Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Jan. 2000 - 3 StR 561/99
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
a) das Verfahren vorläufig eingestellt, soweit der Angeklagte wegen dreier am 19., 20. und 21. November 1998 begangener Fälle der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an K. verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) der Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte in 65 Fällen der Abgabe und in 21 Fällen der Verbrauchsüberlassung von Betäubungsmitteln an Minderjährige, sowie in zwei Fällen der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 7. Dezember 1999 ausgeführt: "Der Antrag auf Einstellung des Verfahrens ist auf Zweifel an der Zuverlässigkeit der auf UA S. 5 zu den Fällen 3 bis 5 getroffenen Feststellungen zurückzuführen. Diesen zufolge hat der Beschwerdeführer seiner Freundin K. (auch) in der Zeit vom 19. bis 21. November 1998 täglich jeweils etwa ein Gramm Marihuana überlassen. Ob das zutrifft, erscheint indessen im Hinblick auf die sich auf UA S. 7/8 findenden Ausführungen zur Beweiswürdigung unsicher, wonach - der Angeklagte zwar eingeräumt hat, 'in einer Vielzahl von Fällen', an deren genaue Anzahl er sich aber nicht erinnert, an seine damalige Freundin Marihuana abgegeben zu haben, - die Richtigkeit dieses Geständnisses durch die Aussage der Zeugin K. bestätigt wird, - diese aber lediglich 'glaubhaft bekundet (hat), daß sie in der Zeit vom 22.11. bis 27.12.1998 täglich für ca. zwei bis drei Joints vom Angeklagten Marihuana bekommen habe'. Infolgedessen ist zumindest fraglich, ob die Feststellungen zu den Fällen 3 bis 5 der Urteilsgründe durch das Ergebnis der Beweisaufnahme gedeckt sind.
Da angesichts der Zahl und der Höhe der nach der Teileinstellung verbleibenden Einzelstrafen ausgeschlossen ist, daß der Tatrichter, wäre bereits er nach § 154 StPO verfahren, auf eine niedrigere als die jetzt verhängte Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte, bedarf es deren Aufhebung nicht." Dem schließt sich der Senat an. Bei der Neufassung des Schuldspruchs hat der Senat darüber hinaus auch berücksichtigt, daß in den Fällen II. 68 bis 79 und 83 bis 91 der Urteilsgründe keine Abgabe, sondern lediglich eine Verbrauchsüberlassung an Minderjährige vorgelegen hat. Diese selbständige Tatbestandsalternative des § 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG muß in der Entscheidungsformel zum Ausdruck gebracht werden. Im übrigen durfte sich die Strafkammer bei der rechtlichen Würdigung nicht mit der Angabe begnügen, in den Fällen II. 3 bis 91 seien Betäubungsmittel an Minderjährige "abgegeben oder ihnen verabreicht , bzw. zum unmittelbaren Verbrauch überlassen worden". Vielmehr wäre die rechtliche Subsumtion erforderlich gewesen, in welchen Fällen welche Tatbestandsalternative angenommen worden ist, zumal diese ein unterschiedliches strafrechtliches Gewicht aufweisen (was die Strafkammer schließlich bei der Strafzumessung wenigstens teilweise berücksichtigt hat).
Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils jedenfalls keine den Bestand der Entscheidung gefährdenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Kutzer Miebach Winkler Pfister von Lienen
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.