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 28 Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen schuldig ist;
c) die Einziehungsentscheidung des vorgenannten Urteils dahin geändert, dass aa) die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 40.620 Euro angeordnet wird und bb) die Einziehung der folgenden Gegenstände entfällt: - Messer (Asservat 04, Fallakte 1) - manuelle Feinwaage (Asservat 02, Fallakte 1) - Feinwaage aus der Durchsuchung am 8. Dezember

2017

- 0,85 Gramm Haschisch aus dem Verkauf am 18. Januar 2018 - 1,05 Gramm Haschisch aus dem Verkauf am 11. Januar 2018 - ein Haschischstreifen aus dem Verkauf am 12. Februar 2018 - ein Zip-Tütchen mit 0,54 Gramm Marihuana (Asservate 01/01.1, Hauptakte) - zwölf Alufolien–Streifen mit Haschisch samt Verpackungsmaterial (Asservate 01, 03, Fallakte 1). 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, unerlaubten Handeltreibens mit Betäu- bungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt und eine umfangreiche Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision.
2
Soweit der Angeklagte in den Fällen II. Fall 14, 29, 30 und 33 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, stellt der Senat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts aus prozessökonomischen Gründen nach § 154 Abs. 2 StPO ein, weil es nach den Urteilsfeststellungen nicht fern liegt, dass die bei diesen Taten jeweils veräußerten oder zum Weiterverkauf vorgehaltenen Betäubungsmittelmengen aus gleichfalls abgeurteilten Erwerbstaten stammten, was die Annahme von Bewertungseinheiten zur Folge hätte.
3
Die Teileinstellung des Verfahrens führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und hat den Wegfall der zugehörigen Einzelstrafen – Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, sechs Monaten, vier Monaten und drei Monaten – sowie der die eingestellten Taten betreffenden Einziehungsentscheidungen zur Folge. Soweit das Landgericht Haschisch aus Verkäufen vom 18. Januar und 12. Februar 2018 sowie eine keiner abgeurteilten Tat zurechenbare Tüte mit Marihuana eingezogen hat, sieht der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gem. § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO von einer Einziehungsentscheidung ab.
4
In dem nach der Teileinstellung des Verfahrens und der Beschränkung der Rechtsfolgenentscheidung verbleibenden Umfang ist die Revision des Angeklagten unbegründet, da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf- grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
5
Durch die teilweise Verfahrenseinstellung wird der Gesamtstrafenausspruch nicht berührt. Angesichts der verbleibenden 34 Einzelfreiheitsstrafen, darunter Freiheitsstrafen von zwei Mal einem Jahr und zehn Monaten, zwölf Mal einem Jahr und sechs Monaten sowie einem Jahr und zwei Monaten und drei Mal einem Jahr, kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht ohne die für die eingestellten Taten verhängten Einzelstrafen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Sost-Scheible Roggenbuck Bender
Quentin Feilcke

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Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 421 Absehen von der Einziehung


(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn 1. das Erlangte nur einen geringen Wert hat,2. die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Be

Referenzen

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn

1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat,
2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder
3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.

(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.

(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn

1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat,
2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder
3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.

(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.

(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.