Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Apr. 2014 - 3 StR 133/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) mit den zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch,
b) soweit die Bestimmung des Anrechnungsmaßstabs für die erlittene Auslieferungshaft unterblieben ist; die zugehörigen Feststellungen werden aufrechterhalten. 2. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagte wegen besonders schweren Raubes zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und ausgesprochen, dass die von der Angeklagten vom 11. März bis 29. August 2013 in Ecuador erlittene Auslieferungshaft auf die Strafe anzurechnen ist. Die auf die Rüge der Verlet- zung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Bei der Bemessung der Freiheitsstrafe hat das Landgericht zu Lasten der Angeklagten an erster Stelle berücksichtigt , sie sei einmal, wenn auch nicht einschlägig, vorbestraft. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, denn festgestellt ist lediglich eine Verurteilung zu (der Höhe nach nicht mitgeteilter) Geldstrafe am 17. Oktober 2013, somit nach der verfahrensgegenständlichen, am 22. Oktober 2011 begangenen Tat. Eine nach der verfahrensgegenständlichen Tat ergangene Verurteilung darf daher nur dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn die dieser Verurteilung zugrunde liegende Straftat nach ihrer Art und nach der Persönlichkeit des Täters auf Rechtsfeindlichkeit, Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche schließen lässt (BGH, Beschluss vom 9. November 2006 - 5 StR 338/06, NStZ 2007, 150). Dies lässt sich den bisherigen Feststellungen nicht entnehmen.
- 3
- Der neue Tatrichter wird auch zu prüfen haben, ob eine Gesamtstrafe zu bilden oder - für den Fall der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe - ein Härteausgleich zu gewähren ist.
- 4
- 2. Ist wie hier eine vom Angeklagten im Ausland erlittene Freiheitsentziehung auf die verhängte Strafe anzurechnen (§ 51 Abs. 1, Abs. 3 StGB), so hat der Tatrichter gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB nach pflichtgemäßem Ermessen - in der Urteilsformel (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2003 - 5 StR 162/03, NStZ-RR 2003, 364) - den Maßstab der Anrechnung zu bestimmen. Dies hat das Landgericht übersehen.
- 5
- Eine eigene Sachentscheidung entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ist dem Senat verwehrt. Weder kommt hier von vornherein nur eine Anrechnung im Verhältnis 1:1 in Betracht (hierzu BGH aaO; vgl. zu Ecuador BGH, Beschluss vom 8. Juli 2004 - 5 StR 151/04, StraFo 2004, 391) noch sind dem Urteil Umstände zu entnehmen, welche eine hinreichend sichere Bestimmung des Maßstabs erlauben könnten (hierzu BGH, Beschluss vom 13. August 2009 - 3 StR 255/09, NStZ-RR 2009, 370).
- 6
- Der neue Tatrichter wird deshalb ergänzende Feststellungen zu den Haftbedingungen der Angeklagten in Ecuador zu treffen haben.
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.