Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 455/11
vom
9. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9. Februar 2012 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 7. Juni 2011 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) im Strafausspruch zu den Fällen II.12 und II.13 der Urteilsgründe , insoweit auch, soweit es den Mitangeklagten Ru. betrifft, im Fall II.13 der Urteilsgründe weiterhin, soweit es die Mitangeklagten Re. und J. betrifft.
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen für den Angeklagten H. sowie den Mitangeklagten Ru. . 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten H. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (II.12 und II.13 der Urteilsgründe) und wegen Beihilfe zum unerlaubten Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 11 Fällen (II.1 bis II.11) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Den Angeklagten Ru. hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen (darunter die Fälle II.12 und II.13) und wegen Beihilfe zum unerlaubten Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Schließlich hat es die Angeklagten Re. und J. jeweils wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.13) verurteilt , Re. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und J. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren bei Strafaussetzung zur Bewährung.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich nur der Angeklagte H. mit der auf die Sachrüge gestützten Revision. Sein Rechtsmittel hat hinsichtlich der Strafzumessung in den Fällen II.12 und II.13 sowie der Gesamtstrafe Erfolg; im Übrigen ist seine Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte H. nach Absprache mit dem Mitangeklagten Ru. im Jahre 2003 über seine Firma W. zwei Tablettenpressen. Diese wurden an holländische Ecstasy-Hersteller geliefert (Fälle II.1 und II.2). In der Zeit vom 24. November 2005 bis zum 31. März 2008 bestellte der Angeklagte H. über seine Firma insgesamt 8,2 Tonnen des Bindemittels Vivapur, das für die Ecstasy-Tablettenproduktion verwendet werden sollte. Es erfolgten dann neun Lieferungen des Bindemittels an Laborbetreiber (Fälle II.3 bis II.11). Die Strafverfolgungsbehörden führten seit dem Jahre 2007 Ermittlungen gegen die Angeklagten H. und Ru. durch. Sie setzten die Verdeckten Ermittler "N. " und "P. " ein, denen die Angeklagten H. und Ru. die Lieferung von Amphetaminöl anboten. Am 17. Juni 2010 wurde ein Vertrauenskauf von fünf Litern Amphetaminöl durchgeführt. Der Angeklagte H. erwarb die Drogenmenge von seinem Geschäftspartner "K. " für 7.000 Euro und gab sie für 8.000 Euro an "N. " weiter (Fall II.12). Am 11. August 2010 wurde ein größeres Geschäft abgewickelt. Zwischen den Angeklagten H. und Ru. einerseits und den Verdeckten Ermittlern "N. " und "P. " andererseits war die Lieferung von 160 Litern Amphetaminöl zum Preis von 288.000 Euro vereinbart worden. Der Angeklagte H. erwarb das Amphetaminöl wieder von "K. " . Den Transport der Drogenmenge zur Lagerhalle des Mitangeklagten J. in G. (Niederlande) führte der Mitangeklagte Re. durch. Der Verdeckte Ermittler "N. " holte den Angeklagten H. in dessen Wohnung ab, fuhr mit ihm zur deutsch-niederländischen Grenze, wo das weitere Fahrzeug erwartet wurde, mit dem das Amphetamin abtransportiert werden sollte. Dann setzten sie die Fahrt nach G. zu der Lagerhalle des Mitangeklagten J. , die von diesem für die Drogenübergabe an die vermeintlichen Käufer zur Verfügung gestellt wurde, fort. Den Lastkraftwagen zum Abtransport der Drogen führte der Verdeckte Ermittler "M. ". Der Mitangeklagte Re. brachte 153,68 kg Ampetaminöl zu der Lagerhalle, das dort umgeladen werden sollte. Kurz davor erfolgte der polizeiliche Zugriff (Fall II.13).
4
Das Landgericht hat dem Angeklagten H. bei der Strafzumessung zu Gute gehalten, dass die Taten in den Fällen II.8 bis II.13 "während der seit 2007 laufenden Ermittlungen begangen" wurden, ferner, dass das Amphetaminöl in den Fällen II.12 und II.13 sichergestellt worden ist. Ebenso hat es den Mitange- klagten Ru. , Re. und J. die Sicherstellung zu Gute gehalten. Jedoch hat es die Tatsache des Einsatzes Verdeckter Ermittler in der Begründung seiner Strafzumessungsentscheidung jeweils nicht erwähnt. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
5
Bei unerlaubtem Betäubungsmittelhandel prägen zwar vor allem Art und Menge des Rauschgifts den Unrechtsgehalt der Tat. Gleichwohl verlieren die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung nicht ihre Bedeutung. Eine reine "Mengenrechtsprechung" ist mit diesen Grundsätzen nicht zu vereinbaren (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - 3 StR 28/11, NStZ-RR 2011, 284 f.). Vielmehr sind nicht zuletzt auch staatliche Beteiligungshandlungen an Drogengeschäften als gewichtige Strafzumessungsgründe zu berücksichtigen, insbesondere bei einer staatlichen Initiative zu einem konkreten Drogengeschäft. Das Landgericht hat zwar die Sicherstellung der Drogen in den Fällen II.12 und II.13 berücksichtigt. Es hat aber den Strafmilderungsgrund der Beteiligung Verdeckter Ermittler an den Drogengeschäften nicht gesondert beachtet. Etwas anderes geht, soweit es den Angeklagten H. betrifft, auch nicht daraus hervor, dass das Landgericht erwähnt hat, seine Taten in den Fällen II.8 bis II.13 seien während der seit 2007 laufenden Ermittlungen begangen worden (UA S. 37). Nur in den Fällen II.12 und II.13 wurden Verdeckte Ermittler eingesetzt, die auch am eigentlichen Tatgeschehen mitwirkten; dies ist nicht besonders berücksichtigt worden, obwohl es geboten gewesen wäre. Der Verdeckte Ermittler "N. " war an den Angeklagten H. herangetreten (UA S. 22) und er hatte im Rahmen der sich entwickelnden Geschäftsbeziehung an der Vereinbarung der Drogenlieferungen in den Fällen II.12 und II.13 mitgewirkt. Ferner fand bei der Abwicklung der Drogengeschäfte eine Mitwirkung der Verdeckten Ermittler "N. " und "P. ", im Fall II.13 auch des Verdeckten Ermittlers "M. " statt. Diese staatliche Mitwirkung muss als ein die Strafbemessung bestimmender Umstand bewertet werden.
6
Der Rechtsfehler führt aufgrund der Sachrüge des Angeklagten H. zur Urteilsaufhebung hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II.12 und II.13 sowie der Gesamtstrafe.
7
Gleiches muss nach § 357 StPO zugunsten des Angeklagten Ru. (Einzelstrafen in den Fällen II.12 und II.13 und Gesamtstrafe) und der Angeklagten Re. und J. (Strafen im Fall II.13) gelten. Insoweit ist die staatliche Mitwirkung an der Tatbegehung ebenfalls nicht als bestimmender Strafzumessungsgrund berücksichtigt worden.
VRiBGH Dr. Ernemann Fischer Berger ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert.
Fischer
Krehl Eschelbach

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

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Bundesgerichtshof Beschluss, 01. März 2011 - 3 StR 28/11

bei uns veröffentlicht am 01.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 28/11 vom 1. März 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubgungsmitteln in nicht geringer Menge Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführ

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 28/11
vom
1. März 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubgungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 1. März
2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Oktober 2010 im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit ihren hiergegen gerichteten Revisionen beanstanden die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben zum Strafausspruch Erfolg; zum Schuldspruch sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der jeweilige Strafausspruch hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn das Landgericht hat bei beiden Angeklagten rechtsfehlerhaft einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG verneint und die Strafe stattdessen aus dem nach § 27 Abs. 2 StGB und § 31 BtMG, jeweils in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB, zweifach gemilderten Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen. Im Einzelnen:
3
1. Die Entscheidung, ob der Strafrahmen eines minder schweren Falles Anwendung finden kann, ist auf Grund einer Gesamtwürdigung aller für die Wertung von Tat und Täter in Betracht kommenden Umstände danach zu treffen , ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maße abweicht, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens nicht mehr angemessen ist. Es ist Sache des Tatgerichts, die Erschwerungs- und Milderungsgründe auf diese Weise nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen; denn das Tatgericht ist am ehesten in der Lage, sich auf Grund der Hauptverhandlung einen umfassenden Eindruck von Tat und Täter zu verschaffen. Seine Wertung ist deshalb in der Revisionsinstanz nur begrenzt nachprüfbar. Das Revisionsgericht kann daher - wie bei der Strafhöhenbemessung - nur eingreifen, wenn die durch das Tatgericht vorgenommene Beurteilung Rechtsfehler erkennen lässt, etwa weil die maßgeblichen Erwägungen rechtlich anerkannten Strafzumessungsgrundsätzen zuwider laufen, in sich widersprüchlich oder in dem Sinne lückenhaft sind, dass naheliegende , sich aufdrängende Gesichtspunkte nicht erkennbar bedacht sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 26. Juni 1991 - 3 StR 145/91, NStZ 1991, 529).
4
2. Auch bei Anlegung dieses begrenzten Prüfungsmaßstabs begegnet die Wertung des Landgerichts durchgreifenden Bedenken.
5
a) Die Strafkammer hat ausweislich der Urteilsgründe bei der Strafrahmenwahl eine Vielzahl - jedenfalls teilweise - gewichtiger Strafmilderungsgründe aufgezählt, darunter etwa die folgenden: Beide Angeklagte waren bereits zu einem frühen Zeitpunkt geständig und haben ihre Angaben in der Hauptverhandlung noch vertieft; dadurch haben sie die Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme entbehrlich gemacht. Sie sind nicht (G. ) bzw. nicht einschlägig (S. ) vorbestraft und begingen die Tat aufgrund finanzieller Schwierigkeiten. Wegen ihrer Verurteilung droht ihnen die Abschiebung. Das von den Angeklagten geförderte Drogengeschäft wurde durch verdeckte Ermittler der Polizei provoziert, vorangetrieben und in der Folge auch polizeilich überwacht. Da es sich bei den vermeintlichen Käufern um verdeckte Ermittler handelte, bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr, dass die Drogen selbst im Falle der Durchführung des Geschäfts in den Handel kommen konnten. Unabhängig hiervon kam es jedoch nicht einmal zu einer Übergabe des Rauschgifts. Das Geschäft scheiterte vielmehr schon früher; die Angeklagten stellten ihre Förderungsbemühungen zu einem bestimmten Zeitpunkt ein. Die Qualität der Drogen war vergleichsweise schlecht. Zu Gunsten des Angeklagten G. hat die Strafkammer weiter eine Erkrankung berücksichtigt; bei dem Angeklagten S. hat sie als Milderungsgrund angeführt, er habe in erheblichem Umfang Untersuchungshaft verbüßt, was ihn besonders hart getroffen habe. Hinzu kommen für beide Angeklagte jeweils zwei vertypte Milderungsgründe, namentlich die Beihilfe nach § 27 StGB sowie die Aufklärungshilfe nach § 31 BtMG.
6
Erschwerend hat das Landgericht lediglich angeführt, es sei bei dem Drogengeschäft um die gefährliche Droge Heroin gegangen und die nicht geringe Menge im Sinne des § 29a Abs. 1 BtMG sei um mehr als das 1.600-fache überschritten worden. Dabei sei nicht zu verkennen, dass beide Angeklagten hinsichtlich des Wirkstoffgehalts und der Angeklagte S. bezüglich der Art der Droge nur mit bedingtem Vorsatz gehandelt hätten.
7
b) Auf dieser Grundlage besorgt der Senat, dass die Strafkammer keine wirkliche Abwägung aller relevanten Umstände vorgenommen, sondern sich bei der Wahl des Strafrahmens rechtsfehlerhaft allein an Art und Menge der Betäubungsmittel orientiert hat. Denn die Ausführungen des Landgerichts zur Strafrahmenwahl erschöpfen sich in einer Aufzählung und Gegenüberstellung der angeführten Zumessungstatsachen, ohne dass - was hier im Hinblick auf Anzahl und Gewicht der mildernden Gesichtspunkte unerlässlich war - dargelegt wird, aus welchen Gründen trotz dieser, die Annahme eines minder schweren Falles nahelegenden Umstände die Heranziehung des Normalstrafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG angemessen ist.
8
Der Senat verkennt nicht, dass bei unerlaubtem Betäubungsmittelhandel Art und Menge des Rauschgifts regelmäßig den Unrechtsgehalt der Tat wesentlich prägen und als bestimmende Gründe in die Strafzumessungserwägungen des Tatgerichts einzustellen sind. Gleichwohl verlieren die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung nach den §§ 46 ff. StGB im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität nicht ihre Bedeutung. Danach ist auch bei Rauschgiftgeschäften die Strafe jedes von mehreren Tatbeteiligten vor allem nach dem Maß seiner individuellen Schuld zuzumessen; maßgeblich für die Bemessung der Strafe eines Gehilfen ist das im Gewicht seines Tatbeitrages zum Ausdruck kommende Maß seiner Schuld, wenn auch unter Berücksichtigung des ihm zu- rechenbaren Umfangs und der Folgen der Haupttat (BGH, Beschluss vom 14. März 2002 - 3 StR 26/02). Eine reine "Mengenrechtsprechung" wäre mit diesen Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das beabsichtigte Betäubungsmittelgeschäft maßgeblich von der Polizei initiiert, vorangetrieben und überwacht wurde. Die verdeckten Ermittler hatten auch Art und Menge des Rauschgifts vorgegeben; dadurch verringert sich das Gewicht dieser Umstände als den Angeklagten nachteilige Strafzumessungsfaktoren.
9
3. Der jeweilige Strafausspruch beruht auf dem aufgezeigten Rechtsmangel. Der Strafrahmen des § 29a Abs. 2 BtMG ist geringer als der zweifach nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG; die konkret verhängten Strafen sind die Höchststrafen des rechtsfehlerhaft abgelehnten minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG.
10
4. Die Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
Becker Pfister Hubert
Schäfer Mayer

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.