Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 314/00
vom
14. September 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 14. September 2000 gemäß
§ 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 3. April 2000 wird als unzulässig verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hatte den Angeklagten am 12. Januar 1999 wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge sowie wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub zu "lebenslanger Gesamtfreiheitsstrafe" verurteilt und festgestellt, daß seine Schuld besonders schwer wiegt. Außerdem hatte es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und in der Sicherungsverwahrung angeordnet und bestimmt, daß die Unterbringung in der Entziehungsanstalt vor der Strafe und vor der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zu vollziehen ist. Mit seiner Revision gegen dieses Urteil hat der Angeklagte u.a. beanstandet, daß seine Unterbringung nach § 64 StGB rechtsfehlerhaft erfolgt sei.
Mit Beschluß vom 21. September 1999 - 4 StR 248/99 - hat der Senat das Urteil auf die Revision des Angeklagten mit den Feststellungen aufgehoben , soweit seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist, und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Es hat nunmehr von einer Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB abgesehen. Die auf die Verletzung
materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil ist unzulässig.
Gegenstand des nach der Zurückverweisung durch den Senatsbeschluß vom 21. September 1999 ergangenen, jetzt angegriffenen Urteils ist allein die Frage, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden muß. Das Landgericht hat entschieden, daß die Maßregel nicht angeordnet wird. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Angeklagte hierdurch nicht beschwert, so daß die Revision bereits aus diesem Grunde unzulässig wäre (vgl. BGHSt 28, 327, 330 ff.; 37, 5, 7; 38, 4, 7; BGH, Beschluß vom 17. Januar 1995 - 1 StR 794/94). Ob dieser Rechtsprechung weiter zu folgen ist oder ob einem Angeklagten möglicherweise ein Rechtsschutzinteresse an der Überprüfung einer solchen Entscheidung zugebilligt werden muß, wie dies im Schrifttum angenommen wird (vgl. Tolksdorf in FS für Stree und Wessels [1993] S. 753 ff.; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. vor § 296 Rdn. 66), kann offen bleiben (ebenso BGH NStZ-RR 2000, 43); denn die Revision des Angeklagten erweist sich hier als mißbräuchliche und damit als unzulässige Rechtsausübung.
Das Landgericht hat so entschieden, wie es der Angeklagte im ersten Verfahren vor dem Landgericht und im ersten Revisionsverfahren begehrt hat. Mit seiner Rüge, daß dies nicht hätte geschehen dürfen, setzt sich der Angeklagte zu seinem eigenen Prozeßverhalten in Widerspruch, ohne daß er eine nachvollziehbare Erklärung dafür gibt, warum - im Gegensatz zum ersten Verfahren – nunmehr die Voraussetzungen für seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vorliegen sollen. Widersprüchliches Verhalten verdient keinen Rechtsschutz (vgl. BGH, Beschluß vom 25. Februar 2000 - 2 StR 514/99); die
Revision des Angeklagten ist daher unzulässig. Im übrigen bliebe das Rechtsmittel auch erfolglos, weil es - wie der Generalbundesanwalt in seinem nach § 349 Abs. 2 StPO gestellten Antrag ausgeführt hat - offensichtlich unbegründet ist.
Meyer-Goßner Maatz Kuckein Athing Ernemann

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 514/99
vom
25. Februar 2000
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Februar 2000
einstimmig beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 12. Mai 1999 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat bemerkt jedoch
a) zur Rüge, der Richter am Landgericht M. habe am 11. Mai 1999 nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen (§ 338 Nr. 1 StPO): Die Rüge ist unbegründet. Das Teilprotokoll weist für diesen Sitzungstag allerdings nur den Vorsitzenden Richter als anwesend aus. Da aber das Teilprotokoll vom 12. Mai 1999 die Gegenwart des Gerichts in derselben Besetzung wie an den vorangegangenen Verhandlungstagen bezeugt und ausweislich der betreffenden Teilprotokolle Richter am Landgericht M. an den Verhandlungstagen vor dem 11. Mai 1999 anwesend war, ist das Gesamtprotokoll insoweit widersprüchlich. Zur Auflösung des Widerspruchs war das Freibeweisverfahren eröffnet ; es hat ergeben, daß Richter am Landgericht M. am 11. Mai 1999 gegenwärtig war (Dienstliche Erklärungen des Vorsitzenden, des Beisitzers und der Protokollführerin).

b) zur Rüge, das Landgericht habe eine schriftliche Stellungnahme des Angeklagten bei der Urteilsfindung verwertet, obwohl diese Erklärung nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden sei (§ 261 StPO): Die Rüge ist unzulässig. Wie die Revisionsbegründung mitteilt, ist die vom Beschwerdeführer handschriftlich verfaßte Stellungnahme , die sich als Anlage 1 zum Protokoll vom 11. Mai 1999 bei den Akten befindet, dem Gericht übergeben worden. Dieser Vorgang findet zwar im Protokoll keine Erwähnung; aus der Tatsache, daß die Stellungnahme dem Protokoll als Anlage beigefügt ist, ergibt sich jedoch, daß deren Übergabe in der Verhandlung stattgefunden hat. Andernfalls wäre sie nur zu den Akten genommen, nicht aber dem Verhandlungsprotokoll beigefügt worden Die Übergabe entsprach auch, gleichgültig, wer sie bewirkt hat, dem Willen des Beschwerdeführers. Denn das Schriftstück enthielt eine von ihm verfaßte Stellungnahme zum Anklagevorwurf und richtete sich nach Inhalt und Formulierung zweifelsfrei an das Gericht. Die Übergabe hatte daher den Sinn, die Stellungnahme dem Gericht zur Kenntnis zu bringen, damit es sie bei der Urteilsfindung verwerte. Dem hat das Gericht entsprochen. Daß es dies - unter Verstoß gegen § 261 StPO - getan hat, kann der Beschwerdeführer nicht rügen. Da geschehen ist, worauf sein Begehren gerichtet war, setzt er sich mit der Rüge, daß dies nicht hätte geschehen dürfen, zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch. Widersprüchliches Prozeßverhalten verdient jedoch keinen Rechtsschutz. Die Verfahrensbeschwerde erweist sich damit als miß- bräuchliche und mithin unzulässige Ausübung der Rügebefugnis. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Jähnke Niemöller Detter Bode Otten

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.