Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2006 - 4 StR 125/06

published on 25/04/2006 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2006 - 4 StR 125/06
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 125/06
vom
25. April 2006
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. April 2006 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 1. Dezember 2005 im Strafausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat das Vorliegen eines minder schweren Falles verneint und die Strafe der Vorschrift des § 250 Abs. 1 StGB entnommen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf den Strafausspruch beschränkten Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen wollte der Angeklagte seine finanzielle Situation durch die Begehung eines Banküberfalls verbessern. Er wartete zunächst, bis verschiedene Kunden die ihm für einen Überfall günstig erscheinende Bankfiliale verlassen hatten. Sodann betrat er, abgesehen von einer Schirmmütze un- maskiert, die Bank und bedrohte die Kassiererin mit einer ungeladenen Pistole des Fabrikats Crvena Zastava - Kal. 9 mm -, wobei er die Waffe in Bauchhöhe der Frau hielt. Unter dem Eindruck der Bedrohung händigte ihm die Kassiererin, die befürchtete, durch einen Bauchschuss würde ihr eine äußerst qualvolle und wahrscheinlich letztendlich tödliche Verletzung zugefügt werden, insgesamt 9.750 Euro aus. Anhand der von der Überwachungskamera gefertigten Lichtbilder konnte der Angeklagte alsbald identifiziert und etwa einen Monat nach der Tat festgenommen werden.

II.


3
Der Strafausspruch hat keinen Bestand, weil dessen Begründung Rechtsfehler aufweist, die sich nicht ausschließbar auf die Höhe der erkannten Strafe ausgewirkt haben können.
4
1. Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Landgericht "die erhebliche kriminelle Energie", die bei der Vorbereitung der Tat zum Ausdruck gekommen sei, strafschärfend berücksichtigt hat. Eine solche ist - worauf auch der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift hingewiesen hat - durch die Feststellungen nicht belegt.
5
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet auch die Erwägung der Strafkammer, der Angeklagte habe sich ein früheres Strafverfahren, das erst etwa ein halbes Jahr vor der Tat nach mehrjähriger Dauer mit einem Freispruch beendet worden war, nicht zur Warnung dienen lassen. In jenem Verfahren war der Angeklagte vom Vorwurf der versuchten Vergewaltigung einer Prostituierten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen worden, nachdem eine zunächst erfolgte Verurteilung auf seine Sprungrevision aufgehoben worden war.
6
Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein früheres Strafverfahren eine bei der Strafzumessung berücksichtigungstaugliche Warnfunktion auch dann entfalten, wenn es mit einer Einstellung nach § 170 Abs. 2, §§ 153 ff. oder § 260 Abs. 3 StPO oder - wie hier - gar mit einem Freispruch geendet hat (vgl. BGHSt 25, 64 m.w.N.; BGH MDR 1954, 151; MDR 1979, 635 m.w.N.; StV 1991, 64; NStZ-RR 2005, 72; vgl. auch Gribbohm in LK 11. Aufl. § 46 Rdn. 158, 165, 166; Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 46 Rdn. 41; Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl. Rdn. 367). Dies wird damit begründet , dass auch ein Verfahren, welches nicht mit einer Bestrafung endet, dem Täter die Folgen strafbaren Verhaltens vor Augen führe. Sein Handlungsunrecht wiege deswegen schwerer, wenn er trotz dieser Warnung eine Straftat begeht (vgl. BGHSt 25, 64 m.w.N.; ablehnend OLG Köln NJW 1960, 449; kritisch Franke in MK-StGB § 46 Rdn. 43).
7
Dies erscheint im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 MRK bedenklich. Hinzu kommt, dass das Verfahren im vorliegenden Fall einen völlig anders gearteten Schuldvorwurf betraf.
8
3. Entgegen der Ansicht der Revision und des Generalbundesanwalts liegt dagegen ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB nicht vor. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Tatsache der Verwendung einer echten, wenn auch ungeladenen Schusswaffe, die im Urteil als schwere und große Pistole beschrieben wird, die schon optisch auf Grund ihrer Maße einen besonders bedrohlichen Eindruck macht, und die dadurch verursachten Folgen für das Opfer strafschärfend berücksichtigt hat (vgl. BGHSt 44, 103, 106; BGH NJW 1998, 3130, 3131). Für die Tatbestandsvariante des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB reicht es aus, dass der Täter ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden. Der Angeklagte hat das Tatmittel nicht nur bei sich geführt, sondern auch zur Drohung verwendet; zudem handelte es sich um ein Tatmittel, von dem auf Grund seiner Beschaffenheit ein besonderes Drohpotential ausging.

III.


9
Die zu II. 1 und 2 aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Strafausspruchs. Zwar liegt die Annahme eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB angesichts der Straferschwerungsgründe und des gesamten Tatbildes eher fern; der Senat vermag aber nicht sicher auszuschließen, dass sich die fehlerhaften Erwägungen auf die Höhe der erkannten Strafe ausgewirkt haben.
Tepperwien Maatz Kuckein
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.