Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2008 - 4 StR 314/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
I.
- 1
- 1. Beim 4. Strafsenat sind zwei – zur Durchführung des Verfahrens nach § 132 GVG verbundene – Revisionsverfahren anhängig, in denen gegen die revisionsführenden Angeklagten gemäß § 66 b Abs. 3 StGB nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist. In beiden Fällen hatten die Angeklagten zum Zeitpunkt der Erklärung der Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischem Krankenhaus (§ 67 d Abs. 6 StGB) noch (Rest-) Freiheitsstrafen zu verbüßen, auf die zugleich mit der Unterbringung nach § 63 StGB erkannt worden war, und zwar der Angeklagte W. (Verfahren 4 StR 314/07) eine Freiheitsstrafe von drei Monaten und 26 Tagen, der Angeklagte H. (Verfahren 4 StR 391/07) eine solche von einem Jahr und sechs Monaten.
- 2
- 2. Der Senat beabsichtigt, beide Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen. Hieran sieht er sich jedoch durch das Urteil des 1. Strafsenats vom 28. August 2007 – 1 StR 268/07 (NJW 2008, 240) gehindert. In dieser Entscheidung hat der 1. Strafsenat unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien die Ansicht vertreten, dass die nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 66 b Abs. 3 StGB „regelmäßig“ nicht in Betracht kommt, wenn der Angeklagte zum Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nach § 67 d Abs. 6 StGB noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden war. Er hat allerdings offen gelassen , ob dies auch gilt, wenn nach der Erledigungsentscheidung nur noch für „sehr kurze Zeit“ Freiheitsstrafe zu vollstrecken wäre.
- 3
- 3. Der Senat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen, auch wenn er grundsätzlich das Bestreben teilt, die Vorschriften über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung wegen des schwerwiegenden Eingriffs in Freiheitsrechte der Betroffenen restriktiv auszulegen. Er ist der Ansicht, dass die vom 1. Strafsenat vorgenommene Auslegung nicht nur im Gesetzeswortlaut keine Stütze findet, sondern dass auch die für sie angeführten Gesetzesmaterialien unklar sind. Nach Auffassung des Senats führt zudem die vom 1. Strafsenat vorgenommene Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 66 b Abs. 3 StGB insbesondere mit Blick auf diejenigen Täter, die ohne Schuld (§ 20 StGB) gehandelt haben und gegen die daher keine Freiheitsstrafe verhängt worden ist, zu Wertungswidersprüchen. Schließlich könnte die Frage, ob § 66 b Abs. 3 StGB oder aber die enger gefassten Absätze 1 und 2 des § 66 b StGB anwendbar sind, von bloßen Zufälligkeiten des Vollstreckungsverfahrens abhängen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten, auch bezüglich des Gegenstandes und Ablaufes der beiden betroffenen Revisionsverfahren, wird auf die Darstellung im Anfragebeschluss des Senats vom 5. Februar 2008 (NStZ 2008, 333 m. Anm. Ullenbruch) Bezug genommen.
- 4
- 4. Mit dem vorgenannten Beschluss hat der Senat bei dem 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs angefragt, ob er an seiner entgegenstehenden Entscheidung vom 28. August 2007 festhält, bei den übrigen Strafsenaten, ob der beabsichtigten Entscheidung dortige Rechtsprechung entgegensteht und ob gegebenenfalls an dieser festgehalten wird.
- 5
- Der 1. Strafsenat hat mit Beschluss vom 2. April 2008 ausgesprochen, dass er an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält. Die übrigen Strafsenate des Bundesgerichtshofs haben mitgeteilt, dass dortige Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung nicht entgegensteht.
II.
- 6
- Der Senat legt die streitige Rechtsfrage dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung vor (§ 132 Abs. 2 GVG); nach seiner Auffassung ist sie auch von grundsätzlicher Bedeutung, so dass die Vorlage sowohl aus Gründen der Divergenz zur Rechtsprechung des 1. Strafsenats als auch nach § 132 Abs. 4 GVG erfolgt.
- 7
- Zur Begründung der Vorlage nimmt der Senat auf die Ausführungen im Anfragebeschluss vom 5. Februar 2008 Bezug. Lediglich zu den im Antwortbeschluss des 1. Strafsenats vom 2. April 2008 angesprochenen zusätzlichen Gesichtspunkten wird ergänzend folgendes angemerkt:
- 8
- 1. Aus dem Wortlaut des § 66 b Abs. 3 Nr. 2 StGB, wonach im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose „ergänzend … (die) Entwicklung (des Verurteilten) während des Vollzugs der Maßregel“ heranzuziehen ist (vgl. Rdn. 5 und 6 des Antwortbeschlusses), lässt sich für die Auffassung des 1. Strafsenats nichts herleiten. Die genannte Bestimmung verlangt für die Gefährlichkeitsprognose eine „Gesamtwürdigung des Betroffenen“ (Hervorhebung durch den Senat) zum Zeitpunkt der Entscheidung. Hierzu zählt naturgemäß auch die Entwicklung in einem vorausgegangenen Strafvollzug. Niemand wird etwa in Frage stellen, dass bei einem (vollständigen) Vorwegvollzug von Freiheitsstrafe nach § 67 Abs. 2 StGB die während des Vollzugs der Freiheitsstrafe erfolgte Entwicklung des Verurteilten in die Prognose nach § 66 b Abs. 3 Nr. 2 StGB mit einzustellen ist. Dass dieser Gesichtspunkt nicht ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut aufgenommen worden ist (etwa: „während des Vollzugs der Maßregel sowie während eines etwaigen Strafvollzugs“), lässt keine Rückschlüsse auf einen bestimmten gesetzgeberischen Willen zu. Dies zeigt gerade der Blick auf die entsprechenden Regelungen in § 66 b Abs. 1 und 2 StGB, in denen – nunmehr umgekehrt – ausschließlich die Entwicklung des Verurteilten während des Strafvollzuges angesprochen wird. Auch hieraus ist bisher nicht der Schluss auf eine Einengung der Beurteilungsgrundlage oder gar des Anwendungsbereichs dieser Bestimmungen gezogen worden.
- 9
- 2. Die vom 1. Strafsenat herangezogene Passage in der Stellungnahme des Bundesrats vom 2. April 2004 (BRDrucks. 202/04 [Beschluss] S. 4) zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung (vgl. Rdn. 17 des Antwortbeschlusses) führt nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht weiter. Der Bundesrat hat dort lediglich – ohne dies näher zu spezifizieren – darauf hingewiesen, dass vieles von den „Zufälligkeiten des Vollstreckungsverlaufs“ abhinge und im Übrigen eine Reihe von Fragen bezeichnet , die seiner Auffassung nach noch eingehender Erörterung bedürften. Die Antwort der Bundesregierung hierauf hat sich in dem Hinweis erschöpft, „dass sich alle in der Begründung für die Stellungnahme [des Bundesrats] aufgeworfenen Fragen auf der Basis der vorgeschlagenen Vorschrift nebst ihrer Begründung schlüssig beantworten lassen“ (BTDrucks. 15/2945 S. 5). Dieser pauschalen Bemerkung kann wohl kaum entnommen werden, der Gesetzgeber habe es bewusst hingenommen, dass die Anwendbarkeit des § 66 b Abs. 3 StGB von den vom Senat in seinem Anfragebeschluss aufgezeigten Zufälligkeiten des Vollstreckungsverfahrens abhängig ist.
- 10
- 3. Offen bleibt weiterhin, wie zu verfahren ist, wenn nach der Entscheidung über die Erledigung nur noch „für kurze Zeit“, d.h. unter Umständen nur noch für wenige Tage, Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist. Der Hinweis auf die „fragmentarische Natur des Strafrechts“ erscheint wenig hilfreich, wenn die Lückenhaftigkeit die Folge einer Gesetzesauslegung ist, die im Wortlaut der Norm keinen Niederschlag gefunden hat. Auch der Ultima-ratio-Charakter der (nachträglichen ) Sicherungsverwahrung führt hier nicht weiter. Er vermag nicht zu erklären, warum von zwei gleichermaßen gefährlichen Straftätern der eine, der seine Strafe vor der Maßregel voll verbüßt hat, nach § 66 b Abs. 3 StGB untergebracht werden kann, wohingegen der andere, gegen den einige Monate, gegebenenfalls aber auch nur noch wenige Tage Freiheitsstrafe zu vollstrecken sind, im Anschluss unmittelbar in Freiheit gelangt. Soweit der 1. Strafsenat Ausnahmen für denkbar hält, wenn nach der Erledigungsentscheidung nur noch für „sehr kurze Zeit“ Freiheitsstrafe zu vollstrecken wäre, verweist der Senat darauf, dass die Grenzen richterlicher Rechtsschöpfung überschritten würden , wollte der Bundesgerichtshof diese Zeitspanne ohne jeden Anhalt im Gesetz willkürlich auf weniger als sechs Monate oder drei Monate oder einen Monat festlegen. Tepperwien Maatz Kuckein Solin-Stojanović Ernemann
moreResultsText
Annotations
(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.
(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.
(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.
(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.
(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.
(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.
(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.
(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.
(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.
(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.